
Infrastruktur-Bündelung: Umwelt & Wirtschaft
Dokumentinformationen
Autor | Jutta Niederste-Hollenberg |
Schule | Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI, Karlsruhe; Bosch Partner GmbH, Berlin; Stiftung Umweltenergierecht, Würzburg |
Fachrichtung | Umweltwissenschaften, System- und Innovationsforschung, Rechtswissenschaften (Umweltrecht) |
Unternehmen | Umweltbundesamt |
Ort | Dessau-Roßlau |
Dokumenttyp | Abschlussbericht |
Sprache | German |
Format | |
Größe | 5.52 MB |
Zusammenfassung
I.Umweltvorteile der integrierten Leitungsbündelung
Die Studie untersucht die Vorteile der integrierten Leitungsbündelung für die Umwelt. Vergleichsstudien zeigen eine deutliche Reduktion der Umweltwirkungen, insbesondere der Flächeninanspruchnahme, Bodenverdichtung und des Bodenauf- und -abtrags während der Bauphase. Der Einsatz von Baugeräten reduziert sich, was zu weniger Emissionsreduktion führt. Auch die benötigte Schutzstreifenbreite wird verringert, was positive Auswirkungen auf Boden, Fläche, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt hat. Die Kostensenkung durch geringeren Flächenverbrauch und Materialeinsatz ist erheblich.
1. Reduktion der Umweltbelastung während der Bauphase
Die integrierte Leitungsbündelung führt zu einer signifikanten Reduktion der Umweltwirkungen im Vergleich zur Einzelverlegung. Die Studie belegt, dass ein großer Teil der Auswirkungen bei integrierter Verlegung um das Zwei- bis Dreifache geringer ausfällt. Dies betrifft insbesondere die Flächeninanspruchnahme, da die Anordnung der Leitungssysteme in einem Graben die Arbeitsstreifenbreite und das Volumen des zu bewegenden Bodens reduziert. Die geringere Bodenverdichtung und der reduzierte Bodenauf- und -abtrag sind weitere positive Effekte. Durch den einmaligen Einsatz von Baugeräten und -maschinen werden der Ausstoß von Stäuben und Gasen sowie die damit verbundenen Emissionen deutlich gesenkt. Die Reduzierung der Umweltbelastung ist ein zentraler Vorteil der Bündelung.
2. Minimierung der Flächeninanspruchnahme und Schutz der Biodiversität
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Umweltvorteile ist die drastische Reduktion der Flächeninanspruchnahme. Die Bündelung der Leitungen in einem gemeinsamen Graben minimiert den Bedarf an Fläche. Dies führt zu einer Minderung der Umweltwirkungen auf wichtige Schutzgüter wie Boden, Fläche, Tiere und Pflanzen. Die positive Auswirkung auf die biologische Vielfalt ist erheblich. Auch die geringere Notwendigkeit für Bodenarbeiten während der Bauphase trägt zur Umweltfreundlichkeit bei. Die Verringerung der Breite des Schutzstreifens, der holzfrei gehalten werden muss, ist ein zusätzlicher positiver Effekt, der die Auswirkungen auf die angrenzenden Gebiete weiter minimiert. Insgesamt führt die integrierte Bündelung zu einer nachhaltigeren Nutzung der Flächenressourcen.
3. Positive Auswirkungen auf Klima und Luft
Die integrierte Leitungsbündelung wirkt sich positiv auf das Klima und die Luftqualität aus. Die Reduktion der Emissionen durch den geringeren Einsatz von Baugeräten und -maschinen ist ein wesentlicher Faktor. Weniger Bodenbewegung bedeutet weniger Staubentwicklung. Der geringere Bedarf an Transportwegen reduziert ebenfalls den CO2-Ausstoß. Die Umweltwirkungen auf die Luftqualität werden durch die Bündelung deutlich verbessert. Die Studie zeigt einen klaren Zusammenhang zwischen der integrierten Leitungsbündelung und der Minderung von Umweltbelastungen, die sowohl das Klima als auch die Luft betreffen. Dies trägt zu einer Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität und zum Schutz der Umwelt bei.
4. Minderung der Umweltauswirkungen auf die Landschaft
Die integrierte Bündelung minimiert die Umweltbelastung auch hinsichtlich des Schutzguts Landschaft. Die verringerte Flächeninanspruchnahme und der reduzierte Eingriff in den Boden schonen die natürliche Umgebung. Die geringere Anzahl an Graben reduziert die sichtbare Zerschneidung der Landschaft. Dies trägt zu einem höheren Maß an Nachhaltigkeit bei und erhält die ästhetischen Werte der Landschaft. Die Studie unterstreicht die positiven Auswirkungen der Leitungsbündelung auf den Schutz der Landschaft und die Reduktion der damit verbundenen Umweltwirkungen. Die integrierte Bündelung ist damit nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch vorteilhaft.
II.Rechtliche Rahmenbedingungen der Infrastruktur Bündelung
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Infrastruktur-Bündelung in Deutschland sind komplex. Verschiedene Gesetze und Verordnungen beeinflussen die Realisierung gebündelter Leitungsvorhaben. Während der Bündelungsgrundsatz (§ 1 Abs. 5 BNatSchG) die Bündelung fördert, stehen gegenläufige Grundsätze, wie die Trennung kritischer Infrastrukturen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 S. 4 ROG), dem entgegen. Raumpläne weisen meist nur freihaltende, keine zuweisenden Flächen aus. Die staatlichen Eingriffsmöglichkeiten in die Planung sind begrenzt, besonders bei Vorhaben ohne Genehmigungspflicht. Die Planfeststellung und Genehmigungsprozesse beeinflussen die Möglichkeiten der Bündelung stark.
1. Konfligierende Rechtsgrundlagen und planerische Abwägungen
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Infrastruktur-Bündelung sind durch das Zusammenspiel verschiedener, teilweise konfligierender Rechtsgrundlagen gekennzeichnet. Während der Bündelungsgrundsatz (§ 1 Abs. 5 BNatSchG) im Bundesnaturschutzgesetz die gebündelte Trassenführung fördert, müssen diese Prinzipien im Einzelfall gegenläufige Grundsätze berücksichtigen. Der Grundsatz der Trennung kritischer Infrastrukturen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 S. 4 ROG) im Raumordnungsgesetz kann beispielsweise einer Bündelung entgegenwirken. Die resultierenden Ausweisungen in Raumplänen haben in der Regel einen freihaltenden, nicht zuweisenden Charakter. Dies bedeutet, dass zwar widersprüchliche Vorhaben verhindert werden, aber die Realisierung der Infrastruktur an anderer Stelle weiterhin möglich ist. Die Planung und Zulassung von Infrastrukturprojekten gestaltet sich daher oft als komplexer Abwägungsprozess.
2. Begrenzte staatliche Einflussmöglichkeiten und das Initiativrecht des Vorhabenträgers
Der geltende Rechtsrahmen bietet nur sehr begrenzte Möglichkeiten für staatliche Interventionen zur Förderung der Infrastruktur-Bündelung. Sowohl materiell-rechtliche als auch verfahrensrechtliche Regelungen können die Umsetzung erschweren. Die Vorhabenträger haben ein hohes Maß an Initiativrecht bei der Planung und Ausführung ihrer Projekte. Staatliche Genehmigungsbehörden greifen in der Regel nur in Ausnahmefällen in die konkrete Ausgestaltung ein. Die Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ der Bündelung liegt primär bei den privaten oder öffentlichen Vorhabenträgern. Die Raumordnung und Bauleitplanung bieten zwar Möglichkeiten der Flächensicherung, aber keine Verpflichtung zur Bündelung. Die staatlichen Planungen stellen eher ein Angebot als eine zwingende Vorgabe dar.
3. Herausforderungen bei der gleichzeitigen integrierten Realisierung mehrerer Infrastrukturvorhaben
Besonders herausfordernd ist die gleichzeitige, integrierte Realisierung mehrerer, voneinander unabhängiger, aber räumlich gebündelter Infrastrukturvorhaben. Trotz des engen räumlichen Zusammenhangs erfolgt die Zulassung in der Regel in separaten Verfahren. Ein einheitlicher gesetzlicher Zulassungstatbestand existiert selten. Die Koordinierung der verschiedenen, oft unabhängigen Verwaltungsverfahren stellt eine große Hürde dar, insbesondere bei unterschiedlichen Antragstellern. Diese Koordinationsaufgabe liegt bei den verschiedenen Verwaltungsbehörden. Die Verfahren können von der Planfeststellung über einfache Genehmigungen bis hin zu genehmigungsfreien Vorhaben reichen, was die Komplexität zusätzlich erhöht. Die heterogenen genehmigungsrechtlichen Bestimmungen für einzelne Infrastrukturen erschweren die Bündelung zusätzlich.
4. Möglichkeiten und Grenzen der vorausschauenden Planung und der Antizipation zukünftiger Bedarfe
Rechtliche Grenzen bestehen bei der Antizipation zukünftiger Bedarfsänderungen, zum Beispiel durch anfängliche Überdimensionierung von Leitungsvorhaben oder die Verlegung von Leerrohren. Eine ausreichende Bedarfsprognose ist erforderlich, um die Planrechtfertigung zu gewährleisten. Die Vorbereitung einer zukünftigen Bedarfsbefriedigung darf nicht zu unzumutbaren Belastungen für Grundeigentümer führen. Die Grenze zur unzulässigen Vorratsplanung muss beachtet werden. Diese Einschränkungen betreffen sowohl die materielle als auch die verfahrensrechtliche Seite der Planung und Zulassung von Infrastrukturprojekten. Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen, wie Kosteneinsparungen durch verringerte Tiefbauarbeiten, kann die rechtlichen Vorgaben nicht außer Kraft setzen.
5. Planfeststellungsverfahren Genehmigungen und Verfahrenserleichterungen
Für Infrastrukturen mit hohen Umweltauswirkungen und Raumrelevanz sind oft Planfeststellungsverfahren oder Plangenehmigungen notwendig. Andere benötigen einfache Genehmigungen oder sind sogar genehmigungsfrei. Die Verfahren, die Genehmigungswirkungen und die Einwirkungsmöglichkeiten der Zulassungsbehörden unterscheiden sich stark. Die Planfeststellung nach § 75 Abs. 1 VwVfG regelt die Zulässigkeit des Vorhabens umfassend, benötigt aber oft eine Aufteilung in Abschnitte. Die Abschnittsbildung ermöglicht eine schrittweise Bearbeitung und Zulassung komplexer Projekte. Verfahrenserleichterungen für Überplanungen bestehender Infrastrukturen beschränken sich meist auf Änderungen bestehender Vorhaben, nicht auf die Bündelung mit neuen, andersartigen Infrastrukturen. Das Verwaltungsverfahrensrecht bietet mit §§ 75 Abs. 1 VwVfG, § 78 VwVfG und § 2 Abs. 3 sowie § 26 NABEG Ausnahmen für einheitliche Verfahren, doch diese sind auf spezielle Fälle begrenzt.
6. Mitnutzung bestehender Infrastrukturen und der Einfluss des DigiNetzG
Das DigiNetzG (Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze) enthält Regelungen zur Mitnutzung bestehender Infrastrukturen, insbesondere für den Breitbandausbau. Dies ermöglicht Synergieeffekte, aber auch Konflikte mit den Rechten der Eigentümer und Betreiber. Ein Kontrahierungszwang greift in die Eigentumsrechte (Art. 14 GG) und die Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) ein. Die Bundesnetzagentur ist mit der Schlichtung von Konflikten und der Festlegung fairer Entgelte beauftragt. Das Gesetz sieht Mechanismen für einen verhältnismäßigen Interessenausgleich zwischen öffentlichem Interesse und den Rechten der Vorhabenträger vor. Die Übertragbarkeit dieses Modells auf andere Infrastrukturbereiche ist fraglich und hängt von einer sorgfältigen Abwägung der öffentlichen Interessen und der Einbußen auf der Seite der Verpflichteten ab.
III.Regionales Verbundsystem Westeifel RVWE als Fallbeispiel
Das Projekt ‚Planung zur Herstellung der Transportleitungen‘ des Regionalen Verbundsystems Westeifel (RVWE), betreut von den Kommunalen Netze Eifel AöR (KNE) und der Ingenieurgesellschaft Rockenhausen (IGR) AG, dient als Fallbeispiel. Über 82,9 km werden fünf verschiedene Medienleitungen (Wasser, Erd- und Biogas, Strom (110 kV und 20 kV), Breitband) gebündelt verlegt. Rund 245.000 Einwohner sollen davon profitieren. Ein 10,19 km langer Abschnitt zwischen den Hochbehältern Hartkopf und Jungenbüsch ist aus genehmigungsrechtlichen Gründen von der Fernwasserleitung ausgenommen.
1. Projektbeschreibung und beteiligte Akteure
Das Regionale Verbundsystem Westeifel (RVWE) dient als Fallbeispiel für ein großangelegtes Infrastrukturprojekt. Im Auftrag der Kommunalen Netze Eifel AöR (KNE) und unter der Projektleitung der Ingenieurgesellschaft Rockenhausen (IGR) AG wird ein Transportkanal mit mehreren integrierten Versorgungsleitungen verlegt. Das Projekt basiert auf den Planungsunterlagen der IGR AG und des Ingenieurbüros Dr. Pecher AG. Die Planung umfasst die Verlegung von überwiegend fünf verschiedenen Medienleitungen (Wasser, Erdgas, Biogas, Strom (110 kV und 20 kV), Breitband) über eine Strecke von 82,9 km. Ziel ist die Versorgung von ca. 245.000 Einwohnern. Ein 10,19 km langer Abschnitt zwischen den Hochbehältern Hartkopf und Jungenbüsch ist von der Fernwasserleitung ausgenommen, was für genehmigungsrechtliche Aspekte relevant ist. Das Projekt verdeutlicht die Komplexität der Infrastrukturplanung und -ausführung im realen Kontext.
2. Ausgewählte Medien und Infrastrukturkomponenten
Das RVWE-Projekt umfasst die Bündelung verschiedener Medienleitungen: Eine Hauptwasserleitung, Leitungen für Erd- und Biogas, sowie Stromleitungen mit 110 kV und 20 kV. Zusätzlich wird eine Breitbandverbindung mit Glasfaserkabeln bzw. Lichtwellenleiterkabeln (LWL) verlegt. Die integrierte Verlegung der Leitungen in einem gemeinsamen Graben ist ein zentrales Merkmal des Projekts. Die Vielzahl an verschiedenen Infrastrukturkomponenten verdeutlicht die Herausforderungen bei der Planung und Umsetzung solcher groß angelegter Infrastrukturprojekte. Die gewählte Terminologie beinhaltet Begriffe wie Leitungsgang, Sammelkanal, Werkstollen, Kollektor, Rohrkanal, Ver-/Entsorgestollen, Leitungskanal, Leitungstunnel, Infrastrukturkanal, Mehrspartenkanal, Mehrspartentunnel, intelligentes Kanalsystem, Utility tunnel, Power tubes, Medienkanal und Leitungskollektiv, die die Komplexität und Bandbreite der verwendeten Infrastruktur verdeutlichen.
IV.Herausforderungen und Lösungsansätze für die Leitungsbündelung
Die Bündelung von Leitungen birgt Herausforderungen: Oftmals erschweren unterschiedliche Genehmigungsverfahren und materielle rechtliche Vorschriften die Umsetzung, selbst wenn sie von den Vorhabenträgern angestrebt wird. Die Antizipation zukünftiger Bedarfe durch Überdimensionierung oder Leerrohre stößt an rechtliche Grenzen (Vorratsplanung). Die Koordinierung verschiedener Vorhaben und Antragsteller ist aufwendig. Das DigiNetzG versucht den Breitbandausbau durch vereinfachte Verfahren zu beschleunigen. Eine effiziente Raumordnungsplanung und die Berücksichtigung von Synergiepotenzialen sind entscheidend für den Erfolg von Leitungsbündelungsprojekten.
1. Rechtliche Hindernisse für die Leitungsbündelung
Die Leitungsbündelung, obwohl aus ökologischen und ökonomischen Gründen wünschenswert, sieht sich diversen rechtlichen Hürden gegenüber. Der bestehende Rechtsrahmen bietet nur eingeschränkte Möglichkeiten für staatliche Interventionen zur Förderung der Bündelung. Sowohl materiell-rechtliche als auch verfahrensrechtliche Regelungen erschweren oder behindern die Umsetzung, selbst wenn von den Vorhabenträgern gewünscht. Ein wichtiger Aspekt ist die Antizipation zukünftiger Bedarfsänderungen. Die anfängliche Überdimensionierung von Leitungsvorhaben oder die Verlegung von Leerrohren zur Vorbereitung eines zukünftigen Ausbaus stoßen an rechtliche Grenzen, da eine ausreichende Bedarfsprognose und die Vermeidung unzumutbarer Belastungen für Grundeigentümer gewährleistet sein müssen. Die Gefahr der unzulässigen Vorratsplanung muss vermieden werden. Diese rechtlichen Restriktionen erschweren die Umsetzung von Leitungsbündelungsprojekten.
2. Komplexität der Genehmigungsverfahren und Koordinationsaufwand
Die Herausforderungen bei der Leitungsbündelung liegen auch in der Komplexität der Genehmigungsverfahren. Die gleichzeitige, integrierte Realisierung mehrerer, voneinander unabhängiger, aber räumlich gebündelter Vorhaben findet in der Regel in getrennten Verfahren statt, da ein einheitlicher gesetzlicher Zulassungstatbestand oft fehlt. Die Koordinierung der verschiedenen Verwaltungsverfahren ist aufwendig, besonders bei unterschiedlichen Antragstellern. Hier treffen verschiedene fachplanerische Entscheidungen aufeinander, die von der Planfeststellung über Einzelgenehmigungen bis hin zu genehmigungsfreien Vorhaben reichen können. Die erhebliche Heterogenität der genehmigungsrechtlichen Bestimmungen für einzelne Infrastrukturen erschwert die Bündelung zusätzlich. Eine enge Koordinierung der unabhängigen Verfahren ist daher unerlässlich, um die Leitungsbündelung zu ermöglichen. Die Notwendigkeit der wechselseitigen Mitwirkung der Vorhabenträger und die mehrfache Einbindung von Trägern öffentlicher Belange oder der Öffentlichkeit selbst stellen weitere Herausforderungen dar.
3. Möglichkeiten der Verfahrensoptimierung und Lösungsansätze
Trotz der bestehenden Hürden gibt es Ansätze zur Optimierung der Verfahrensabläufe bei der Leitungsbündelung. Das DigiNetzG (Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze) zeigt beispielsweise, wie durch gezielte gesetzliche Regelungen der Ausbau von digitalen Netzen vereinfacht werden kann. Eine effiziente Raumordnungsplanung und die frühzeitige Berücksichtigung von Synergiepotenzialen sind ebenfalls entscheidend für den Erfolg von Leitungsbündelungsprojekten. Die frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit könnte die Akzeptanz und den Erfolg solcher Projekte ebenfalls steigern. Die Verbesserung der Koordinierung zwischen verschiedenen Vorhabenträgern und Behörden ist unerlässlich. Die Analyse des geltenden Rechtsrahmens zeigt jedoch, dass eine Stärkung des Bündelungsbelangs durch eine Ausweitung der Alternativenprüfungen oder die Einführung entsprechender Prüfungen in gebundenen Zulassungsverfahren erwogen werden kann. Dies erfordert jedoch eine Abwägung mit der grundsätzlichen unternehmerischen Freiheit der Vorhabenträger.
V.Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Einflussnahme
Staatliche Eingriffsmöglichkeiten in die Leitungsführung sind begrenzt. Während Raumordnungsverfahren Alternativenprüfungen ermöglichen, die auch nicht vom Antragsteller eingebrachte Varianten berücksichtigen, fehlt dies oft in anderen Genehmigungsverfahren. Die Bauleitplanung kann durch Flächenausweisungen die Infrastrukturtrasse sichern, aber meist nicht den konkreten Standort festlegen. Das Vermeidungsgebot in der Bauleitplanung zielt auf die Minimierung von Eingriffen am selben Ort, nicht auf die Auswahl von Standorten. Das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB) verpflichtet jedoch zur Berücksichtigung vernünftiger Planungsalternativen, inklusive der Bündelung.
1. Möglichkeiten der Einflussnahme durch Raumordnung und Bauleitplanung
Die staatliche Einflussnahme auf die Realisierung von Leitungsbündelungen gestaltet sich komplex. Auf der Ebene der vorgelagerten Raumplanung (Raumordnung, Bauleitplanung) sprechen verschiedene Trassierungsgrundsätze für gebündelte Trassenverläufe (z.B. der Bündelungsgrundsatz des § 1 Abs. 5 BNatSchG). Jedoch müssen diese im Einzelfall gegenläufigen Grundsätzen, wie dem der Trennung kritischer Infrastrukturen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 S. 4 ROG), abgewogen werden. Die resultierenden Ausweisungen in Raumplänen haben meist nur einen freihaltenden, keinen zuweisenden Charakter. Sie sichern zwar die Fläche für das Leitungsvorhaben, schließen aber eine Realisierung an anderer Stelle nicht aus. Eine standortbindende Wirkung ist die absolute Ausnahme. Die Raumordnungsplanung kann zwar Infrastrukturtrassen sichern und Konflikte zwischen Infrastrukturen regeln, die finale Entscheidung über die Realisierung liegt aber in der Regel bei den Vorhabenträgern.
2. Möglichkeiten und Grenzen der staatlichen Einflussnahme auf der Zulassungsebene
Auf der Ebene der Genehmigungen sind die staatlichen Eingriffsmöglichkeiten ebenfalls begrenzt und variieren je nach geltendem Genehmigungsrecht. Im Rahmen von Alternativenprüfungen bestehen Möglichkeiten der Einflussnahme, insbesondere im Raumordnungsverfahren. Nach dessen Novellierung soll die geeignetste Variante gefunden werden, nicht nur die schonendste unter den vom Antragsteller vorgelegten. Auch die fachplanerische Zulassung erlaubt die Berücksichtigung von Alternativen, unabhängig vom Vorhabenträger. Eine Alternativenprüfung in gebundenen Zulassungsverfahren (z.B. Bauordnungsrecht) ist jedoch problematisch, da die Behörde meist an den Antrag gebunden ist. Die Integration von Alternativenprüfungen in gebundene Verfahren ist zwar rechtlich möglich, würde aber die grundlegenden Prinzipien des Zulassungsrechts verändern. Die Behörden wirken in der Praxis oft bereits beratend auf alternative Gestaltungen hin.
3. Das Initiativrecht des Vorhabenträgers und die begrenzte staatliche Steuerung
Im Grundsatz haben Vorhabenträger das Initiativrecht, über die Art und Weise der Realisierung von Infrastrukturleitungen zu entscheiden. Die Zulassungsbehörden werden erst mit Eingang eines Antrages tätig. Eine Antragspflicht besteht in der Regel nicht, auch nicht aufgrund von raumplanerischen Ausweisungen. Der Antrag des Vorhabenträgers legt den Verfahrensgegenstand fest, von dem die Behörde grundsätzlich nicht abweichen kann. Dies gilt auch für die Entscheidung über eine gebündelte Ausführung. Staatliche Planungen und Flächensicherungen stellen für die Vorhabenträger zumeist nur ein Angebot dar, im Ausnahmefall eine Vorgabe. Selbst in Genehmigungsverfahren bleibt die originäre Konzeption der Vorhaben in der Regel bei den Vorhabenträgern. Staatliche Stellen können nur in Ausnahmefällen direkt auf die konkrete Ausgestaltung der Infrastrukturprojekte einwirken. Eine rechtliche Verpflichtung zu integrierten Vorgehen besteht nur in äußerst seltenen Fällen.
VI.Mitnutzung und Vertragsgestaltung im Kontext des Breitbandausbaus
Das DigiNetzG (Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze) schafft Regelungen zur Mitnutzung bestehender Infrastrukturen für den Breitbandausbau, insbesondere die Mitverlegung von Glasfaserkabeln. Dies beinhaltet jedoch auch Herausforderungen im Hinblick auf das Eigentumsrecht (Art. 14 GG) und die Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) der betroffenen Vorhabenträger. Die Bundesnetzagentur spielt eine Rolle bei der Schlichtung von Konflikten und der Festlegung fairer Entgelte für die Mitnutzung. Der Ausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse am schnellen Breitbandausbau und den Rechten der Infrastrukturbetreiber ist ein zentraler Punkt.
1. Mitnutzung im Kontext des DigiNetzG und des Telekommunikationsgesetzes TKG
Das Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) und das Telekommunikationsgesetz (TKG) regeln die Mitnutzung bestehender Infrastrukturen für den Breitbandausbau. Insbesondere die Mitverlegung von Glasfaserkabeln in bestehende Leitungen wird adressiert. Dies soll Kosten senken und den Ausbau beschleunigen. § 77i Abs. 7 TKG sieht beispielsweise eine Mitverlegungspflicht für passive Netzinfrastrukturen vor, wenn Bauarbeiten aus öffentlichen Mitteln finanziert werden und länger als acht Wochen dauern. Diese Mitverlegung ist aber nur dann bedarfsgerecht, wenn sie dem Bedarf des Netzausbaus für digitale Hochgeschwindigkeitsnetze entspricht. Die Regelung zeigt, wie der Gesetzgeber versucht, durch Synergieeffekte beim Ausbau digitaler Netze Kosten zu sparen und die Infrastrukturplanung zu optimieren.
2. Rechtliche Aspekte der Mitnutzung und Interessenausgleich
Die Regelung der Mitnutzung bestehender Infrastrukturen im Kontext des Breitbandausbaus berührt grundlegende Rechte. Der Kontrahierungszwang durch das Mitnutzungsrecht greift in die Eigentumsrechte (Art. 14 GG) der Eigentümer und Betreiber öffentlicher Versorgungsnetze ein und berührt deren Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG). Um einen Interessenausgleich zu gewährleisten, sieht das Gesetz Mechanismen zur Entgeltbemessung vor (§ 77n TKG). Die Bundesnetzagentur kann im Streitfall die Modalitäten der Mitnutzung und die Höhe der Entgelte festlegen. Dabei sollen die Kosten des „Altsassen“ (bestehenden Infrastrukturbetreibers) gedeckt und ein Anreiz für die Mitnutzung geschaffen werden. Die Orientierung an Marktpreisen ist nicht zwingend. Ausschlussgründe für die Mitnutzung sind in § 77g TKG definiert. Insgesamt zeigt die Analyse, wie der Gesetzgeber versucht, öffentliche Interessen an einem schnellen und flächendeckenden Breitbandausbau mit den Rechten der Infrastrukturbetreiber in Einklang zu bringen.