
Circular Economy: Innovationen in Deutschland
Dokumentinformationen
Autor | Carsten Gandenberger |
Schule | Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI |
Fachrichtung | Wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Umweltfragen, nachhaltiger Konsum |
Unternehmen | Umweltbundesamt |
Ort | Dessau-Roßlau |
Dokumenttyp | Studie |
Sprache | German |
Format | |
Größe | 2.48 MB |
Zusammenfassung
I.Das Innovationssystem der deutschen Kreislaufwirtschaft Herausforderungen und Chancen
Diese Studie analysiert das Innovationssystem der Circular Economy in Deutschland. Die Transformation zu einer kreislaufwirtschaftlichen Wirtschaftsweise steckt laut Analyse noch in den Kinderschuhen und zeigt eine geringe Dynamik. Schwachstellen liegen insbesondere in der mangelnden Marktentwicklung für Sekundärrohstoffe und im unzureichenden unternehmerischen Experimentieren mit zirkulären Geschäftsmodellen. Die Wissensentwicklung und -diffusion nimmt zwar leicht zu, wird aber durch die niedrige Nachfrage nach Sekundärmaterialien gebremst. Die fortschreitende Digitalisierung bietet jedoch Potenzial zur Effizienzsteigerung in der Sekundärrohstoffproduktion und zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Der Anteil der Sekundärrohstoffe am Gesamtrohstoffeinsatz in Deutschland liegt aktuell bei schätzungsweise 15% (BDE et al., 2018), weit entfernt vom Ziel einer Verdoppelung der Rohstoffproduktivität (ProgRess III). Wichtige Elemente einer Circular Economy wie Abfallvermeidung und Design for Recycling sind bisher nur ansatzweise vorhanden.
1. Der aktuelle Stand der Circular Economy in Deutschland
Die Studie stellt fest, dass die Transformation zur Circular Economy in Deutschland noch in einer frühen Phase mit geringer Dynamik ist. Die angestrebte Umstellung auf eine zirkuläre Wirtschaft erfordert zahlreiche Innovationen, um sich gegen etablierte lineare Strukturen durchzusetzen. Die Effektivität dieser Transformation hängt maßgeblich von der Leistungsfähigkeit des Innovationssystems der Circular Economy ab. Die Analyse der grundlegenden Funktionen von Innovationssystemen – Wissensentwicklung, Marktentwicklung, Unternehmensgründungen und neue Geschäftsmodelle – zeigt, dass in Deutschland noch erhebliche Defizite bestehen. Insbesondere die Marktentwicklung für Sekundärrohstoffe und das unternehmerische Experimentieren mit zirkulären Geschäftsmodellen und Ansätzen zum Stoffstrommanagement müssen deutlich verbessert werden. Die Studie bestätigt die Vermutung einer frühen Entwicklungsphase mit geringer Dynamik. Während bei der Wissensentwicklung und -diffusion sowie beim unternehmerischen Experimentieren eine leichte Zunahme der Aktivitäten zu beobachten ist, bestehen weiterhin erhebliche Hemmnisse in der Marktentwicklung für Sekundärrohstoffe. Im Gegensatz dazu stoßen Angebote zur Nutzungsdauerverlängerung und Nutzenintensivierung zumindest in Teilen der Gesellschaft auf großes Interesse, was sich jedoch vorwiegend in nicht-kommerziellen Initiativen und Netzwerken manifestiert. Die Studie unterstreicht den dringenden Bedarf an Maßnahmen zur Stärkung der Märkte für Sekundärrohstoffe und zur Förderung des unternehmerischen Experimentierens im Bereich zirkulärer Geschäftsmodelle.
2. Innovationsfunktionen im Detail Wissen Experimentieren und Märkte
Die Analyse der Innovationsfunktionen im Kontext der Circular Economy in Deutschland zeigt ein uneinheitliches Bild. In den Bereichen "Wissensentwicklung und -diffusion" und "unternehmerisches Experimentieren" ist in den vergangenen Jahren nur ein leichtes Wachstum zu verzeichnen. Die zunehmende Digitalisierung birgt jedoch das Potenzial, die Effizienz der Sekundärrohstoffproduktion zu steigern und neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Im Bereich "Marktentwicklung" offenbart sich ein deutlich kritischeres Bild. Die Studie identifiziert erhebliche Hemmnisse, die die Entwicklung von Märkten für Sekundärrohstoffe behindern. Es besteht ein Mangel an Nachfrage nach diesen Materialien. Demgegenüber steht ein bemerkenswertes, wenn auch derzeit primär nicht-kommerziell geprägtes, Interesse an Angeboten zur Verlängerung der Nutzungsdauer und zur Intensivierung der Produktnutzung. Diese positive Entwicklung zeigt sich vor allem in der wachsenden Zahl nicht-kommerzieller Initiativen und Netzwerke. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Transformation hin zur Circular Economy in Deutschland zwar positive Ansätze zeigt, aber durch die schwachen Märkte für Sekundärrohstoffe und das mangelnde unternehmerische Experimentieren erheblich behindert wird. Die Digitalisierung könnte hier einen wichtigen Impuls liefern.
3. Herausforderungen und Hemmnisse für die Circular Economy
Die Studie hebt mehrere zentrale Herausforderungen für die Durchsetzung der Circular Economy in Deutschland hervor. Eine entscheidende Hürde liegt in der unzureichenden Nachfrage nach Sekundärrohstoffen. Dies wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, darunter Vorgaben der Hersteller, Qualitäts- und Lieferrisiken sowie niedrige Preise für Primärrohstoffe. Die bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG), fördern zwar Recycling, konzentrieren sich aber weniger auf Abfallvermeidung und Design for Recycling. Die Analyse verweist auf die starke Preisschwankung von Rohstoffen wie Stahlschrott, die Investitionen in innovative Recyclinganlagen erschwert. Die Studie zeigt, dass die Spezifikationen der Hersteller oft den Einsatz von Kunststoffrezyklaten verhindern und eine unzureichende Rezyklatqualität sowie strenge gesetzliche Vorgaben in bestimmten Anwendungsbereichen (z.B. Medizinprodukte, Lebensmittelverpackungen) weitere Hemmnisse darstellen. Die Überwindung dieser Herausforderungen erfordert eine Stärkung der Nachfrage nach Sekundärrohstoffen und eine Verbesserung der Qualität und Verfügbarkeit dieser Materialien. Auch die Förderung von Reparatur- und Recyclingprozessen sowie die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle spielt eine zentrale Rolle.
II.Politische Rahmenbedingungen und Fördermaßnahmen
Auf politischer Ebene wird das Konzept der klimaneutralen Kreislaufwirtschaft im Rahmen des European Green Deal und des Circular Economy Action Plans der EU-Kommission (2020) vorangetrieben. In Deutschland existieren Programme wie ProgRess III (dritte Version, verabschiedet am 17.06.2020), die Ansätze und Maßnahmen für einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen fördern. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) und das Verpackungsgesetz (VerpackG) spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Abfallwirtschaft und Recycling. Das VerpackG integriert den Design for Recycling Ansatz, um recyclingfreundliche Verpackungen finanziell zu fördern. Die staatliche Innovationsförderung durch Programme wie FONA (BMBF) konzentriert sich auf Ressourceneffizienztechnologien, leidet jedoch an einer unzureichenden Mobilisierung von Ressourcen für die Marktreife von Innovationen. Die Produktverantwortung der Hersteller wird betont, allerdings fehlen oft verbindliche Initiativen zu ressourcenschonendem Produktdesign.
1. EU Rahmen und das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm ProgRess
Das Konzept der klimaneutralen Kreislaufwirtschaft ist eine tragende Säule des European Green Deal und wird durch den Circular Economy Action Plan der Europäischen Kommission (2020) konkretisiert. In Deutschland bildet das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess) die nationale Antwort. ProgRess, aktuell in der dritten Version (ProgRess III, verabschiedet am 17.06.2020), zielt auf einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen entlang der Wertschöpfungskette ab. Allerdings wird das von ProgRess II (1994-2020) gesteckte Ziel einer Verdoppelung der Rohstoffproduktivität voraussichtlich deutlich verfehlt. Obwohl Deutschland bei einigen Stoffen hohe Recyclingraten aufweist (z.B. 82% bei graphischem Papier, 85% bei Behälterglas), fehlen wichtige Elemente der Circular Economy wie Abfallvermeidung und Design for Recycling weitgehend. Das jährliche Abfallaufkommen steigt sogar wieder an (destatis, 2018), und Indikatoren zur Substitution von Primär- durch Sekundärrohstoffe zeigen für 2010-2014 keine wesentliche Verbesserung (BMU, 2020). Die Diskrepanz zwischen ambitionierten Zielen und der Realität unterstreicht den Handlungsbedarf für eine effektivere Umsetzung der Circular Economy in Deutschland.
2. Kreislaufwirtschaftsgesetz KrWG und Produktverantwortung
Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) aus dem Jahr 2012 (Novelle des Gesetzes von 1996, weitere Novelle am 29.10.2020) bildet den rechtlichen Rahmen für den Umgang mit Abfällen in Deutschland. Es priorisiert Abfallvermeidung, gefolgt von Wiederverwendung, Recycling und sonstiger Verwertung. Die Bestimmungen des KrWG werden jedoch für verschiedene Abfallströme durch Rechtsverordnungen konkretisiert. Ein zentraler Aspekt des KrWG ist die Produktverantwortung der Hersteller, die ihre Produkte kreislauffreundlich gestalten sollen (§ 23). Diese Verantwortung umfasst Verpflichtungen zur Abfallvermeidung und –verwertung, wobei die geplante Einführung der Ersatzbaustoffverordnung (ErsatzbaustoffV) die bundeseinheitliche Regelung des Einsatzes von Recycling-Baustoffen vorsieht. Trotz der Priorisierung der Abfallvermeidung im KrWG liegt der Fokus der abgeleiteten Rechtsverordnungen hauptsächlich auf Abfallsammlung und umweltfreundlicher Verwertung. Das vom BMU im Jahr 2013 verabschiedete Abfallvermeidungsprogramm zielt auf die Abkopplung des Wirtschaftswachstums von den Auswirkungen der Abfallerzeugung ab, konzentriert sich aber ebenfalls stark auf die Bereiche Abfallsammlung und umweltfreundliche Verwertung.
3. Verpackungsgesetz VerpackG und staatliche Innovationsförderung
Das Verpackungsgesetz (VerpackG) von 2019 integriert den Design for Recycling-Ansatz und berücksichtigt die Recyclingfähigkeit von Verpackungen bei der Berechnung der Beteiligungsentgelte für duale Systeme. Dies soll einen finanziellen Anreiz für recyclingfreundliche Verpackungen schaffen. Die „Zentrale Stelle Verpackungsregister“ unterstützt die Bewertung der Recyclingfreundlichkeit anhand konkreter Kriterien. Die staatliche Förderung von Innovationen für die Circular Economy erfolgt über verschiedene Programme, darunter das BMBF-Rahmenprogramm FONA (Forschung für Nachhaltige Entwicklung) mit dem Schwerpunkt "Ressourceneffizienztechnologien". FONA fördert Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Bereichen wie rohstoffintensiven Produktionsprozessen, strategischen Metallen und Mineralien, Bereitstellung wirtschaftsstrategischer Rohstoffe und Impulsen für industrielle Ressourceneffizienz. Die Überführung von Forschungsergebnissen in die industrielle Praxis stellt eine Herausforderung dar, die das BMBF mit der Fördermaßnahme r+Impuls (mindestens TRL 7) adressiert. Diese Maßnahme zielt darauf ab, die Lücke zwischen Forschung und industrieller Anwendung zu schließen und das "Tal des Todes" zu vermeiden. Die staatliche F&E-Förderung unterstützt neben technologischer Hardware auch die Ausbildung von Fachkräften und den Aufbau von Netzwerken.
III.Analyse des Innovationsprozesses und Hemmnisse
Die Analyse der Patentdaten zeigt eine leichte Zunahme der Dynamik bei unspezifischen Recyclingtechnologien und im Bereich der Metall- und Mineralien-Recycling. Allerdings liegt die Patentdynamik in diesen Bereichen deutlich hinter der allgemeinen Patentdynamik zurück. Im Bereich Kunststoffrecycling ist sogar ein Rückgang zu beobachten. Die Analyse identifiziert wesentliche Hemmnisse für den Einsatz von Sekundärrohstoffen: Hersteller-Spezifikationen, unzureichende Rezyklatqualität, strenge gesetzliche Vorgaben (z.B. bei Medizinprodukten) und starke Preisschwankungen bei Rohstoffen wie Stahlschrott (siehe Statista Daten). Die Nachfrage nach Sekundärrohstoffen wird durch niedrige Primärrohstoffpreise und Qualitätsunsicherheiten behindert. Positive Entwicklungen zeigen sich in der Zunahme nicht-kommerzieller Initiativen wie Repair-Cafés zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Produkten.
1. Patentanalyse und Innovationsdynamik im Recyclingbereich
Die Analyse der Patentanmeldungen im Recyclingsektor zeigt ein differenziertes Bild der Innovationsdynamik. Die höchste Dynamik ist bei unspezifischen Recyclingtechnologien und beim Recycling von Metallen und Mineralien zu beobachten (Steigerung der jährlichen Patentanmeldungen um knapp 50% zwischen 1991 und 2016). Allerdings liegt diese Dynamik deutlich unter der allgemeinen Patentdynamik in Deutschland (+150% im selben Zeitraum). Im Bereich der Abfallwirtschaft sind die Patentanmeldungen konstant, beim Kunststoffrecycling sogar rückläufig. Die leichte Zunahme der Patentanmeldungen im Gesamtbereich Recycling steht in keinem Verhältnis zur allgemeinen Patententwicklung in Deutschland und zeigt somit eine insgesamt geringe Dynamik im Bereich Recycling-bezogener Innovationen. Die beschränkte Aussagekraft der Patentanalyse wird betont, da diese vor allem Kreisläufe 4 und 5 (Verwertung von Abfällen und Abfallvermeidung in der Produktion) abdeckt und andere Kreisläufe der Circular Economy, die auch organisatorische, soziale und institutionelle Innovationen umfassen, nicht berücksichtigt. Eine umfassendere Erfassung des Innovationsgeschehens, insbesondere im Bereich digitaler Technologien, erfordert daher weitere Forschungsanstrengungen.
2. Hemmnisse auf der Nachfrage und Angebotsseite
Die Studie identifiziert erhebliche Hemmnisse für den Einsatz von Sekundärrohstoffen, sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite. Auf der Nachfrageseite beeinflussen vielfältige Faktoren die Nachfrage nach Sekundärrohstoffen, darunter Spezifikationen der Hersteller, Qualitäts- und Lieferrisiken sowie die Preisentwicklung von Primärrohstoffen. Beispielsweise erschweren die oft strengen Vorgaben der Hersteller den Einsatz von Kunststoffrezyklaten, während die unzureichende oder ungewisse Rezyklatqualität und strenge gesetzliche Vorgaben in Anwendungsbereichen wie Medizinprodukten oder Lebensmittelverpackungen (Gandenberger et al., 2014) weitere Hindernisse darstellen. Auf der Angebotsseite führen starke Preisschwankungen bei Rohstoffen, wie beispielsweise Stahlschrott (Statista Daten), zu Unsicherheiten und erschweren Investitionen in innovative Recyclinganlagen. Das "Valley of Death", die kritische Phase zwischen Forschung und Markteinführung kapitalintensiver Innovationen, wird in Phasen niedriger Rohstoffpreise zusätzlich erschwert. Diese nachfrage- und angebotsseitigen Unsicherheiten hemmen ein starkes Wachstum der Märkte für Sekundärrohstoffe und damit die Entwicklung der Circular Economy. Die Überwindung dieser Hemmnisse, zum Beispiel durch Maßnahmen von ProgRess III (Maßnahmen Nr. 53, 54, 57) im Bereich Kunststoffrezyklate, ist für eine erfolgreiche Transformation unerlässlich.
3. Soziale Initiativen und die Rolle der Digitalisierung
Neben den Herausforderungen im Bereich der Technologie und der Marktbildung zeigt sich eine positive Entwicklung in der Zunahme sozialer Initiativen und Netzwerke, die sich für eine stärkere Schließung der Kreisläufe 1-3 (Nutzungsintensivierung, Wiederverwendung, Wiederverwendung nach Aufbereitung) engagieren, ohne kommerzielle Interessen zu verfolgen. Repair-Cafés sind ein Beispiel für diese Entwicklung. Im Bereich der Mobilisierung finanzieller und personeller Ressourcen besteht weiterhin erheblicher Forschungsbedarf. Der Umfang privater Investitionen in die Circular Economy ist noch unklar, und staatliche Anreize jenseits der Forschungsförderung sind begrenzt. Die staatliche Innovationspolitik im Bereich Circular Economy weist auf verschiedene Förderprogramme hin, die jedoch noch nicht zentral erfasst werden. Die staatlichen F&E-Investitionen unterstützen neben der Entwicklung technologischer Hardware auch die Ausbildung und Weiterbildung von Wissenschaftlern sowie den Aufbau von Netzwerken. Der technologische Fortschritt im Bereich der digitalen Technologie kann positive Externalitäten erzeugen, welche die Transformation zur Circular Economy beschleunigen könnten. Digitale Technologien können beispielsweise das "Matchmaking" zwischen Abfallproduzenten und potentiellen Nutzern verbessern und den Aufbau industrieller Symbiosen unterstützen. Ein Beispiel hierfür ist die App "To Good to Go" für die Vermittlung von Lebensmitteln.
IV.Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Umweltinnovationspolitik
Die Studie empfiehlt einen Policy Mix, inspiriert vom deutschen Modell zur Förderung regenerativer Energien (EEG), um die Transformation zur Circular Economy zu beschleunigen. Konkret werden folgende Ansätze vorgeschlagen: die Einführung dynamischer Standards für den Einsatz von Sekundärrohstoffen (inspiriert vom japanischen Top-Runner-Programm), die Förderung von reparatur- und recyclingfreundlichem Produktdesign, sowie die Stärkung des Stoffstrommanagements durch Unternehmen. Die Förderung unternehmerischen Experimentierens und der Nutzung von Digitalisierung für produktnahe Kreisläufe (Nutzungsintensivierung, Wiederverwendung) wird als entscheidend erachtet. ProgRess III greift zwar einige Aspekte auf, adressiert aber wichtige Innovationsfunktionen wie Marktentwicklung und Ressourcenmobilisierung unzureichend.
1. Analyse der ProgRess III Maßnahmen und identifizierte Schwächen
Die Analyse der ProgRess III Maßnahmen (Abbildung 10) zeigt, dass der Fokus auf den Innovationsfunktionen "Wissensentwicklung und -diffusion", "Beeinflussung der Suchrichtung" und "Legitimation" liegt. Die Funktionen "unternehmerisches Experimentieren" und "Marktbildung/Mobilisierung von Ressourcen" werden hingegen von deutlich weniger Maßnahmen adressiert. Die Studie argumentiert, dass ProgRess III zu kurz greift, um die für eine umfassende Transformation notwendige ökonomische Dynamik zu entfachen, da die Marktentwicklung kaum angesprochen wird. Dies ist problematisch, da gerade die Marktbildung und das unternehmerische Experimentieren als Schwachstellen des deutschen Innovationssystems im Bereich Circular Economy identifiziert wurden. Die Analyse der 28 Maßnahmen konzentriert sich aufgrund von Zeitgründen auf technische Innovationen, da deren Auswirkungen auf die Innovationsfunktionen leichter zu ermitteln sind. Die Analyse unterstreicht den Bedarf an einer stärker auf Marktbildung und Ressourcenmobilisierung ausgerichteten Politik, um die Transformation zur Circular Economy in Deutschland voranzutreiben. Die bestehenden Maßnahmen scheinen nicht ausreichend zu sein, um die identifizierten Schwächen des Innovationssystems zu beheben.
2. Empfehlung Dynamische Standards für den Einsatz von Sekundärrohstoffen
Um die Nachfrage nach Sekundärrohstoffen zu erhöhen und damit einen wichtigen Impuls für Innovationen in der Kreislaufwirtschaft zu setzen, wird die Einführung dynamischer Standards empfohlen. Diese Standards, angelehnt an das japanische Top-Runner-Programm (siehe Box "Dynamische Standards"), legen Mindeststandards für den Einsatz von Sekundärrohstoffen in Produkten fest und berücksichtigen den zu erwartenden technischen Fortschritt. Die Mindeststandards gelten für die gesamte Produktpalette eines Herstellers oder Importeurs, nicht für jedes einzelne Produkt. Nach einer festgelegten Zeitspanne (3-12 Jahre je nach Produktgruppe) müssen diese Standards eingehalten werden, wobei die gesamte Produktflotte relevant ist. Die Standards und Zeitrahmen werden regelmäßig angepasst, um den technischen Fortschritt zu berücksichtigen. Dieses System soll die Nachfrage nach Sekundärrohstoffen sukzessive steigern und einen wichtigen Anreiz für Innovationen schaffen. Der Ansatz orientiert sich am "market pull" Prinzip, indem eine steigende Nachfrage den Innovationsprozess antreibt. Die Herausforderung liegt darin, die Balance zwischen der Schaffung von Marktanreizen und der Vermeidung von übermäßigen regulatorischen Hürden für Hersteller zu finden.
3. Weitere Empfehlungen Produktdesign und Stoffstrommanagement
Neben der Einführung dynamischer Standards werden weitere Maßnahmen zur Förderung der Circular Economy vorgeschlagen. Die Förderung eines reparatur- und recyclingfreundlichen Produktdesigns wird als entscheidend erachtet. Ähnlich wie im VerpackG könnten finanzielle Anreize oder ordnungsrechtliche Vorgaben gesetzt werden, um Produktdesigns zu fördern, die Reparatur und Recycling erleichtern (z.B. Verbot von patentierten Schrauben oder verklebten Akkus). Dies würde die Effizienz von Recyclingprozessen verbessern, die Preise und Qualität von Sekundärrohstoffen erhöhen und die Nachfrage positiv beeinflussen. Die europäische Öko-Designrichtlinie (2009/15/EG) und das Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz (EVPG) bieten Anknüpfungspunkte für die Umsetzung. Die Stärkung der produktnahen Kreisläufe (Nutzungsintensivierung, Wiederverwendung, Wiederverwendung nach Aufbereitung) erfordert neue Ansätze im Stoffstrommanagement. Hierbei soll das unternehmerische Experimentieren mit neuen Geschäftsmodellen gefördert werden, indem der Staat beispielsweise die öffentliche Beschaffung nutzt, Pilotprojekte fördert, Unternehmen vernetzt oder die Herstellerverantwortung erweitert. Regulative Erleichterungen, wie die Einführung einer Bauartzulassung anstelle der individuellen Genehmigungspraxis für Recyclinganlagen, könnten die Verbreitung neuer Technologien und Geschäftsmodelle beschleunigen. Die Studie betont die Notwendigkeit einer umfassenderen und aktiveren Politik, um die Transformation zur Circular Economy erfolgreich zu gestalten.