
Geodateninfrastruktur & Frühwarnung
Dokumentinformationen
Autor | M. Sc. Kai Walter |
instructor | Prof. Dr. Ralf Bill |
Schule | Universität Rostock |
Fachrichtung | Ingenieurwissenschaften |
Ort | München |
Dokumenttyp | Dissertation |
Sprache | German |
Format | |
Größe | 5.34 MB |
Zusammenfassung
I.Zunehmende Schäden durch Naturgefahren insbesondere Hangrutschungen
Die Anzahl und die wirtschaftlichen Schäden durch extreme Naturereignisse, darunter Hangrutschungen, nehmen weltweit zu. Munich Re beziffert die gesamtwirtschaftlichen Schäden 2011 auf ca. 380 Milliarden US-Dollar. Auch die Opferzahlen sind dramatisch: 2010 starben etwa 300.000 Menschen. Der zunehmende Siedlungsdruck, die Urbanisierung und veränderte Landnutzung führen zu einer erhöhten Konzentration von Risikogruppen in gefährdeten Gebieten. In den USA verursachen Hangrutschungen jährlich Schäden in Höhe von 1-2 Milliarden US-Dollar und über 25 Todesfälle (USGS, 2011). Auch in Deutschland gab es schwere Ereignisse, z.B. in Bozen (2010), Nachterstedt (2009) und Stein an der Traun (2010), mit mindestens 14 Todesopfern. Im Rhein-Moselgebiet wurde ein Schadenspotenzial von 100 Millionen Euro geschätzt (Krauter et al., 2004).
1. Steigende Schäden durch Naturkatastrophen
Der Text beginnt mit der Feststellung, dass die durch extreme Naturereignisse verursachten Schäden in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben. Munich Re, der weltweit größte Rückversicherer, verzeichnete für das Jahr 2011 gesamtwirtschaftliche Schäden von rund 380 Milliarden US-Dollar – deutlich mehr als im bisherigen Rekordjahr 2005 (220 Milliarden US-Dollar) und 2008 (200 Milliarden US-Dollar). Die Zahl der Opfer ist ebenfalls erschreckend: 2010 gab es etwa 300.000 Todesfälle, gefolgt von 2008 mit 220.000. Die Zunahme der Schäden wird nicht primär auf eine höhere Häufigkeit von Naturkatastrophen zurückgeführt, sondern auf die zunehmende Besiedlung von Risikoregionen. Bevölkerungswachstum, Urbanisierung und veränderte Landnutzung führen zu einer Konzentration von Menschen und Infrastruktur in gefährdeten Gebieten, was das Risiko und das Schadenspotenzial erheblich steigert. Dieser Trend wird sich voraussichtlich fortsetzen. Die Ausführungen beziehen sich explizit auf Hangrutschungen, deren verheerende Auswirkungen weltweit durch die intensivere Nutzung räumlicher Ressourcen verstärkt wurden.
2. Hangrutschungen Regionale Beispiele und Schäden
Der Text verdeutlicht die Problematik anhand von Hangrutschungen. In den USA verursachen diese jährlich über 25 Todesopfer und Schäden zwischen einer und zwei Milliarden US-Dollar (USGS, 2011). Trotz fehlender öffentlicher Wahrnehmung der Bedrohung zeigen jüngste Ereignisse in Deutschland die erhebliche Gefahr für Mensch und Sachwerte. Konkrete Beispiele sind die Hangrutschungen in Bozen (Welt Online, 2010), Nachterstedt (Zeit Online, 2009) und Stein an der Traun (Spiegel Online, 2010), bei denen 2009 und 2010 mindestens 14 Menschen ums Leben kamen. Auch im Rhein-Moselgebiet wurde nach Ereignissen in den Jahren 2001 und 2002 ein Schadenspotenzial für Verkehrswege in Höhe von 100 Millionen Euro geschätzt (Krauter et al., 2004). Diese regionalen Beispiele unterstreichen die Notwendigkeit für verbesserte Maßnahmen zur Risikominderung und Frühwarnung, insbesondere da die beschriebenen Schäden und Opferzahlen einen besorgniserregenden Trend aufzeigen.
3. Forschungsbedarf und Herausforderungen im Umgang mit Hangrutschungen
Die Kernaufgabe von Forschung und Entwicklung liegt in der Reduzierung zukünftiger Schäden durch verbesserte Prognosen (Kümpel et al., 2011). Dies ist besonders wichtig in Gebieten, wo technische Schutzmaßnahmen zu teuer oder aus anderen Gründen nicht umsetzbar sind. Ein besseres Verständnis der Hangrutschungsprozesse ist entscheidend für die Entwicklung genauer Vorhersagen. Die Weiterentwicklung rechnergestützter Modelle ist erforderlich, idealerweise gekoppelt mit Systemen zur Erdbeben- und Niederschlagsprognose, da Hangrutschungen oft das Ergebnis komplexer Kausalitäten sind. Obwohl moderne Geomonitoring- und Geoinformationstechnologien die Identifizierung gefährdeter Gebiete ermöglichen, geschieht dies derzeit nur auf einer groben räumlichen und zeitlichen Skala, ohne wichtige lokale Gegebenheiten kontinuierlich zu berücksichtigen (Niemeier, 2011). Zur Erstellung feinmaschigerer Karten bedürfen wir einer umfassenden Datenerfassung relevanter Faktoren und Parameter. Dies unterstreicht den dringenden Bedarf an weiterentwickelten Technologien und Methoden zur Risikovorsorge.
II.Der Bedarf an verbesserten Frühwarnsystemen für Hangrutschungen
Die Forschung konzentriert sich auf die Verbesserung der Prognose von Hangrutschungen, insbesondere dort, wo teure technische Schutzmaßnahmen nicht möglich sind. Die Weiterentwicklung von rechnergestützten Modellen, gekoppelt mit Erdbeben- und Niederschlagsmodellen, ist essentiell. Aktuelle Geomonitoring- und Geoinformationstechnologien identifizieren zwar gefährdete Gebiete, jedoch nur auf grober räumlicher und zeitlicher Skala. Für detailliertere Kartierungen ist eine umfassende Datenerfassung notwendig (Koordinierungsbüro Geotechnologien, 2010; Senatskommission für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsforschung, 2010). Die effiziente Nutzung vorhandener Sensordaten ist jedoch aufgrund mangelnder Infrastruktur und Interoperabilität eingeschränkt. Die Katastrophe von Fukushima 2011 verdeutlicht die Folgen unzureichender Datenzugänglichkeit und -verbreitung.
1. Notwendigkeit präziserer Prognosen und Frühwarnung
Die zentrale Herausforderung besteht in der Minderung zukünftiger Schäden durch verbesserte Prognosen von Hangrutschungen (Kümpel et al., 2011). Dies ist besonders relevant in Gebieten, wo teure technische Schutzmaßnahmen nicht realisierbar sind. Ein verbessertes Verständnis der Hangrutschungsprozesse ist daher unerlässlich, um präzisere Vorhersagen treffen zu können. Die Entwicklung und Weiterentwicklung rechnergestützter Modelle ist hierfür essentiell. Die Komplexität der Hangrutschungsvorgänge erfordert die Einbeziehung weiterer Faktoren und die Kopplung mit anderen Systemen wie Erdbeben- und Niederschlagsmodellen. Derzeit verfügbare Geomonitoring- und Geoinformationstechnologien erlauben zwar die Identifizierung gefährdeter Gebiete, aber lediglich auf einer sehr groben räumlichen und zeitlichen Skala, ohne wichtige lokale Gegebenheiten kontinuierlich zu erfassen (Niemeier, 2011). Um präzisere Frühwarnungen zu ermöglichen, müssen die bestehenden Systeme deutlich verbessert werden.
2. Defizite bestehender Monitoring Systeme und Dateninfrastruktur
Der Abschnitt kritisiert die Ineffizienz der derzeitigen Nutzung hangrutschungsspezifischer Daten. Hohe Anschaffungskosten und der Unterhalt leistungsfähiger Spezialsysteme beschränken die Überwachung auf ausgewählte Gebiete. Die gewonnenen Erkenntnisse bleiben oft auf den spezifischen Anwendungsfall beschränkt, da die Systeme monolithisch aufgebaut sind und eng formulierte Einsatzkonzepte aufweisen. Die Daten sind nur eingeschränkt zugänglich, austauschbar und interoperabel. Obwohl ein Ansatz von "Daten als Massenware" (Arctur, 2011) das lückenhafte Beobachtungsbild ergänzen könnte, besteht ein hohes Spezialisierungsniveau der Beobachtungsdaten und ihrer Analyse in Blackbox-artigen Systemen. Dies führt zu nicht unmittelbar verwertbaren Ergebnissen und Medienbrüchen entlang der Verarbeitungskette zur Frühwarnung. Die Integration von Messungen vom Zeitpunkt der Erfassung an und die Kopplung mit externen Datenquellen sind dringend erforderlich, um den Mehrwert der Daten zu steigern und effizientere Frühwarnsysteme zu schaffen.
3. Bedarf an verbesserter Datenintegration und Interoperabilität
Ein zentrales Problem ist die ineffiziente Nutzung verfügbarer Datenressourcen. Der Text nennt das Beispiel der Fukushima-Katastrophe 2011, wo trotz vorhandener Messinfrastruktur für radioaktive Strahlung und Wetterdaten die entsprechenden Informationen kaum zugänglich waren, was zu Fehlentscheidungen bei der Evakuierung führte (Biocatastrophe Blog, 2011). Ähnlich sieht die Situation bei der Nutzung hangrutschungsspezifischer Daten aus. Die mangelnde Infrastruktur für den Zugang und die Verarbeitung von Sensordaten, insbesondere die suboptimale Auffindbarkeit, Austauschbarkeit und Nutzbarkeit räumlicher Daten über das Internet, führt zu einer ineffizienten Verwertung verfügbarer Ressourcen. Die Verbesserung der Datenverfügbarkeit und -integration ist also eine entscheidende Voraussetzung für die Entwicklung und den Betrieb von effektiven Frühwarnsystemen. Die Notwendigkeit einer robusten und interoperablen Dateninfrastruktur wird deutlich hervorgehoben.
III.Das SLEWS Projekt Ein Sensor basiertes Frühwarnsystem für Hangrutschungen
Das Projekt SLEWS (Sensor based Landslide Early Warning System) zielt auf die Entwicklung eines Frühwarnsystems für Hangrutschungen mithilfe von Geosensornetzen und modernen Informations- und Kommunikationstechnologien. Es setzt auf kostengünstige MEMS-Sensoren (z.B. Beschleunigungs-, Neigungs- und Drucksensoren von VTI Technologies und Seilzugaufnehmer von ASM GmbH) und nutzt Sensorfusion zur Verbesserung der Datenqualität. Im Projekt wurden Geländeversuche durchgeführt (u.a. in Aachen, Südfrankreich und der Sächsischen Schweiz), die die Funktionalität des Systems unter realen Bedingungen bestätigten. Ein wichtiger Aspekt ist die Integration in bestehende Geodateninfrastrukturen und die Nutzung von OGC SWE-Standards (Sensor Web Enablement) für eine verbesserte Interoperabilität und Datenverfügbarkeit.
1. Konzept und Zielsetzung des SLEWS Projekts
Das SLEWS-Projekt (Sensor based Landslide Early Warning System) zielt auf die Entwicklung eines Frühwarnsystems für Hangrutschungen ab. Es nutzt ein Netzwerk aus intelligenten Sensoren, um Bewegungen im Untergrund frühzeitig zu detektieren und eine Warnung auszulösen. Das System soll insbesondere in Gebieten zum Einsatz kommen, in denen teure konventionelle Schutzmaßnahmen nicht praktikabel sind. Ein wichtiger Aspekt ist die Entwicklung einer robusten und kostengünstigen Infrastruktur, die eine schnelle Installation und Einsatzbereitschaft ermöglicht. Die Auswahl der Sensortechnologie konzentriert sich auf kostengünstige und präzise MEMS-Sensoren, um eine breite Anwendung und Redundanz (Sensorfusion) zu ermöglichen. Die verwendeten Sensoren stammen von VTI Technologies (Beschleunigungs-, Neigungs- und Drucksensoren: SCA-3000-D01, SCA-100T-D01, SCP-1000-D01) und ASM GmbH (Seilzugaufnehmer). GPS-basierte Positionsbestimmung wurde aufgrund des hohen Energieverbrauchs verworfen.
2. Geländeversuche und Validierung des SLEWS Systems
Zur Validierung des Systems unter realen Bedingungen wurden mehrere Geländeversuche durchgeführt. Ein Langzeittest am Institutsgebäude der Universität Aachen diente zur Erfassung von Erschütterungen durch Baumaßnahmen. Ein einwöchiger Test am Rutschhang Super-Sauze in Südfrankreich zeigte die Fähigkeit des Systems, selbst kleine Bewegungen mithilfe des Seilzugwegaufnehmers zu erfassen und mit Referenzsystemen abzugleichen. Ein weiterer mehrmonatiger Test in Rathen bei Dresden konzentrierte sich auf die Detektion von Kippbewegungen an einem Felsturm. Diese Tests belegen die Eignung des SLEWS-Systems zur Erfassung kleiner Veränderungen und seine schnelle Einsatzbereitschaft. Die Ergebnisse der Tests in Aachen, Südfrankreich und der Sächsischen Schweiz bestätigen die Funktionalität und den Mehrwert des Systems, insbesondere im Vergleich zu herkömmlichen Methoden, welche nur ein oder zwei Messungen pro Jahr durchführen konnten (Felsturm in Rathen).
3. Wissenschaftlicher Beitrag und Innovationspotenzial von SLEWS
Der wissenschaftliche Beitrag des SLEWS-Projekts liegt in der Erweiterung der Einsatzmöglichkeiten moderner Sensornetzwerke und offener Schnittstellenstandards im Risikomanagement und Geomonitoring von Massenbewegungen. Der Einsatz von kostengünstigen, präzisen MEMS-Sensoren ermöglicht eine vergleichbare Datenqualität zu hochspezialisierten und teuren Systemen. Die Sensorfusion verbessert die Aussagekraft der Messwerte. Die Kombination mit einer robusten und einfach zu installierenden Infrastruktur bei geringen Betriebs- und Wartungskosten erweitert die Anwendungsmöglichkeiten deutlich. Der Test in Rathen bei Dresden zeigt den Mehrwert durch kontinuierliche Überwachung im Vergleich zu herkömmlichen Methoden. Dieser Beitrag unterstreicht die Bedeutung des Projekts für die Entwicklung von Frühwarnsystemen für Hangrutschungen und die Optimierung des Risikomanagements. Das Projekt liefert sowohl Erkenntnisse für Sensor- und Frühwarnsystembetreiber als auch für Sensorhersteller. Die erzielten Ergebnisse und Schlussfolgerungen basieren vor allem auf den Erfahrungen aus dem SLEWS-Anwendungsszenario und sind nicht uneingeschränkt auf andere Anwendungsfälle übertragbar.
IV.OGC SWE und die Herausforderungen der Datenintegration
Die OGC SWE-Initiative zielt auf die verbesserte Auffindbarkeit, den Austausch und die Nutzbarkeit von Sensordaten über das Internet ab. SensorML und O&M bieten standardisierte Formate zur Beschreibung von Sensoren und Daten. SOS und SAS stellen Dienste zur Datenabfrage und ereignisbasierten Benachrichtigungen bereit. Die Umsetzung von SWE birgt jedoch Herausforderungen: Die semantische Vereinheitlichung von Daten, die Entwicklung von Interoperabilitätsstandards und die Notwendigkeit von Adaptern für die Anbindung verschiedener Sensoren stellen einen erheblichen Aufwand dar. Alternative Ansätze, wie Plattformen (z.B. Pachube), bieten eine einfachere Datenintegration, jedoch oft mit eingeschränkter Funktionalität.
1. OGC Sensor Web Enablement SWE als Ziel für verbesserte Datenintegration
Der Abschnitt beschreibt die OGC Sensor Web Enablement (SWE) Initiative als zentralen Ansatz zur Verbesserung der Auffindbarkeit, des Austauschs und der Nutzbarkeit von Sensordaten im Internet. Das Hauptproblem besteht darin, dass Sensordaten oft schwer auffindbar und in anwendungsspezifischen Formaten vorliegen, die eine effektive Verwertung erschweren. SWE zielt auf die syntaktische und semantische Vereinheitlichung von Sensordaten ab, um den automatisierten Zugriff von Mensch und Maschine zu gewährleisten. Die Vernetzung von Sensoren, Sensorsystemen und Datenquellen über das Internet als gemeinsame Kommunikationsinfrastruktur in Form eines Sensor Webs (Delin, 2002; Liang et al., 2005) wird als wichtige Voraussetzung angesehen. Offene, anerkannte Standards sollen den interoperablen Austausch und die Integration in bestehende Infrastrukturen erleichtern. Die Initiative wird weltweit in verschiedenen Anwendungsbereichen intensiv erforscht, jedoch mangelt es oft an der Berücksichtigung der Vernetzbarkeit, insbesondere in Deutschland, wo die Strukturen zur Gefahrenabwehr und die Endnutzerstrukturen nicht ausreichend transparent sind.
2. SensorML und O M als Standardisierungsansätze
Sensor Model Language (SensorML) und Observations and Measurements (O&M) werden als wichtige OGC-Standards für die Beschreibung und Kodierung von Sensordaten vorgestellt. SensorML bietet ein generisches Modell zur Beschreibung verschiedener sensorbezogener Prozesse, inklusive der Erfassung von Sensoreigenschaften, Ablaufprozessen und der Ableitung höherstufiger Informationsprodukte. Die in SensorML hinterlegten Informationen sollen die Recherchierbarkeit und Vernetzbarkeit verbessern. O&M spezifiziert Kernkomponenten zur Beschreibung von Sensordaten wie Datentypen, Parameter, Mengen und Zeitangaben. Die Verwendung offener Standards, die Auffindbarkeit und die interoperable Verbindung verteilter Datenquellen über das Internet sollen die Überbrückung isolierter Anwendungsbereiche ermöglichen, was zu mehr Flexibilität und Modularität in der Systemarchitektur führt (Bacharach, 2007). Trotz dieser Vorteile ist die Implementierung von SWE für bereits funktionale Systeme mit Mehraufwand verbunden, da die Spezifikationen der SWE-Initiative teilweise sehr allgemein gehalten sind.
3. Herausforderungen und Limitationen der SWE Technologie
Der Abschnitt beleuchtet die Herausforderungen und Limitationen der SWE-Technologie. Die Umsetzung einer allgemein gültigen Vernetzung umweltbezogener Sensorquellen in ein Sensor Web bringt zwar Mehrwerte, wie die Verwendung offener Standards und die Interoperabilität, aber auch Nachteile. Die sehr allgemeinen Spezifikationen der SWE-Initiative erfordern für bereits funktionierende Systeme einen erheblichen Implementierungsaufwand. Die semantische Harmonisierung von Sensordaten und die Verwendung von URIs (Uniform Resource Identifier) stellen sich als besonders schwierig heraus. Es mangelt an einheitlichen und verbindlichen Mechanismen zur Nutzung von URIs, obwohl Ressourcen für die Identifizierung von Umweltobjekten, Maßeinheiten etc. existieren (z.B. ISO Environmental Data Coding Specification, NASA Semantic Web). Das Fehlen verbindlicher Grundsätze führt zu semantischer Inkompatibilität zwischen verschiedenen Datensätzen. Einfache Alternativen wie Pachube bieten eine einfachere Datenintegration, sind dem SWE-Ansatz in puncto Einfachheit überlegen und werden von den Nutzern bevorzugt (Pachube, 2011). Maßnahmen zur Vereinfachung der SWE-Nutzung sind daher notwendig, um die Technologie in einem breiteren Anwenderkreis zu etablieren (Vector 1 Magazine, 2011).
V.Das SLEWS Informationssystem Eine flexible Frühwarnkette
Das SLEWS-System integriert Sensordaten, Analyse-Anwendungen und Benachrichtigungsmechanismen (SAS) in einer flexiblen Frühwarnkette. Es ermöglicht die automatisierte Verarbeitung von Sensordaten, die Ereignisdetektion und die Benachrichtigung von Nutzern. Der modulare Aufbau ermöglicht die einfache Erweiterung und Anpassung des Systems. Die Einbindung zusätzlicher Informationsquellen (z.B. über Katalogdienste und den Sensor Planning Service (SPS)) und die Nutzung von 3D-Visualisierungen (z.B. mit WebGL und X3D) verbessern die Benutzerfreundlichkeit und den Informationsgehalt. Der Einsatz von Web Services (z.B. WMS, WFS, WCS) ermöglicht einen flexiblen Austausch von Daten und Informationsprodukten. Zukünftige Entwicklungen konzentrieren sich auf die Verbesserung der Interoperabilität und die Vereinfachung der Datenintegration.
1. Architektur des SLEWS Informationssystems
Das SLEWS-Informationssystem wird als flexible Frühwarnkette beschrieben, die aus mehreren Ebenen besteht. Die Sensordaten des SLEWS-Sensornetzes werden nach Vorverarbeitung, Formalisierung und Modellierung in die SWE-basierte Datenhaltung der Geodateninfrastruktur eingespeist. Der Zugriff erfolgt über den Sensor Observation Service (SOS) und die ereignisbasierte Benachrichtigung über den Sensor Alert Service (SAS). Analyse-Anwendungen zur Identifizierung von Bewegungs- und Hangrutschungsereignissen (Ebene 1+2) greifen auf diese Daten zu. Die Ergebnisse dieser Anwendungen bilden die Grundlage für weitere Anwendungsebenen im Gefahrenmanagement (Ebene n). Das System generiert aggregierte und synthetische Sensordaten mit höherer Informationsdichte für nachfolgende Prozesse. Diese können ebenfalls gefiltert und für ereignisbasierte Benachrichtigungen genutzt werden. Zusätzliche Informationsprodukte (z.B. Gefahrenkarten) werden zentral über Web Services (WMS, WFS, WCS) bereitgestellt.
2. Datenfluss und Ereignisverarbeitung im System
Der Datenfluss beginnt beim Gatewayserver des Sensornetzes, der die Daten an SOS und SAS weiterleitet. Die Anwendung "Bewegung" fragt die Datenhaltung des SOS ab und abonniert über SAS die Datenkanäle der Sensorknoten. Bei Überschreitung festgelegter Schwellwerte sendet SAS Alert-Nachrichten an die Anwendung "Bewegung". Diese überprüft, ob weitere Alert-Nachrichten vorliegen und ruft gegebenenfalls weitere Messdaten über SOS ab. Die Anwendung "Hangbewegung" bewertet die Bewegungsereignisse im Hinblick auf mögliche Hangrutschungen unter Verwendung von Analysemethoden und Prozessmodellen. Der semiautomatisierte Charakter des Systems filtert Fehlmessungen heraus und reduziert Fehlalarme. Die Analyseanwendungen erstellen Warn- und Alarmmeldungen, die modular in die Geodateninfrastruktur eingebettet sind. Die automatisiert anpassbaren Filterbedingungen ermöglichen eine dynamische Selbstkonfiguration der Anwendungen. Synthetische Phänomene wie "Bewegung" und "Hangbewegung" vereinfachen den Informationsaustausch und die Benachrichtigungen, wobei der Zugriff auf die Originaldaten jederzeit möglich bleibt.
3. Modularität Erweiterbarkeit und zukünftige Entwicklungen
Das System zeichnet sich durch einen modularen Aufbau aus, der Modifikationen und Erweiterungen ermöglicht, ohne das Gesamtsystem zu beeinträchtigen. Analyse-Anwendungen können ausgetauscht oder durch weitere Prozessebenen ergänzt werden. Änderungen am Sensornetzwerk beeinflussen die Analyseanwendungen nicht. Neue Sensorknoten können automatisiert über den Abruf von GetCapabilities-Dokumenten erkannt und eingebunden werden. Zukünftig ist die Ausstattung der Analyseanwendungen mit standardisierten Webschnittstellen denkbar, um die Steuerbarkeit von außen zu verbessern und Ergebnisprodukte effizienter zu erhalten. Die Anknüpfung an einen Sensor Planning Service (SPS) zur Konfiguration von Parametern und zur Verbesserung der Ergebnisqualität wird als naheliegend betrachtet. Die Integration von 3D-Visualisierungen mithilfe von WebGL und X3D wird als Möglichkeit zur Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit und des Informationswerts erwähnt, da dies die räumliche Übersichtlichkeit verbessert und den Informationswert in Spezialfällen erhöht. Eine Kopplung an den Web 3D Service (W3DS) mit dem SOS als Datengrundlage ist denkbar (OGC, 2010g).