
Crossmediales Buchmarketing: Digital & Event
Dokumentinformationen
Autor | Martina Ullrich |
instructor/editor | Ulrich Huse |
Schule | Hochschule der Medien Stuttgart |
subject/major | Mediapublishing |
Dokumenttyp | Abschlussarbeit |
Ort | Stuttgart |
Sprache | German |
Format | |
Größe | 2.46 MB |
Zusammenfassung
I.Veränderte Mediennutzung und Lesegewohnheiten
Die Studie untersucht den Wandel der Mediennutzung im Kontext steigender Lebenserwartung und veränderter Freizeitgestaltung. Der zunehmende Konsum von Media Snacks und die crossmediale Nutzung von Inhalten (z.B. Print und Tablet) werden analysiert. Der Trend zum Nutzen statt Besitzen, wie im Car-Sharing Modell sichtbar, beeinflusst auch den Buchmarkt. Die IKT-Durchdringung prägt das Leben zunehmend und fordert Flexibilität im Arbeitsmarkt. Das Leseverhalten hat sich verändert: 2010 betrug die durchschnittliche wöchentliche Buchnutzung nur 22 Minuten. Lese-Zapping und das Überfliegen von Texten sind verbreitet. Trotzdem besteht ein signifikanter Unterschied zwischen der wahrgenommenen Wichtigkeit des Lesens und der tatsächlichen Nutzung.
1. Steigende Lebenserwartung und veränderte Freizeitgestaltung
Die Studie beginnt mit der Beobachtung des demografischen Wandels: Die steigende Lebenserwartung, basierend auf Daten des Statistischen Bundesamtes, führt zu einem sinkenden Erwerbstätigkeitsumfang bei gleichzeitig steigendem Durchschnittsalter der Bevölkerung. Dies resultiert in einem erhöhten Freizeitumfang, der als wesentliche Ursache für das veränderte Mediennutzungsverhalten genannt wird. Eine Zukunftsstudie des Münchner Kreises (2013) unterstreicht die omnipräsente Mediennutzung in der digitalisierten Welt: Fernseher, Computer, Smartphones, Spielekonsolen, Tablets und Autoradios bieten jederzeit und überall Zugang zu globalen Informationen und Medieninhalten – ein Leben ohne Mediennutzung ist kaum mehr vorstellbar. Der Fokus liegt dabei auf der räumlichen und zeitlichen Unabhängigkeit des Medienkonsums, unabhängig vom jeweiligen Medium. Als Beispiel wird die crossmediale Nutzung von Printmedien und digitalen Geräten (27% der Befragten lesen Printzeitungen am Morgen und setzen das Lesen später auf Tablets oder Smartphones fort) genannt, ein Trend der in Ländern wie China (69%) schon weit fortgeschritten ist. Der Trend zu "Media Snacks", der Konsum von schnell verfügbaren Informationen anstelle ausführlicher Inhalte, unterstreicht die Veränderung im Medienkonsum.
2. Der Einfluss der Globalisierung und der IKT Durchdringung
Die Globalisierung fördert einen Mobilitätsgedanken, der sich in Geschäftsmodellen wie Car-Sharing widerspiegelt. Das Prinzip "Nutzen statt Besitzen" überträgt sich zunehmend auf die Mediennutzung und stellt die Existenz des gedruckten Buches in Frage. Die "Internationale Delphi-Studie 2030" prognostiziert eine umfassende IKT-Durchdringung aller Lebensbereiche in den nächsten zehn Jahren. Der technische Fortschritt, insbesondere die zunehmende Breitbandnutzung, erweitert die Kommunikationsinfrastruktur dynamisch und wirkt als Multiplikator für Produktivität und Innovation in der Wirtschaft. Ein dezentraler Arbeitsmarkt verlangt gleichzeitig mehr Flexibilität von den Arbeitnehmern. Diese Entwicklungen bilden den umfassenden Hintergrund für den Wandel im Medienkonsum und der damit verbundenen Veränderung des Lese- und Buchverhaltens. Die Studie verdeutlicht, dass die gesellschaftlichen Veränderungen tiefgreifend sind und sich in allen Aspekten des täglichen Lebens, von der Arbeit bis zur Freizeitgestaltung, bemerkbar machen.
3. Verändertes Leseverhalten in Deutschland
Der technische Fortschritt beeinflusst auch das Leseverhalten. Im Jahr 2010 wurde das Buch durchschnittlich nur 22 Minuten pro Woche genutzt. Die Stiftung Lesen stellte bereits 2001 fest, dass das Lesen am Bildschirm das Buch nicht vollständig verdrängt, aber das Leseerlebnis grundlegend verändert. 19% der Befragten im Jahr 2008 gaben an, Buchseiten zu überfliegen (Lese-Zapping). Ein Viertel der Befragten liest nie ein Buch. Der harte Kern der Viel-Leser (über 50 Bücher pro Jahr) bleibt mit 3% konstant. Ein Widerspruch zeigt sich zwischen der wahrgenommenen Wichtigkeit des Lesens und der tatsächlichen Lesezeit. Die Studie deutet dies als ein anfängliches Renaissance-Denken für das Lesemedium, ein Hinweis auf ein latentes Potential, welches durch geschicktes Marketing aktiviert werden kann.
II.Zielgruppenverständnis der Zukunft und Lebensstiltrends
Basierend auf Analysen des Sinus-Milieus und des ITZ werden Lebensstiltrends für 2030 untersucht. Die Studie identifiziert 15 Lebensstiltypen mit unterschiedlicher Relevanz für gesellschaftliche Veränderungen. Der Prekär-Manager (20-34 Jahre) als On- und Offline-Genießer und der DIY-Bürger mit Fokus auf Selbermachen und Prosumentenverhalten werden als besonders relevant für das Buchmarketing herausgestellt. Diese Zielgruppen zeigen eine differenzierte Einstellung zum Buch und digitale Medien.
1. Gesellschaftlicher Wandel und Individualisierung
Der Abschnitt beginnt mit der Feststellung, dass sich die Gesellschaft in einem tiefgreifenden Wandel befindet. Das Sinus-Milieu-Institut und das Institut für Trend- und Zukunftsforschung (ITZ) beschäftigen sich mit diesen Entwicklungen. Das ITZ betont, dass eine reine Milieu-Einteilung der Bevölkerung der zunehmenden Individualisierung von Lebenskonzepten nicht mehr gerecht wird. Menschen lösen sich von traditionellen Bindungen und betreiben verstärkt "Ego-Branding". Trends beeinflussen diesen Wertewandel und münden in neue Selbstkonzepte. Dziemba/Langwieser/Wenzel haben die Bevölkerung in 15 Lebensstiltrends eingeordnet, die zukünftige Lebenskonzepte (2030) repräsentieren sollen. Diese Lebensstile weisen unterschiedliche Reichweiten auf und befinden sich in stetiger Weiterentwicklung. Sie sind nicht statisch für Marktsegmentierungen geeignet, offenbaren aber Sehnsüchte der Gesellschaft. Eine Bedürfnismatrix (Haben, Sein, Leidenschaften leben, Sicherheit) wird verwendet, um die Lebensstile einzuordnen und solche mit positiven Tendenzen für den Buchmarkt herauszufiltern. Die Analyse der Lebensstile dient als Basis für weitere Untersuchungen und liefert wichtige Erkenntnisse zum zukünftigen Konsumverhalten.
2. Analyse relevanter Lebensstiltypen für das Buchmarketing
Die Studie analysiert im Detail zwei relevante Lebensstiltypen für das Buchmarketing: Der "Prekär-Manager" (20-34 Jahre) repräsentiert einen Typus, bei dem die Arbeit zwar dominiert, aber ein wichtiger Ausgleich gesucht wird. Entschleunigung und modernes Traditionsdenken sind wichtige Merkmale. Persönliche Bereicherung steht im Vordergrund, wobei Karriere kompatibel, aber nicht der alleinige Antrieb ist. Diese Gruppe zeichnet sich durch ein ausgeglichenes Verhältnis von On- und Offline-Aktivitäten aus und kann als "typischer On- und Offline-Genießer" bezeichnet werden. Sie filtern Informationen im digitalen Überfluss effektiv und sind empfänglich für Produktinnovationen und Crowdsourcing, sind aber gegenüber klassischer Werbung resistent. Für das Buchmarketing ist ihre Bereitschaft, Offline-Zeiten zu zelebrieren, entscheidend. Der zweite relevante Typ ist der "DIY-Bürger", der sich vom Massenkonsum abgrenzt und Wert auf Selbermachen, Unabhängigkeit und Sinnhaftigkeit legt. Ähnlich wie der Prekär-Manager verbindet er alte und neue Werte und agiert als Prosument. Er sucht nach Individualität und Unikat-Produktionen, in dem er digitale Kommunikationskanäle als Hilfsmittel nutzt um gemeinschaftliches Produzieren von Ideen zu fördern. Für eine erfolgreiche Buchmarketingstrategie ist die Integration des Konsumenten in den Herstellungsprozess zentral, um Partizipation und sinnliches Qualitätserleben zu ermöglichen. Die Analyse dieser Lebensstile durch das ITZ liefert die Grundlage für weiterführende Untersuchungen zum zukünftigen Konsumverhalten und zukunftsgerichtetes Buchmarketing.
III.Vom Konsum zur Erlebnisgesellschaft
Die Studie beschreibt den Wandel von einer reinen Konsumgesellschaft hin zu einer Erlebnisgesellschaft. Der Konsument von heute sucht nicht nur den Besitz, sondern ein individuelles Erlebnis im sozialen Kontext. Die emotionale Bindung an Produkte gewinnt an Bedeutung. Diese Entwicklung muss beim Buchmarketing berücksichtigt werden, wobei das gedruckte Buch als Offline-Medium und Instrument zur Entschleunigung positioniert werden kann. Crossmediale Marketingansätze sind unerlässlich.
1. Vom Konsum zum Erlebnis Ein Wandel im Konsumverhalten
Der vorliegende Abschnitt beschreibt den Übergang von einer reinen Konsumgesellschaft zu einer Erlebnisgesellschaft, ein Wandel, der im Sinne des Postmaterialismus verstanden wird. Wöhler zufolge kennzeichnet einen Konsumgesellschaft der Ressourcenüberfluss, der den Grundbedarf deutlich übersteigt. Heute kommt jedoch der Aspekt der Selbstentfaltung hinzu, der den Konsum über die reine materielle Eigenschaft hinaushebt. Der informierte Konsument bewertet Produkte nicht mehr nur nach ihrem materiellen Wert, sondern im sozialen Kontext. Er integriert sein Wissen über Produkte in persönliche Schemata, um individuelle Erlebnisse zu kreieren und sich selbst darzustellen. Dieses neue Verständnis von Waren wird durch einen Wandel von der Außen- zur Innenorientierung erklärt: Traditionelle Bindungen lösen sich auf, was zu Identitätsfragen und Orientierungslosigkeit führt und den Wunsch nach einem selbstbestimmten Sicherheitssystem weckt. Die Multioptionalität der technisierten Welt und der schnelle Wandel durch Innovationen heben das Denken in natürlichen Grenzen auf. Der Konsument findet sich somit auf der nächsten Stufe des Konsums wieder: der Erlebnisgesellschaft. Diese Entwicklung hat weitreichende Folgen für Marketingstrategien und erfordert ein Umdenken in der Produktpositionierung und Kundenansprache.
2. Implikationen für das Buchmarketing in der Erlebnisgesellschaft
Die multimediale und digitalisierte Medienlandschaft erfordert crossmediale Marketingansätze, die synergetisch wirken und die multimediale Gleichzeitigkeit der Nutzer berücksichtigen. Die Kommunikation findet zunehmend digital statt, daher muss die Markenbotschaft des Buches crossmedial transportiert werden. Das gedruckte Buch kann als Offline-Medium und Instrument zur Auszeit vom digitalen Alltag positioniert werden. Die Studie untersucht, ob die Haptik des Buches eine intensivere Sinneserfahrung ermöglicht. Die massenhafte Verfügbarkeit digitaler Inhalte könnte die Knappheit hochwertiger und auflagenbeschränkter Bücher wieder attraktiv machen. Ein Dialog auf Augenhöhe mit dem Konsumenten wird als wichtig erachtet. Der Prosument-Gedanke, die Integration des Konsumenten in den Herstellungsprozess, spielt eine zentrale Rolle für eine erfolgreiche Marketingstrategie. Die Herausforderung besteht darin, eine emotionale Differenzierungsstrategie zu entwickeln, die das Involvement des Konsumenten steigert und ein neues Alleinstellungsmerkmal schafft.
IV.Das gedruckte Buch Liebhaberstück oder Umsatzstarkes Statussymbol
Die Studie untersucht die potenzielle Statussymbolik des gedruckten Buches. Hierbei spielen Emotionen, Werte und die Selbstwahrnehmung des Konsumenten eine zentrale Rolle. Die Haptik, Hochwertigkeit, und der Einzelstückcharakter könnten als Differenzierungsmerkmale im Vergleich zum E-Book dienen. Die Studie beleuchtet, welche Aktivierungsmotive zum Kauf von Büchern führen und welche Werte für Kernzielgruppen relevant sind. Insbesondere bei höher gebildeten Schichten (Liberal-Intellektuelle Milieu) wird das Buch als Lebensbegleiter und Sinnbild für Identitätsbildung gesehen. Das Sowohl-als-auch-Denken in der Nutzung von Print und E-Books ist verbreitet. Eine höhere Zahlungsbereitschaft für hochwertigere Hardcover-Ausgaben ist erkennbar.
1. Statussymbolik und Kaufkraft Die Rolle von Werten und Emotionen
Dieser Abschnitt untersucht den Zukunftsmarkt für das gedruckte Buch und die Möglichkeit, eine Statussymbolik zu schaffen, um die Kaufkraft zu steigern. Neben Emotionen und der Bindung an Produkte spielen laut Häusel die Werte des Kunden eine entscheidende Rolle. Werte werden als messbare Standards des eigenen und fremden Verhaltens definiert, die einen emotionalen Kern besitzen. Das Marketing muss sich daher intensiv mit der emotionalen Werte-Kaufbeziehung auseinandersetzen, da spezifische Motive das Kaufverhalten prägen und den individuellen Lebensstil ausdrücken. Ziel ist es, die Aktivierungsmotive des Buches beim Endkunden zu identifizieren und moderne Werteschwerpunkte von Kernzielgruppen zu bestimmen, um dem Buch eine attraktive Symbolik zu verleihen. Das Ziel ist, das Buch als rentable Marke im Markt zu etablieren und neben digitalen Produkten zu positionieren. Die Selbstwahrnehmung eines freien Willens beim Kaufprozess wird als wichtiger Faktor hervorgehoben.
2. Das Liberal Intellektuelle Milieu und der Buchkonsum
Das liberal-intellektuelle Milieu wird als überdurchschnittlich buchaffine Gruppe identifiziert (62% lesen regelmäßig Bücher). Bücher dienen hier als Sinnbild für Identitätsbildung und fungieren als Lebensbegleiter. Bewusste Zeit wird zum Lesen genommen, um zur Ruhe zu kommen. Das Milieu gehört zur Bildungselite und verbindet Karriere mit Individualismus. Sinnenfreude und Ästhetik sind wichtig, ebenso wie das Bedürfnis nach Entschleunigung. Ihr kosmopolitisches Denken spiegelt sich in der Vielfalt der gelesenen Genres wider. Die zeitlich und räumlich unbegrenzte Nutzung einer digitalen Bibliothek via E-Book wird als Vorteil gesehen, dennoch präferiert dieses Milieu ein "Sowohl-als-auch-Denken" in der Nutzung von Print- und E-Books. Die Ergebnisse der Endkundenbefragung bestätigen die Bedeutung von Bildung/Kultiviertheit, Genuss, Hochwertigkeit/Qualität und Ästhetik/Schönheit als zentrale Unterscheidungsmerkmale des Buches gegenüber dem E-Book. Das Buch wird als "etwas Besonderes" wahrgenommen, was ihm eine Statussymbolik verleiht.
3. Verbraucherpanel und Kaufverhalten Hardcover Trend und Luxusgütercharakter
Die Lebenswelten-Klassifizierung des Verbraucherpanels zeigt, dass die umsatzstärksten Zielgruppen im Mittel- bis Hochpreissegment angesiedelt sind (35-60+ Jahre). Ein hoher Frauenanteil (67%) und ein überdurchschnittlich hohes Einkommen mit entsprechendem Bildungsgrad sind charakteristisch. Bei jungen Milieus (Experimentalisten) besteht ein strategisches Potenzial: Preisbewusstsein trifft auf steigende Zahlungsbereitschaft bei hochwertigem Angebot. Der Umsatz bei 16-34-Jährigen stieg zwischen 2007 und 2011 um 11 Millionen Euro. Die Endkundenbefragung bestätigt diese Entwicklung: 16-26-Jährige (63%) und 38-48-Jährige (67%) sehen das Buch als Luxusgut an, für das sie bei entsprechender Qualität mehr zu zahlen bereit sind. Generell hat sich die Haltung der Konsumenten geändert: Seit 2007 tendiert der geplante Buchkauf verstärkt zum teureren Hardcover-Format. Der Börsenverein bestätigt steigende Buchkäufe (2008 +2% im Vergleich zu 2005), trotz der Wahrnehmung von Hardcover als zu teuer. Der Umsatzrückgang bei Taschenbüchern (30-39-Jährige: -7%, 20-29-Jährige: ähnlich) steht im Gegensatz zum Umsatzwachstum bei Hardcovern (+3%). 61% der Befragten bestätigen den Luxuscharakter des Buches und ihre Bereitschaft, bei besonderer Qualität mehr auszugeben. Experten sehen den größten Wettbewerb zwischen E-Book und Taschenbuch aufgrund des günstigeren Preises und der logistischen Vorteile des E-Books.
V.Haptik und Einzelstückcharakter als Kaufargumente
Die Studie analysiert die Rolle der Haptik und des Einzelstückcharakters als Differenzierungsmerkmale des gedruckten Buches. Die sensorische Ansprache durch Material und Gestaltung wird als wichtiger Faktor für die emotionale Bindung des Lesers betont. Der Vergleich mit der Musikbranche (Schallplatte vs. digitale Musik) zeigt die Bedeutung des taktilen Sinns beim Buchkonsum. Hochwertige Veredelung ist jedoch nur für bestimmte Zielgruppen wirtschaftlich sinnvoll. Der Trend zu Unikat-Produktionen ist stärker im digitalen Bereich (z.B. iPad-Hüllen) zu beobachten. Obwohl nur 21% der Befragten eine besondere Ausgabe einem Massenprodukt vorziehen würden, ist das Potential für limitierte Auflagen in Nischenmärkten vorhanden.
1. Haptische Veredelung und sensorische Ansprache als Differenzierungsmerkmale
Dieser Abschnitt untersucht haptische Veredelungsmöglichkeiten und die sensorische Ansprache des gedruckten Buches als Differenzierungsmerkmale gegenüber digitalen Inhalten. Der Ansatz zielt auf eine erfolgreiche Vermarktung des physischen Buches ab, indem er die Attraktivität von Unikaten gegenüber Massenprodukten beleuchtet. Der Kern des Buches ist der Inhalt, der sich vom E-Book nicht unterscheidet. Um eine emotionale Bindung beim Konsumenten zu schaffen, benötigt es neben der Kommunikation einer Symbolik einen Vermittler, der die Emotion erfahrbar macht. Produktgestaltung mit differenzierter Ästhetik kann Emotionen und sensorische Erlebnisse auslösen. Gestaltungselemente wie Form, Farbe und Ergonomie rufen Assoziationen hervor, die über Sinneskanäle das limbische System (wissenschaftliche Bezeichnung für die emotionale Verarbeitung) ansprechen. Die Haptik von Büchern fungiert als Kommunikationskanal, der eine intensivere und unbewusste Aktivierung und Bindung beim Konsumenten erzeugt. Taktile Reize intensivieren die emotionale Verknüpfung und werden im limbischen Gedächtnis als Erinnerung verankert (90% der Sinneswahrnehmung im Vergleich zu 30% visuell und 20% auditiv). Das E-Book bietet lediglich eine zweidimensionale Sinnesansprache, während das gedruckte Buch durch vielfältige haptische Gestaltungsoptionen intensivere Erlebnisse ermöglicht.
2. Wirtschaftlichkeit von haptischen Veredelungen und der Einzelstückcharakter
Aufwendige Veredelungen sind für Massenprodukte der Belletristik oft nicht wirtschaftlich umsetzbar. Eine wertige Ausstattung ist daher nur für definierte Zielgruppen sinnvoll, für die die Haptik besonders wichtig ist. Dem durchschnittlichen Belletristik-Leser, insbesondere bei leichter Unterhaltungsliteratur, ist die äußere Erscheinung weniger wichtig als der Inhalt. Die Van-Westendorp-Methode zur Untersuchung der Preisakzeptanz zeigt keine deutliche Steigerung der Zahlungsbereitschaft für hochwertige Hardcovers, obwohl die subjektiv empfundene Preisschwelle von "zu teuer" und "teuer" beachtet werden muss. Ein Vergleich mit der Musikbranche (Schallplatte) verdeutlicht, dass beim Konsum der Träger (taktiler und visueller Sinn) weniger bedeutend ist als beim Lesen. Beim Lesen ist der Träger ein zentraler Bestandteil, was dem visuellen und insbesondere dem taktilen Sinn eine besondere Bedeutung in einer haptischen Differenzierungsstrategie verleiht. Die haptischen Komponenten (Halten, Blättern, verschiedene Materialien) dominieren die Kaufentscheidung im Vergleich zum E-Book. Auch die visuelle Gestaltung ist ein wichtiges Kaufmotiv.
3. Unikat Produktion und Do it yourself Trend
Die Studie untersucht die Attraktivität von Büchern als Unikate im Vergleich zu Massenprodukten. Die Verflechtung von visuellem und taktilem Sinn mit olfaktorischen Wahrnehmungen beim Buchkonsum wird hervorgehoben. Die haptisch-polysensorische Ausstattung kann die Positionierung des Buches im Wettbewerb mit digitalen Medien unterstützen. Es ist jedoch zu beachten, dass nicht bei jedem Buch eine Überlagerung von haptischen Effekten erfolgreich und wirtschaftlich ist. Die Zielgruppe und die Warengruppe müssen berücksichtigt werden, ebenso wie eine strategische Markenführung des Verlags. Haptische Differenzierung sollte ergänzend zu anderen Marketingmaßnahmen eingesetzt werden, z.B. in Kombination mit dem Crowdsourcing-Prinzip. Der zunehmende DIY-Lebenstil und die damit verbundene Popularität von Online-DIY-Communities und Handelsplattformen werden betrachtet. Buchkäufer engagieren sich zunehmend in Selbermach-Aktivitäten. Bücher in limitierter Auflage könnten ein Verkaufsargument für junge Zielgruppen (junge Expeditive) sein, die Nischenprodukte und individuelle Klasse schätzen. Auch kreative Neuorientierung und der Hang zum DIY könnten das Interesse an Unikaten steigern. Das sozioökologische Milieu zeigt eine Neigung zu nachhaltig verarbeiteten Materialien, und liberal-intellektuelle Leser sind von exquisiten Kleinauflagen begeistert. Eine individualisierte Herstellung von Büchern ist jedoch kostenintensiv und nur für sehr profilierte Sonderzielgruppen praktikabel. Der Durchschnittskäufer bevorzugt die preislich akzeptierte normale Ausgabe, da der Inhalt im Vordergrund steht. Die Endkundenbefragung bestätigt diese Tendenz (21% bevorzugen Einzelstücke, zahlen dafür im Durchschnitt 10,54 Euro mehr). Der Trend zur Unikat-Produktion ist stärker im digitalen Bereich zu beobachten, wobei die Zahlungsbereitschaft bei langer Nutzungsdauer des Lesegeräts (z.B. iPad) höher ist. Die haptische Imitation eines Buchrückens bei iPad-Hüllen wird als Beispiel für erfolgreiche Individualisierung genannt.
VI.Kommunikationskanäle für das Buchmarketing
Die Studie untersucht effektive Kommunikationskanäle für das Buchmarketing. Der stationäre Buchhandel spielt trotz Online-Konkurrenz eine wichtige Rolle, da persönliche Empfehlungen und das Kauferlebnis entscheidend sind. Online-Kanäle (z.B. Social Media, Social Reading Plattformen) bieten Möglichkeiten der direkten Kundenkommunikation, Zielgruppenansprache, und Marktforschung. Die Studie betont die Bedeutung des Dialogs auf Augenhöhe und des authentischen Austauschs zwischen Verlag, Buchhandel und Leser. Printmedien und Live Communication erhalten weiterhin Bedeutung, besonders in Kombination mit Online-Aktivitäten.
1. Visuelle und auditive Reize im digitalen Kommunikationskosmos
Der Abschnitt beginnt mit der Feststellung, dass 83% der sinnlichen Umwelteindrücke visuell aufgenommen werden. Im digitalen Kommunikationskosmos werden Informationen hauptsächlich über visuelle und auditive Reize übertragen. Bilder mit emotionalen Inhalten lassen sich daher gut transportieren, und Musik als stärkster auditiver Reiz kann spezifische Emotionsbilder hervorrufen. Jedoch führt die hohe Anzahl digitaler Botschaften zu einer geringeren Wirkung der einzelnen Botschaft auf den Empfänger (Aufmerksamkeitsprinzip aus Kapitel 1.2). Neben auditiv-visueller Marketingkommunikation ist daher die Integration anderer Kommunikationskanäle notwendig, um mehrdimensionale Reize zu setzen und Werbebotschaften nachhaltiger zu platzieren. Die Frage nach der Zukunft der Kommunikation in der veränderten Aufmerksamkeitslandschaft wird aufgeworfen. Live Communication wird als besonders relevant angesehen.
2. Live Communication und die Bedeutung des stationären Buchhandels
Die Studie hebt die Bedeutung von Live Communication hervor, basierend auf den Ergebnissen des Verbraucherpanels (33% der Befragten gaben "Stöbern im Geschäft" als wichtigste Informationsquelle an, unabhängig vom Alter; Endkundenbefragung bestätigt dies mit 48%). Diese persönliche, direkte Kommunikation wird als sehr bedeutend erachtet. Die Online-Informationsuche (10%) rangiert hinter Empfehlungen von Freunden oder Bekannten (12%). Persönliche Werbung, auch bei jungen Buchkäufern, ist trotz hoher Onlineaffinität wichtiger (15% in der Endkundenbefragung). Klassische Printberichterstattung spielt ebenfalls eine Rolle (10%, Endkundenbefragung: 14%). Printmedien und anspruchsvolle TV-Sendungen werden vor allem von liberal-intellektuellen und konservativ-etablierten Milieus genutzt. Online- und Offline-Rezensionen genießen Vertrauen. Direktmailings, Massenwerbung im Radio, Fernsehen oder Print sind weniger effektiv. Der Tipp von Freunden und die Empfehlung von Verkäufern zählen zu den wichtigsten Kaufmotiven. Die Kernzielgruppen zeigen eine überdurchschnittliche Internetaffinität (23-36%), trotzdem besteht ein Sowohl-als-auch-Denken bezüglich Online- und Offline-Käufen. Der stationäre Buchhandel ist trotz Online-Konkurrenz beliebt und spielt eine zentrale Rolle.
3. Der Dialog mit dem Konsumenten Empathie und Erlebniswelten
Der Abschnitt betont die Bedeutung des direkten und authentischen Dialogs zwischen Hersteller, Händler und Kunde. Die stationäre Buchhandlung ist trotz Online-Konkurrenz weiterhin beliebt, da persönliche Empfehlungen und der persönliche Kontakt wichtig sind. Empathie spielt eine große Rolle im Buchmarketing. Die Schwächen der ortsgebundenen Live Communication werden durch die Vorteile der virtuellen Kommunikation (geringe Kosten) ausgeglichen. Allerdings weisen virtuelle Formate Schwächen in Bezug auf Kontaktintensität, Erfahrbarkeit und Multisensorialität auf. Eine Kombination aus Live Communication und virtueller Kommunikation wird als optimale Lösung angesehen. Neue Medien, Events und PR sowie die Gestaltung von Einkaufsstätten ermöglichen eine direkte, authentische und emotionale Kundenbindung. Der Verlag Bastei Lübbe wird als Beispiel für die Schaffung von Erlebniswelten im stationären Handel genannt (Concept Store 2013). Die Inszenierung von Erlebniswelten in Buchhandlungen und die emotionale Bindung werden als entscheidend für den Erfolg im erlebnisorientierten Konsum hervorgehoben. Große Werbewirkung wird meist nur über Autorenmarken erreicht, während ein besonderes Bucherlebnis durch Inszenierung und Einkaufsqualität geschaffen werden kann. Ein Dialog auf Augenhöhe im Social Web bietet Verlagen und Buchhandlungen die Möglichkeit zur zielgruppenspezifischen Positionierung, wobei Authentizität und persönlicher Kontakt im Vordergrund stehen. Ein exzellenter Kundenservice über Social Media kann die Beliebtheit steigern und Mundpropaganda fördern.
VII.Erfolgsfaktor Eventmarketing Lesungen Social Reading ARGs und Book Slams
Die Studie analysiert verschiedene Eventmarketing-Formate zur Förderung des Buchverkaufs und der Kundenbindung: klassische Lesungen, Social Reading, Alternate Reality Games (ARGs) und Book Slams. Klassische Lesungen sind für ältere Zielgruppen relevant, während jüngere Zielgruppen einen höheren Erlebniswert und persönlichen Austausch erwarten. Social Reading Plattformen bieten Möglichkeiten zur Kundenbindung, Marktforschung und Mundpropaganda. ARGs sind aufwendig und für spezielle Zielgruppen geeignet. Der Book Slam wird als besonders innovatives Format hervorgehoben, das Partizipation, digitale Vernetzung, und den demokratischen Gedanken vereint und ein hohes Maß an Involvement fördert. Die Studie untersucht die Stärken und Schwächen jedes Formats und betont die Bedeutung von Empathie und authentischem Dialog.
1. Eventmarketing als Teil einer Erlebnisstrategie
Der Abschnitt positioniert Eventmarketing als zentralen Bestandteil einer umfassenden Marketingstrategie im Kontext des Wandels von einer Konsum- zu einer Erlebnisgesellschaft. Die multimediale Reizüberflutung führt dazu, dass klassische Werbeformen an der Aufmerksamkeit des Konsumenten scheitern. Die medienübergreifende Nutzung von Inhalten macht es notwendig, neben der Funktionalität des Buches auch emotionale Erlebniswerte zu kommunizieren, um das Involvement zu steigern und ein Alleinstellungsmerkmal zu schaffen. Eventmarketing wird als Instrument verstanden, das die richtigen Bedingungen (Atmosphäre, Motive) schafft, um die Bewertung von Erlebnissen im Zusammenhang mit Produkten positiv zu beeinflussen. Es ist Teil des Erlebnismarketings und zielt darauf ab, Erlebnisse als positiven Beitrag zur Marketingstrategie einzusetzen. Eventmarketing inszeniert multisensorische Ereignisse, die starke Aktivierungsreize auslösen und als Kommunikationskanal dienen, um einen direkten Dialog mit der Zielgruppe zu führen und das Involvement durch aktive Teilhabe zu erhöhen. Klassische einseitige Kommunikationsformen werden als weniger effektiv dargestellt, da sie das Involvement der Zielgruppe nicht fördern. Eventmarketing wird als aktivierender und emotionalisierender Weg innerhalb einer crossmedialen Strategie gesehen, um in einer von digitalen Reizen geprägten Welt wahrgenommen zu werden. Marketing-Events müssen einen Beitrag zur subjektiven Lebensqualität leisten, emotional aktivieren und die Teilhabe am Dialog fördern.
2. Klassische Lesungen Stärken Schwächen und Anpassungsbedarf
Die klassische Lesung wird als gängiges Veranstaltungsformat für das Buchmarketing beschrieben, bei dem der Autor sein Werk vorliest. Vielfältige Veranstaltungsorte (Buchhandlungen, Clubs, Cafés etc.) sind möglich. Das Format bietet einen unterhaltsamen Rahmen, wobei die geistigen Inhalte, meist von Bestsellerautor*innen, im Zentrum stehen. Konservative-Etablierte und postmaterielle Milieus nehmen gerne an solchen Lesungen teil. Die klassische Lesung entspricht jedoch nicht mehr den Erwartungen jüngerer Zielgruppen im Bereich der Populärliteratur. Hier wird eine auf die Zielgruppe abgestimmte Atmosphäre und ein persönlicher Austausch zwischen Autor, Publikum und Moderator als wichtiger Mehrwert gesehen. Die klassische Lesung mit ihrer fixierten Sender-Empfänger-Struktur führt zu passivem Zuhören und löst Involvement primär durch die emotionale Bindung an den Autor aus, nicht durch das Format selbst. Der Erfolg hängt stark von der Popularität des Autors und dem Erlebnis-Mehrwert (Location, Atmosphäre, Moderation) ab. Die Anpassung an die Bedürfnisse der Zielgruppe ist wichtig; dies reicht von klassischen Lesungen bis hin zu Auftritten in Nachtclubs. Der Fokus sollte auf der Vermittlung geistreicher oder unterhaltender Inhalte liegen. Die Wandlungsfähigkeit des Formats ist eine Stärke. Das Trägermedium (Buch oder E-Book) spielt für das Konzept keine entscheidende Rolle.
3. Social Reading Alternate Reality Games ARGs und der Book Slam
Der Abschnitt untersucht weitere Eventformate: Social Reading wird als Instrument zur Imagepflege und Kundenbindung beschrieben, das detaillierte Kundenmeinungen liefert. Es ermöglicht Verlagen ein exakteres Leserprofil zu erstellen und zielgruppengenaue Social-Media-Strategien zu entwickeln. Lovelybooks wird als Beispiel für eine Plattform genannt, die Verlage, Autoren und Buchhändler integriert. Der Erfolg misst sich an der Anzahl der Rezensionen, die ein hohes Maß an emotionaler Bindung und Involvement zeigen. Es ist jedoch fraglich, ob explizite Kaufanreize für das gedruckte Buch geschaffen werden können. Die einfache Kopierbarkeit von Inhalten fördert eher das Lesen digitaler Bücher. Alternate Reality Games (ARGs) werden als aufwendig und kostenintensiv beschrieben, mit einer sehr kleinen, definierten Zielgruppe. Sie sind nicht für alle Buchtitel geeignet und schwer in Umsatzzahlen zu messen, obwohl sie ein hohes Involvement ermöglichen. Die Expertenmeinungen sind geteilt: Einige sehen keine besondere Werbewirkung für das gedruckte Buch, während andere das hohe Potenzial des Involvements betonen. Der Book Slam wird als crossmediales Veranstaltungsformat mit dem Potenzial, die Vorteile der anderen drei Modelle zu kombinieren, vorgestellt. Es spricht eine junge, definierte Zielgruppe an und bietet durch den direkten Einfluss des Lesers auf die Entstehung des Buches einen hohen Mehrwert. Der Book Slam ist eine sich selbst regulierende Werbeform, die den Zeitgeist und den direkten Dialog auf Augenhöhe zwischen Hersteller und Konsument berücksichtigt. Er bietet eine moderne Alternative zur klassischen Lesung, indem er die klare Sender-Empfänger-Rolle aufhebt und das demokratische Prinzip des Internets widerspiegelt. Er ist ebenfalls ein Marktforschungsinstrument und nutzt den Crowdsourcing-Gedanken.
4. Book Slam Potenzial und Erfolgsfaktoren
Der Book Slam wird als besonders innovatives Eventformat hervorgehoben, das Gemeinschaft, Partizipation, digitale Vernetzung und Demokratisierung vereint. Der entscheidende Erfolgsfaktor liegt in der Fähigkeit, eine zeitlich begrenzte Sub-Community ohne fiktionalen Rahmen zu schaffen. Eine inszenierte Atmosphäre, die Werte moderner Zielgruppen und Unterhaltungswert einfängt, ist wichtig. Das Format bedient sich des demokratischen Prinzips des Internets und gibt allen Beteiligten die Rolle des Verlegers, Herstellers und Marketingleiters. Der Dialog auf Augenhöhe mit dem Kunden wird durch einen Rollentausch ermöglicht und bindet Verlag, Buchhandlung und Zielgruppe emotional an das Buch – besonders durch das "gläserne Büchermachen". Eventmarketing und erlebnisorientiertes Marketing werden als wirkungsvolle Strategien im Handel dargestellt. Der Einsatz von Ressourcen ist jedoch nicht zu unterschätzen. Eine gezielte Kommunikation ist notwendig, um den Fokus auf das Buchformat und nicht nur auf den Inhalt zu legen. Die untersuchten Marketingmodelle bieten Möglichkeiten, definierte Zielgruppen und Multiplikatoren im Bereich der Belletristik anzusprechen. Authentischer Dialog und aktive Teilhabe der Konsumenten am Verlagsalltag gewinnen zunehmend an Bedeutung.