OPUS 4 | Visuelle Wahrnehmung im peripheren Sichtfeld auf Webseiten

Periphere Wahrnehmung auf Webseiten

Dokumentinformationen

Autor

Fabian Hasse

instructor/editor Prof. Dr. Michael Burmester
Schule

Hochschule der Medien Stuttgart

Fachrichtung Informationsdesign
Dokumenttyp Bachelorarbeit
Ort Stuttgart
Sprache German
Format | PDF
Größe 10.09 MB

Zusammenfassung

I.Periphere Wahrnehmung auf Webseiten Eine explorative Studie

Diese Arbeit untersucht die periphere Wahrnehmung von Webseitenelementen. Die Studie verwendet eine Gaze-Contingent Display (GCD)-Technik, um zu gewährleisten, dass Probanden Webseiten ausschließlich peripher und nicht foveal wahrnehmen. Zwölf Teilnehmer bewerteten acht verschiedene Webseiten mittels eines strukturierten Befragungsschemas. Ziel war es, die Grenzen der peripheren Farb-, Kontrast- und Detailauflösung zu bestimmen und zu analysieren, wie Elemente wie Navigationsmenüs und Werbebanner peripher identifiziert werden. Die Ergebnisse tragen zum Verständnis von Webseiten-Usability und Human-Computer-Interaction (HCI) bei, indem sie die Rolle der peripheren Wahrnehmung bei der Eye-Tracking-Dateninterpretation beleuchten.

1. Studiendesign und Methodik

Die Studie untersucht die periphere Wahrnehmung von Webseitenelementen mittels einer explorativen Methode. Zwölf Probanden bewerteten acht verschiedene Webseiten unter kontrollierten Bedingungen. Eine Gaze-Contingent Display (GCD)-Technik wurde eingesetzt, um sicherzustellen, dass die Webseiten ausschließlich peripher wahrgenommen wurden. Sobald der Blick eines Probanden den zentralen Fixationsbereich verließ, wurde die Webseite maskiert, wodurch foveale Verarbeitung verhindert wurde. Ein spezielles Befragungsschema erfasste die Wahrnehmungsleistungen der Probanden bezüglich Farbe, Kontrast und Detailerkennung. Das Ziel war es, die peripheren Grenzen dieser Wahrnehmungsfähigkeiten zu ermitteln und zu analysieren, anhand welcher Kriterien Elemente wie Navigationsmenüs oder Werbebanner peripher identifiziert werden können. Die Ergebnisse sollen Aufschluss über die Praxistauglichkeit der Erkenntnisse liefern und die Interpretation von Eye-Tracking-Daten verbessern. Die Studie adressiert somit ein weitgehend unerforschtes Gebiet der Human-Computer-Interaction (HCI) und der Webseiten-Usability.

2. Relevanz der peripheren Wahrnehmung und bisherige Forschung

Der Einleitungsteil betont die zunehmende Bedeutung interaktiver Oberflächen, insbesondere von Webseiten, im privaten und beruflichen Kontext. Die immense Informationsmenge und die Komplexität moderner Webseiten stellen sowohl die menschliche Wahrnehmung als auch die Gestaltung dieser Oberflächen vor große Herausforderungen. Die Studie untersucht die perzeptuelle Leistungsfähigkeit der menschlichen Peripherie im Kontext von Webseiten, einem Bereich, der bisher wenig erforscht ist. Es wird auf die Limitationen bestehender Eye-Tracking-Studien hingewiesen, die oft die periphere visuelle Wahrnehmung vernachlässigen und die ‚eye-mind assumption‘ implizit verwenden. Ein fiktives Beispiel veranschaulicht die Problematik der Interpretation von Eye-Tracking-Daten ohne Berücksichtigung der peripheren Verarbeitung. Die Arbeit stellt dar, dass bereits einige Forscher die perzeptuellen Fähigkeiten der Peripherie untersucht haben, diese Studien jedoch meist isolierte Aspekte (z.B. Kontrast- oder Bewegungswahrnehmung) mit künstlichen Stimuli untersuchten, was die Übertragbarkeit auf komplexe, reale Stimuli wie Webseiten einschränkt.

3. Die GCD Technik und die Gestaltung des Fixationsbereichs

Ein zentraler Aspekt der Methodik ist die Anwendung der Gaze-Contingent Display (GCD)-Technik. Diese Technik maskiert die Webseite, sobald der Blick des Probanden den definierten zentralen Fixationsbereich verlässt, und stellt sicher, dass die Webseiten nur peripher wahrgenommen werden. Die Wahl der Position des Fixationsbereichs in der Mitte der Webseite wird detailliert erläutert und mit Studien von Stenfors et al. (2003) und Goldberg et al. (2002) zur Erstfixation verglichen. Die Entscheidung für ein rechteckiges Format des Fixationsbereichs wird begründet, da dies durch die verwendete Software (E-Prime) vorgegeben war und eine einheitliche Darstellung für die Probanden gewährleistet. Die Größe des Fixationsrechtecks (125 px Breite, 100 px Höhe, entsprechend ca. 4,09 x 3,27°) wurde in Pilotstudien ermittelt und berücksichtigt die Genauigkeit des Eye-Trackers (0,5°), Mikrobewegungen des Auges und die Vermeidung von Fehlalarme des Maskierungsmechanismus. Zusätzlich wurde ein unregelmäßiges Störmuster implementiert, um die Entstehung von retinalen Nachbildern zu minimieren und die Validität der Daten zu verbessern.

II.Methoden und Ergebnisse bisheriger Studien zur peripheren Wahrnehmung

Die Arbeit präsentiert eine Übersicht relevanter Studien zur peripheren visuellen Wahrnehmung. Untersucht wurden Aspekte wie Farb- und Kontrastwahrnehmung, Bewegungswahrnehmung und räumliche Auflösung. Die Studien verwendeten unterschiedliche Methoden, darunter verschiedene GCD-Techniken (Boundary, Moving Window, Foveal Mask), um die foveale Sicht gezielt auszublenden und die periphere Wahrnehmung zu isolieren. Die Ergebnisse zeigen, dass die periphere Wahrnehmung zwar eingeschränkt ist, aber dennoch wertvolle Informationen liefert, die die Sakkadensteuerung und die Interpretation von Eye-Tracking-Daten beeinflussen. Studien von Moreland & Cruz (1959), McKee & Nakayama (1984), Abrams & Christ (2003), Rayner & Bertera (1979), Parker (1978), Henderson et al. (1997), Bertera & Rayner (2000), und Ancman (1991) werden hinsichtlich ihrer Methodik und Ergebnisse diskutiert. Das Crowding-Phänomen, die Beeinträchtigung der Differenzierung dicht beieinander liegender Elemente in der Peripherie, wird als wichtiger Faktor identifiziert.

1. Methoden zur Untersuchung der peripheren Wahrnehmung

Der Abschnitt beschreibt verschiedene Methoden und Techniken, die in vorherigen Studien zur Erforschung der peripheren visuellen Wahrnehmung eingesetzt wurden. Ein Schwerpunkt liegt auf der Darstellung verschiedener Gaze-Contingent Display (GCD)-Techniken, wie der 'Boundary', 'Moving Window' und 'Foveal Mask'-Methode. Diese Techniken wurden verwendet, um die foveale Sicht selektiv auszublenden und so die periphere Wahrnehmung zu isolieren. Es werden Studien vorgestellt, die unterschiedliche Stimuli (Buchstaben, geometrische Formen, Bilder) und Betrachtungsparameter (Exzentrizität, Betrachtungsdauer) verwendeten. Die beschriebenen Studien untersuchten isolierte Aspekte der peripheren Wahrnehmung, wie die Farbwahrnehmung (Moreland & Cruz, 1959), die Bewegungswahrnehmung (McKee & Nakayama, 1984) und die räumliche Auflösung. Die Methodik der Studien wird detailliert beschrieben, einschließlich der verwendeten Eye-Tracking-Systeme und der Präsentationsdauer der Stimuli. Die Diskussion der jeweiligen Methodik zielt darauf ab, deren Eignung und die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Fragestellung der vorliegenden Arbeit zu bewerten. Besonders die Limitationen, wie die Verwendung künstlicher Stimuli und die isolierte Betrachtung einzelner Wahrnehmungsaspekte, werden hervorgehoben, da diese die Übertragbarkeit der Ergebnisse in die Praxis erschweren.

2. Ergebnisse zu Farbe Kontrast und Bewegung

Der Abschnitt präsentiert und diskutiert die Ergebnisse von Studien zu verschiedenen Aspekten der peripheren Wahrnehmung. Die Studie von Moreland & Cruz (1959) zum Vergleich von fovealer und peripherer Farbwahrnehmung wird detailliert beschrieben. Ihre Methode ermöglichte einen messbaren Vergleich der Farbwahrnehmung in der Fovea und in der Peripherie bei verschiedenen Exzentrizitäten (10-50°). Die Ergebnisse von McKee & Nakayama (1984) zur Bewegungswahrnehmung widerlegen die Annahme einer Spezialisierung der Peripherie auf die Bewegungserkennung. Sie zeigen, dass die Bewegungswahrnehmung in der Peripherie zwar nicht besser als in der Fovea ist, aber sensitiver auf Geschwindigkeitsunterschiede reagiert als die räumliche Auflösung statischer Stimuli. Weiterhin wird die Studie von Abrams & Christ (2003) vorgestellt, die den Aufmerksamkeits-Effekt des Bewegungsbeginns (onset of motion) untersucht haben. Die Ergebnisse dieser Studien werden in Bezug auf ihre Relevanz für die Wahrnehmung von Webseitenelementen diskutiert. Es wird betont, dass bisherige Studien oft isolierte Aspekte der peripheren Wahrnehmung untersuchten, und die Kombination verschiedener Faktoren (Farbe, Kontrast, Größe, Bewegung) auf Webseiten in der bisherigen Forschung zu wenig berücksichtigt wurde.

3. Studien zur räumlichen Auflösung und dem Crowding Phänomen

Dieser Abschnitt befasst sich mit Studien zur räumlichen Auflösung in der Peripherie und dem Crowding-Phänomen. Es wird die Studie von Rayner & Bertera (1979) vorgestellt, die mithilfe von Foveal-Mask- und Moving-Window-GCD-Techniken untersuchte, in welchem Maße Informationen aus verschiedenen retinalen Bereichen (Fovea, Parafovea, Peripherie) beim Lesen genutzt werden. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Maskierung der fovealen Sicht deutlich schwerere Probleme beim Lesen verursacht als die Maskierung der parafovealen Sicht. Auch die Studie von Parker (1978) wird besprochen, die die Rolle der peripheren Wahrnehmung bei der Steuerung von Blickbewegungen bei der Betrachtung von Szenen untersuchte. Die Studien von Henderson et al. (1997), Saida & Ikeda (1979) und Bertera & Rayner (2000) werden ebenfalls behandelt, wobei die unterschiedlichen Methoden und Ergebnisse zur Bestimmung des funktionellen Sichtfeldes im Kontext der peripheren Wahrnehmung diskutiert werden. Es wird deutlich, dass die Ergebnisse dieser Studien stark von den verwendeten Methoden und Stimuli abhängen und die Übertragbarkeit auf komplexe Stimuli wie Webseiten eingeschränkt ist. Das Crowding-Phänomen, die erschwerte Differenzierung dicht beieinander liegender Elemente in der Peripherie, wird als ein wichtiger Einflussfaktor auf die periphere Wahrnehmung von Webseitenelementen identifiziert und mit den Ergebnissen der Studien in Verbindung gebracht.

III.Forschungsansatz und Methodik der eigenen Studie

Die eigene Studie verwendet einen breit angelegten, explorativen Ansatz, um die periphere Wahrnehmung auf realen Webseiten zu untersuchen. Es wurden zwölf Probanden eingesetzt, die acht verschiedene Webseiten betrachteten. Ein zentraler, undurchsichtiger Fixationsbereich verhinderte foveale Betrachtung. Die GCD-Technik wurde implementiert, um die Maskierung der Webseite bei Blickbewegungen außerhalb des Fixationsbereichs zu gewährleisten. Ein vierstufiges Befragungsschema erfasste die Wahrnehmungsleistungen der Probanden. Die Größe des Fixationsrechtecks wurde in Pilotstudien auf 125 px Breite und 100 px Höhe optimiert (entspricht ca. 4,09 x 3,27°). Die Studie berücksichtigte auch die Latenz des Systems und mögliche Auswirkungen von retinalen Nachbildern.

1. Forschungsansatz Breite explorative Studie

Der Forschungsansatz der Studie ist breit angelegt und explorativ, um einen Überblick über die perzeptiven Möglichkeiten der peripheren Wahrnehmung auf Webseiten zu gewinnen. Im Gegensatz zu früheren Studien, die oft isolierte Aspekte der peripheren Wahrnehmung mit künstlichen Stimuli untersuchten, verwendet diese Studie reale Webseiten als Stimuli. Dies ermöglicht die Berücksichtigung der komplexen Kombination von Faktoren wie Text, Fotos und Grafiken in verschiedenen Größen und Anordnungen, die auf Webseiten typischerweise vorkommen. Der Fokus liegt sowohl auf der reinen Wahrnehmbarkeit von Webseitenelementen in der Peripherie als auch auf deren semantischer Interpretierbarkeit. Ein qualitativer Ansatz wird verfolgt, wobei die Aussagen der Probanden mittels eines Befragungsschemas erfasst und qualitativ ausgewertet werden. Die Studie zielt nicht darauf ab, spezifische Fragen endgültig zu beantworten, sondern eine umfassende Grundlage für zukünftige, gezieltere Forschung zu schaffen, da es bisher kaum Forschungsergebnisse zu diesem Thema gibt. Die Teilnehmer betrachten eine festgelegte Anzahl von nicht manipulierten Webseiten, wobei jede Webseite nur auf ihrer Hauptseite gezeigt wird, ohne Interaktionsmöglichkeit für den Probanden.

2. Methodik Gaze Contingent Display und Fixationsbereich

Um sicherzustellen, dass die Webseiten ausschließlich peripher wahrgenommen werden, wird eine Gaze-Contingent Display (GCD)-Technik eingesetzt. Ein zentraler, undurchsichtiger Fixationsbereich in der Mitte des Bildschirms muss von den Probanden während der gesamten Betrachtungsdauer fixiert werden. Dies verhindert die foveale Verarbeitung der Webseiteninhalte. Die Positionierung des Fixationsbereichs in der Mitte wird mit Argumenten der gleichmäßigen Verteilung der peripheren Wahrnehmung und Überlegungen zur Erstfixation (Stenfors et al., 2003; Goldberg et al., 2002) begründet. Die Form des Fixationsbereichs ist ein Rechteck (4:3 Seitenverhältnis), angepasst an die Möglichkeiten der verwendeten Software E-Prime. Die Größe des Fixationsrechtecks (125 px Breite, 100 px Höhe, ca. 4,09 x 3,27°) wurde in Pilotstudien ermittelt, um einen Kompromiss zwischen der Minimierung der Größe und der Vermeidung von Fehlalarmen aufgrund von Mikrobewegungen des Auges und der Genauigkeit des Eye-Trackers (0,5°) zu finden. Bei Blickbewegungen außerhalb des Fixationsbereichs wird ein unregelmäßiges Störmuster eingeblendet, um die Entstehung von retinalen Nachbildern zu verhindern.

3. Technische Aspekte und Latenzproblematik

Die Latenz des technischen Systems, also die Zeitverzögerung zwischen dem Verlassen des Fixationsbereichs durch den Probanden und dem Einblenden des Störstimulus, stellt eine methodische Herausforderung dar. Das System besteht aus einem Eye-Tracker (Verbindung via FireWire und USB zu einem Server), einem Server (Verbindung via Gigabit-Ethernet zum Computer) und einem Computer mit der Software E-Prime zur Stimulussdarstellung. Die Latenz des Systems wird auf 44-72 ms geschätzt, wobei die TFT-Panel-Antwortzeit des Monitors (8-16 ms) einen erheblichen Anteil ausmacht. Diese Latenz ist nach Loschky & McConkie (2000) wahrscheinlich wahrnehmbar für die Probanden. Die Studie beschreibt, dass trotz der technischen Beschränkungen und der damit verbundenen Möglichkeit kurzer fovealer Fixationen außerhalb des definierten Bereichs Maßnahmen ergriffen wurden, um valide Testergebnisse zu erhalten (genaue Beschreibung in Abschnitt 5.6.2). Diese Maßnahmen umfassten detaillierte Instruktionen an die Probanden, ein Training und die Anweisung, ungewollte Fixationen zu melden. Daten basierend auf solchen ungewollten Fixationen wurden von der Auswertung ausgeschlossen.

4. Befragungsschema und Datenanalyse

Die Erhebung der Daten erfolgt über ein vierstufiges Befragungsschema. Ein fiktives Beispiel verdeutlicht den Ablauf: Der Moderator bittet den Probanden, die Augen zu schließen, bevor er eine Frage zur Wahrnehmung eines bestimmten Webseitenbereichs stellt. Der Proband fixiert dann den zentralen Punkt und beschreibt seine Wahrnehmung. Anschließend wird er nach dem Zweck des wahrgenommenen Elements und den zugrundeliegenden Schlussfolgerungen gefragt. Die Auswertung der Daten erfolgte durch die Erstellung von Tabellen für jeden Webseiten-Stimulus, die die abgefragten Elemente und relevante Kriterien (z.B. identifizierte Buchstaben, wahrgenommene Farben, Zweckzuschreibung) enthalten. Audio- und Videoaufzeichnungen wurden transkribiert und anhand eines sukzessiv erweiterten Kodierungsschemas ausgewertet. Die Ergebnisse eines Bekanntheitsfragebogens wurden herangezogen, um invalide Daten aufgrund von Vorwissen oder kürzlich erfolgten Webseitenbesuchen auszuschließen. Die Auswertung beinhaltet qualitative und teilweise quantifizierte Analysen der Probandenaussagen.

IV.Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse zeigen, dass die periphere Identifikation typischer Webseiten-Elemente (Navigation, Suchfunktion, Logos, Werbung) grundsätzlich möglich ist, jedoch durch die begrenzte räumliche Auflösung und das Crowding-Phänomen eingeschränkt wird. Farb- und Kontrastunterschiede müssen ausreichend groß sein, um peripher wahrgenommen zu werden. Die Interneterfahrung der Probanden beeinflusste die Ergebnisinterpretation. Die Studie verdeutlicht die Bedeutung von Weißraum im Webdesign für die periphere Wahrnehmbarkeit. Die Erstellung von Wahrnehmungs-Landkarten wird als potenzielles Instrument für Webdesigner diskutiert, jedoch die Übertragbarkeit von Ergebnissen aus Laborstudien auf komplexe Stimuli wie Webseiten wird betont. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der peripheren Wahrnehmung für die Usability von Webseiten und die Interpretation von Eye-Tracking-Daten.

1. Ergebnisse zur peripheren Farbwahrnehmung und Kontrast

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass periphere Farbwahrnehmung auf Webseiten möglich ist, aber durch verschiedene Faktoren limitiert wird. Ein entscheidender Faktor ist der Kontrast zwischen der Farbe und ihrer Umgebung. Da die Kontrastsensitivität mit steigender Exzentrizität abnimmt (Koenderink et al., 1978; Wright & Johnston, 1983), sind schwach gesättigte Farben oder Pastelltöne auf hellen Webseitenhintergründen oft nicht mehr differenzierbar. Die genaue Bestimmung von Farbtönen in der Peripherie ist ebenfalls schwierig; bei Mischfarben wird meist nur der dominanteste Farbanteil wahrgenommen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Resultate von Ancman (1991), die eine Farberkennung bei hohen Exzentrizitäten zeigen, nur bedingt auf die komplexe Wahrnehmung von Webseiten übertragbar sind. Die Größe der Farbfläche und der Abstand zu anderen Farbflächen beeinflussen die Wahrnehmbarkeit stark. Kontrast spielt eine wichtige Rolle für die Wahrnehmung von Strukturen, z.B. Trennlinien. Ein geringer Kontrast führt zu einer erschwerten Erkennung der Struktur und damit auch des Zwecks des Elements. Die Ergebnisse bestätigen die Abhängigkeit der peripheren Kontrastsensitivität von der Objektgröße (Koenderink et al., 1978).

2. Räumliche Auflösung und das Crowding Phänomen

Die Studie untersucht die räumliche Auflösung der peripheren Wahrnehmung im Kontext von Webseiten und beschreibt das 'Crowding-Phänomen'. Dieses Phänomen beschreibt die erschwerte Differenzierung von dicht beieinanderliegenden Elementen in der Peripherie. Die Ergebnisse zeigen, dass die genaue Anzahl peripher wahrgenommener Elemente oft nicht benannt werden kann. Beim Lesen von Wörtern in der Peripherie konnten oft der erste und teilweise der letzte Buchstabe sowie die Wortform und -länge erkannt werden, während die mittleren Buchstaben verschwimmen (Cavanagh, 2004). Dies ähnelt den Beobachtungen von Rayner & Bertera (1979), die feststellten, dass bei peripherem Lesen vor allem Anfangs- und Endbuchstaben erkannt werden. Cavanagh (2004) vermutet, dass das Crowding-Phänomen nicht nur von der peripheren Sehschärfe, sondern auch von Mechanismen auf einer höheren Verarbeitungsebene im Gehirn abhängt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass ausreichend Weißraum zwischen Elementen die periphere Wahrnehmbarkeit deutlich verbessert, sowohl beim Entdecken als auch beim Identifizieren von Elementen.

3. Identifikation von Webseitenelementen und Wahrnehmungs Landkarten

Die Identifikationsrate typischer Webseitenelemente (Navigation, Suche, Logos, Werbung) in der Peripherie war hoch. Viele Elemente konnten anhand von grundlegenden Kriterien wie Form, Aufbau und Position erkannt werden. Die hohe Interneterfahrung der Probanden beeinflusste die Identifikation, besonders bei der Unterscheidung von interner und externer Werbung. Das Vorwissen über typische Webseitenstrukturen und die Positionierung von Elementen spielte eine wichtige Rolle. Die Studie diskutiert die Möglichkeit der Erstellung von Wahrnehmungs-Landkarten, die die Grenzen der peripheren Farb- und Kontrastsensitivität veranschaulichen könnten. Diese könnten als Hilfsmittel für Webdesigner dienen. Jedoch wird betont, dass die Übertragbarkeit von Ergebnissen, die mit isolierten Stimuli gewonnen wurden (z.B. Ancman, 1991), auf die komplexe Wahrnehmung von Webseiten eingeschränkt ist. Die Erkennung einer Farbe auf einer Webseite hängt von verschiedenen Faktoren ab: Größe der Farbfläche, Kontrast, Anordnung und Nähe zu anderen Elementen sowie die Exzentrizität. Die hohe Latenz der GCD-Funktion stellte eine technische Einschränkung dar, wurde aber durch Maßnahmen wie Instruktionen an die Probanden und ein Training minimiert.