
Indoor-Navigation: Spatio-Semantisches Modell
Dokumentinformationen
Autor | Claus Nagel |
instructor/editor | Prof. Dr. Thomas H. Kolbe |
Schule | Technische Universität Berlin |
Fachrichtung | Naturwissenschaften |
Dokumenttyp | Dissertation |
Ort | München |
Sprache | German |
Format | |
Größe | 10.91 MB |
Zusammenfassung
I.Herausforderungen der Innenraumnavigation
Die vorliegende Arbeit untersucht die Herausforderungen der Innenraumnavigation. Im Gegensatz zu etablierten Location-Based Services (LBS) im Außenbereich (z.B. mit GPS), mangelt es im Innenraum an präzisen und umfassenden Indoor-Mapping Lösungen. Wichtige Herausforderungen sind die Indoor-Lokalisierung mittels verschiedener Technologien (Wi-Fi, Bluetooth, RFID, UWB etc.), die Pfadplanung (Indoor) unter Berücksichtigung von Nutzerpräferenzen und -beschränkungen (z.B. für behindertengerechte Navigation), die präzise Positionsbestimmung (Indoor Positioning) und -verfolgung (Tracking) sowie die Berücksichtigung des Navigationskontexts (Notfallsituationen, Sicherheitszonen etc.). Die Integration verschiedener Indoor-Lokalisierungstechnologien stellt eine besondere Schwierigkeit dar.
1. Indoor Lokalisierungstechnologien und Herausforderungen ihrer Integration
Ein zentrales Problem der Innenraumnavigation ist die zuverlässige und präzise Lokalisierung. Im Gegensatz zu Outdoor-Navigationssystemen mit global verfügbarem GPS, existiert im Innenraum keine einheitliche Standardlösung. Vielmehr werden diverse Technologien wie Wi-Fi, Bluetooth, RFID, Infrarot, Ultra-Wideband (UWB), Ultraschall, Barcodes und QR-Codes oder inertiale Navigationssysteme eingesetzt. Jedoch bietet keine einzelne Technologie eine ausreichende Genauigkeit und durchgängige Abdeckung des Innenraums. Der Text hebt die Notwendigkeit einer umfassenden Unterstützung verschiedener Lokalisierungstechnologien hervor, um deren komplementäre Stärken zu nutzen. Die Integration stellt jedoch erhebliche Herausforderungen dar: Jede Technologie basiert auf unterschiedlichen Sensortypen und eigenen lokalen räumlichen Bezugssystemen. Dies erfordert ein gemeinsames Repräsentationsmodell, das von den individuellen Technologien abstrahiert. Ein Beispiel hierfür sind vergleichbare räumliche Eigenschaften wie Sichtbereich, Abdeckungsbereich oder Signalverbreitungsbereich, die als gemeinsame Abstraktion dienen können. Die absolute Position eines Navigation Nutzers lässt sich dann aus der bekannten Lokalisierung von Sensoren oder Sendern und deren abgedeckten Bereichen ableiten. Zusätzlich erfordert jede Technologie nicht nur unterschiedliche Installationen in der Innenraumumgebung, sondern auch entsprechende Fähigkeiten des mobilen Endgeräts des Nutzers. Selbst wenn sowohl Wi-Fi- als auch RFID-Infrastrukturen im selben Gebäude vorhanden und von einem Indoor-Lokalisierungssystem unterstützt werden, ist beispielsweise nur Wi-Fi für die Lokalisierung und Verfolgung praktikabel, wenn ein bestimmtes Endgerät nur Wi-Fi-fähig, aber nicht mit einem RFID-Sensor ausgestattet ist. Dies führt zu einem Konfigurationsproblem, dessen kombinatorische Komplexität mit der wachsenden Anzahl von Lokalisierungstechnologien in einer Indoor-Umgebung und deren unterschiedlicher Unterstützung durch verschiedene Arten von Endgeräten zunimmt.
2. Pfadplanung und Berücksichtigung von Kontextfaktoren
Die Pfadplanung in der Innenraumnavigation beruht auf Algorithmen zur Suche optimaler Routen im Navigationsraum. Häufig werden zeit- oder längenabhängige optimale Suchstrategien eingesetzt, die den schnellsten oder kürzesten Weg zwischen zwei Orten liefern. Die Auswahl des optimalen Pfades unterliegt jedoch mehreren Kriterien und Faktoren, die stark sowohl vom Benutzer als auch vom umgebungsbedingten Navigation Kontext abhängen und daher zu unterschiedlichen Pfaden führen können, selbst wenn die Start- und Endorte stabil bleiben. Beispielsweise müssen Pfadsuchen für Rollstuhlfahrer oder mobile Roboter unpassierbare Hindernisse wie Treppen vermeiden, während Treppen im Kontext von Fußgängern, die es vorziehen zu gehen, anstatt Aufzüge zu benutzen, hohe Priorität haben müssen. Ebenso und wie im vorherigen Abschnitt erläutert, können in Notsituationen zusätzliche Durchgänge nutzbar sein, die in normalen Situationen nicht verfügbar sind, aber auch Teile des üblichen Navigationsraums können blockiert sein. Daher müssen kontextsensitive und adaptive Suchstrategien verfügbar sein, die zusätzlich Benutzerpräferenzen und -beschränkungen, Umgebungs- und logische Einschränkungen, Situationstypen, Reisekosten, Einfachheit usw. berücksichtigen (Goetz & Zipf 2011, Worboys 2011). Darüber hinaus erfordern Aspekte wie vom Benutzer oder durch Umgebungsänderungen ausgelöste Routenänderungen die dynamische Neuberechnung von Pfaden und müssen daher von Navigationssystemen berücksichtigt werden (Delling et al. 2009, Liu & Zlatanova 2011b). Die Komplexität der Pfadplanung wird durch verschiedene Nutzertypen, Fortbewegungsarten und den Umgebungskontext erheblich gesteigert und erfordert ein detailliertes Innenraummodell.
3. Tracking und Führung sowie die Referenzierung von Innenraumorten
Das Tracking bewegter Personen und Objekte zielt darauf ab, die Trajektorie der Bewegung zu verfolgen oder Abweichungen von einer geplanten Route zu bestimmen. Der Tracking-Prozess basiert auf Positionsbestimmungen des Benutzers aus der verfügbaren Lokalisierungsinfrastruktur und -technologie zu gegebenen Zeitpunkten und geeigneten Algorithmen, um den aktuellen Ort mit dem zugrunde liegenden Navigationsraummodell optimal abzugleichen. Fehlende Präzision und Genauigkeit der Lokalisierungsmethode oder des Raummodells sowie die Transformation von Ortsinformationen zwischen den beteiligten räumlichen Bezugssystemen sind häufige potenzielle Fehlerquellen in diesem Prozess (z. B. Liao et al. 2003). Für die Außenraumnavigation sind entsprechende Methoden und ausgefeilte Kartenabgleichstechniken mit probabilistischen Abgleichstrategien etabliert und werden erfolgreich in Navigationssystemen eingesetzt. Die absolute Positionsgenauigkeit bei Verwendung öffentlich verfügbarer GNSS-basierter Systeme liegt typischerweise im Bereich weniger Meter und reicht daher für Anwendungen wie die Auto-Navigation aus. In Indoor-Umgebungen im Mikromaßstab kann die erforderliche Präzision der Ortsbestimmung je nach räumlicher Anordnung der begehbaren Innenräume und dem Benutzerkontext höher sein, z. B. um Navigation Benutzer in offenen Hallen und engen Durchgängen auf dem Laufenden zu halten oder sehbehinderte Personen oder autonome mobile Roboter sicher durch die Innenraumumgebung zu navigieren. Wie im vorherigen Abschnitt erwähnt, war die präzise Verfolgung mobiler Roboter auf der Basis hochspezialisierter Positionierungstechnologien, die in der Innenraumumgebung installiert oder am Roboter angebracht sind, Gegenstand langer Studien (z. B. Kruse & 2006, Anagnostopoulos et al. 2005). Ein Schlüsselfaktor, der all diesen Herausforderungen gemeinsam ist, ist das zugrunde liegende Innenraummodell, das als Grundlage für die Ableitung von Führungsinformationen dient und daher eine umfassende semantische und räumliche Beschreibung der gebauten Innenumgebung liefern muss. Die Referenzierung von Indoor-Standorten in Pfadabfragen muss eindeutige Bezeichner wie Raumnummern, beschreibende Namen oder geometrische Koordinaten unterstützen und muss auf das räumliche Bezugssystem und die Granularität des Innenraummodells abgestimmt sein, um beispielsweise einzelne Orte in großen Hallen (z. B. Check-in-Schalter oder Kaffeestände in Flughafhallen) zu benennen oder räumliche Unterteilungen innerhalb eines einzelnen Raums zu identifizieren, die begehbare und nicht begehbare Bereiche für Rollstuhlfahrer widerspiegeln können. Neben Pfadabfragen spielen weitere ortsbezogene Aufgaben wie Nearest-Neighbor-Abfragen oder Range-Abfragen eine Rolle bei der Navigation durch Innenräume und müssen entsprechend vom Innenraummodell berücksichtigt werden (Becker & Dürr 2005).
4. Der Einfluss des Navigationkontexts
Der Navigation Kontext hat einen erheblichen Einfluss auf die verschiedenen Aspekte der Innenraumnavigation. Ein Indoor-Navigationssystem muss mit vielen Anwendungsfällen und Konfigurationen umgehen können, die sich hauptsächlich aus den unterschiedlichen und variierenden Lokalisierungstechniken und -infrastrukturen in der Indoor-Umgebung und deren Ad-hoc-Auswahl durch Endgeräte sowie aus komplementären Indoor-Raumzerlegungen und Navigationsbeschränkungen ergeben, die sich aus umwelt- und benutzerabhängigen Einschränkungen und Präferenzen ergeben (Becker et al. 2009b). Die Unterstützung von Kontextinformationen erfordert daher ein formales Modell, das das Wissen über den Navigation Kontext erfasst und das Schließen über dieses Wissen erleichtert und zudem mit dynamischen Änderungen des Benutzer- oder Umweltzustands konfrontiert ist (Brown et al. 2012). Beispielsweise können sich die Zugriffsrechte eines Navigation Benutzers während der Fahrt durch die Innenraumumgebung ändern (z. B. beim Passieren eines Sicherheitstors an einem Flughafen), was sich direkt auf die begehbaren und eingeschränkten Bereiche auswirkt, die in nachfolgenden Pfadsuchen berücksichtigt werden können. Wenn ein Gebäude mit verschiedenen Lokalisierungssystemen ausgestattet ist und die Sensoren eines oder mehrerer Systeme (teilweise) ausfallen, muss die Positionierung bewegter Personen oder Objekte weiterhin mit der verbleibenden Infrastruktur möglich sein. Oder das Navigationsszenario kann sich von normalen Bedingungen auf eine Evakuierungssituation ändern, die möglicherweise eine Umleitung aller Personen zu den nächsten Ausgängen erfordert. Die Beispiele zeigen auch die Notwendigkeit einer starken Kopplung der Kontextinformationen mit dem Innenraummodell. Die Berücksichtigung von Notfallszenarien, Benutzergruppen (z.B. ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen) und deren spezifischen Bedürfnisse, sowie dynamische Änderungen im Raum (z.B. temporäre Sperrungen) stellen besondere Herausforderungen dar.
II.Klassifizierung von Innenraummodellen
Die Arbeit klassifiziert Modelle für den Innenraum in symbolische, geometrische und semantische Ansätze. Symbolische Modelle verwenden abstrakte Symbole (z.B. Raumnamen), geometrische Modelle nutzen Koordinaten und metrische Eigenschaften, und semantische Modelle beschreiben die Bedeutung der räumlichen Einheiten und ihrer Beziehungen. Hybride Raummodelle kombinieren diese Ansätze, um die Vorteile jedes Typs zu nutzen. Die Arbeit betont die Bedeutung von 3D GIS für die räumliche Datenmodellierung im Innenraum.
1. Symbolische Raummodelle
Symbolische Raummodelle repräsentieren physikalische Orte und Objekte durch abstrakte Symbole, z.B. beschreibende Namen. Sie drücken qualitative räumliche Beziehungen zwischen diesen Symbolen aus, ohne explizit Größe und Form der zugehörigen Räume darzustellen. Ein Gebäude kann beispielsweise als Menge aller Raumsymbole dargestellt werden, wobei ein Stockwerk eine Teilmenge dieser Symbole bildet. Die Beziehungen zwischen Räumen lassen sich durch Mengenoperationen (Schnittmenge für Überlappung, Mengeninklusion für räumliche Enthaltensein) formal beschreiben. Verknüpfungsbeziehungen können durch Nachbarschaftsmengen modelliert werden, die Symbole verbundener Räume enthalten. Hierarchien lassen sich durch Set-basierte Ansätze darstellen, wobei sich überlappende Räume als ein Gitter strukturieren lassen, während nicht überlappende Räume eine Baumstruktur bilden. Zusätzlich zu räumlichen Hierarchien können funktionale und organisatorische Hierarchien berücksichtigt werden. Eine alternative Darstellung nutzt graphbasierte Modelle, bei denen jeder symbolische Raum einem Knoten zugeordnet wird und Kanten die Verbundenheit zwischen den Räumen repräsentieren. Diese Verbundenheit kann in Adjazenz, Konnektivität und Zugänglichkeit differenziert werden, wobei Zugänglichkeit Graphen Bewegungseinschränkungen berücksichtigen. Beispiele für symbolische Raummodelle stammen von Brumitt & Shafer (2001), Hoppenot et al. (2003) und Baras et al. (2010).
2. Geometrische Raummodelle
Geometrische Raummodelle stellen räumliche Orte und Objekte als n-dimensionale geometrische Figuren dar, die durch Koordinaten in einem wohldefinierten Koordinatensystem beschrieben werden. Metrische Eigenschaften ermöglichen die Quantifizierung räumlicher Beziehungen. Die Diskretisierung des Innenraums in nicht überlappende Zellen eignet sich zur Bestimmung der Verbundenheit zwischen Zellen und zur Erstellung hierarchischer Enthaltensein-Beziehungen. Regelmäßige Gitter bieten eine einfache, automatische Generierung, approximieren jedoch die Raumgeometrie. Irreguläre geometrische Modelle, wie z.B. triangulierungsbasierte Ansätze (Lamarche & Donikian 2004; Demyen & Buro 2006) oder die verallgemeinerte Voronoi-Diagramme, bieten eine genauere Darstellung, insbesondere für die Pfadplanung bei mobilen Robotern. Diese Modelle ermöglichen präzise Berechnungen von Position, Distanz und Orientierung und sind somit Grundlage für kürzeste-Wege-Berechnungen sowie Range- und Nearest-Neighbor-Abfragen. Die eindeutige Erkennung von Zellen in Bezug auf das Koordinatensystem ist essentiell; bei mehreren Koordinatensystemen sind eindeutige Transformationen erforderlich. Die geometrische Repräsentation kann auch für Visualisierungen verwendet werden.
3. Semantische Raummodelle und Hybride Ansätze
Semantische Raummodelle beschreiben die Indoor-Umgebung aus einer konzeptuellen Perspektive, indem sie die Bedeutung der identifizierten Konzepte definieren. Sie konzentrieren sich auf die Typen räumlicher Einheiten und deren räumliche und nicht-räumliche Beziehungen (z.B. Hu & Lee 2004, Bhatt et al. 2009, Raubal et al. 1999, Yang & Worboys 2011). Ein Beispiel ist die Klassifizierung des Innenraums in Locations und Exits (Hu & Lee 2004), wobei Locations begrenzte geographische Bereiche darstellen und Exits Punkte an den Grenzen der Locations sind. Qualitative räumliche Beziehungen definieren semantische Hierarchien, die Range- und Pfadabfragen ermöglichen. Bittner (2001) identifiziert Grenzen (bona-fide und fiat) als ontologisch relevante Merkmale. Hybride Raummodelle kombinieren symbolische, geometrische und semantische Repräsentationen, um von den jeweiligen Vorteilen zu profitieren. Die menschliche Wahrnehmung basiert auf qualitativem Verständnis und Schließen, daher kombinieren Modelle für die menschliche Navigation geometrische, topologische, symbolische und semantische Informationen (Leonhardt 1998, Becker & Dürr 2005, Ye et al. 2007, Ruppel et al. 2008, Giudice et al. 2010). Die (semi-)automatische Instanziierung konzeptueller Modelle stellt eine Herausforderung dar und kann ausgefeilte Extraktions- und Klassifizierungsmethoden erfordern, z.B. um semantische Informationen aus älteren CAD-basierten Gebäudegrundrissen abzuleiten. Die Identifizierung relevanter räumlicher Einheiten und deren Beziehungen ist domänen- und aufgabenspezifisch, was zu semantischen Impedanzen und Problemen der Interoperabilität führen kann (Giudice et al. 2010; Yang & Worboys 2011).
III.Hybride Raummodelle für die Innenraumnavigation
Verschiedene hybride Raummodelle für die Innenraumnavigation werden analysiert. Gitterbasierte Ansätze approximieren den Raum durch Gitterzellen, zellbasierte Modelle nutzen eine genauere, aber komplexere Zellaufteilung. Graph-basierte Modelle (Place Graphs, Visibility Graphs) repräsentieren den Raum als Graph, wobei Knoten Orte und Kanten Verbindungen darstellen. Die Arbeit diskutiert die Vor- und Nachteile dieser Ansätze und hebt die Notwendigkeit einer feingranularen Darstellung für verschiedene Nutzergruppen (ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen) und Bewegungsmöglichkeiten hervor. Die Berücksichtigung von semantischen Informationen und Navigationsbeschränkungen ist essentiell.
1. Gitterbasierte Ansätze
Gitterbasierte Ansätze zur Modellierung des Innenraums approximieren den Raum durch ein regelmäßiges Gitter aus Zellen. Diese Zellen ermöglichen die Berechnung von Hindernis-freien Pfaden und die Bewertung geometrischer Navigationsbeschränkungen, abhängig von der Größe und Bewegungsart der Nutzer. Die mathematische Formalisierung und automatische Generierung in zwei und drei Dimensionen sind Vorteile. Ein Hauptnachteil ist jedoch die Approximation der Indoor-Umgebung. Die Starrheit des Gitters führt zu Ungenauigkeiten bei der Darstellung von Räumen und Objekten. Die Auflösung semantischer und symbolischer Aspekte ist an die Gitterauflösung gekoppelt, was die eindeutige Kennzeichnung von Orten und semantische Abfragen erschwert. Objekte, die nicht von einer Gitterzelle abgedeckt werden, sind überhaupt nicht repräsentiert. Afyouni et al. (2010) versuchen diese Probleme durch eine Feature-Layer und das Zusammenfügen von Zellen zu lösen, was aber die grundlegenden Nachteile nicht behebt. Die Gitterauflösung beeinflusst auch die Effizienz der Pfadsuche. Feine Auflösungen erhöhen die Anzahl der Zellen und Nachbarschaftsbeziehungen exponentiell, was Strategien zur Reduktion des Suchraums erfordert. Bandi & Thalmann (1998) betrachten nur Oberflächenzellen, während Yuan & Schneider (2010b) die Zellen über die gesamte Höhe des Innenraums erstrecken und den Graphen durch semantisch-geometrische Kriterien kompaktieren. Trotz 3D-Gittern beschränken sich Pfadsuchen oft auf 2,5 Dimensionen.
2. Zellenbasierte Ansätze und Graph basierte Repräsentationen
Zellenbasierte Ansätze partitionieren den Innenraum in nicht überlappende Zellen, oft entlang architektonischer Grenzen. Diese Aufteilung ermöglicht eine genauere Darstellung als gitterbasierte Modelle und vereinfacht die Verwendung von Symbolen in Pfadabfragen und die Generierung menschenverständlicher Wegbeschreibungen. Place Graphs kodieren die Raumverbundenheit, meist auf Raum-zu-Raum-Ebene, was für Fußgänger geeignet ist, aber für andere Nutzergruppen oder Fortbewegungsarten (z.B. Rollstühle, Roboter) zu grob sein kann. Visibility Graphs bieten eine feingranulare Darstellung innerhalb von Räumen, ohne jedoch die Eignung für verschiedene Nutzer oder Fortbewegungsarten zu berücksichtigen. Eine Herausforderung ist die Granularität und die formale Ableitung des Navigationsgraphen aus der Zellenstruktur. Stoffel et al. (2007) zerlegen konkave Bereiche in konvexe Sub-Regionen und erstellen einen Visibility Graphen, der auch Zugänglichkeit und Nutzerpräferenzen (mittels Boolescher und Prädikatlogik) berücksichtigt. Yuan & Schneider (2010a) verwenden einen Direct Path Graph (DPG), der die Sichtbarkeit zwischen Zugangspunkten kodiert, aber keine explizite Zellrepräsentation hat und somit Symbolkennzeichnungen für Pfadabfragen erfordert. Die meisten Ansätze modellieren den freien Raum, einige berücksichtigen explizit auch Hindernisse, was jedoch die Expressivität erhöht, z.B. für Abfragen zu Materialien von Wänden in Notfallsituationen.
3. Konzeptbasierte Ansätze und der Vergleich mit zellbasierten Modellen
Konzeptbasierte Ansätze verwenden logische Kriterien anstatt geometrischer Fakten, um den Innenraum zu konzeptualisieren. Die Modelle ähneln sich in semantischen Definitionen und Taxonomien räumlicher Einheiten und tragen zu einem gemeinsamen Verständnis der minimalen Informationsbedürfnisse für die Innenraumnavigation bei. Im Gegensatz zu zellbasierten Modellen, die hauptsächlich den freien Raum erfassen, wird die explizite Darstellung von Hindernissen und nicht-begehbaren Bereichen durch räumliche oder benutzerkontextuelle Einschränkungen berücksichtigt. Die meisten Ansätze unterstützen beliebige Zerlegungen räumlicher Einheiten in kleinere Teile auf konzeptueller Ebene und beschränken diese Partitionierung nicht auf architektonische Einschränkungen. Pfadsegmente und räumliche Regionen können daher detaillierter beschrieben werden. Punktbasierte Abstraktionen räumlicher Einheiten und Verbindungen, die Übergangsmöglichkeiten bezeichnen, werden als grundlegende räumliche Konzepte identifiziert, jedoch fehlt eine formale Spezifikation in Bezug auf die Graphentheorie. Konzeptbasierte Ansätze bieten eine höhere Modellexpressivität durch die Repräsentation von Wissen über verschiedene Benutzergruppen und deren Navigation Kontext, was über das Hinzufügen von Attributen zu Graphelementen hinausgeht (Tsetsos et al. 2006).
IV.Gebäudemodelle BIM CityGML IndoorGML
Die Arbeit untersucht den Einsatz von Building Information Modeling (BIM), CityGML, und IndoorGML für die Innenraumnavigation. BIM-Modelle bieten detaillierte geometrische und semantische Informationen über Gebäude, sind aber nicht spezifisch auf Navigation ausgelegt. CityGML und IndoorGML bieten ebenfalls Möglichkeiten, aber benötigen Erweiterungen für eine umfassende Unterstützung der Innenraumnavigation. Die Arbeit verweist auf relevante Standards wie IFC (Industry Foundation Classes) und die Rolle von Organisationen wie buildingSMART und dem Open Geospatial Consortium (OGC).
1. Building Information Modeling BIM
BIM-Modelle bieten eine objektorientierte Beschreibung von Gebäuden, wobei jede Gebäudekomponente einer semantischen Einheit mit Attributen und Beziehungen zugeordnet wird. Dies umfasst sowohl feste strukturelle Elemente (Wände, Balken, Säulen) als auch abstrakte Hohlräume (z.B. das Volumen eines Raumes). Die Geometrie wird meist dreidimensional angegeben. Moderne BIM-Tools unterstützen die parametrische Beschreibung von Objekten, die sich an einem gegebenen Ort im Raum nach eingebetteten Regeln entfalten. Diese Regeln können sich auf Form und Größe beziehen oder auch physikalische und funktionale Beziehungen zu umgebenden Objekten steuern. Aufgrund der Berücksichtigung der gesamten Lebensdauer eines Gebäudes werden BIM-Modelle als vierdimensional bezeichnet; die Einbeziehung zusätzlicher Projektprozesse und Dokumentationen führt sogar zu einem n-dimensionalen Modellraum (Aouad et al. 2010). Die International Alliance for Interoperability (IAI) hat seit 1995 an einer internationalen Standardisierung gearbeitet, die mit der Veröffentlichung der Industry Foundation Classes (IFC) erfolgreich abgeschlossen wurde. IFC ist ein herstellerneutrales, offenes Informationsmodell und ein gängiges Format zum Erfassen und Austauschen von Daten im BIM-Bereich. Es basiert auf der ISO STEP-Standardfamilie (ISO 10303) und ist selbst von ISO als ISO/PAS 16739 registriert. buildingSMART entwickelt und pflegt die IFC-Spezifikation weiter. Die neueste Version ist IFC2x3, IFC4 befindet sich in Vorbereitung. Der Datenaustausch erfolgt über Klartextcodierungen, basierend auf dem STEP-Dateiformat, und zusätzlich ist eine XML-basierte Codierung (ifcXML) verfügbar.
2. CityGML und IndoorGML im Kontext der Innenraumnavigation
CityGML kann als hybrides Raummodell klassifiziert werden. Die Informationen über die gebaute Innenumgebung erfüllen die meisten konzeptuellen Anforderungen an Innenraummodelle für die Innenraumnavigation. Die Aufteilung des freien Raums in Räume entspricht zellbasierten hybriden Ansätzen, und die oberflächenbasierte Darstellung von Gebäudeeinheiten stimmt mit der ontologischen Strukturierung des Innenraums entlang von bona-fide und fiat-Grenzen überein (Bittner 2001; Meijers et al. 2005; Slingsby & Raper 2008). Die Raumdarstellung stimmt mit der menschlichen Wahrnehmung überein und erlaubt die Modellierung architektonischer Einheiten (Räume, Korridore, Türen, Fenster, Treppen usw.) sowie fester und beweglicher Hindernisse. CityGML ist jedoch nicht speziell auf die Innenraumnavigation zugeschnitten und vernachlässigt wichtige Navigationskonzepte. Es enthält keine explizite Unterstützung für die qualitative Modellierung von Verbundenheits- und räumlichen Enthaltensein-Beziehungen und keine Konzepte zur Darstellung von Gebäudegeschossen. Räumliche Enthaltensein-Hierarchien können höchstens durch CityObjectGroups ausgedrückt werden (Gröger et al. 2012). Es fehlt eine graphbasierte Konzeptualisierung des Innenraums und die Berücksichtigung benutzerkontextueller Informationen und Navigationsbeschränkungen. IndoorGML wird im Kontext von Standardisierungsbemühungen im Open Geospatial Consortium (OGC) erwähnt.
3. Vergleich und Bewertung der Gebäudemodelle bezüglich der Anforderungen der Innenraumnavigation
Die konzeptionelle Beschreibung des Innenraums in IFC entspricht weitgehend den Konzepten in zell- und konzeptbasierten hybriden Ansätzen. IFC kann der Kategorie der hybriden Raummodelle zugeordnet werden. Die Unterteilung der gebauten Innenumgebung in IfcSpaces ist eine Zellenpartitionierung des freien Raums mit hierarchischen Enthaltensein-Beziehungen. Die ontologische Raumdarstellung modelliert explizit alle Objekte, die von den meisten Navigationsansätzen benötigt werden (z.B. Räume, Korridore, Geschosse, Ausgänge, Treppen, physische und virtuelle Grenzen, Hindernisse usw.). Die umfassende Semantik reicht für die meisten symbolischen und semantischen Eigenschaften und Beziehungen aus. IFC übertrifft die Expressivität vieler Raummodelle für die Innenraumnavigation, aber es fehlen wesentliche Komponenten zur Bewältigung der Herausforderungen der Innenraumnavigation. Es gibt keine graphbasierte Konzeptualisierung von Innenräumen, und die Raumpartitionierung folgt dem architektonischen Layout. Die Bedeutung von Entitätsbeziehungen ist nicht immer für Navigationszwecke geeignet (z.B. IfcRelConnects impliziert keine Bewegungsfreiheit). Die Darstellung des Navigation Kontextes, einschließlich benutzerkontextueller Informationen und Einschränkungen sowie umgebungsbedingter Navigationsbeschränkungen, ist in IFC nicht vorgesehen. CityGML entspricht ebenfalls den meisten konzeptuellen Anforderungen, aber es fehlen komplementäre Raumzerlegungen, die die Bewegungsart des Navigation Benutzers oder alternative Sensorräume widerspiegeln, sowie eine explizite Unterstützung für die Modellierung von Verbundenheits- und Enthaltensein-Beziehungen.
V.Das Multilayered Space Event Model MLSEM
Das Herzstück der Arbeit ist das vorgeschlagene Multilayered Space-Event Model (MLSEM). Dieses Modell ermöglicht die unabhängige Modellierung verschiedener Raumkonzepte (topografischer Raum, Sensorraum, logischer Raum) in separaten Schichten. Die Poincaré-Dualität wird genutzt, um einen konsistenten Übergang zwischen verschiedenen Darstellungen zu gewährleisten. Das MLSEM ermöglicht eine flexible und umfassende räumlich-semantische Modellierung für die Innenraumnavigation, indem es die Integration verschiedener Datenquellen und die Berücksichtigung von Navigationsbeschränkungen und -präferenzen erlaubt. Die Arbeit betont die Vorteile des MLSEM gegenüber bestehenden Ansätzen bezüglich Flexibilität und semantischer Interoperabilität.
1. Das Multilayered Space Event Model MLSEM Grundkonzept und Ziele
Die vorliegende Arbeit präsentiert das Multilayered Space-Event Model (MLSEM) als räumlich-semantisches Modell für Innenräume. Es zielt darauf ab, die vielfältigen und unterschiedlichen konzeptuellen und technischen Anforderungen an die Innenraumnavigation zu erfüllen, indem es ein generisches Rahmenwerk definiert. Im Gegensatz zu bisherigen Ansätzen, die die Komplexität der Navigationsaufgabe oft auf spezifische Anwendungsfälle reduzieren, bietet das MLSEM eine flexible und umfassende Lösung. Es ermöglicht die Modellierung, Integration und gemeinsame Betrachtung verschiedener Repräsentationen von navigierbaren und nicht-navigierbaren Innenräumen für verschiedene Fortbewegungsarten (Laufen, Fahren, Fliegen). Der Begriff des Innenraums wird erweitert und umfasst auch logische oder thematische Räume wie Sicherheitszonen, Unfallzonen und Sensorräume, die verschiedene Lokalisierungstechnologien abbilden. Das MLSEM erlaubt die Ad-hoc-Auswahl und Kombination von Lokalisierungstechnologien und navigierbaren Innenräumen, die den individuellen Nutzerkontext und Navigationsbeschränkungen widerspiegeln. Die Entwicklung des MLSEM basiert auf einer umfassenden Studie verwandter Arbeiten und zielt darauf ab, die Schwächen bestehender Ansätze zu überwinden.
2. MLSEM Schichtenmodell und Raumkonzepte
Das MLSEM basiert auf einem mehrschichtigen Ansatz, wobei jede Schicht eine separate Raumpartitionierung nach unterschiedlichen Kriterien repräsentiert. Dies ermöglicht die unabhängige Modellierung verschiedener Raumkonzepte, wie topografischer Raum (basierend auf der Architektur), Sensorraum (basierend auf Sensorabdeckungen) und logischer Raum (basierend auf logischen oder thematischen Kriterien wie Sicherheitszonen). Die einzelnen Schichten sind durch ihre Raumzellen charakterisiert, die jeweils einen Teil des Innenraums repräsentieren und nicht überlappen dürfen. Raumzellen können durch semantische Eigenschaften angereichert werden, um zusätzliche Informationen zu kodieren (z.B. Raumnummer, MAC-Adresse eines Wi-Fi-Senders, Sicherheitsstufe). Die Grenzen der Raumzellen können teilweise immateriell sein (z.B. bei Sensorräumen) oder auch physikalische Diskontinuitäten (z.B. Wände) widerspiegeln. Der mehrschichtige Ansatz vermeidet die Nachteile, verschiedene Raumkonzepte in einer einzigen Repräsentation zu mischen. Das Modell bietet die Möglichkeit, komplementäre Raumzerlegungen zu unterstützen, die sich aus beliebigen Kontextkriterien ergeben, und bietet so eine geeignete Granularität für jede Raumdarstellung.
3. MLSEM Integration und Anwendung der Poincaré Dualität
Das MLSEM integriert die verschiedenen Raumschichten formal zu einem konsistenten Multilayer-Modell. Die Poincaré-Dualität wird als mathematisches Werkzeug verwendet, um die Beziehungen zwischen den primären (geometrischen) und dualen (topologischen) Raumrepräsentationen zu definieren. Jede Raumzelle besitzt sowohl eine primäre als auch eine duale Repräsentation, die durch die Poincaré-Dualität miteinander verknüpft sind. Dieses Konzept ermöglicht es, verschiedene Aufgaben der Innenraumnavigation in einem einheitlichen Rahmen zu behandeln. Topografische Schichten ermöglichen Pfadplanung und visuelle Führung, während duale Graphen von Sensorschichten das Tracking und die Lokalisierung ermöglichen. Die simultane Auswertung multipler Raumrepräsentationen ermöglicht ein kontext-abhängiges Verständnis und die Generierung von detaillierten und hierarchischen Wegbeschreibungen. Hierarchische Informationen unterstützen die Generierung von Routing-Anweisungen auf verschiedenen Granularitätsebenen (z.B. Gebäudeebene, Stockwerkebene, Raumebene). Die Raumzellenhierarchien können auch zur Eingrenzung des Suchraums bei Pfadabfragen verwendet werden. Das Modell unterstützt nicht nur strukturelle Hierarchien, sondern auch Hierarchien, die sich aus der Funktion der Raumzellen oder aus Zugriffseinschränkungen ergeben.