Ein Datenmodell zur digitalen Dokumentation des Bauprozesses im Tunnelbau

Datenmodell Tunnelbau: Digitale Dokumentation

Dokumentinformationen

instructor Univ. Prof. Dipl.-Ing. Mag. Dr.techn. Alexandra Mazak-Huemer
Schule

Montanuniversität Leoben

Fachrichtung Subsurface Engineering
Dokumenttyp Masterarbeit
Sprache German
Format | PDF
Größe 17.31 MB

Zusammenfassung

I.Aktuelle Herausforderungen der Tunnelbau Dokumentation

Die aktuelle Digitalisierung im Tunnelbau ist unzureichend. Die gängige Praxis des Einscannen von Papierdokumenten ermöglicht keine Weiterverarbeitung der Baudaten. Dies führt zu Ineffizienzen und erschwert die Erstellung von Statistiken, Soll-Ist-Vergleichen und Nachkalkulationen. Eine lückenlose tunnelbautechnische Dokumentation, wie von der ÖNORM B 2203-1 gefordert, ist für die Beweissicherung und die korrekte Vergütung unerlässlich. Die vorliegende Arbeit adressiert dieses Problem durch die Entwicklung eines Datenmodells zur effizienten Baudatenmodellierung.

1. Defizite der aktuellen Tunnelbau Dokumentation

Derzeit erfolgt die Dokumentation im Tunnelbau nur unzureichend digital. Das vorherrschende Verfahren besteht im Einscannen von Papierdokumenten. Diese Methode hat gravierende Nachteile: Die digitalisierten Daten sind nicht weiterverarbeitbar, was zu erheblichen Ineffizienzen führt. Die Erstellung von wichtigen Analysen wie bauwirtschaftlichen Statistiken, Soll-Ist-Vergleichen und Nachkalkulationen wird dadurch erheblich erschwert oder unmöglich gemacht. Dies steht im Widerspruch zu den Anforderungen der ÖNORM B 2203-1, die eine lückenlose tunnelbautechnische Dokumentation für eine erfolgreiche Projektabwicklung von Untertagebauten fordert. Eine detaillierte Dokumentation ist für die Beweissicherung erbrachter Leistungen und die korrekte Vergütung der Bauleistungen unerlässlich. Die aktuelle Situation verhindert die Schaffung einer effizienten Wissensdatenbank für zukünftige Projekte. Die mangelnde Datenverwertbarkeit der gescannten Dokumente stellt somit eine zentrale Herausforderung dar, welche die Effizienz und die Qualität der Tunnelbau Dokumentation beeinträchtigt.

2. Anforderungen an eine effiziente Baudokumentation

Für eine erfolgreiche Projektabwicklung im Tunnelbau ist eine detaillierte und lückenlose Dokumentation unerlässlich. Die ÖNORM B 2203-1 legt dies explizit fest. Die Dokumentation dient nicht nur der Beweissicherung erbrachter Leistungen, sondern ist auch die Grundlage für die korrekte Vergütung der durchgeführten Arbeiten. Eine umfassende Dokumentation ermöglicht die Erstellung von baubetrieblichen und bauwirtschaftlichen Statistiken, Soll-Ist-Vergleiche und Nachkalkulationen. Dies wiederum führt zur Schaffung einer wertvollen Wissensdatenbank, die für zukünftige Projekte genutzt werden kann. Die aktuellen Verfahren, die meist auf Papierdokumenten basieren, behindern diesen Prozess erheblich. Die wiederholte manuelle Eingabe von Daten aus Papierformularen (z.B. MS Excel) führt zu einem erhöhten Zeitaufwand und einem erhöhten Risiko von Übertragungsfehlern. Daher besteht ein dringender Bedarf an einer optimierten, digitalen Lösung für die Tunnelbau Dokumentation zur Verbesserung der Effizienz und Genauigkeit. Die Digitalisierung muss mehr als nur das Einscannen von Dokumenten umfassen; sie muss die Datenverarbeitbarkeit sicherstellen.

3. Derzeitige Praxis und ihre Limitationen

Die Ist-Situation im Tunnelbau zeigt ein deutliches Defizit in der digitalen Dokumentation. Die vorherrschende Methode ist die Verwendung von Papierformularen (z.B. MS Excel Vorlagen), die händisch ausgefüllt, ausgedruckt und anschließend eingescannt werden. Diese Vorgehensweise ist nicht nur ineffizient, sondern verhindert auch eine sinnvolle Weiterverarbeitung der gesammelten Daten. Die Informationen sind nach dem Scannen in der Regel nicht mehr direkt nutzbar für weitere Analysen oder automatisierte Prozesse. Diese digitale Form ist daher nur im weitesten Sinne so zu bezeichnen. Das erschwert die Erstellung von Statistiken und Analysen, die für die Optimierung zukünftiger Projekte unerlässlich sind. Auch die Zusammenarbeit zwischen Auftragnehmer (AN) und Auftraggeber (AG), insbesondere bei der Abrechnung, wird durch die mangelnde Datenverarbeitbarkeit erheblich behindert. Eine umfassende Digitalisierung der Baudokumentation ist daher dringend notwendig, um die Effizienz zu steigern und Fehlerquellen zu minimieren. Der aktuelle Prozess kann bestenfalls als erster Schritt in Richtung eines digitalisierten Systems betrachtet werden; das Entwicklungspotenzial im Bereich der Digitalisierung im Tunnelbau ist erheblich.

II.Entwicklung eines UML Datenmodells für die Baudokumentation

Um die erfassten Baudaten dauerhaft und zentral zu speichern, wird in dieser Arbeit ein Datenmodell mit der grafischen Modellierungssprache UML erstellt. Es werden Klassen- und Objektdiagramme verwendet, um die Datenstruktur des Dokumentationsprozesses im Tunnelbau grafisch darzustellen. Dieses Datenmodell bildet die Grundlage für die Implementierung einer IT-Anwendung inklusive Datenbanken. Das Modell beschreibt, welche Daten für die Baudokumentation relevant sind und wie diese Daten zusammenhängen. Die Arbeit konzentriert sich auf die Modellierung der Vortriebsleistung und des Leistungsverzeichnisses. Das Projekt „Zentrum am Berg“ dient als Beispiel für die Anwendung des Modells.

1. Wahl von UML und Diagrammtypen für die Datenmodellierung

Zur Lösung der Probleme der ineffizienten Tunnelbau Dokumentation, wird in dieser Arbeit ein Datenmodell mithilfe der Unified Modeling Language (UML) entwickelt. Die Wahl von UML begründet sich in ihrer Eignung zur Datenmodellierung komplexer Systeme und ihrer Fähigkeit, sowohl statische Strukturen als auch dynamische Prozesse abzubilden. Als Diagrammtypen werden Klassendiagramme und Objektdiagramme eingesetzt. Klassendiagramme beschreiben die statische Struktur des Datenmodells, definieren Klassen mit ihren Attributen und Beziehungen zueinander. Objektdiagramme hingegen dienen zur Überprüfung und Veranschaulichung des Datenmodells durch Instanziierung der Klassen mit konkreten Daten. Diese Kombination erlaubt eine umfassende und überprüfbare Datenmodellierung für den Tunnelbau und stellt eine solide Grundlage für die spätere Implementierung einer IT-Anwendung dar. Die Wahl der Diagrammtypen wurde aufgrund ihrer Eignung zur visuellen Darstellung der Datenstrukturen getroffen, um die Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten.

2. Das Datenmodell als Grundlage für eine IT Anwendung

Das mit UML entwickelte Datenmodell dient nicht nur der grafischen Darstellung der Datenstrukturen, sondern auch als Blaupause für die Entwicklung einer IT-Anwendung. Diese Anwendung soll die digitalisierten Daten dauerhaft und zentral speichern und ermöglicht somit eine effiziente Weiterverarbeitung der Informationen. Das Datenmodell beschreibt detailliert, welche Daten der Bauausführung für die Baudokumentation relevant sind und wie diese miteinander in Beziehung stehen. Dies umfasst die Definition der relevanten Klassen, Attribute und Beziehungen, die die Datenstruktur im Dokumentationsprozess abbilden. Die Implementierung der Anwendung wird eine zugrunde liegende Datenbank erfordern, in der die Daten gespeichert und verwaltet werden. Durch die Verwendung eines formalen Datenmodells wird die Grundlage für eine robuste, skalierbare und leicht erweiterbare IT-Lösung geschaffen. Das Datenmodell ermöglicht zukünftig die automatisierte Erstellung von Auswertungen und Reports, die den bisherigen manuellen Aufwand reduzieren.

3. Beispielprojekt Zentrum am Berg

Das Projekt „Zentrum am Berg“ dient als konkretes Beispiel für die Anwendung des entwickelten UML Datenmodells. Die Daten aus diesem Projekt werden verwendet, um die Objektdiagramme zu instanziieren und das Datenmodell zu validieren. Dies zeigt die praktische Anwendbarkeit des Modells und ermöglicht eine detaillierte Überprüfung seiner Funktionalität und Vollständigkeit in einem realen Kontext. Die Verwendung eines konkreten Beispielprojekts unterstreicht die Praxistauglichkeit des entwickelten Ansatzes und dient der Demonstration der Datenmodellierung und der Datenintegration im Tunnelbau. Weitere Details zu den Daten aus dem Projekt „Zentrum am Berg“ und deren Integration in das Datenmodell können in späteren Kapiteln der Arbeit nachgelesen werden. Die konkreten Daten des Projekts ermöglichen es, die Funktionalität des entwickelten Datenmodells ausführlich zu testen und dessen Eignung für die Baudokumentation in der Praxis zu überprüfen.

III.Digitalisierung des Dokumentationsprozesses im Tunnelbau mit Fokus auf Vortriebsleistung und Leistungsverzeichnis

Der aktuelle Dokumentationsprozess im Tunnelbau ist weitgehend analog. Vorgefertigte Formulare werden händisch ausgefüllt, eingescannt und oft redundant erneut eingegeben. Die Arbeit beschreibt die Entwicklung eines digitalisierten Prozesses, der die Digitalisierung von Bautagesberichten, Zyklusdiagrammen, und anderen relevanten Dokumenten umfasst. Der Fokus liegt auf der Integration der Daten in ein Datenmodell (mittels UML), um die Vortriebsleistung und das Leistungsverzeichnis effizient zu verwalten und für Abrechnungszwecke zu nutzen. Die Berücksichtigung von Maschinendaten und Materialverbrauch wird ebenfalls behandelt. Die objektorientierte Modellierung bildet dabei die Grundlage.

1. Aktuelle Praxis der Dokumentation und ihre Ineffizienzen

Derzeit dominiert im Tunnelbau eine weitgehend analoge Dokumentation. Handschriftliche Eintragungen in vorgefertigten Formularen (z.B. MS Excel) werden gescannt und archiviert. Dieser Prozess ist ineffizient, da die Daten für weitere Verarbeitungen nicht direkt nutzbar sind. Eine erneute manuelle Dateneingabe ist notwendig, was zu Mehrfacharbeit, Zeitverlust und einem erhöhten Fehlerpotential führt. Die getrennte Dokumentation durch Bauaufsicht und ausführende Firma verschärft dieses Problem zusätzlich. Die Digitalisierung beschränkt sich auf das Scannen und die Ablage, ohne die Daten in einen verwertbaren digitalen Workflow zu integrieren. Die Baudokumentation bleibt somit bruchstückhaft und erschwert die Analyse, Auswertung und Verwendung der Daten für spätere Projekte. Die beschriebenen Ineffizienzen erhöhen den administrativen Aufwand und behindern die effiziente Projektabwicklung.

2. Fokus auf Vortriebsleistung und Leistungsverzeichnis

Die Digitalisierung des Dokumentationsprozesses konzentriert sich auf die Vortriebsleistung und das Leistungsverzeichnis. Eine detaillierte Dokumentation der Vortriebsleistung ist essentiell für die korrekte Vergütung und dient gleichzeitig der Beweissicherung. Die Daten werden aktuell oft in Papierform (Abschlagsblätter, Tagesdiagramme, Bautagesberichte) erfasst, was zu den bereits beschriebenen Ineffizienzen führt. Der angestrebte digitale Prozess zielt darauf ab, diese Daten direkt in einer Datenbank zu speichern und somit für Analysen und die automatisierte Erstellung von Abrechnungen nutzbar zu machen. Das Leistungsverzeichnis wird als zentrale Schnittstelle zur Abrechnung berücksichtigt. Die Digitalisierung soll die Zuordnung der Vortriebsleistung zu den entsprechenden Leistungspositionen im Leistungsverzeichnis automatisieren. Dies erfordert eine strukturierte und detaillierte Datenmodellierung, um alle relevanten Informationen zu erfassen und zu verknüpfen.

3. Potenziale der Digitalisierung und zukünftige Entwicklungen

Die Digitalisierung des Dokumentationsprozesses im Tunnelbau bietet ein enormes Potential zur Arbeitserleichterung und Fehlerminimierung. Durch die direkte Erfassung und Verarbeitung der Daten in einer Datenbank können Zeit und Ressourcen eingespart und die Genauigkeit der Daten erhöht werden. Die Integration von Zyklusdiagrammen (Tagesdiagrammen) in den digitalen Prozess wird als wichtiger Schritt gesehen, während die Integration von weniger strukturierten Bautagesberichten als zukünftige Herausforderung betrachtet wird. Die Möglichkeit der automatisierten Generierung von Tagesdiagrammen mithilfe von Sensordaten und die Berücksichtigung von Maschineneinsatzzeiten und Materialverbrauch zeigen weitere Entwicklungspotenziale. Die Arbeit unterstreicht die Bedeutung einer optimierten Datenintegration und die Notwendigkeit einheitlicher Standards für den Datenaustausch zwischen den Projektbeteiligten. Ein solches System ermöglicht es, den Mehrwert der Digitalisierung über alle Projektphasen hinweg zu maximieren, von der Ausschreibung bis zur Abrechnung.

IV.Implementierung und Ausblick Einheitliche Standards für die Digitalisierung im Tunnelbau

Die Implementierung des Datenmodells umfasst die Erstellung einer IT-Anwendung mit einer benutzerfreundlichen Oberfläche. Die Anwendung soll den Zeitaufwand und die Fehleranfälligkeit reduzieren. Ein wichtiger Aspekt ist die Schaffung schnittstellenübergreifender Prozesse, um Daten aus verschiedenen Projektphasen (Ausschreibung, Bauausführung, Abrechnung) zu integrieren. Die Arbeit plädiert für die Entwicklung einheitlicher Standards für den Datenaustausch zwischen Bauherrn und ausführenden Firmen. Dies ermöglicht eine optimierte Datenintegration und einen effizienteren Digitalisierungsprozess im Tunnelbau und maximiert den Mehrwert über alle Projektphasen hinweg. Die Zusammenführung der Daten mit Building Information Modeling (BIM) wird als zukünftige Entwicklungsmöglichkeit gesehen.

1. Benutzerfreundliche Oberfläche User Interface

Die Implementierung des Datenmodells beinhaltet die Entwicklung einer benutzerfreundlichen Oberfläche (User Interface). Diese Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine (bzw. Anwender und Software) soll die Dateneingabe und -abfrage vereinfachen und ein intuitives Arbeiten ermöglichen. Es ist wichtig, dass die Anwendung auch für Personen ohne tiefgehendes IT-technisches Wissen einfach zu bedienen ist. Der Fokus liegt auf einer klaren Struktur und einer minimalen Anforderung an IT-Vorwissen der Nutzer. Ein einfach zu bedienendes User Interface ist entscheidend für die Akzeptanz und den erfolgreichen Einsatz der Software auf Tunnelbaustellen. Die benutzerfreundliche Gestaltung trägt maßgeblich zum Erfolg der Digitalisierung des Dokumentationsprozesses bei.

2. Schnittstellenübergreifendes Denken und einheitliche Standards

Für eine optimale Digitalisierung des Tunnelbaus ist ein domänenübergreifendes Denken unerlässlich. Alle digitalen Daten, die bereits in der Ausschreibungsphase verfügbar sind, sollten der ausführenden Firma direkt zur Verfügung gestellt werden. Ähnlich sollten die von der Baufirma gesammelten Daten in digitaler Form an den AG übermittelt werden. Dies setzt die Einführung eines gemeinsamen Datenmodells oder einer gemeinsamen Datenstruktur voraus. Idealerweise sollte ein einheitlicher Standard entwickelt werden, um projektübergreifende Kompatibilität zu gewährleisten. Die Datenintegration über alle Projektphasen hinweg (Ausschreibung, Bauausführung, Abrechnung) maximiert den Mehrwert der Digitalisierung. Die Bereitschaft aller Projektbeteiligten, digital erfasste Daten auszutauschen, ist eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg dieses Ansatzes. Die Entwicklung einheitlicher Standards ist ein wichtiger Schritt für die zukünftige Entwicklung der Digitalisierung im Tunnelbau.

3. Potenziale und Ausblick für die zukünftige Entwicklung

Die digitale Dokumentation von Bauprozessen birgt großes Potential zur Arbeitserleichterung und Fehlerreduktion, was zu effizienterem Arbeiten im Baubüro führt. Erste Schritte zur Digitalisierung wurden bereits unternommen, doch es besteht weiterhin ein hohes Optimierungspotential und Entwicklungsbedarf. Die vorliegende Arbeit legt den Grundstein für weitere Arbeiten in diesem Bereich. Die Verknüpfung der Digitalisierung der Bauausführung mit den Daten aus vorhergehenden Phasen (z.B. Ausschreibung) ist essentiell für die Maximierung des Mehrwerts. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten und die Etablierung einheitlicher Datenstandards. Die sinnvolle Weiterverwendung der digital erfassten Daten im Bauablauf ist ein wichtiger Aspekt zukünftiger Forschungsarbeiten. Die Integration mit BIM (Building Information Modeling) wird als vielversprechende Entwicklungsmöglichkeit genannt.