Gradiometer Data Processing and Analysis for the GOCE Mission

GOCE-Gradiometerdaten: Verarbeitung & Analyse

Dokumentinformationen

Autor

Claudia Stephanie Stummer

instructor Univ.-Prof. Dr.-Ing. L. Meng
Schule

Technische Universität München

Fachrichtung Bauingenieur- und Vermessungswesen
Ort München
Dokumenttyp Dissertation
Sprache German
Format | PDF
Größe 12.55 MB

Zusammenfassung

I.Verbesserte GOCE Datenverarbeitung Analyse der Schweregradienten

Diese Arbeit analysiert Verbesserungen der Level 1b-Prozessierung von GOCE-Satellitendaten. Der Fokus liegt auf vier Upgrades: einer neuen Methode zur Winkelgeschwindigkeitsrekonstruktion (ARR), einer verbesserten Kombination von Sternensensordaten (STR), einer verbesserten Kalibrierung der Beschleunigungen mittels Interpolationen der Inversen Kalibrationsmatrizen (ICMs) und einer neuen Methode zur Haltungsbestimmung (ATR). Die Verbesserungen wurden auf der Ebene der Schweregradienten und der daraus abgeleiteten Schwerefeldlösungen untersucht. Die größte Verbesserung resultiert aus der neuen ARR-Methode, besonders bei niedrigen und mittleren Frequenzen und den Harmonischen der Umlaufhäufigkeit. Die verbesserte Kalibrierung reduziert Artefakte im Schweregradienten Vyy, und die Standardabweichung der Spur des Schweregradiententensors wird deutlich reduziert. Die kumulativen Fehler in Geoidhöhe und Schwereanomalien werden signifikant verringert.

1. Analyse der Verbesserungen durch die vier Upgrades

Die Studie analysiert die Effekte von vier Verbesserungen der GOCE Level 1b Datenverarbeitung auf die Genauigkeit der ermittelten Schweregradienten und daraus resultierenden Schwerefeldlösungen. Die größten Verbesserungen werden durch die neue Methode zur Winkelgeschwindigkeitsrekonstruktion (Angular Rate Reconstruction - ARR) erzielt, vor allem bei niedrigen und mittleren Frequenzen sowie bei den Harmonischen der Orbitalumlaufhäufigkeit. Zusätzlich werden Artefakte im Schweregradienten Vyy, verursacht durch unvollständige Common-Mode-Unterdrückung, durch den verbesserten Kalibrierungsansatz signifikant reduziert. Die Standardabweichung der Spur des Schweregradiententensors sinkt um ca. 90% unterhalb der Messbandbreite des Gradiometers (unter 5 mHz) und um ca. 4% innerhalb des Messbands (5 bis 100 mHz). Die kumulativen Geoidfehler und Fehler in den Schwereanomalien (zwischen Grad 20 und 150) werden bei Verwendung von 61 Tagen an Daten um etwa 27% reduziert. Die Kombination der auf Satelliten-Gravimetrie basierenden Schwerefeldlösungen mit GOCE GPS-Daten zeigt zwar eine geringere, aber dennoch messbare Verbesserung. Die kumulativen Geoid- und Schwereanomalienfehler (zwischen Grad 20 und 150) verringern sich in diesem Fall um 10%. Die vier beschriebenen Upgrades wurden in den PDS L1b Prozessor implementiert und die Daten der gesamten GOCE-Mission wurden erneut verarbeitet. Die Ergebnisse zeigen die signifikante Verbesserung der Datenqualität durch die neuen Methoden.

2. Vergleich verschiedener Kalibrierungsmethoden

Ein wichtiger Aspekt der Arbeit ist die Kalibrierung des GOCE-Gradiometers. Die Kalibrierungsparameter lassen sich in quadratische Faktoren und inverse Kalibrationsmatrizen (ICMs) unterteilen. Es wird der physikalische Ursprung der Gradiometerfehler und verschiedene Strategien zu deren Bestimmung und Kompensation diskutiert, wobei der Fokus auf der Bestimmung der ICMs liegt. Zwei wichtige Strategien werden verglichen: die ursprüngliche Methode, implementiert in ESAs PDS und am IAPG, und eine neue Methode, entwickelt von der ESA (Daniel Lamarre). Letztere wird aktuell in der offiziellen Level 1b-Prozessierung zur Kalibrierung der gemessenen Beschleunigungen verwendet. Die Analyse der ICMs aus den ersten sechs Kalibrierungen zeigt eine im Allgemeinen hohe Stabilität, insbesondere bezüglich der mechanischen Stabilität des Gradiometers. Allerdings zeigen einige Skalierungsfaktoren zwischen den Kalibrierungen größere Variationen als erwartet, was zu einer zeitabhängigen Verschlechterung der Qualität der Schweregradienten führt. Die neue L1b-Prozessierung berücksichtigt diese zeitliche Abhängigkeit durch lineare Interpolation der ICMs zwischen aufeinanderfolgenden Kalibrierungen, um die Datenqualität zu verbessern.

3. Detaillierte Analyse der Winkelgeschwindigkeits und Haltungsdaten

Die Bestimmung der Winkelgeschwindigkeiten und -beschleunigungen ist für die genaue Bestimmung der Schweregradienten entscheidend. Der Abschnitt beschreibt die Verwendung von drei Sternensensoren an Bord von GOCE. Die Analyse der Daten im Zeit- und Frequenzbereich zeigt, dass die Sternensensoren bei sehr niedrigen Frequenzen genauer sind als das Gradiometer selbst. Für die Kombination der Daten aus Gradiometer und Sternensensoren wird eine neue Methode entwickelt, die die unterschiedliche Genauigkeit der einzelnen Sensoren und deren Rauschen berücksichtigt. Eine neue Methode zur Winkelgeschwindigkeitsrekonstruktion (ARR) kombiniert die Daten aus Gradiometer und Sternensensoren optimal. Die ARR liefert die kombinierten Winkelgeschwindigkeiten, die in der L1b-Prozessierung als Gradiometer-Winkelgeschwindigkeiten (GAR) bezeichnet werden. Die Analyse der Winkelgeschwindigkeiten und deren Power Spectral Density (PSD) zeigt, dass die Komponente um die x-Achse die größte Amplitude im Messband hat, was auf die Sensitivität von GOCE für Rotationen um diese Achse zurückzuführen ist. Die Kalibrierung der Beschleunigungssensoren und die Bestimmung der ICMs basieren auf Satelliten-Schwingungstests, die alle zwei Monate durchgeführt werden. Hierbei werden verschiedene Methoden, wie TAS und ESA-L, verglichen. Die ESA-L Methode hat sich als vorteilhafter erwiesen und wird in der offiziellen Level 1b Verarbeitung eingesetzt.

4. Auswirkungen der Verbesserungen auf die Schwerefeldlösungen

Dieser Abschnitt präsentiert die Ergebnisse der verbesserten GOCE-Datenverarbeitung und deren Auswirkungen auf die Genauigkeit der Schwerefeldlösungen. Die vier Upgrades werden einzeln und in Kombination bewertet. Die Analyse erfolgt auf der Ebene der Schweregradienten und der daraus abgeleiteten Schwerefeldlösungen. Es wird gezeigt, dass die neue Methode zur Winkelgeschwindigkeitsrekonstruktion (ARR) die größten Verbesserungen bringt, insbesondere in den niedrigen und mittleren Frequenzbereichen. Die verbesserte Kalibrierung reduziert Artefakte im Schweregradienten Vyy signifikant. Geographische Karten der gefilterten Unterschiede zwischen den GOCE-Schweregradienten und einem Referenzmodell zeigen die stärksten Verbesserungen durch ARR in Vxx, Vyy und Vzz, durch die neue Kalibrierung in Vyy und durch die neue Methode zur Haltungsrekonstruktion (ATR) in Vxz. Die Genauigkeit der Schwerefeldlösungen wird durch Vergleich mit den Modellen EGM2008 und ITG-Grace2010s bewertet. Die kumulativen Geoidfehler und Fehler in den Schwereanomalien werden deutlich reduziert, wobei die ARR und der neue Kalibrierungsansatz die größten Verbesserungen liefern. Der Nutzen der Sternensensor-Kombination und der neuen ATR-Methode ist geringer, außer bei Vxz, wo die ATR eine starke Verbesserung zeigt. Die Gesamtverbesserung der neuen Gradiometer-Prozessierung in Bezug auf Geoidhöhen beträgt bis zu 1m (zwischen Grad und Ordnung 10 und 200). Die kumulativen Geoid- und Schwereanomalienfehler (zwischen Grad 20 und 150) können um mehr als ein Viertel reduziert werden.

II.Kalibrierung des GOCE Gradiometers

Die Kalibrierung des GOCE-Gradiometers ist entscheidend für die Genauigkeit der Schweregradienten. Zwei wichtige Methoden werden verglichen: die originale Methode (TAS) und die ESA-L-Methode (entwickelt von Daniel Lamarre). Die Kalibrierung beinhaltet die Bestimmung von quadratischen Faktoren und Inversen Kalibrationsmatrizen (ICMs). Die ESA-L-Methode wird in der offiziellen Level 1b-Prozessierung verwendet und hat sich als teilweise vorteilhafter erwiesen als die TAS-Methode. Die Analyse der ICMs zeigt eine im Allgemeinen gute Stabilität, jedoch größere Variationen bei einigen Skalierungsfaktoren zwischen den Kalibrierungsereignissen. Diese Variationen beeinflussen die Qualität der Schweregradienten.

1. Gradiometer Imperfektionen und Kalibrierungsparameter

Die Kalibrierung des GOCE-Gradiometers ist essentiell für die Genauigkeit der gemessenen Schweregradienten. Zwei Haupttypen von Imperfektionen müssen berücksichtigt werden: Nichtlinearitäten in den Beschleunigungsmesser-Übertragungsfunktionen, sogenannte quadratische Faktoren, und Fehler in den Skalierungsfaktoren, Fehlstellungen und Nichtorthogonalitäten der Beschleunigungsmesser, die in den inversen Kalibrationsmatrizen (ICMs) enthalten sind. Die quadratischen Faktoren werden durch Injektion eines hochfrequenten Signals in die Beschleunigungsmesser-Steuerungsschleife gemessen. Im Gegensatz zur Kalibrierung der quadratischen Faktoren durch physikalische Anpassung, erfolgt die Kalibrierung der zweiten Gruppe von Imperfektionen auf Datenebene innerhalb der L1b-Bodenverarbeitung. Hierbei werden drei Sätze von ICMs verwendet, die aus Daten spezieller Satelliten-Schwingungsereignisse bestimmt werden, die etwa alle zwei Monate stattfinden. Zwei Methoden zur Bestimmung der ICMs werden im Detail diskutiert: die originale L1b-Methode (TAS), implementiert am IAPG, und die ESA-L-Methode (entwickelt von Daniel Lamarre), die in der offiziellen L1b-Verarbeitung verwendet wird. Die ESA-L Methode hat sich in Teilen als vorteilhafter erwiesen als die TAS Methode. Die Analyse zeigt, dass die Kalibrierungsparameter im Allgemeinen sehr stabil sind, besonders die Elemente, die nicht-orthogonale Beschleunigungsmesserachsen und Fehlstellungen berücksichtigen. Allerdings ist die Variation einiger Skalierungsfaktoren zwischen zwei Kalibrierungen größer als erwartet, was zu einer zeitabhängigen Verschlechterung der Leistung der Schweregradienten führt. Die neue L1b-Gradiometerverarbeitung berücksichtigt die Zeitabhängigkeit der Kalibrierungsparameter durch lineare Interpolation der ICMs aufeinanderfolgender Kalibrierungen.

2. Vergleich der TAS und ESA L Kalibriermethoden

Die Arbeit vergleicht detailliert die zwei Hauptmethoden zur Bestimmung der inversen Kalibrationsmatrizen (ICMs): die TAS-Methode und die ESA-L-Methode. Beide Methoden weisen Gemeinsamkeiten auf, z.B. die Bestimmung der absoluten Parameter durch Vergleich von Gradiometer- und Sternensensordaten bei einer Frequenz von 1,3 mHz und die Nutzung von Orthogonalitätsbeziehungen. Die ESA-S-Methode, die ebenfalls zur ICM-Bestimmung verwendet wird, unterscheidet zwischen Wissenschafts- und Kalibriermodusdaten für drei der 12 Bedingungsgleichungen, die sich auf die diagonalen GGT-Elemente beziehen. Im Wissenschaftsmodus werden die Zentrifugalterme als Null angenommen, während sie im Kalibriermodus aus den Sternensensormessungen entnommen werden. Dies ist möglich, da die während des Satellitenschüttelns erzeugten Winkelbeschleunigungen im oberen Messband (UMB) zu Zentrifugalbeschleunigungen führen, die das Rauschen der Sternensensoren bei weitem übertreffen. Die Beziehung zwischen den ICMs aus dem TAS-Kalibrierungsschritt 1 (oder 3) und den exakten ICM-Elementen wurde von Cesare und Catastini (2008b) mit 9 numerischen Testfällen ermittelt, was zur Anwendung empirischer Korrekturen führt. Die meisten Ergebnisse der numerischen Tests lassen sich mittlerweile analytisch nachvollziehen. Die Verwendung dieser empirischen Korrekturen könnte jedoch eine Schwäche der TAS-Methode darstellen. Die Konvergenzprüfungen im iterativen Verfahren der TAS-Methode erfolgen schrittweise, während eine simultane Konvergenzprüfung für alle ICM-Elemente strenger und daher vorzuziehen wäre (nicht bewiesen).

3. Analyse der zeitlichen Stabilität der Kalibrierungsparameter

Die Analyse der ICMs aus den ersten sechs Kalibrierungen zeigt, dass die Kalibrierungsparameter im Allgemeinen sehr stabil sind, insbesondere die Elemente, die die mechanische Stabilität des Gradiometers beschreiben (nicht-orthogonale Beschleunigungsmesserachsen und Fehlstellungen). Die Variation einiger Skalierungsfaktoren zwischen zwei Kalibrierungen ist jedoch größer als erwartet, was zu einer Verschlechterung der Leistung der Schweregradienten im Laufe eines Messzyklus führt. Diese Tatsache lässt sich mit Gleichung 4.15 erklären, welche die Kalibrierung der gemessenen CM- und DM-Beschleunigungen unter Verwendung der ICMs beschreibt. Wenn nicht perfekt korrekte ICMs mit einem bestimmten Fehler aufgrund ihrer zeitlichen Variation angewendet werden, ist es möglich, dass Teile der (gemessenen) CM-Beschleunigungen auf die (korrigierten) DM-Beschleunigungen projiziert werden. In der neuen L1b-Gradiometerverarbeitung wird die Zeitabhängigkeit der Kalibrierungsparameter durch lineare Interpolation der ICMs aufeinanderfolgender Kalibrierungen berücksichtigt. Dies verhindert die Verschlechterung der Qualität der Schweregradienten mit der Zeit. Die Variation der differentiellen Skalierungsfaktoren dSF14x und dSF25y ist viel größer als erwartet. dSF25y ist gekoppelt mit einer starken CM-Signal in y-Richtung. Die Analyse deutet darauf hin, dass die Kalibrierung in y-Richtung möglicherweise nicht perfekt funktioniert und Artefakte des CM-Signals im GGT-Komponente Vyy verbleiben.

III.Verbesserte Winkelgeschwindigkeits und Haltungsrekonstruktion

Die neue Methode zur Winkelgeschwindigkeitsrekonstruktion (ARR) kombiniert Daten von Sternensensoren (STR) und dem Gradiometer. Sie verwendet einen Wiener-Filter zur optimalen Gewichtung der Daten basierend auf deren Rauschen. Die neue Methode zur Haltungsrekonstruktion (ATR) integriert die optimal geschätzten Winkelgeschwindigkeiten aus der ARR-Methode, um präzise Haltungsquaternionen zu erhalten. Die Kombination aus STR- und Gradiometerdaten führt zu einer Verbesserung der Genauigkeit der Winkelgeschwindigkeiten über den gesamten Frequenzbereich. Die Analyse der Sternensensoren zeigt Unterschiede in der Messgenauigkeit je nach Rotationsachse und deren Anordnung relativ zum Gradiometer.

1. Kalibrierungsparameter und deren Typen

Die Kalibrierung des GOCE-Gradiometers spielt eine entscheidende Rolle für die Genauigkeit der ermittelten Schweregradienten. Die Kalibrierungsparameter lassen sich in zwei Haupttypen unterteilen: die quadratischen Faktoren und die inversen Kalibrationsmatrizen (ICMs). Quadratische Faktoren beschreiben Nichtlinearitäten in den Beschleunigungsmesser-Übertragungsfunktionen und werden durch Injektion eines hochfrequenten Signals in die Steuerungsschleife gemessen. Die Kalibrierung erfolgt durch eine physikalische Anpassung der Proof-Mass-Position. Die ICMs hingegen berücksichtigen Skalierungsfaktorfehler, Fehlstellungen und Nichtorthogonalitäten der Beschleunigungsmesser und werden auf Datenebene innerhalb der L1b-Bodenverarbeitung bestimmt. Die Bestimmung der ICMs ist der Schwerpunkt der Kalibrierung, da diese Parameter einen signifikanten Einfluss auf die Genauigkeit der Schweregradienten haben. Die Genauigkeit der ICMs ist essentiell für die Korrektur von Messfehlern und die Reduktion von Artefakten in den Daten. Die Bestimmung der ICMs erfolgt aus Daten spezieller Satelliten-Schwingungstests, die etwa alle zwei Monate durchgeführt werden.

2. Vergleich zweier Kalibriermethoden TAS und ESA L

Zwei wichtige Strategien zur Bestimmung der ICMs werden verglichen: die ursprüngliche Methode, implementiert im ESA's PDS (Processing and Dissemination System) und am IAPG (Institut für Astronomische und Physikalische Geodäsie), und die von der ESA (Daniel Lamarre) entwickelte Methode. Die Ergebnisse der ESA-L Methode werden aktuell in der offiziellen Level 1b-Prozessierung verwendet. Die TAS-Methode wurde ebenfalls am IAPG implementiert und dient weiteren GOCE-Datenanalysen. Der Vergleich der beiden Methoden zeigt teilweise unterschiedliche Ergebnisse bei den differentiellen Skalierungsfaktoren (dSFs). Die ESA-L-Methode hat sich als teilweise vorteilhafter erwiesen im Vergleich zur TAS-Methode, besonders was die Genauigkeit der Kalibrierung angeht. Ein wichtiger Unterschied liegt in der Art der Konvergenzprüfung: TAS führt schrittweise Konvergenzprüfungen durch, während eine simultane Prüfung für alle ICM-Elemente strenger wäre. Die TAS-Methode verwendet außerdem empirische Korrekturen basierend auf numerischen Tests, was als potentielle Schwäche angesehen werden kann, da diese Korrekturen analytisch nachvollzogen werden könnten. Die Wahl der Kalibrierungsmethode beeinflusst somit die Genauigkeit der daraus resultierenden Schweregradienten.

3. Zeitliche Stabilität der Kalibrierung und Verbesserungen

Die Analyse der ICMs aus den ersten sechs Kalibrierungen zeigt eine im Allgemeinen hohe Stabilität, besonders für die Elemente, die die mechanische Stabilität des Gradiometers widerspiegeln (nicht-orthogonale Achsen, Fehlstellungen). Allerdings zeigen einige Skalierungsfaktoren zwischen den Kalibrierungen eine größere Variation als erwartet. Dies führt zu einer Verschlechterung der Leistung der Schweregradienten, die mit der Zeit während eines Messzyklus zunimmt. Die Kopplung bestimmter differentieller Skalierungsfaktoren (z.B. dSF14x und dSF25y) mit starken Common-Mode- (CM)-Signalen in bestimmten Richtungen (z.B. y-Richtung) deutet auf eine nicht perfekte Common-Mode-Unterdrückung hin. Dies kann zu Artefakten im Schweregradienten Vyy führen. Die neue L1b-Gradiometerverarbeitung berücksichtigt die Zeitabhängigkeit der Kalibrierungsparameter durch lineare Interpolation der ICMs zwischen aufeinanderfolgenden Kalibrierungen. Dies verbessert die Qualität der Schweregradienten und verhindert deren Degradation über die Zeit. Die Verwendung der ESA-L Methode für die Kalibrierung der CM-Beschleunigungen liefert die besten Ergebnisse. Die Analyse von 11 Kalibrierungsereignissen zeigt, dass die Variation der meisten differentiellen Skalierungsfaktoren deutlich kleiner ist als die geforderte Messgenauigkeit. Allerdings sind die Variationen von dSF14x und dSF25y deutlich größer als erwartet.

IV.Ergebnisse der alternativen GOCE Datenverarbeitung und Ausblick

Die vier Verbesserungen der GOCE-Datenverarbeitung führen zu einer signifikanten Verbesserung der Schweregradienten und der daraus resultierenden Schwerefeldlösungen. Die Reduktion des Rauschens ist insbesondere bei niedrigen und mittleren Frequenzen, sowie bei den Harmonischen der Umlaufhäufigkeit, deutlich. Geographische Karten der Fehler zeigen die Verbesserung in den Hauptkomponenten des Schweregradiententensors (GGT). Die kumulative Fehlerreduktion in Geoidhöhe und Schwereanomalien beträgt über 25%. Die verbesserte Datenqualität beeinflusst die Genauigkeit der harmonischen Koeffizienten, insbesondere bei Vielfachen der Ordnung 16. Zukünftige Forschung könnte sich auf die Verbesserung der stochastischen Modelle für Gradiometer und Sternensensoren konzentrieren.

1. Analyse der Ergebnisse der alternativen GOCE Datenverarbeitung

Dieser Abschnitt präsentiert eine detaillierte Analyse der Ergebnisse, die mit der verbesserten GOCE-Datenverarbeitung erzielt wurden. Die Auswirkungen der vier Upgrades (neue ARR-Methode, STR-Kombination, Interpolation von Kalibrierungsparametern und neue ATR-Methode) werden auf der Ebene der Schweregradienten und der daraus abgeleiteten Schwerefeldlösungen untersucht. Fünf verschiedene Datensätze wurden verwendet und mit dem Quick-Look Gravity Field Analysis Prozessor (Pail et al., 2007) ausgewertet. Die Analyse zeigt, dass die größten Verbesserungen durch die neue ARR-Methode und den verbesserten Kalibrierungsansatz erzielt werden. Geografische Karten zeigen die stärksten Verbesserungen in Vxx, Vyy und Vzz durch die neue ARR-Methode, in Vyy durch die neue Kalibrierung und in Vxz durch die neue ATR-Methode. Die Ergebnisse der rein auf Satelliten-Gravimetrie basierenden Schwerefeldlösungen werden mit den Modellen EGM2008 und ITG-Grace2010s verglichen. Die kumulativen Geoid- und Schwereanomalienfehler werden signifikant reduziert, wobei der größte Teil der Verbesserung auf die neue ARR-Methode und den neuen Kalibrierungsansatz zurückzuführen ist. Die Verbesserung durch die Sternensensor-Kombination und die neue ATR-Methode ist deutlich geringer, außer bei Vxz, wo die neue ATR-Methode eine starke Verbesserung zeigt. Die Gesamtverbesserung der neuen Gradiometerverarbeitung in Bezug auf Geoidhöhen beträgt bis zu 1m (zwischen Grad und Ordnung 10 und 200). Die kumulativen Geoid- und Schwereanomalienfehler (zwischen Grad 20 und 150) lassen sich um mehr als ein Viertel reduzieren.

2. Auswirkungen auf verschiedene Schwerefeldmodelle

Die Analyse der Ergebnisse der alternativen Gradiometerverarbeitung wird erweitert, indem die Auswirkungen auf verschiedene Schwerefeldmodelle betrachtet werden. Es wird der Einfluss der verbesserten Daten auf sowohl rein auf Satelliten-Gravimetrie basierenden Lösungen (SGG-only) als auch auf kombinierte Modelle, die auch Satelliten-zu-Satelliten-Tracking-Daten (SST) beinhalten, untersucht. Bei den SGG-only-Lösungen zeigt sich eine erhebliche Verbesserung der Genauigkeit, insbesondere in den niedrigen bis mittleren harmonischen Graden. Die verbesserten Daten führen zu einer Reduktion von Fehlern, vor allem bei Frequenzen, die Vielfache der Orbitalfrequenz sind. Dies resultiert in einer verbesserten Schätzung harmonischer Koeffizienten, die Vielfache der Ordnung 16 im harmonischen Schwerefeldspektrum sind. Bei kombinierten Modellen (SST und SGG) ist die Verbesserung durch die neue SGG-Datenverarbeitung im Vergleich zu den SGG-only-Lösungen geringer, dennoch beobachtbar. Insbesondere in den Polarregionen, z.B. südlich von Australien, treten durch die verbesserte Common-Mode-Unterdrückung deutliche Verbesserungen auf. Kombinierte Schwerefeldmodelle profitieren somit von der verbesserten L1b-Datenverarbeitung.

3. Vorschläge für zukünftige Forschung

Abschließend werden Vorschläge für zukünftige Forschungsarbeiten präsentiert. Die im Abschnitt 6.2.1 entwickelten Wiener-Filter für die Winkelgeschwindigkeits- und Haltungsbestimmbarkeit basieren auf einfachen stochastischen Modellen für die Winkelgeschwindigkeiten von Gradiometer und Sternensensoren. Diese Modelle wurden aus einer umfassenden Datenanalyse beider Sensortypen abgeleitet. Obwohl diese Filter auf relativ einfachen Fehlermodellen basieren, konnte im Kapitel 7 gezeigt werden, dass die Schweregradienten und entsprechenden Schwerefelder signifikant verbessert werden können. Einfache Fehlermodelle lassen sich durch kurze Filter ausdrücken, während komplexere Modelle zu längeren Filtern und damit zu größeren Datenverlusten führen. Trotzdem könnte es sich lohnen, den potenziellen Nutzen anspruchsvollerer Fehlermodelle für die Gradiometer- und Sternensensordaten zu untersuchen, die möglicherweise auch eine Darstellung der Spitzen bei der 1-cpr-Frequenz und deren Harmonischen beinhalten. Die Verbesserung der stochastischen Modelle könnte zu noch genaueren Ergebnissen führen. Dies gilt auch für die Kombination von GOCE-Daten mit komplementären Daten anderer Satelliten (CHAMP, GRACE) und terrestrischen Daten.