Wissenschaftliche Kenntnisse zum Treibstoffschnellablass: Datenauswertung und numerische Berechnungen

Treibstoffschnellablass: Umweltanalyse

Dokumentinformationen

Autor

Uwe Hiester

Schule

reconsite GmbH und Joswig Ingenieure GmbH

Fach

Umweltwissenschaften, Ingenieurwissenschaften

Dokumenttyp Abschlussbericht
Ort Dessau-Roßlau
Sprache German
Format | PDF
Größe 8.31 MB

Zusammenfassung

I.Auswirkungen des Treibstoffschnellablasses TSA auf Mensch und Umwelt

Diese Studie untersucht die Auswirkungen von Treibstoffschnellablass (TSA) auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit. Im Fokus steht dabei der Einfluss von Kerosin, welches in Form eines feinen Nebels in großer Höhe aus Flugzeugen abgelassen wird. Modellberechnungen zeigen, dass bei einer Bodentemperatur von 20°C ca. 4% des Präzipitats (verbleibende Kerosinmischung) mit einer maximalen Konzentration von 0,006 g/m² den Boden erreichen, während bei -10°C etwa 59% mit 0,16 g/m² ankommen. Die Studie analysiert die relevanten Prozesse wie Verdunstung und Dispersion in der Atmosphäre und deren Einfluss auf die Bodenkonzentration.

1. Verdunstung und Deposition von Kerosin

Der Treibstoffschnellablass (TSA) verteilt Kerosin in großer Höhe als feinen Nebel. Während des Absinkens zur Erdoberfläche finden komplexe Verdunstungs- und Verlagerungsprozesse statt. Die Verdunstung verändert die chemische Zusammensetzung der Tröpfchen; das verbleibende Gemisch wird als Präzipitat bezeichnet. Modellrechnungen unter ungünstigsten Annahmen zeigen, dass bei 20°C Bodentemperatur etwa 4% des Präzipitats mit maximal 0,006 g/m² die Erdoberfläche erreichen. Bei -10°C sind es hingegen 59% mit einer maximalen Konzentration von ca. 0,16 g/m². Diese Ergebnisse unterstreichen die Abhängigkeit der Bodenkonzentration von der Lufttemperatur. Die Modellierung berücksichtigt die komplexen Prozesse nach dem TSA, die sowohl die Verdunstungsrate als auch die Verteilung des Präzipitats in der Atmosphäre beeinflussen. Die Studie untersucht verschiedene Szenarien, um die Bandbreite möglicher Auswirkungen zu erfassen. Die berechneten Werte stellen Maximalwerte dar, die nur unter sehr ungünstigen Bedingungen erreicht werden. Die Ergebnisse liefern wichtige Daten zur Abschätzung des Umwelt- und Gesundheitsrisikos durch Kerosin-Deposition.

2. Einflussfaktoren auf die Bodenkonzentration

Mehrere Faktoren beeinflussen die Konzentration des am Boden ankommenden Präzipitats. Ein wichtiger Faktor ist die Lufttemperatur am Boden; niedrigere Temperaturen führen zu einer höheren Bodenkonzentration. Die Ablasshöhe spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle: höhere Ablasshöhen begünstigen eine stärkere Verdunstung und Dispersion, was zu einer geringeren Bodenkonzentration führt. Die verwendete Ablassrate und die Fluggeschwindigkeit des Flugzeugs beeinflussen die initiale Verteilung des Kerosinnebels. Windgeschwindigkeit und -richtung wirken sich auf die Advektion und Dispersion des Präzipitats aus, wodurch die Konzentration und die räumliche Verteilung beeinflusst werden. Die Studie legt besonderes Gewicht auf die Berücksichtigung ungünstiger Bedingungen (worst-case-Szenarien), um eine obere Schranke für die möglichen Auswirkungen abzuschätzen. Die Modellierung umfasst einen detaillierten Ansatz für die Beschreibung der Tröpfchenbewegung und die Dispersion in der Atmosphäre. Diese detaillierte Betrachtung der Einflussfaktoren ermöglicht eine realistischere Abschätzung der Bodenkonzentration.

3. Bewertung der human und ökotoxischen Risiken

Die Studie bewertet die potentiellen Risiken für Mensch und Umwelt durch die Kerosin-Deposition. Es wird hervorgehoben, dass eine umfassende Bewertung der Belastung der bodennahen Luft aufgrund des derzeitigen Wissensstands nicht uneingeschränkt möglich ist. Die Modellierung liefert Daten zur maximalen Bodenkonzentration, die aber nur einen Teil der Gesamtbelastung repräsentiert. Die leichtflüchtigen Bestandteile des Kerosins verdunsten größtenteils in der Atmosphäre, während schwerflüchtige Komponenten im Präzipitat angereichert werden. Die Bewertung berücksichtigt die Wassergefährdung der Kerosinkomponenten gemäß EU-GHS-Verordnung und Oberflächengewässerverordnung (OGewV), wobei die Aromaten als kritisch eingestuft werden. Der mögliche Eintrag des Präzipitats in den Boden und der mikrobielle Abbau werden ebenfalls diskutiert. Die Studie verweist auf die begrenzte Anwendbarkeit von Immissionsgrenzwerten und betont die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen zur vollständigen Risikobewertung. Die Ergebnisse zeigen, dass eine signifikante Bodenkontamination unwahrscheinlich ist, aber weitere Forschung ist notwendig, um die Unsicherheiten zu reduzieren.

II.Kerosin Zusammensetzung und Gefährdungspotenzial

Kerosin ist ein komplexes Gemisch aus verschiedenen Kohlenwasserstoffen (Alkane, Cycloalkane, Aromaten, Alkene) und Additiven. Die Zusammensetzung variiert je nach Rohöl und Raffinationsprozess. Die Studie bewertet das Gefährdungspotenzial einzelner Bestandteile, insbesondere die Wassergefährdung und deren Auswirkungen auf Ökosysteme. Besonders kritisch sind leichtflüchtige Komponenten, während längerkettige Kohlenwasserstoffe eine geringere Mobilität und Toxizität aufweisen. Die humantoxische Bewertung konzentriert sich auf Stoffe wie Benzol, das als krebserregend eingestuft wird.

1. Kerosinzusammensetzung und eigenschaften

Kerosin ist ein komplexes Gemisch aus mehreren hundert Einzelsubstanzen, hauptsächlich kurz- und mittelkettigen Kohlenwasserstoffen (Alkane, Cycloalkane, Aromaten, Alkene). Seine genaue Zusammensetzung variiert abhängig vom Rohöl und dem Raffinationsprozess. Neben den Kohlenwasserstoffen enthält Kerosin Additive wie Frostschutz-, Korrosionsschutz- und Antistatikmittel. Diese verschiedenen Bestandteile haben stark unterschiedliche Eigenschaften, wie Siedepunkt und Flüchtigkeit, die für die Bewertung der Umwelt- und Gesundheitsrisiken entscheidend sind. Die Kettenlängen der Kohlenwasserstoffe liegen typischerweise im Bereich von C9 bis C17, wobei Stoffdatenblätter für Jet A-1 einen Bereich von C9 bis C16 angeben. Die Raffination von Rohöl kann verschiedene Crackverfahren (Visbreaken, Hydrocracking) umfassen, die die Zusammensetzung des Endprodukts beeinflussen. Die detaillierte Kenntnis der Kerosinzusammensetzung ist unerlässlich für eine genaue Abschätzung der potentiellen Auswirkungen des Treibstoffschnellablasses.

2. Gefährdungspotential der Kerosinkomponenten

Die einzelnen Komponenten des Kerosins weisen unterschiedliche Gefährdungspotentiale auf. Die Studie hebt die Bedeutung der Flüchtigkeit hervor: leichtflüchtige, kurzkettige Kohlenwasserstoffe sind aufgrund ihrer höheren Mobilität im Boden und Grundwasser oft kritischer als längerkettige. Aromaten, insbesondere Benzol, sind besonders problematisch. Benzol ist blutschädigend und krebserregend und kann zu schweren Vergiftungen führen (Kategorie 4, akute Toxizität). Die Wasserlöslichkeit und -gefährdung der Kerosinkomponenten werden gemäß EU-GHS-Verordnung (2008) und Wassergefährdungsklassen (1-3) bewertet. Längerkettige Alkane und Cycloalkane (>C11) zeigen im Allgemeinen eine geringere Wassergefährdung. Die Aromaten stellen hingegen ein höheres akutes und chronisches Gefährdungspotential für Gewässer dar. Die selektive Verdunstung beim Treibstoffschnellablass führt zu einer Entmischung, wobei leichtflüchtige Komponenten in der Atmosphäre verbleiben und schwerflüchtige im Präzipitat angereichert werden. Daher konzentriert sich die Risikobewertung auf die im Präzipitat verbleibenden, schwerflüchtigen Einzelstoffe.

3. Abbauprozesse und weitere Faktoren

Die Studie diskutiert die Rolle von Abbauprozessen für die Bewertung des Gefährdungspotentials. Mikrobiologische Abbauprozesse im Boden können dazu beitragen, dass eingetragene Schadstoffe abgebaut und unschädlich gemacht werden. Dieser Abbau ist jedoch zeitlich verzögert und hängt von verschiedenen Faktoren wie Bodentyp (z.B. schluffige und tonige Böden behindern die Versickerung) und der Verfügbarkeit von Sauerstoff ab. Die Oxidation von Alkanen zu Fettsäuren und der Abbau von Aromatenringen nach Oxidation zu Phenolen werden als Beispiele genannt. Cycloalkane werden im Vergleich zu n-Alkanen von weniger Mikroorganismen abgebaut. Die Studie betont die Bedeutung der Berücksichtigung dieser Abbauprozesse in der Risikobewertung, da sie die tatsächliche Belastung durch Kerosin reduzieren können. Zusätzlich werden photochemische Reaktionen in der Atmosphäre als weitere relevante Prozesse erwähnt, die zur Umwandlung von Kerosin in Wasser und Kohlendioxid beitragen und so die Bodenkonzentration reduzieren können. Die Berücksichtigung dieser Faktoren ist wichtig für eine realistische Einschätzung der langfristigen Auswirkungen eines Treibstoffschnellablasses.

III.TSA Verfahren und Sicherheitsaspekte

Der Treibstoffschnellablass (TSA) ist ein Notfallmanöver, um das Gewicht von Flugzeugen vor einer Notlandung zu reduzieren und das maximale Landegewicht (MDLW) einzuhalten. Die Entscheidung über einen TSA trifft der Flugkapitän in Absprache mit der Flugsicherung (DFS). Alternativen zum TSA, wie z.B. das Ausfliegen des Treibstoffs, werden ebenfalls betrachtet. Die Anzahl der TSA-Ereignisse in Deutschland lag zwischen 2002 und 2017 zwischen 13 und 47 pro Jahr, wobei in den Jahren 2013-2017 durchschnittlich 20 TSA mit einer durchschnittlichen Treibstoffmenge von 27 Tonnen pro Ereignis durchgeführt wurden. Die deutsche Flugsicherung (DFS) und das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung und Überwachung von TSA.

1. Treibstoffschnellablass TSA als Notfallmanöver

Der Treibstoffschnellablass (TSA) dient als Notfallmanöver, um die sichere Kontrolle und Landung von Flugzeugen zu gewährleisten. Insbesondere bei Langstreckenflugzeugen ist das maximale Landegewicht (MDLW) deutlich geringer als das maximale Startgewicht (MTOW), da ein Großteil des Kerosins während des Fluges verbraucht wird. Durch das Ablassen von Kerosin wird das Gewicht des Flugzeugs vor einer Not- oder Sicherheitslandung auf oder unter das zulässige MDLW reduziert. Die Entscheidung für einen TSA liegt beim Luftfahrzeugkommandanten und wird in Absprache mit der Deutschen Flugsicherung (DFS) getroffen. Die DFS weist ein bestimmtes Gebiet und eine Höhe für den TSA zu, um den übrigen Luftverkehr so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Die Entscheidung der DFS berücksichtigt zahlreiche Parameter wie Wetterbedingungen, Landebahnlänge möglicher Ausweichflughäfen und Anflugverfahren. Die Menge des abzulassenden Treibstoffs wird ebenfalls vom Luftfahrzeugkommandanten festgelegt und orientiert sich an den Vorgaben des Flugzeugherstellers (non-normal procedure).

2. Alternativen zum TSA und Sicherheitsaspekte

Alternativen zum TSA sind das Verfliegen des Treibstoffs mit maximaler Triebwerksleistung oder eine Landung mit Übergewicht. Jedes Verfahren hat Vor- und Nachteile und eignet sich besser für verschiedene Notfallsituationen. Der Luftfahrzeugkommandant entscheidet sich für das Verfahren, das er in der jeweiligen Situation als sicherst einstuft. Zwischen 2002 und 2017 registrierte die deutsche Flugsicherung zwischen 2,6 und 3,2 Millionen Flugbewegungen pro Jahr, wobei die Anzahl der Treibstoffschnellablässe zwischen 13 und 47 Ereignissen jährlich lag. In den Jahren 2013-2017 wurden durchschnittlich 20 TSA mit einer durchschnittlichen abgelassenen Kerosinmenge von 27 Tonnen durchgeführt. Die Sicherheitsauswertung der TSA-Ereignisse erfolgt durch die DFS und das Luftfahrtbundesamt (LBA). Deutsche Fluggesellschaften sind verpflichtet, TSA-Ereignisse innerhalb von 72 Stunden dem LBA zu melden. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) erhält halbjährlich eine Liste der TSA-Ereignisse von der DFS. Die Studie empfiehlt verbesserte und schnellere Informationsflüsse an die Öffentlichkeit nach einem TSA.

3. Räumliche und zeitliche Verteilung von TSA Ereignissen

Um eine räumliche Häufung von TSA-Ereignissen zu vermeiden, wird die Zuweisung von abwechselnden Lufträumen empfohlen. Obwohl die Überlagerung exakt gleicher Routen bei aufeinanderfolgenden TSA unwahrscheinlich ist, könnten sich aufgrund flugbetrieblicher Randbedingungen Gebiete mit mittel- bis langfristig erhöhter TSA-Häufigkeit ergeben. Besonders betroffen könnten Gebiete mit geringer Bevölkerungsdichte in der Nähe mehrerer Flughäfen sein. Seit 2018 veröffentlicht das Luftfahrtbundesamt (LBA) Treibstoffschnellablässe im deutschen Luftraum auf seiner Homepage. Die Dokumentation umfasst Datum, Gebiet, Flughöhe, abgelassene Treibstoffmenge, Gründe für den TSA und die Art des Luftfahrzeugs (zivil/militär). Die empfohlene Verbesserung der Dokumentation beinhaltet die Aufnahme eindeutiger Identifikationsnummern für jedes Ereignis. Die Studie schlägt vor, Datenlücken durch ein Messprogramm zu schließen, um die human- und ökotoxische Bewertung zu optimieren. Dies schließt die Planung von Messverfahren, -intervallen und -orten sowie die Abstimmung mit allen Beteiligten ein, inklusive der Nutzung von Daten Dritter.

IV.Modellierung und Ergebnisse

Die Studie verwendet ein Matlab-Modell, um das Verhalten von Kerosin in der Atmosphäre nach einem TSA zu simulieren. Die Modellberechnung berücksichtigt Faktoren wie Lufttemperatur, Ablasshöhe und Windgeschwindigkeit. Die Ergebnisse zeigen eine große Bandbreite an möglichen Bodenkonzentrationen, abhängig von den atmosphärischen Bedingungen. Die Studie betont, dass die verwendeten Eingangsparameter (worst-case-Ansatz) eher konservative Werte darstellen und unter realen Bedingungen geringere Präzipitat-Konzentrationen zu erwarten sind. Eine signifikante Verdunstung des Kerosins in der Atmosphäre wird ebenfalls berücksichtigt.

1. Matlab Modell zur Simulation des Treibstoffverhaltens

Die Studie nutzt ein eigens entwickeltes Matlab-Modell, um das Verhalten des Kerosins nach einem Treibstoffschnellablass (TSA) numerisch zu simulieren. Das Modell besteht aus einem Tröpfchenmodell und einem Dispersionsmodell und bildet die wichtigsten Prozesse – Verdunstung, freier Fall und Dispersion – ab. Die Lufttemperatur an der Erdoberfläche wird als maßgeblicher Einflussfaktor identifiziert, weshalb vier temperaturabhängige Szenarien (inkl. Sommer- und Winterszenario als Extremfälle) definiert werden. Pro Szenario wird eine Ablassmenge von 20 Tonnen Kerosin angenommen. Die abgelassene Treibstoffmenge beeinflusst zwar die Länge des Nachlaufs und damit die betroffene Fläche am Boden, hat aber keinen Einfluss auf die Konzentration des Präzipitats am Boden oder den prozentualen Anteil der Verdunstung (unter der Annahme einer geraden Flugstrecke ohne Schleifen). Die Ergebnisse zeigen eine große Spannbreite möglicher Bodenkonzentrationen, abhängig von den atmosphärischen Bedingungen. Die Modellierung erlaubt es, das Treibstoffverhalten nach einem TSA nachzuvollziehen und die Ergebnisse aus der Literatur zu plausibilisieren.

2. Ergebnisse der Modellrechnungen Bodenkonzentration und Einflussfaktoren

Die Modellrechnungen zeigen, dass die Bodenkonzentration des Präzipitats stark von der Lufttemperatur abhängt. Bei einer Bodentemperatur von 20°C erreichen ca. 4% des Präzipitats den Boden (max. 0,006 g/m²), während bei -10°C ca. 59% ankommen (max. 0,16 g/m²). Die Studie verwendet einen konservativen (worst-case) Ansatz, bei dem unter anderem eine geringe Ablasshöhe von 5000 ft (ca. 1524 m), eine niedrige Fluggeschwindigkeit (450 km/h), eine maximale Ablassrate (2,6 t/min) und Windstille (0,5 m/s) angenommen werden. Eine Variation der Eingangsparameter würde wahrscheinlich zu geringeren Bodenkonzentrationen führen. Die Auswertung realer TSA-Ereignisse zeigt, dass etwa 75% der Abwürfe in Höhen über 13.000 ft stattfinden, was zu deutlich geringeren Bodenkonzentrationen führt. Das Modell berücksichtigt die Verbreiterung der Präzipitatwolke während des Falls durch Dispersion. Die berechnete Verbreiterung beträgt bis zum Erreichen des Bodens ca. 2 km. Der weitaus größte Teil des Kerosinnebels verdunstet jedoch in höheren Luftschichten bevor er den Boden erreicht.

3. Detaillierte Ergebnisse und Modellkomponenten

Das Tröpfchenmodell simuliert den Weg eines einzelnen Kerosintröpfchens durch die Atmosphäre. Dabei wird die Veränderung der chemischen Zusammensetzung durch Verdunstung der leichtflüchtigen Bestandteile berücksichtigt. Das am Boden ankommende Gemisch wird als Präzipitat bezeichnet. Der Dispersions-Modellpart beschreibt die Entwicklung der Konzentrationsverteilung während des Falls der Tröpfchen und beeinflusst die Größe der Kontaminationsfläche und die Maximalkonzentration am Boden. Der Advektions-Modellpart simuliert die Ablenkung der Tröpfchenbahn durch Wind und beeinflusst nur den Ort der Deposition. Die Modellberechnung zeigt, dass verhältnismäßig leichtflüchtige Kohlenwasserstoffe (KW) mit Kettenlängen von bis zu 10 Kohlenstoffatomen die Erdoberfläche nicht erreichen. Stoffe in der Gasphase werden in der Modellierung nicht berücksichtigt, sind aber in der Auflistung relevanter Bezugsgrößen enthalten. Diese detaillierten Ergebnisse des Tröpfchenmodells bilden die Grundlage für die umfassende Risikobewertung der Auswirkungen von TSA auf Mensch und Umwelt.

V.Bewertung und Empfehlungen

Die Bewertung der potenziellen Risiken für Mensch und Umwelt durch TSA ist komplex. Die Studie analysiert die Daten unter Berücksichtigung von Immissionsgrenzwerten und relevanten Richtlinien. Es wird festgestellt, dass eine umfassende Bewertung aufgrund von Datenlücken schwierig ist. Die Studie empfiehlt Verbesserungen in der Informationspolitik gegenüber der Öffentlichkeit nach einem TSA und die Zuweisung von abwechselnden Lufträumen, um eine räumliche Häufung von TSA-Ereignissen zu vermeiden, um die Umweltbelastung zu minimieren und potenzielle Gesundheitsrisiken zu reduzieren. Die CO2-Emissionen werden indirekt durch den Zusammenhang mit leichterem Flugzeugbau und reduziertem Kerosinverbrauch angesprochen.

1. Bewertung der potentiellen Belastungen

Eine umfassende und zielgerichtete Bewertung der potentiellen Belastungen durch das beim Treibstoffschnellablass (TSA) entstehende Präzipitat in der bodennahen Luft ist mit dem derzeitigen Wissensstand nicht vollständig möglich. Als einziges grundsätzlich anwendbares Bewertungskriterium wird der Immissions-Jahreswert gemäß 39. BImSchV herangezogen, der jedoch nur für Benzol vorliegt. Die Modellberechnungen zeigen, dass aufgrund der Verdunstung leichtflüchtiger Bestandteile die Konzentration von Benzol im Präzipitat gering ist. Für eine Abschätzung der Bodenbelastung wird eine Trockendichte von 1,7 t/m³ angenommen, was einer Trockenmasse von ca. 170 kg/m² entspricht. Die Bewertung basiert auf der Annahme, dass das gesamte Präzipitat in der Bodenprobe verbleibt und kein Abbau stattfindet. Die Daten beziehen sich auf die direkte Flugachse, wobei die Belastung mit zunehmendem Abstand abnimmt. Ein Vergleich mit dem Zuordnungswert Z0 gemäß LAGA für Kohlenwasserstoffe (C10-C22) zeigt, dass keine Gefährdung des Oberbodens vorliegt. Die feine Verteilung des Präzipitats und Ablagerungen auf versiegelten Flächen oder Pflanzen begünstigen die Verdunstung und reduzieren den Eintrag in den Boden. Mikrobielle Abbauprozesse tragen ebenfalls zur Verminderung der Belastung bei.

2. Wassergefährdung und Bewertungskriterien

Die Wassergefährdung der Kerosinkomponenten wird anhand der EU-GHS-Verordnung (2008) und Wassergefährdungsklassen (1-3) bewertet. Bei längerkettigen Kohlenwasserstoffen (>C10) zeigen vor allem Aromaten ein akutes oder chronisches Gefährdungspotential für Gewässer. Für Alkane und Cycloalkane (>C11) finden sich keine Einstufungen als wassergefährdend. Für Oberflächengewässer werden in der Oberflächengewässerverordnung (OGewV) Umweltqualitätsnormen (JD-UQN und ZHK-UQN) angegeben. Da TSA singuläre Ereignisse sind, sind die JD-UQN weniger geeignet, während die ZHK-UQN als Referenzwert herangezogen werden können, unter Berücksichtigung von biologischem Abbau und Verdünnungseffekten. Prozesse im Untergrund (Sorption, Lösung, mikrobieller Abbau) verzögern und reduzieren den Eintrag von Schadstoffen ins Grundwasser. Bei schluffigen und tonigen Böden ist eine Versickerung des Präzipitats unwahrscheinlich. Die Modellierungen zeigen, dass kurzkettige, leichtflüchtige Alkane, Cycloalkane und Aromaten (C≤10) im Präzipitat nicht mehr enthalten sind und somit für die Bewertung der Auswirkungen auf Ökosysteme die schwerflüchtigen Einzelstoffe relevant sind.

3. Empfehlungen zur Verbesserung der Situation

Die Studie empfiehlt Verbesserungen bei der Informationspolitik gegenüber der Öffentlichkeit nach einem TSA, um Bedenken zu zerstreuen und die Transparenz zu erhöhen. Es wird empfohlen, kurzfristige Informationen über ein öffentlich zugängliches Informationsportal innerhalb weniger Stunden nach einem Ereignis bereitzustellen. Zur Vermeidung räumlicher Häufung von TSA-Ereignissen wird die Zuweisung von abwechselnden Lufträumen empfohlen, insbesondere in Gebieten mit geringer Bevölkerungsdichte in der Nähe mehrerer Flughäfen. Da mit den vorliegenden Daten eine signifikante human- und ökotoxische Belastung durch das an der Erdoberfläche ankommende Präzipitat ausgeschlossen werden kann, wird die Konzeption eines technisch machbaren und finanziell vertretbaren Messprogramms als nächster Schritt vorgeschlagen. Ein solches Messprogramm sollte die bisher bestehenden Datenlücken schließen und die Ausarbeitung möglicher Messverfahren, Messintervalle und Messorte sowie die Abstimmung mit allen Beteiligten umfassen. Die mögliche Nutzung von Daten Dritter sollte ebenfalls berücksichtigt werden.