Modellierung einer Festbettreaktorkaskade für die dynamische Methanisierung von Kuppelgasen mittels MATLAB® Simulink

Methanisierung: Simulink-Modell

Dokumentinformationen

Autor

Philipp Moser

instructor Di Philipp Wolf-Zöllner
Schule

Lehrstuhl für Verfahrenstechnik des industriellen Umweltschutzes

Fachrichtung Verfahrenstechnik
Dokumenttyp Masterarbeit
Sprache German
Format | PDF
Größe 4.72 MB

Zusammenfassung

I.Katalytische Methanisierung im i³upgrade Projekt

Diese Masterarbeit untersucht die katalytische Methanisierung von Stahlwerksgasen im Rahmen des i³upgrade Projekts. Der Fokus liegt auf der Entwicklung und Validierung eines Simulink Modells einer bestehenden Methanisierungsanlage mit drei in Serie geschalteten Festbett-Reaktoren. Das Ziel ist die Optimierung des Power-to-Gas Prozesses zur effizienten Energiespeicherung und CO2-Reduktion im Stahlwerk. Die Anlage wird am Lehrstuhl für Verfahrenstechnik des industriellen Umweltschutzes betrieben. Die Arbeit betrachtet die Reaktionskinetik, Thermodynamik und die Prozessoptimierung, inklusive der Modellierung des dynamischen Verhaltens unter fluktuierenden Bedingungen. Es werden verschiedene Reaktorkonzepte, wie der TREMP Prozess, und die Herausforderungen der Temperaturregelung in Festbett-Reaktoren diskutiert. Die Modellvalidierung erfolgt durch Vergleich von Simulationsergebnissen mit experimentellen Daten, wobei die Stoffbilanz und Enthalpiebilanz zentrale Rollen spielen.

1. i³upgrade Projekt und katalytische Methanisierung

Die vorliegende Masterarbeit entstand im Kontext des i³upgrade Projekts, welches sich auf die katalytische Methanisierung von Stahlwerksgasen konzentriert. Diese Gase, mit variierender Qualität und Zusammensetzung, werden als Kohlenstoffquelle genutzt, in Kombination mit erneuerbarem Wasserstoff, der mittels Elektrolyse aus fluktuierenden Energiequellen gewonnen wird. Das Projekt zielt auf die Erhöhung der Produktflexibilität ab, indem sowohl Methan als auch Methanol als Kuppelprodukte in einem integrierten Stahlwerk erzeugt werden. Der Einsatz dieser synthetisch hergestellten Gase soll fossile Brennstoffe substituieren und den CO2-Fußabdruck des Stahlwerks reduzieren. Die katalytische Methanisierung ist daher zentral für die Erreichung der Projektziele, erfordert aber flexible Reaktorkonzepte und Regelalgorithmen, um die Schwankungen in der Gasqualität zu kompensieren. Die Temperaturregelung spielt dabei eine entscheidende Rolle, um einen effizienten und sicheren Betrieb zu gewährleisten. Der Prozess ist nur unter optimalen Bedingungen wirtschaftlich und wettbewerbsfähig, daher ist eine Prozessoptimierung basierend auf Modellaussagen essentiell.

2. Methanisierungsanlage und Modellbildung

Am Lehrstuhl für Verfahrenstechnik des industriellen Umweltschutzes wird eine Methanisierungsanlage mit drei in Serie geschalteten Festbett-Reaktoren betrieben. Die Arbeit beschreibt die Modellbildung dieser Anlage als Teil eines umfassenderen Power-to-Gas Modells, das in eine intelligente Regelungsstrategie integriert werden soll. Die Simulink Modelle sollen das reale Verhalten der Anlage unter dynamischen Bedingungen, insbesondere die Temperaturprofile der Katalysatoren, wiedergeben. Die intelligente Regelungsstrategie zielt auf die Optimierung des Gesamtprozesses ab, von der Elektrolyse bis zur Methanisierung, und soll ein optimales Betriebsfenster für die Verarbeitung der Stahlwerksgase ermitteln. Die Hochofen-Konverter-Route (Primärroute) und die Elektroofenroute (Sekundärroute) der Stahlherstellung werden erwähnt, wobei der Fokus auf der Primärroute und den anfallenden Synthesegase für die Methanisierung liegt. Das Verfahren wird im Kontext von Carbon Capture and Usage (CCU) betrachtet. Die Energiespeicherung durch chemische Energiespeicherung, speziell mit Wasserstoff und kohlenstoffbasierten Brennstoffen, wird als wichtiger Hintergrund erklärt, in Verbindung mit der Power-to-Gas Technologie und deren Marktentwicklung (39 MW installierte Leistung im Jahr 2019, mit vielen Projekten in Europa und Deutschland).

3. Konzepte der Festbett Methanisierung und deren Dynamik

Die katalytische Methanisierung wird im Vergleich zur biologischen Methanisierung behandelt. Der Fokus liegt auf der katalytischen Methanisierung im i³upgrade Projekt. verschiedene Festbett-Reaktor Konzepte wie der LURGI Prozess (zwei Reaktoren mit Zwischenkühlung und Gasrecycling), der TREMP Prozess (3-4 adiabatische Reaktoren mit Fokus auf Hochtemperatur-Methanisierung) und der RMP Prozess (4-7 Reaktoren in Serie) werden erläutert. Die Temperaturkontrolle in Festbett-Reaktoren ist aufgrund der Entstehung von Hot Spots in der Katalysatorschüttung von entscheidender Bedeutung. Der dynamische Betrieb der Anlage, bedingt durch die fluktuierende Stromproduktion aus erneuerbaren Energien, stellt eine besondere Herausforderung dar. Die Dynamik von Festbettreaktoren wird im Zusammenhang mit der PEM-Elektrolyse betrachtet, welche einen zeitlich variablen Wasserstoffvolumenstrom liefert. Die Konstanz der Eduktgaskonzentration am Reaktoreingang muss durch angepasste Beimischung von CO und CO2 sichergestellt werden, während der variable Gesamtvolumenstrom die Produktqualität und Betriebssicherheit beeinflussen kann. Die Anforderungen an die Gaszusammensetzung des Produktgases, abhängig von der Weiterverwendung, werden berücksichtigt.

II.Modellierung der Methanisierungsanlage

Das entwickelte Simulink Modell bildet die drei Festbett-Reaktoren als vereinfachte Grey-Box ab. Die Stoffbilanz basiert auf experimentellen Daten zu den Reaktionsumsätzen. Die Enthalpiebilanz berücksichtigt die Reaktionsenthalpie, Wärmeübertragung durch die Inertschüttung und die Reaktorwand. Ein unbekannter Modellparameter, die effektive Wärmeleitfähigkeit, wird empirisch bestimmt und durch Korrelationen mit den Stoffeigenschaften (z.B. Wärmeleitfähigkeit des Gases) in Abhängigkeit von der Raumgeschwindigkeit und Wasserstoffüberschuss (H2-Überschuss) modelliert. Die Modellierung umfasst die Hochfahrprozedur und berücksichtigt unterschiedliche Gastypen (Gichtgas, Tiegelgas) mit ihren spezifischen Zusammensetzungen (siehe Tabelle 4 im Originaldokument).

1. Modellansatz und Systemgrenzen

Die Modellierung der Methanisierungsanlage erfolgte in Matlab® Simulink und basiert auf einer vereinfachten Darstellung der drei Festbett-Reaktoren. Jeder Reaktor wird als Grey-Box modelliert, wobei die detaillierte Reaktionskinetik in der Katalysatorschüttung vernachlässigt, das Verhalten der umgebenden Inertschüttung aus Keramikkugeln jedoch berücksichtigt wird. Die Katalysatorschüttung wird als homogen angenommen, was zu einer einzigen Temperatur für den Bilanzraum führt. Dies vereinfacht die Berechnung der Wärmeübertragung, obwohl im realen System axiale und radiale Temperaturprofile existieren. Der Wärmetransport durch die Inertschüttung und über die Reaktorwand wird mittels einer Nußeltbeziehung modelliert. Ein unbekannter Modellparameter, die effektive Wärmeleitfähigkeit, wird durch Variation angepasst, um die empirische Gültigkeit des Modells zu verbessern. Die Stoffbilanz konzentriert sich auf die ein- und austretenden Stoffströme, wobei die Reaktionsumsätze aus experimentellen Daten gewonnen werden. Diese Vereinfachung ermöglicht es, komplexe Differentialgleichungen zu vermeiden und die Berechnungszeit zu verkürzen. Die Enthalpiebilanz berücksichtigt die entstandenen Stoffmengen und die resultierende Reaktionsenthalpie, sowie den Effekt der Volumenminderung.

2. Mathematische Formulierung der Stoff und Enthalpiebilanz

Die vereinfachte Stoffbilanz basiert auf experimentellen Versuchsdaten und berücksichtigt die ein- und austretenden Stoffströme. Aus den eintretenden Stoffströmen und den Reaktionsumsätzen können die entstehenden Stoffmengen berechnet werden. Diese werden vereinfacht für die Enthalpiebilanz verwendet, um die Reaktionsenthalpie zu bestimmen. Der Effekt der Volumenminderung wird ebenfalls aus den Versuchsumsätzen abgeleitet. Die Lösung komplexer Differentialgleichungen zur Bestimmung ortsabhängiger Konzentrationsverläufe wird vermieden. Die Bilanzierung erfolgt in der Einheit [mol/s]. Die Enthalpiebilanz, basierend auf dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik, berücksichtigt die akkumulierte Wärme durch den Stofftransport, den Wärmeaustausch mit der Umgebung und die durch die Reaktion freigesetzte oder verbrauchte Wärme. Die Bilanz wird vereinfacht, indem potentielle, kinetische und mechanische Energien vernachlässigt werden. Der Wärmetransport durch die Inertschüttung und die Reaktorwand wird modelliert; der Wärmeübergang von der Reaktoraußenwand zur Umgebungsluft wird aufgrund von konstanten Messwerten der Reaktorwandtemperatur vernachlässigt. Der Wärmestrom ist bidirektional und wird durch die Temperaturdifferenz zwischen Katalysator und Reaktoraußenwand bestimmt. Die Heizleistung der Reaktoren wird ebenfalls berücksichtigt.

3. Modellinput Aufbau und Validierung

Der Modellinput umfasst die molaren Stoffströme (H2, CO, CO2, N2, CH4) als Matrix aus dem Matlab Workspace in [mol/s]. Die Zusammensetzung entspricht den Angaben in Tabelle 4, wobei ein möglicher Wasserstoffüberschuss und die Raumgeschwindigkeit berücksichtigt werden. Der Modellaufbau in Simulink basiert auf dem Blockschaltbild und implementiert die mathematischen Formulierungen der Stoff- und Enthalpiebilanz. Der erste Reaktor dient als detailliertes Beispiel, mit einem Subsystem zur Berechnung der Katalysatortemperatur und der austretenden molaren Stoffströme. Die Modellvalidierung konzentriert sich auf die Vergleich der simulierten Ergebnisse mit realen Versuchsdaten. Die Katalysatortemperaturen und die Gaszusammensetzungen werden nach jeder Reaktorstufe verglichen. Die verwendeten Versuchsdaten beziehen sich auf Reaktorkonfiguration B mit verschiedenen Wasserstoffüberschüssen und Raumgeschwindigkeiten. Es werden die Abweichungen zwischen simulierten und gemessenen Werten diskutiert und auf Messungenauigkeiten und Unterschiede zwischen Gasanalytik und Massendurchflussreglern zurückgeführt. Die Modellvalidierung zeigt eine gute Übereinstimmung für den ersten Reaktor, während die Abweichungen im zweiten und dritten Reaktor größer sind, vor allem wegen der starken Einfluss der externen Heizungen und schwankender Reaktionsenthalpien.

III.Modellvalidierung und Ergebnisse

Die Validierung des Simulink Modells erfolgt durch Vergleich mit experimentellen Daten aus dem i³upgrade Projekt, insbesondere aus Versuchen mit Reaktorkonfiguration B. Es werden die Katalysatortemperaturen und die Zusammensetzung der ein- und austretenden Gase (Stoffbilanz) verglichen. Die Ergebnisse zeigen eine gute Übereinstimmung zwischen Simulation und Experiment, insbesondere für den ersten Reaktor. Größere Abweichungen treten im zweiten und dritten Reaktor auf, die auf äußere Einflüsse und Messungenauigkeiten zurückgeführt werden. Die Analyse berücksichtigt den Einfluss von variierenden Raumgeschwindigkeiten und Wasserstoffüberschüssen auf die Reaktionsumsätze und die Produktgaszusammensetzung. Die Arbeit zeigt, dass das Modell das qualitative Verhalten des Originalsystems gut abbildet, obwohl Vereinfachungen in der Modellierung getroffen wurden. Die Abweichungen in den Katalysatortemperaturen des zweiten Reaktors liegen innerhalb einer Toleranz von +/- 15°C, während im dritten Reaktor die Temperaturregelung durch externe Heizungen dominiert und eine präzise Modellierung erschwert.

1. Validierung der Modellgenauigkeit

Die Modellvalidierung konzentrierte sich auf den Vergleich der Simulationsergebnisse mit experimentellen Daten aus dem i³upgrade Projekt. Dabei wurden vor allem die Katalysatortemperaturen und die Zusammensetzung der ein- und austretenden Gase (Stoffbilanz) herangezogen. Die Validierung erfolgte primär mit Daten der Reaktorkonfiguration B, da für Konfiguration A keine repräsentativen und durchgängigen Temperaturmessungen im Inneren des Katalysators vorlagen. Innerhalb der definierten Grenzwerte (Tabelle 5) zeigten beide Modelle bei Betrachtung der austretenden Stoffströme Abweichungen im einstelligen Prozentbereich und konnten somit dem Originalsystem weitestgehend angenähert werden. Der Vergleich der simulierten und gemessenen Gaszusammensetzungen nach jeder Reaktorstufe zeigte, dass im ersten Reaktor der Großteil der Edukte umgesetzt wurde, während in den nachfolgenden Reaktoren nur noch geringe Mengen methanisiert wurden. Abweichungen zwischen simulierten und gemessenen Daten wurden auf Messungenauigkeiten und Unterschiede zwischen Gasanalytik und Massendurchflussreglern zurückgeführt.

2. Analyse der Katalysatortemperaturen

Die Validierung der Katalysatortemperaturen erfolgte durch Vergleich der simulierten mit den gemessenen Temperaturen. Im ersten Reaktor zeigte sich eine gute Übereinstimmung, mit Abweichungen im einstelligen Grad-Bereich. Im zweiten und dritten Reaktor waren die Abweichungen größer, was auf die starke Beeinflussung durch die externen Heizungen zurückzuführen ist. Der dritte Reaktor zeigte besonders starke Abweichungen, da dort durch die Methanisierung kaum Reaktionsenthalpie freigesetzt wird und die Temperatur somit stark von äußeren Einflüssen bestimmt wird. Die Analyse umfasste stationäre Katalysatortemperaturen bei variierenden Wasserstoffüberschüssen und Raumgeschwindigkeiten. Es wurde eine empirische Ermittlung der effektiven Wärmeleitfähigkeit durchgeführt, um das Modellverhalten an die Messdaten anzupassen. Im ersten Reaktor konnte ein guter Zusammenhang zwischen simulierten und gemessenen Temperaturen hergestellt werden, während im zweiten und dritten Reaktor größere Abweichungen, insbesondere bei stöchiometrischen Bedingungen, auftraten. Diese wurden auf die starke Abhängigkeit der gemessenen Daten von der Betriebsführung und äußeren Bedingungen zurückgeführt.

3. Zusammenfassende Ergebnisse und Schlussfolgerungen

Die Modellvalidierung zeigte, dass das entwickelte Simulink Modell das qualitative Verhalten der Methanisierungsanlage gut abbildet. Beide Modelle lieferten innerhalb der definierten Grenzwerte (Tabelle 5) Ergebnisse mit Abweichungen im einstelligen Prozentbereich in Bezug auf die austretenden Stoffströme. Ein qualitativ plausibler und nachvollziehbarer Temperaturverlauf über einen dynamischen Betrieb mit variierenden Raumgeschwindigkeiten konnte für das i³upgrade Projekt Modell erzielt werden. Die Validierung der stationären Katalysatortemperaturen bei dynamischen Wasserstoffüberschüssen zeigte eine gute Annäherung an die Versuchsdaten (bis auf wenige Ausnahmen innerhalb von +/- 10 °C). Die Analyse der zeitlichen Temperaturverläufe zeigte ebenfalls eine gute Übereinstimmung mit den Versuchsergebnissen, insbesondere hinsichtlich der Temperaturgradienten. Die Modellvalidierung bestätigt somit die Brauchbarkeit des Modells für die Prozessoptimierung im i³upgrade Projekt, obwohl die Vereinfachungen in der Modellierung berücksichtigt werden müssen. Die stärkere Abweichungen im dritten Reaktor zeigen die Grenzen der Modellgenauigkeit auf, bedingt durch externe Einflüsse und die geringe Reaktionsenthalpie in diesem Reaktor.