Die Anerkennung und Feststellung von Grundstücksgrenzen - Ein Beitrag zur Entwicklung des Liegenschaftskatasters im Lande Nordrhein-Westfalen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Grundstücksgrenzen: Kataster NRW

Dokumentinformationen

Autor

Markus Rembold

instructor/editor Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr.sc.tech.h.c., Dr.agr.h.c. Erich Weiß
school/university Hohe Landwirtschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn
subject/major Geodäsie/Vermessungswesen (likely)
Dokumenttyp Inaugural-Dissertation
city_where_the_document_was_published München
Sprache German
Format | PDF
Größe 3.18 MB

Zusammenfassung

I.Grundlagen der Grenzfeststellung und Abmarkung in Nordrhein Westfalen

Dieses Kapitel untersucht die rechtlichen und vermessungstechnischen Grundlagen der Grenzfeststellung und Abmarkung in Nordrhein-Westfalen. Es beleuchtet die Rolle der Grenzanerkennung als verfahrensbestimmende Voraussetzung und analysiert die rechtliche Einordnung der Verfahren als öffentlich-rechtliche Verwaltungsverfahren. Besondere Aufmerksamkeit wird der Frage gewidmet, was genau von den Beteiligten anerkannt wird (Maßzahlen, Koordinaten, örtliche Abmarkung). Schließlich werden Problemfelder und Schwachstellen des bestehenden Verfahrens im Liegenschaftskataster aufgezeigt. Die Bedeutung des VermKatG NRW wird hierbei hervorgehoben.

1. Das nordrhein westfälische Grenzfeststellungs und Abmarkungsverfahren

Der Text beginnt mit der Beschreibung des nordrhein-westfälischen Grenzfeststellungs- und Abmarkungsverfahrens, das bestimmten Zwangsbedingungen unterliegt: Anerkennung, Beurkundung, Grenztermin und Abmarkung. Diese Bedingungen wurden bisher weitgehend beibehalten, nur in Ausnahmefällen geändert. Die Analyse zielt darauf ab, die rechtlichen und technischen Hintergründe für die Einführung dieser Zwangsbedingungen in das Vermessungsrecht zu klären und ihre Beibehaltung bis heute zu begründen. Ein Kernpunkt ist die Anerkennung des Ergebnisses der Grenzermittlung als verfahrensbestimmende Voraussetzung. Es wird untersucht, was genau anerkannt wird (Maßzahlen, Koordinaten, örtliche Abmarkung, Darstellung in der Skizze zur Grenzniederschrift) und ob eine solche Anerkennung überhaupt zwingend erforderlich ist. Abschließend werden die Problemfelder und Schwachstellen des Verfahrens bewertet. Die gesetzliche Grundlage des Verfahrens, das VermKatG NRW, wird implizit als Grundlage aller Ausführungen genannt.

2. Öffentliche Rechtliche Einordnung des Verfahrens Verwaltungsverfahren

Die Feststellung, Abmarkung und amtliche Bestätigung von Grundstücksgrenzen nach dem VermKatG NRW werden als öffentlich-rechtliche Verwaltungsverfahren eingeordnet. Die Begründung erfolgt mittels der Subjektstheorie (Ausführung der Rechtsakte ausschließlich durch Träger hoheitlicher Gewalt wie Katasterbehörden und öffentlich bestellte Vermessungsingenieure) und der Sachzusammenhangstheorie (untrennbarer Zusammenhang mit eindeutig öffentlich-rechtlichen Rechtssätzen). Die Abmarkung und amtliche Bestätigung werden als feststellende Verwaltungsakt angesehen. Aufgrund des Sachzusammenhangs „Keine Abmarkung ohne Feststellung“ (VermKatG NRW §§ 19, 20) wird auch die Feststellung von Grundstücksgrenzen als öffentlich-rechtlich qualifiziert, wobei das gleichzeitige Vorhandensein privatrechtlicher Vertragselemente nicht ausgeschlossen wird. Die klare Zuordnung der Verfahren als Verwaltungsverfahren nach dem VermKatG NRW ist ein zentraler Aspekt dieses Abschnitts.

3. Besonderheiten bei Landes und Bundesgrenzen

Der Abschnitt behandelt die Besonderheiten bei der Festlegung von Landes- und Bundesgrenzen. Landesgrenzen erfordern die Auswertung von Hoheitsgrenzkarten und -akten. Die Bundesgrenze ist gleichzeitig Flurstückgrenze, ihre Festlegung und Markierung ist alleinige Angelegenheit des Bundes. Verträge zur Festlegung und Änderung der Bundesgrenzen sind Staatsverträge des Bundes, basierend auf dessen Gesetzgebungskompetenz (Art. 32 Abs. 1 und Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG). Landesrechtliche Vorschriften zur Grundstücksgrenzfeststellung gelten hier nicht. Die örtliche Festlegung der Bundesgrenze erfolgt auf Basis von Katasternachweisen und Grenzbeschreibungen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten. Die Einordnung der Bundesgrenzen als Spezialfall außerhalb der sonst üblichen Verfahren nach dem VermKatG NRW wird betont.

4. Umgang mit Rechtsunwirksamen Grenzänderungen und Aufnahmefehlern

Der Umgang mit rechtsunwirksamen Grenzänderungen und Aufnahmefehlern wird erläutert. Ein Aufnahmefehler liegt vor, wenn der Katasternachweis aufgrund eines Irrtums vom rechtmäßigen Grenzverlauf abweicht (technischer oder materieller Fehler). Die Berichtigung eines Aufnahmefehlers setzt die Anerkennung der korrigierten Grenze durch die Beteiligten voraus, selbst wenn diese vom Katasternachweis abweicht. Das Grundbuchamt entscheidet über die Berichtigung des Bestandsverzeichnisses. Eine Ablehnung durch das Grundbuchamt führt zur Rückgängigmachung der Berichtigung im Liegenschaftskataster. Die korrigierte Grenze wird dadurch rechtmäßig, der Aufnahmefehler als behoben betrachtet. Die Verfahren zur Korrektur von Aufnahmefehlern und die Interaktion zwischen Katasterbehörde und Grundbuchamt werden im Detail beschrieben. Der Fokus liegt auf der rechtlichen Behandlung von Fehlern im Kataster.

II.Rechtsgeschichtliche Entwicklung der Grenzfeststellung

Die rechtsgeschichtliche Entwicklung der Grenzfeststellung in Nordrhein-Westfalen wird von den Anfängen bis zur Gegenwart nachgezeichnet. Dabei werden verschiedene Rechtsordnungen (Allgemeines Landrecht, Rheinländisches Recht, Code civil) und deren Auswirkungen auf die Grenzfeststellung untersucht. Die Rolle der Grenzanerkennung in historischen Verwaltungsverfahren und die Entwicklung der Vermessungsverfahren werden analysiert. Die Bedeutung von Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften (z.B. Anweisungen des Zentraldirektoriums der Vermessungen im Preußischen Staate) für die Praxis der Grenzfeststellung und Abmarkung wird detailliert beschrieben. Die Entwicklung des Liegenschaftskatasters und dessen Einfluss auf die Grenzfeststellung wird ebenfalls betrachtet.

1. Rechtsordnungen und deren Einfluss auf die Grenzfeststellung

Die Darstellung der rechtshistorischen Entwicklung beginnt mit einer Analyse verschiedener Rechtsordnungen und deren Einfluss auf die Grenzfeststellung. Das Allgemeine Landrecht (ALR), eingeführt 1794 in Teilen Westdeutschlands, und das Rheinische Recht, basierend auf dem Code Civil, werden im Detail untersucht. Der Text beschreibt die Geltungsbereiche beider Rechtsordnungen im heutigen Nordrhein-Westfalen und hebt deren Unterschiede hervor. Das ALR enthielt Vorschriften zur Grenzerneuerung (§§ 385-388 ALR I 17), die die Beteiligung von Grenznachbarn und die Protokollierung regelten. Die Bedeutung der Schriftform und die Möglichkeit der Heilung von Formmängeln durch nachträgliche Anerkennung werden diskutiert (§§ 155, 156 ALR I 5; § 185 ALR I 5). Der Code Civil behandelte zwar Grenzstreitigkeiten (Art. 646), enthielt aber keine detaillierten Regelungen zur Grenzfeststellung selbst. Die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen und ihre jeweiligen Verfahren zur Grenzfeststellung werden verglichen und kontrastiert.

2. Entwicklung der Verfahren und Vorschriften im 19. Jahrhundert

Der Abschnitt verfolgt die Entwicklung der Verfahren und Vorschriften im 19. Jahrhundert. Das preußische Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit von 1899 (Art. 31) regelte die Zuständigkeit von Amtsgerichten und Notaren für die Aufnahme von Urkunden, auch im Zusammenhang mit Abmarkungen. Die Bedeutung von öffentlichen Urkunden und die Rolle öffentlich angestellter Feldmesser werden diskutiert. Die Frage der Gesetzeskraft von Ergänzungsvorschriften und die unterschiedlichen Auffassungen von Moritz und Suckow bezüglich der Formerfordernisse für öffentliche Urkunden werden beleuchtet. Die Entwicklung hin zu schriftlichen Messungs- oder Grenzverhandlungen wird beschrieben, wobei zunächst keine allgemeine Verpflichtung dazu bestand, diese jedoch aus der Natur der Sache oder dem Feldmesserreglement von 1871 abgeleitet werden konnte. Die Anweisungen des Zentraldirektoriums der Vermessungen im Preußischen Staat und ihre Bedeutung für die Verbesserung der Vermessungstechnik werden erwähnt, mit Fokus auf Anweisung II von 1877 und 1896 und Anweisung VIII von 1881.

3. Das Katasterwesen und seine Rolle bei der Grenzfeststellung

Die Entwicklung des Katasterwesens und seine Bedeutung für die Grenzfeststellung werden analysiert. Der Text beschreibt frühe Versuche, Kataster auf Vermessungen aufzubauen, beginnend im 17. Jahrhundert. Die Klevesche Katasterreform von 1731 und die Unterschiede zwischen Steuer- und Eigentumsgrenzen werden thematisiert. Das rheinisch-westfälische Kataster und seine Einrichtung nach dem Tilsiter Frieden von 1807 werden behandelt, ebenso die ersten Beratungen der Oberpräsidenten 1817 zur Ausdehnung des Katasters. Die Godesberger Verhandlungen von 1817 und die Herausforderungen bei der fachlichen Verzahnung von Landesaufnahme und Katastervermessung werden erwähnt. Der Abschnitt beschreibt auch die Verfahren zur Flurgrenzenfestlegung und die Bedeutung von Grenzzeichen, wobei die konstitutive Wirkung dieser Grenzzeichen im Gegensatz zur fehlenden Unterschriftsanerkennung hervorgehoben wird. Die Zusammenhänge zwischen Katasterdaten, Grenzverläufen und der Rechtsgültigkeit der Grenzfestlegung werden herausgestellt. Wichtige Anweisungen und Verordnungen aus dieser Zeit werden im Kontext der Grenzfeststellung erläutert.

4. Entwicklungen im 20. Jahrhundert und danach

Die Entwicklungen im 20. Jahrhundert werden beschrieben, inklusive der Einführung des Reichskatasters und dessen Auswirkungen auf die Grenzfeststellung. Die reichseinheitlichen Regelungen für die Grenzverhandlung (Nr. 46 des Reichsfortführungserlasses von 1940) werden mit der Anweisung II von 1920 verglichen. Die Begriffe Zeichenfehler und Aufnahmefehler werden im Kontext der Widersprüche zwischen Katasterkarte und örtlichem Zustand erläutert. Die Beschleunigung der Umlegung durch das Gesetz von 1935 und die Reichsumlegungsordnung von 1937 werden in Bezug auf die Grenzfeststellung analysiert. Die Abmarkungsverordnung von 1982 und deren Novellierung, inklusive der Definition von „als festgestellt geltenden Grenzen“, werden diskutiert, sowie die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen von 1985 und deren Folgen. Schließlich wird die Novellierung des Vermessungs- und Katastergesetzes von 1990 erwähnt, die zu einer rechtlichen Stabilisierung des Verfahrens führte, jedoch ein Spannungsverhältnis zwischen Verwaltungsrecht und bürgerlichem Recht hervorhebt.

5. Besonderheiten im Fürstentum Lippe

Dieser Abschnitt beschreibt die Besonderheiten der Rechtsentwicklung im ehemaligen Fürstentum Lippe. Im Gegensatz zu den preußischen Gebieten galt dort Gemeines Recht, nicht kodifiziertes Recht römischen, kanonischen und longobardischen Ursprungs. Die römische Grenzscheidungsklage (actio finium regundorum) wurde übernommen. Das Gemeine Recht hatte subsidiäre Geltung. Die frühe Kodifizierung des Vermessungs- und Katasterrechts in Lippe wird erwähnt. Die Einrichtung einer Kommission zur Katasteraufstellung 1768 und die Verordnung von 1783 zur Einrichtung eines neuen Katasters werden erläutert. Die Verfahren zur Reallastenablösung (Verordnungen von 1838 und 1850) und deren Auswirkungen auf Grenzstreitigkeiten werden beschrieben. Die Rolle von Feldmessern und Oberförstern bei der Durchführung von Vermessungen wird hervorgehoben. Die Arbeiten von Moritz (1917) und Suckow (1932) werden im Kontext der lippischen Entwicklungen betrachtet, insbesondere Mortiz' Forderung nach einem Vermarkungsgesetz und Suckows Analyse der Möglichkeit von Geschäftsvereinfachungen.

III.Entwicklung der Rechtsprechung zur Grenzfeststellung

Dieser Abschnitt analysiert die Rechtsprechung zu Fragen der Grenzfeststellung, insbesondere die unterschiedlichen Interpretationen des Rechtscharakters von Grenzanerkennungen. Es wird der Unterschied zwischen einem Grenzfeststellungsvertrag und einem bloßen Anerkenntnis diskutiert. Die Bedeutung von Verwaltungsakten im Kontext der Grenzfeststellung wird beleuchtet und die Entwicklung der Rechtsprechung, unter anderem durch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) und Oberlandesgerichte (OLG), dargestellt. Die Auswirkungen der Rechtsprechung auf die Praxis der Grenzfeststellung und Abmarkung werden bewertet, insbesondere im Hinblick auf das VermKatG NRW.

1. Die Rechtsnatur der Grenzanerkennung Vertrag oder bloßer Verwaltungsakt

Ein zentrales Thema der Rechtsprechungsanalyse ist die Frage nach der rechtlichen Natur der Grenzanerkennung. Der Text diskutiert, ob es sich um einen Grenzfeststellungsvertrag handelt, der die Beteiligten verbindlich an den festgelegten Grenzverlauf bindet, oder ob die Anerkennung lediglich ein einseitiges Rechtsgeschäft (Anerkenntnis) darstellt, das gegenüber dem jeweiligen Nachbarn wirkt, aber nicht dinglich gegenüber jedermann. Die Rechtsprechung wird anhand von Beispielsfällen analysiert. Es wird differenziert zwischen unstreitigen und streitigen Grenzen und der Frage, ob ein Vertrag überhaupt notwendig ist, wenn die Grenze unstreitig ist. Ein Urteil des Ober-Tribunals (23.09.1875) wird zitiert, das die Grenzfeststellung als formlosen Vertrag, aber auch als Verfügung über Grundstückeigentum einstuft und die Schriftform fordert. Der Text hebt die Unsicherheit bezüglich der Rechtsnatur der Grenzanerkennung in der Rechtsprechung hervor, wobei die Bedeutung des Kontextes (z.B. Beilegung von Streitigkeiten) eine Rolle spielt.

2. Bedeutung des Grenzfeststellungs Vertrages und der Geschäftsgrundlage

Die Bedeutung des Grenzfeststellungsvertrags im Kontext der Rechtsprechung wird anhand von Urteilen des Bundesgerichtshofs (BGH) verdeutlicht. Ein BGH-Urteil (09.02.1979, V ZR 120/77) veranschaulicht die Problematik fehlerhafter Grenzfeststellungen und die Frage der Bindungswirkung. Der BGH vermeidet eine eindeutige rechtliche Einordnung des Grenzfeststellungsvertrags, betont aber den möglichen Wegfall der Geschäftsgrundlage als Grund für die Nichtbindung an den Vertrag. Ein anderer Fall verdeutlicht, dass selbst bei formellen Mängeln in der Niederschrift über die Grenzverhandlung die Wirksamkeit des Anerkenntnisses bestehen bleiben kann, da dieses nicht ausschließlich von der Gültigkeit der öffentlichen Urkunde abhängt. Der Text zeigt, dass die Rechtsprechung die Geschäftsgrundlage als entscheidendes Kriterium für die Gültigkeit und Bindungswirkung von Grenzfeststellungsvereinbarungen anerkennt. Die Folgen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage für die Bindung der Beteiligten werden ausführlich beschrieben.

3. OLG Urteile und die Auslegung des Anerkenntnisses

Der Abschnitt beschreibt die Rolle von Oberlandesgerichten (OLG) in der Rechtsprechung zur Grenzfeststellung. Ein Urteil des OLG Brandenburg (15.12.2004, 4 U 207/00) unterscheidet zwischen einem Grenzfeststellungsvertrag und einem bloßen Anerkenntnis der Grenze. Ein Anerkenntnis gegenüber dem Grenznachbarn setzt nach Ansicht des Gerichts die Beilegung eines Streits voraus. Nur dann kann das Anerkenntnis als gegen den Nachbarn wirksam angesehen werden. Wird die Grenze lediglich im Zuge einer Teilungsvermessung festgestellt, kommt dem Anerkenntnis kein über den Vermessungsvorgang hinausgehender Erklärungswert zu. Auch die Möglichkeit des Rücktritts von einem Grenzfeststellungsvertrag wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 3 Satz 1 BGB) wird erläutert. Diese Urteile betonen die Bedeutung der konkreten Umstände und der Absicht der Beteiligten bei der Beurteilung der Rechtswirkung einer Grenzanerkennung.

4. Die Sichtweisen von Moritz 1917 und Dessin

Die Fachliteratur wird mit der Betrachtung der Ansichten von Moritz (1917) und Dessin einbezogen. Moritz differenziert zwischen Grenzanerkennung als Rechtsgeschäft und Grenzvermarkung als technischem Vorgang. Er unterscheidet zwischen streitigen und unstreitigen Grenzen und argumentiert, dass bei unstreitigen Grenzen kein Anerkennungsvertrag nötig ist. Dessin betont dagegen den öffentlich-rechtlichen Aspekt der Grenzverhandlung im Kontext der Grundsteuergesetzgebung. Für Dessin hat die Grenzverhandlung nicht den Charakter eines privaten Vertrags, sondern den einer Niederschrift über die tatsächlichen Vorgänge. Dessin argumentiert gegen die Konstruktion eines durch den Landmesser zu beurkundenden Grenzanerkennungsvertrages und hebt die Probleme bei der Legitimation der Beteiligten und der Bestimmung des Zeitpunkts des Vertragsabschlusses hervor. Die unterschiedlichen Ansichten verdeutlichen die Komplexität der rechtlichen Einordnung von Grenzanerkennungen.

IV.Untersuchung der Fachliteratur zur Grenzfeststellung

Die Fachliteratur zum Thema Grenzfeststellung wird kritisch gewürdigt. Die unterschiedlichen Auffassungen zur rechtlichen Natur der Grenzanerkennung (Vertrag, Geständnis etc.) werden gegenübergestellt. Die Bedeutung der Abmarkung und deren Beweiskraft werden diskutiert. Schließlich werden verschiedene Ansätze zur Optimierung des Verfahrens zur Grenzfeststellung und Abmarkung im Kontext des Liegenschaftskatasters dargestellt, unter Berücksichtigung der rechtlichen und vermessungstechnischen Aspekte, sowie unter Einbezug relevanter Autoren wie Moritz und Suckow.

1. Moritz 1917 und die rechtliche Natur der Grenzanerkennung

Die Untersuchung der Fachliteratur beginnt mit der Analyse der Arbeit von Moritz (1917). Moritz analysiert die Ergänzungsvorschriften von 1913 und differenziert zwischen Grenzanerkennung als Rechtsgeschäft und Grenzvermarkung als rein technischen Akt. Er argumentiert, dass die Grenzanerkennung nur bei streitigen oder zweifelhaften Grenzen als Rechtsgeschäft (formloser Grenzfeststellungsvertrag) zu betrachten ist, während bei unstreitigen Grenzen lediglich eine technische Vermarkung stattfindet. Ein unstreitiger und unzweifelhafter Grenzverlauf bedarf laut Moritz keiner vertraglichen Anerkennung, da kein Rechtsverhältnis begründet, geändert oder aufgehoben wird. Die Zustimmung zur Grenzvermarkung bei streitigen Grenzen stellt nach Moritz den Abschluss eines Anerkennungsvertrags dar. Moritz' differenzierte Betrachtung der Grenzanerkennung im Hinblick auf den Rechtscharakter und den Verfahrenskontext ist ein wichtiger Beitrag der Fachliteratur.

2. Suckow 1932 und die Frage nach Vereinfachungen

Suckows Aufsatz von 1932 wird im Kontext der Diskussion um mögliche Vereinfachungen von Grenzanerkennungen und Grenzverhandlungen behandelt. Suckow hinterfragt, ob angesichts der damaligen Finanznot Vereinfachungen im Verfahren möglich sind. Der Text beschreibt die Anfrage des preußischen Finanzministers beim Justizministerium zur Beibehaltung des bisherigen Verfahrens (Anweisung II von 1920, Anweisung VIII von 1881 und Ergänzungsbestimmungen von 1931). Die positive Stellungnahme der Oberlandesgerichte zur Beibehaltung des Verfahrens wegen der Rechtssicherheit wird hervorgehoben. Suckows Aufsatz zeigt den Konflikt zwischen dem Wunsch nach Vereinfachungen und dem Erfordernis von Rechtssicherheit auf. Der Text stellt Suckows Position als einen wichtigen Impuls zur Reflexion über die Effizienz und Notwendigkeit der bestehenden Verfahren dar.

3. Dessin und die öffentlich rechtliche Perspektive

Dessin plädiert für eine öffentlich-rechtliche Beurteilung der Grenzverhandlung im Kontext der Grundsteuergesetzgebung, anstatt einer rein privatrechtlichen Betrachtung. Er kritisiert die Konstruktion eines durch den Landmesser zu beurkundenden Grenzanerkennungsvertrags, da dieser nur obligatorisch und nicht dinglich gegenüber Jedermann wirkt. Dessin veranschaulicht an Beispielen (Mühlenmeister Meier, Schmiedemeister Thomas, Bäckermeister Neumann), wie schwierig der Nachweis der Legitimation der Beteiligten und die Bestimmung des Zeitpunkts des Vertragsabschlusses sind. Er argumentiert, dass mögliche Anfechtungsgründe (Irrtum, Täuschung, Zwang) unabhängig von der Form der Verhandlung sind. Seine Schlussfolgerung ist, die Grenzverhandlung nicht als privaten Vertrag, sondern als Niederschrift des Terminleiters über den Ablauf des Vermessungstermins zu sehen. Dessin bietet damit einen alternativen, öffentlich-rechtlichen Blickwinkel auf die rechtliche Einordnung des Verfahrens.