OPUS 4 | Bibliothek 2.0 - Notwendigkeit und Möglichkeiten neuer bibliothekarischer Dienstleitungen

Bibliothek 2.0: Neue Dienste

Dokumentinformationen

Autor

Lutz-Frieder Schützler

instructor Prof. Markus Hennies
Schule

Fachhochschule Stuttgart – Hochschule der Medien

Fachrichtung Bibliotheks- und Informationsmanagement
Dokumenttyp Bachelorarbeit
Ort Stuttgart
Sprache German
Format | PDF
Größe 1.14 MB

Zusammenfassung

I. Notwendigkeit und Möglichkeiten neuer bibliothekarischer Dienstleistungen

Diese Arbeit untersucht die Notwendigkeit und Möglichkeiten der Implementierung von Web 2.0 Technologien in Bibliotheken, um neue, benutzerorientierte Dienstleistungen anzubieten. Der Fokus liegt auf der Transformation zur Bibliothek 2.0, die durch den Wandel des Internets und das veränderte Nutzerverhalten geprägt wird. Die Studie analysiert den Einsatz von Weblogs, Wikis, Social Bookmarking (z.B. del.icio.us, BibSonomy, Connotea) und OPAC 2.0 zur Verbesserung der Informationsbeschaffung und Wissensvermittlung. Beispiele aus der Praxis, wie z.B. die Erfahrungen der Universitätsbibliothek Köln (USB Köln) mit Social Tagging und der Einsatz von RSS-Feeds, werden vorgestellt, um die Vorteile und Herausforderungen aufzuzeigen. Die Bedeutung von Kundenorientierung und die Rolle von user-generated content werden hervorgehoben. Die Arbeit betrachtet auch die Nutzung von Toolbars und Widgets als innovative Zugänge zu Informationen.

1. Der Begriff Bibliothek 2.0

Dieser Abschnitt befasst sich eingehend mit dem Verständnis und der Entstehung des Begriffs "Bibliothek 2.0". Es wird nicht nur die Bedeutung des Konzepts erläutert, sondern auch seine historische Entwicklung nachgezeichnet. Die Arbeit geht auf die Veränderungen im Internet ein, die zur Entstehung des Begriffs führten, und analysiert den Einfluss des "Dot-Com-Kollapses" auf die Entwicklung des Web 2.0 und damit auch auf die Notwendigkeit einer Anpassung des Bibliothekswesens. Zentrale Aspekte sind die veränderten Nutzererwartungen im Umgang mit Informationen und die zunehmende Bedeutung des Internets als Informationsquelle, was die Bibliotheken vor neue Herausforderungen stellt. Der Abschnitt dient als Grundlage für das Verständnis des Paradigmenwechsels, den die Bibliothek 2.0 darstellt, und legt den Fokus auf die Notwendigkeit einer Neuorientierung des Bibliothekswesens im digitalen Zeitalter. Die Arbeit betont den Wandel vom passiven Konsumenten zum aktiven Produzenten von Inhalten und die damit verbundenen Chancen für Bibliotheken.

2. Die Notwendigkeit der Transformation zur Bibliothek 2.0

Dieser Teil argumentiert überzeugend für die Notwendigkeit einer Transformation hin zur Bibliothek 2.0. Aus unterschiedlichen Perspektiven werden Gründe dafür angeführt, warum ein Umdenken im Bibliothekswesen unabdingbar ist. Eine zunehmende Kundenorientierung wird als Erfolgsfaktor im deutschen Bibliothekswesen genannt (BS2004, S. 95), und Web 2.0-Anwendungen werden als Mittel präsentiert, um diese Kundenorientierung zu stärken. Die Studie hebt hervor, dass nur 2% der US-amerikanischen Studenten ihre Suche auf der Webseite ihrer Hochschulbibliothek beginnen (OCLC2005), während 84% Suchmaschinen bevorzugen. Diese Zahlen unterstreichen den dringenden Handlungsbedarf für Bibliotheken, sich an die veränderten Suchgewohnheiten anzupassen. Eine weitere Studie (result2007, S. 20) verdeutlicht die wachsende Verbreitung von Web 2.0 Anwendungen, was die Notwendigkeit einer aktiven Auseinandersetzung mit dem Thema durch Bibliotheken unterstreicht. Die zunehmende Nutzung des Internets als primäre Informationsquelle wird als Konkurrenz für Bibliotheken betrachtet, und Web 2.0 bietet die Chance, diese Konkurrenz durch aktive Partizipation zu begegnen. Die Bedeutung von anonymer und gleichberechtigter Kommunikation zwischen Bibliothek und Nutzern (Christensen2007, S. 174) wird als erfolgskritischer Faktor genannt, und Plattformen wie Yahoo! Answers werden als Beispiele für erfolgreiche Peer-to-Peer-Auskunftsdienste angeführt.

3. Bibliothek 2.0 als Reaktion auf veränderte Mediennutzung und Kundenorientierung

Dieser Abschnitt beleuchtet die Bibliothek 2.0 als Reaktion auf das veränderte Mediennutzungsverhalten und die damit verbundene Notwendigkeit der Kundenorientierung. Das Internet hat sich zum wichtigsten Informationsmedium entwickelt und die Nutzer sind nicht mehr nur passive Konsumenten, sondern aktive Produzenten von Inhalten (Heller2006). Die Studie diskutiert verschiedene Web 2.0 Technologien, wie RSS-Feeds, die es Nutzern ermöglichen, Inhalte zentral zu verwalten und zu abonnieren. Es wird der geringe Aufwand für die Implementierung solcher Technologien betont (Plieninger2006, S. 17). Der Abschnitt geht außerdem auf Social Tagging und Folksonomy als kollaborative Methoden zur Erschließung von Informationen ein und diskutiert die Vorteile und Herausforderungen dieser Ansätze. Die Bedeutung von großen Communities für den Erfolg von Social Tagging wird hervorgehoben, und Plattformen wie del.icio.us und LibraryThing werden als Beispiele genannt. Die Arbeit analysiert die Möglichkeit der Integration anderer Software-Produkte über standardisierte Schnittstellen, wobei die Flexibilität von Open-Source-Software einen Vorteil darstellt. Die Studie veranschaulicht dies anhand des Kölner Universitäts-Gesamtkatalogs (KUG) und des Uni-Katalogs Karlsruhe.

II. Anwendungen in Bibliotheken Praxisbeispiele

Der zweite Teil präsentiert konkrete Anwendungsbeispiele für Web 2.0 in Bibliotheken. Die Möglichkeiten des Social Bookmarking werden detailliert erläutert, inklusive der Nutzung von Plattformen wie del.icio.us und der Integration bibliographischer Daten in Dienste wie BibSonomy. Die Anwendung von Wikis für interne Dokumentationen und als Kommunikationsmittel mit Nutzern wird beschrieben. Die Arbeit zeigt außerdem den Einsatz von Weblogs zur Kundenkommunikation und als Marketinginstrument (z.B. der Auskunftsblog der Zweigbibliothek Medizin) auf. Die Integration von RSS-Feeds in OPACs (z.B. der Kölner Universitäts-Gesamtkatalog, KUG) wird als wichtiges Feature hervorgehoben. Der geringe Aufwand und die hohe Flexibilität von Open-Source-Software werden betont. Das Projekt der UB Mannheim, das Weblogs als Steuerungsinstrument einsetzt, und die Nutzung von LibraryThing werden als positive Beispiele genannt. Schließlich werden auch Toolbars und Widgets als Möglichkeiten zur Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit diskutiert. Die Stadtbücherei Nordenham wird als Beispiel für die Nutzung von Netvibes erwähnt. Die Deutsche Nationalbibliothek wird im Zusammenhang mit Wikipedia-Verlinkungen erwähnt.

1. Social Bookmarking in Bibliotheken

Dieser Abschnitt beschreibt die Anwendung von Social Bookmarking in Bibliotheken. Es wird erläutert, wie Social Bookmarking-Dienste wie del.icio.us das gemeinsame Speichern, Kategorisieren und Verwalten von Lesezeichen ermöglichen und den Nutzern den Zugriff von überall her erlauben. Die kollaborative Verwaltung wissenschaftlicher Publikationen wird als weiteres wichtiges Feature hervorgehoben, mit Beispielen wie Connotea und BibSonomy, die sich besonders an Wissenschaftler richten und den Export bibliographischer Daten aus verschiedenen Datenbanken ermöglichen. Die Vorteile der Übersichtlichkeit durch Sortiermöglichkeiten nach Popularität, Alphabet etc. und die Nutzung von RSS-Feeds zur Abonnierung neuer Bookmarks werden beschrieben. Die Visualisierung des Gesamtinhalts mittels Tag-Clouds wird ebenfalls erwähnt. Die Arbeit betont die freie Entscheidung des Nutzers zwischen öffentlicher und privater Nutzung und zeigt auf, wie Social Bookmarking den Rollenwechsel zwischen Informations-Produzent und -Rezipient widerspiegelt. Beispiele wie die Integration von BibSonomy-Exportmöglichkeiten in den Volltitelanzeigen der USB Köln und die automatische Einspeisung elektronischer Dissertationen mit Schlagwörtern der LMU München in Connotea veranschaulichen praktische Anwendungen. Die Erfahrung von Jochen Dudeck mit der Stadtbibliothek Nordenham wird als Beispiel für einfache und zeitsparende Nutzung genannt.

2. Wikis in Bibliotheken Interne und Externe Anwendungen

Dieser Abschnitt befasst sich mit dem Einsatz von Wikis in Bibliotheken. Es wird die weit verbreitete Wiki-Software MediaWiki und die Möglichkeiten der einfachen Einrichtung von Wikis im Web, z.B. über pbwiki oder Gratis-Wiki, erläutert. Neben den Nachteilen wie Werbeeinblendungen und der Abhängigkeit von der Serververfügbarkeit werden die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten hervorgehoben. Wikis können für die innerbetriebliche Dokumentation (z.B. von Auskunftsgesprächen) und als Informations- und Austauschplattform (z.B. bei Softwareumstellungen) genutzt werden. Die Wichtigkeit einer Schulung der Mitarbeiter zur Akzeptanz des neuen Mediums wird betont. Die Arbeit verweist auf die Kooperation zwischen Wikipedia und Bibliotheken, wobei die deutschsprachige Wikipedia als internationaler Vorreiter in diesem Bereich gilt. Es werden Verlinkungen von Wikipedia-Artikeln zum Katalog der Deutschen Nationalbibliothek und die Nutzung von Wikibooks und Wikisource als ergänzende Ressourcen für Bibliotheken, insbesondere kleinere, erwähnt. Die effiziente Nutzung von Wikis für die innerbetriebliche Dokumentation (Stabenau2005) und die Möglichkeit der externen Nutzung zur Kundenkommunikation oder als Wissensmanagement-Angebot werden ebenfalls erläutert.

3. Toolbars und Widgets Innovative Werkzeuge für die Informationsfindung

Dieser Abschnitt widmet sich dem Einsatz von Toolbars und Widgets in Bibliotheken. Toolbars werden als Browser-Erweiterungen mit verschiedenen Plug-ins beschrieben, die den Umgang mit dem Web erleichtern (z.B. die Google-Toolbar). Beispiele für Bibliotheken, die eigene, funktionsreiche Toolbars über Anbieter wie Conduit erstellt haben (z.B. die Bibliothek des Departments Chemie an der Universität Hamburg), werden genannt, die neben der Katalogrecherche auch relevante Links und News anbieten. Die Arbeit erläutert Widgets als kleine Programme, die in den Browser oder Online-Plattformen integriert werden können und verschiedene Anwendungen ermöglichen, ohne die Hauptseiten der Dienste aufrufen zu müssen. Die Möglichkeit, persönliche Startseiten mit Widgets zu erstellen (z.B. Netvibes-Startseite der Stadtbücherei Nordenham), wird hervorgehoben. Obwohl die Wahrscheinlichkeit der Nutzung von Toolbars und Widgets durch Benutzer als relativ gering eingeschätzt wird, werden sie als hilfreiche Ergänzung und Alternative zur herkömmlichen Recherche betrachtet und als Beispiele für benutzernahe und benutzerfreundliche Dienstleistungen im Sinne der Bibliothek 2.0 gesehen. Der Abschnitt schließt mit einer kurzen Erwähnung von Podcasts und deren Abonnierbarkeit mittels RSS-Feeds.

III.

Der dritte Teil der Arbeit beleuchtet die Herausforderungen und Chancen der Bibliothek 2.0. Es wird betont, dass der Erfolg von Social Tagging von der Größe der Community abhängt und Zusammenarbeit zwischen Bibliotheken unerlässlich ist. Die Arbeit diskutiert den Rollenwechsel zwischen Informations-Produzent und -Rezipient und wie Bibliotheken in diesem neuen Kontext ihre Rolle als Wissensträger behaupten können. Die Notwendigkeit, neue, benutzernahe Dienstleistungen zu entwickeln, wird hervorgehoben, auch wenn die Ressourcen (Zeit, Geld, Personal) in vielen Bibliotheken begrenzt sein mögen. Die Studie schliesst mit einem Ausblick darauf, wie Bibliotheken und Bibliothekare für die Bibliothek 2.0 begeistert werden können. Die Bedeutung der Informationsbeschaffung und Wissensvermittlung in der digitalen Welt bildet den Schlusspunkt.

1. Herausforderungen des Social Tagging und der Zusammenarbeit

Dieser Abschnitt beleuchtet die Herausforderungen im Kontext von Social Tagging und der Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Bibliotheken. Es wird betont, dass der Erfolg von Social Tagging von der Erreichung einer kritischen Masse an Nutzern abhängt (Danowski2007, S. 135; Danowski2008). Einzelne Bibliotheken, die Social Tagging isoliert betreiben, erzielen demnach wenig Erfolg. Die Arbeit unterstreicht daher die Wichtigkeit gemeinschaftlicher Projekte und den Aufbau von gemeinsamen Dienstleistungen, um Synergieeffekte zu nutzen und die Effizienz zu steigern. Die individuellen Vergabe von Tags birgt das Risiko irrelevanter und unsachbezogener Tags, weshalb größere Communities auf Online-Plattformen wie del.icio.us oder LibraryThing Vorteile bieten. Die Zusammenarbeit ist also nicht nur wünschenswert, sondern für den Erfolg von Social Tagging-Initiativen in Bibliotheken essentiell. Die Arbeit zeigt, dass die Bereitstellung gemeinsamer Plattformen und der Austausch von Erfahrungen zwischen den Bibliotheken eine entscheidende Rolle spielen, um die Potentiale von Social Tagging voll auszuschöpfen.

2. Der Rollenwechsel und die Bedeutung der Bibliothek als Wissensinstitution

Dieser Abschnitt behandelt den Rollenwechsel zwischen Informations-Produzent und -Rezipient im Kontext von Web 2.0 und seine Bedeutung für Bibliotheken. Durch Web 2.0-Anwendungen wie Social Bookmarking tragen Nutzer aktiv zur Erschließung und Vermittlung von Informationen bei. Obwohl dies die traditionelle Rolle der Bibliothek als alleiniger Ort des Wissens und der Wissensvermittlung in Frage stellen könnte, wird argumentiert, dass es gerade deshalb wichtig ist, dass Bibliotheken weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Die Arbeit betont die Notwendigkeit, Präsenz zu zeigen und als Institution des Wissens aufzutreten. Die Kernkompetenz der Bibliotheken, das Suchen, Finden, Bewerten und Vermitteln von Informationen, wird in diesem neuen Kontext neu definiert und bekräftigt. Es geht darum, die Bibliotheken als aktive und relevante Akteure im digitalen Informationsfluss zu positionieren und neue Wege der Wissensvermittlung zu finden, die den veränderten Bedürfnissen der Nutzer entsprechen.

3. Ressourcen und die Motivation für die Bibliothek 2.0

Der letzte Abschnitt befasst sich mit den Ressourcen und der Motivation für die Umsetzung von Bibliothek 2.0 Konzepten. Es wird anerkannt, dass nicht jede Bibliothek die beschriebenen Dienstleistungen einfach nachbilden kann, da oftmals Ressourcen wie Zeit, Geld und Personal begrenzt sind. Die Arbeit betont, dass die vorgestellten Beispiele als Inspiration und Anregung dienen sollen, nicht als verpflichtende Vorgaben. Der Fokus liegt darauf, Bibliotheken und Bibliothekare für das Thema Bibliothek 2.0 zu begeistern und sie zu ermutigen, neue Wege der Informationsvermittlung und der Kundenorientierung zu finden. Obwohl ein persönlicher Kontakt in der Bibliothek wünschenswert bleibt, ist die Anpassung an das veränderte Mediennutzungsverhalten und die Informationsbeschaffung unabdingbar. Der Abschnitt schliesst mit der Notwendigkeit, die beschriebenen Veränderungen nicht zu ignorieren und die Chancen von Web 2.0 für die Weiterentwicklung des Bibliothekswesens aktiv zu nutzen.