Das Water Safety Plan (WSP)-Konzept für Gebäude

WSP-Konzept Trinkwasser: Gebäude

Dokumentinformationen

Autor

Thomas Rapp

Schule

Umweltbundesamt (UBA)

Fachrichtung Trinkwasserhygiene
Dokumenttyp Handbuch
Sprache German
Format | PDF
Größe 1.41 MB

Zusammenfassung

I.Trinkwasser Installationen in Gebäuden und das Water Safety Plan WSP Konzept

Dieses Handbuch beschreibt die Umsetzung des Water-Safety-Plan (WSP)-Konzepts für Trinkwasserqualität in deutschen Gebäuden. Es betont die Verantwortung der Gebäudebetreibenden für die Trinkwasserversorgung nach dem Wasserzähler, gemäß der Trinkwasserverordnung (TrinkwV). Das Handbuch dient als praktische Anleitung zur Anwendung des risikobasierten WSP-Ansatzes, der von der WHO empfohlen wird und eine individuelle Gefährdungsanalyse für jede Trinkwasser-Installation beinhaltet. Ein zentrales Thema ist die Vorbeugung von Legionellen, die durch ungeeignete Materialien, hohe Stagnationszeiten und ungünstige Temperaturen entstehen können. Das Handbuch unterstützt Gesundheitsämter und Gebäudebetreibende bei der Umsetzung des Gebäude-WSP.

1. Trinkwasserqualität in Deutschland und Verantwortung der Gebäudebetreibenden

Die Trinkwasserqualität in Deutschland ist bis zur Übergabestelle im Gebäude sehr hoch, gewährleistet durch Wasserversorgungsunternehmen. Die Verantwortung für die sichere Trinkwasserversorgung an den Entnahmestellen liegt jedoch ab diesem Punkt bei den Gebäudebetreibenden. Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) definiert Trinkwasser-Installationen in Gebäuden als Wasserversorgungsanlagen mit verbindlichen Anforderungen. Ungeeignete Werkstoffe, lange Stagnationszeiten und ungünstige Temperaturen in der Trinkwasserinstallation können die Qualität beeinträchtigen und zu mikrobieller Verkeimung, insbesondere durch Legionellen, führen. Die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T.) ist gemäß TrinkwV vorgeschrieben, um die Trinkwasserqualität nach dem Wasserzähler zu sichern. Das Handbuch befasst sich mit der Umsetzung des Water-Safety-Plan (WSP)-Konzepts, um diese Risiken zu minimieren und die Trinkwasserqualität zu gewährleisten.

2. Das Water Safety Plan WSP Konzept Ein risikobasierter Ansatz

Das Handbuch präsentiert das Water-Safety-Plan (WSP)-Konzept, basierend auf den Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Trinkwasserhygiene (WHO 2017). Das WSP-Konzept, insbesondere als Gebäude-WSP, wird von der WHO für die Anwendung in Trinkwasser-Installationen empfohlen (WHO 2011). Es verfolgt einen risikobasierten Ansatz, der eine individuelle Analyse der jeweiligen Trinkwasser-Installation beinhaltet und daraus abgeleitete Maßnahmen zur Risikobeherrschung umsetzt. Die konsequente Umsetzung des WSP-Konzepts schützt die menschliche Gesundheit vor wasserbürtigen Gefährdungen. Das Handbuch überträgt den von der WHO in „Water Safety in Buildings“ beschriebenen Ansatz in den deutschen Kontext und integriert die Gebäudebetreibenden in den gesamten Prozess, um ihr Verständnis und ihre Motivation für die Umsetzung von Maßnahmen zu fördern. Der WSP betont im Gegensatz zu bisherigen Ansätzen die frühzeitige Risikoabschätzung und regelmäßige Revision für kontinuierliche Verbesserung und Erkenntnisgewinn. Die Anwendung des WSP-Konzepts wird von Gesundheitsämtern empfohlen, insbesondere im Hinblick auf die erwartete Verschärfung der rechtlichen Anforderungen an regelmäßige Risikoabschätzungen in Gebäuden aufgrund der Revision der europäischen Trinkwasserrichtlinie.

3. Das Projekt zur Erprobung des WSP Konzepts

Das Handbuch basiert auf einem vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) finanzierten Projekt „Das Water-Safety-Plan Konzept für Gebäude“. Im Rahmen dieses Projekts wurde das WSP-Konzept in vier Gebäuden praxisnah und ergebnisoffen unter Beteiligung der zuständigen Gesundheitsämter evaluiert. Petra Kubon erarbeitete die ursprüngliche Version des Handbuchs. Andreas Braun, Tim Fischer, Carsten Gollnisch, Amelie Hagenkötter, Alexandra Peter, Helmut Röhner, Benedikt Schaefer und Lilian Vogel sang trugen durch ihre Fachbegutachtung und wertvolle Hinweise zur Verbesserung des Handbuchs bei. Das Handbuch wurde nach Projektabschluss aktualisiert und vor Veröffentlichung überarbeitet. Die Einbindung der Gesundheitsämter in das Projekt unterstreicht die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Behörden und Gebäudebetreibenden zur Gewährleistung der Trinkwasserqualität.

II.Abgrenzung des WSP Konzepts zur Gefährdungsanalyse nach Trinkwasserverordnung VDI 6023

Das Handbuch vergleicht das WSP-Konzept mit der Gefährdungsanalyse nach Trinkwasserverordnung und VDI 6023. Obwohl Ähnlichkeiten bestehen, bietet der WSP-Ansatz eine Alternative mit Fokus auf frühzeitige Risikoabschätzung und regelmäßige Revision. Im Gegensatz zur VDI-Richtlinie, die auf Sachverständigengutachten basiert, ermöglicht der WSP eine flexiblere Dokumentation, in die auch Aspekte des Gebäudebetriebs (z.B. Mitarbeiter-Schulungen) einbezogen werden können. Die VDI 6023 wird als Referenz für die Gefährdungsanalyse erwähnt, insbesondere in Bezug auf Legionellen.

1. Vergleich von WSP und Gefährdungsanalyse nach TrinkwV VDI 6023

Dieser Abschnitt vergleicht das Water-Safety-Plan (WSP)-Konzept mit der in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) bei Legionellen-Überschreitungen geforderten Gefährdungsanalyse, ergänzt durch Empfehlungen des Umweltbundesamtes (UBA) und die VDI 6023-2. Es werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Gebäude-WSP und der Gefährdungsanalyse herausgestellt. Obwohl die Vorgehensweisen teilweise unterschiedlich sind – die VDI-Richtlinie 6023-2 fokussiert auf Sachverständigengutachten – kann die Umsetzung des WSP als Alternative zum Vorgehen nach der VDI-Richtlinie betrachtet werden. Der WSP-Ansatz bietet Flexibilität, indem er die Integration weiterer betrieblicher Aspekte in die Dokumentation ermöglicht, die über die reine Gefährdungsanalyse hinausgehen. Dies umfasst zum Beispiel Arbeitsbeschreibungen, Beauftragungen von Fachfirmen, den Umgang mit Beschwerden und Nachweise über Schulungen. Der Fokus liegt auf der frühzeitigen Risikoabschätzung und regelmäßigen Revisionen, im Gegensatz zu den oft reaktiveren Ansätzen der traditionellen Gefährdungsanalysen.

2. Zusätzliche Dokumentation im WSP Konzept

Im Gegensatz zur oft eng gefassten Gefährdungsanalyse nach VDI 6023 bietet der WSP die Möglichkeit, zusätzliche Informationen zum Gebäudebetrieb zu dokumentieren. Dies erweitert den Umfang der Dokumentation und ermöglicht ein ganzheitlicheres Bild der Trinkwasserinstallation. Genannt werden beispielsweise Arbeitsbeschreibungen, Dokumentationen über die Beauftragung von Fachfirmen und Lieferanten, Verfahren zum Umgang mit Beschwerden sowie Nachweise über Schulungen und Unterweisungen der Mitarbeiter. Diese zusätzlichen Informationen tragen zu einer umfassenderen Risikobewertung und -beherrschung bei und unterstützen die Transparenz und Nachvollziehbarkeit des gesamten Prozesses. Die Einbeziehung dieser Aspekte in die Dokumentation verbessert das Verständnis der gesamten Trinkwasserversorgung im Gebäude und unterstützt die kontinuierliche Verbesserung der Sicherheit.

III.Schritte des WSP Konzepts Risikoabschätzung und Risikobeherrschung

Die Umsetzung des WSP-Konzepts umfasst die Definition eines Teams, die Systembeschreibung der Trinkwasser-Installation, die Gefährdungsanalyse mit Identifizierung von Gefährdungsereignissen und deren Eintrittswahrscheinlichkeit sowie die Risikoabschätzung. Die Ergebnisse werden dokumentiert und dienen als Grundlage für die Risikobeherrschung. Hier werden Maßnahmen zur Sicherstellung der Trinkwasserqualität festgelegt und deren Wirksamkeit überwacht. Es werden Methoden zur Validierung von Maßnahmen (z.B. regelmäßige Spülungen der Trinkwasser-Installation zur Vermeidung von Stagnation) beschrieben, inklusive der Verwendung von Parametern der betrieblichen Überwachung. Die Einhaltung der a.a.R.d.T. (allgemein anerkannte Regeln der Technik) wird immer wieder betont.

1. Risikoabschätzung im WSP Konzept

Die Risikoabschätzung im Rahmen des WSP-Konzepts ist ein zentraler Schritt zur Sicherstellung der Trinkwasserqualität. Sie beginnt mit der Bildung eines WSP-Teams, bestehend aus internen und externen Experten, die die Zustände der Trinkwasser-Installation bewerten. Die Teamleitung wird festgelegt und die Aufgaben der Teammitglieder dokumentiert. Die Systembeschreibung umfasst die Dokumentation verschiedener Gebäudefunktionen und die Nutzung des Trinkwassers, inklusive der Berücksichtigung sensibler Nutzergruppen. Die Gefährdungsanalyse identifiziert potenzielle Gefährdungen und Gefährdungsereignisse, z.B. ungeeignete Materialien, hohe Stagnationszeiten, ungünstige Temperaturen und die daraus resultierende Gefahr von Legionellen. Dabei werden die Art der Gefährdung, die Art der Exposition (oral, Inhalation, Hautkontakt) und die Nutzung des Wassers berücksichtigt. Die Eintrittswahrscheinlichkeit der Gefährdungsereignisse wird geschätzt, basierend auf Erfahrungswerten, Daten (z.B. Untersuchungsbefunde) und technischen Regeln. Das Ergebnis der Gefährdungsanalyse wird dokumentiert, gegebenenfalls mit einem Fließschema, um kritische Punkte zu veranschaulichen.

2. Risikobeherrschung und Maßnahmen

Die Risikobeherrschung zielt darauf ab, angepasste Maßnahmen zu etablieren, deren Wirksamkeit nachgewiesen und regelmäßig überwacht wird. Das Ziel ist die Sicherstellung der Trinkwasserqualität und der technischen Versorgungssicherheit. Die Dringlichkeit zusätzlicher Maßnahmen hängt von der Risikoeinschätzung ab. Zusätzliche Experten können hinzugezogen werden. Maßnahmen werden in einem Maßnahmenplan mit Verantwortlichkeiten und Fristen festgelegt. Es gibt kurz- und langfristige Maßnahmen; bei nicht sofort realisierbaren Investitionen sind Zwischenlösungen möglich. Vorhandene Maßnahmen zur Risikobeherrschung werden erfasst und den ermittelten Gefährdungen gegenübergestellt. Die Wirksamkeit bestehender Maßnahmen wird geprüft und gegebenenfalls angepasst oder ergänzt. Eine Senkung des Schadensausmaßes kann z.B. durch regelmäßige Spülungen oder thermische Desinfektion erreicht werden. Die Risikoabschätzung kann auch zeigen, dass Maßnahmen überflüssig sind, z.B. eine zusätzliche Wasseraufbereitung im Gebäude. Die Validierung von Maßnahmen kann durch mikrobiologische Parameter (z.B. Legionellenkonzentration), wissenschaftliche Literatur oder gezielte Untersuchungen erfolgen. Die betriebliche Überwachung sollte auf einfach messbaren Parametern beruhen, da die Messung von Schadstoffen zu zeitaufwendig ist.

3. Betriebliche Überwachung und Externe Bewertung

Die betriebliche Überwachung basiert auf einfach messbaren oder beobachtbaren Parametern mit unmittelbar ablesbaren Ergebnissen, wie z.B. Temperaturmessungen. Sollzustände (Messwerte oder -bereiche) werden für konkrete Parameter festgelegt, um Abweichungen frühzeitig zu erkennen und Korrekturmaßnahmen einzuleiten. Der zeitliche Zusammenhang zwischen Parameteränderung, Feststellung der Nichteinhaltung des Sollzustands und Wirkung der Korrekturmaßnahme ist entscheidend. Für Hochrisikobereiche sind engere Kontrollen und schnellere Maßnahmen erforderlich. Eine externe Überprüfung des Gebäude-WSP durch Personen außerhalb des WSP-Teams (z.B. spezialisierte Ingenieurbüros oder Gesundheitsämter) wird empfohlen, um die Objektivität und Qualität des WSP sicherzustellen. Die regelmäßige Spülung der Trinkwasser-Installation, um Stagnation zu vermeiden, wird als Beispiel für eine Maßnahme mit Basisvalidierung gemäß den a.a.R.d.T. genannt, die aber bei erhöhten Legionellenkonzentrationen weiter untersucht werden sollte.

IV.Dokumentation und Externe Bewertung

Die Dokumentation der Gefährdungsanalyse und Risikoabschätzung ist essentiell für die Nachvollziehbarkeit und die periodische Revision des WSP. Die Dokumentation sollte die identifizierten Risiken, die gewählten Maßnahmen zur Risikobeherrschung und deren Wirksamkeit enthalten. Eine externe Bewertung des Gebäude-WSP durch unabhängige Experten (z.B. Ingenieurbüros oder Gesundheitsämter) wird empfohlen.

1. Dokumentation der Risikoanalyse und bewertung

Die Ergebnisse der Gefährdungsanalyse und Risikobewertung müssen nachvollziehbar dokumentiert werden, beispielsweise in tabellarischer Form. Eine solche Dokumentation verbessert die Nachvollziehbarkeit der Bewertungen zu einem späteren Zeitpunkt und für andere Personen. Sie bildet die Grundlage für die periodische Revision des Water-Safety-Plans (WSP) und für externe Bewertungen. Die Dokumentation sollte alle relevanten Informationen enthalten, wie identifizierte Risiken, die Maßnahmen zur Risikobeherrschung und deren Wirksamkeit. Eine klare und strukturierte Dokumentation ist entscheidend, um die Maßnahmen und deren Begründung transparent darzulegen und eventuelle zukünftige Probleme schnell zu identifizieren und zu beheben. Ein Beispiel für eine tabellarische Dokumentation findet sich im Anhang (im Originaldokument). Die Qualität der Dokumentation ist entscheidend für die Bewertung der Wirksamkeit des WSP und für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften.

2. Externe Bewertung des WSP

Eine externe Überprüfung des Gebäude-WSP durch Personen, die nicht dem WSP-Team angehören, wird empfohlen. Dies gewährleistet die Objektivität der Bewertung und identifiziert eventuelle Schwachstellen, die vom Team selbst übersehen werden könnten. Für die externe Bewertung kommen verschiedene Ansätze in Frage. Zum Beispiel kann ein auf Trinkwasser-Installationen in Gebäuden spezialisiertes Ingenieurbüro beauftragt werden oder das Gesundheitsamt kann gezielte Prüfungen/Begehungen durchführen. Die externe Bewertung dient der Qualitätssicherung und Validierung des WSP und trägt dazu bei, die Sicherheit der Trinkwasserversorgung im Gebäude zu gewährleisten. Sie ermöglicht eine unabhängige Einschätzung der Wirksamkeit der implementierten Maßnahmen und hilft, Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Die Ergebnisse der externen Bewertung fließen in die periodische Revision des WSP ein und tragen zur kontinuierlichen Verbesserung des Systems bei.