
Klimarisiken im Unternehmen: Bericht
Dokumentinformationen
Autor | Thomas Loew |
instructor/editor | Kirsten Sander |
school/university | Frankfurt School of Finance & Management gGmbH |
subject/major | Wirtschaftswissenschaften, Nachhaltigkeitsmanagement, Klimaökonomie |
Dokumenttyp | Teilbericht (Partial Report) |
city_where_the_document_was_published | Dessau-Roßlau |
Sprache | German |
Format | |
Größe | 7.55 MB |
Zusammenfassung
I.Auswirkungen des Klimawandels auf Finanzmärkte und Unternehmen
Der Bericht untersucht die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels auf die Finanzmärkte und die damit verbundenen Risiken für Unternehmen. Es wird deutlich, dass sowohl physische Klimarisiken (z.B. Extremwetterereignisse, Dürren, Meeresspiegelanstieg) als auch transitierende Klimarisiken (z.B. verschärfte Klimaschutzpolitik, CO2-Bepreisung) eine erhebliche Bedrohung darstellen. Die Studie analysiert die Wahrnehmung dieser Risiken durch deutsche Unternehmen, insbesondere DAX-30 Unternehmen, basierend auf Daten des CDP (Carbon Disclosure Project) und Nachhaltigkeitsberichten. Dabei zeigt sich, dass transitierende Risiken häufiger und als finanziell gravierender eingeschätzt werden als physische Risiken. Die Studie hebt die Notwendigkeit einer umfassenden Risikobetrachtung und eines proaktiven Risikomanagements hervor, um die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu sichern.
1. Wahrnehmung und Bewertung von Klimarisiken durch Unternehmen
Der Bericht stellt fest, dass Unternehmen die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Finanzmärkte zunehmend erkennen. Politische Prozesse berücksichtigen dieses Risiko, schenken aber physischen Klimarisiken oft weniger Aufmerksamkeit – möglicherweise aufgrund zu kurzer Zeithorizonte von Finanzinstitutionen, die die langfristigen materiellen Effekte des Klimawandels (z.B. Extremwetterereignisse, Dürren, Meeresspiegelanstieg) noch nicht in ihren Zahlen widerspiegeln. Im Gegensatz dazu werden transitierende Risiken, also die Folgen von Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels (z.B. höhere CO2-Preise, strengere Umweltvorschriften), als dringlicher eingeschätzt. Daten des CDP Climate zeigen, dass doppelt so viele transitierende wie physische Risiken von Unternehmen gemeldet wurden. Die aggregierten potenziellen finanziellen Schäden betragen 6,6 Milliarden Euro für physische und 11,2 Milliarden Euro für transitierende Risiken. Um die unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeiten zu berücksichtigen, wurden Erwartungswerte berechnet, wobei die Erwartungswerte für transitierende Risiken (8,8 Mrd. €) deutlich über denen für physische Risiken (2,2 Mrd. €) liegen. Die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen wird dabei mehr durch ambitionierte Klimaschutzpolitik als durch physische Klimafolgen bedroht gesehen, obwohl diese Einschätzung kontrovers diskutiert werden kann.
2. Datenbasis und Berichterstattung CDP und Nachhaltigkeitsberichte
Die Analyse basiert auf Daten aus Nachhaltigkeitsberichten, nicht-finanziellen Erklärungen und der Berichterstattung an das CDP Climate aus dem Jahr 2019. Insgesamt berichteten 123 deutsche Unternehmen an CDP Climate, darunter 28 DAX-30 Unternehmen, 90 große und 10 mittelständische Unternehmen. Weltweit waren es über 8300 Unternehmen. Die meisten Nachhaltigkeitsberichte beinhalten Informationen zu Treibhausgasemissionen, Energie- und emissionsbezogenen Indikatoren sowie Klimaschutzzielen. Sie beschreiben oft auch das Governance-System für Nachhaltigkeit und den Umgang mit neuen Nachhaltigkeitsrisiken. Die TCFD-Empfehlungen werden in vielen Berichten bereits weitgehend umgesetzt. Die Untersuchung konzentriert sich auf die Berichterstattung zu wesentlichen Klimarisiken und deren potenziellen finanziellen Auswirkungen. 13 der untersuchten DAX-30 Unternehmen gaben Angaben zu möglichen finanziellen Schäden je Risiko. Die Daten beinhalten Ausreißerwerte, z.B. BMW mit potenziellen Schäden durch Extremwetterereignisse zwischen 0 und 8 Milliarden Euro, was die Summen der angegebenen Schäden deutlich beeinflusst.
3. Ökonomische Relevanz physischer und transitierender Klimarisiken
Die Studie untersucht die ökonomische Relevanz von Klimarisiken aus Unternehmenssicht, um deren Verhalten zu verstehen und effektive Ansprachemethoden zu entwickeln. Die Analyse der finanziellen Bewertung von Risiken durch die Unternehmen zeigt, dass transitierende Risiken häufiger und als finanziell gravierender eingeschätzt werden als physische Risiken. Die Unternehmen sehen ihre Wettbewerbsfähigkeit stärker durch ambitionierte Klimaschutzpolitik, insbesondere durch höhere Preise für Treibhausgasemissionen, bedroht als durch Extremwetterereignisse. Dies beeinflusst das Handeln der Unternehmen. Ein Vergleich der angegebenen potenziellen Schäden (z.B. Allianz mit ca. 6 Mrd. Euro potenziellen Schaden durch Marktveränderungen) und die Berücksichtigung der Eintrittswahrscheinlichkeit (BMW stuft seinen potenziellen physischen Schaden von 4 Mrd. Euro als unwahrscheinlich ein, während die Allianz ihren transitorischen Schaden von 6 Mrd. Euro als nahezu sicher einschätzt) zeigen, dass die Erwartungswerte für transitierende Risiken deutlich höher sind als für physische. Keine der untersuchten Firmen berichtete, wie von der TCFD empfohlen, zur Resilienz der Unternehmensstrategie unter verschiedenen Klimaszenarien.
II.Governance und Management klimabezogener Risiken
Die Governance und das Management klimabezogener Risiken erfolgen in der Regel über bestehende Nachhaltigkeitsmanagementstrukturen. Der Bericht zeigt, dass der Übergang von klassischem Klimaschutz zu einem systematischen Umgang mit klimabezogenen Risiken relativ einfach umzusetzen ist. Viele Unternehmen nutzen bereits vorhandene Strukturen. Die Studie analysiert verschiedene Leitfäden und Empfehlungen, unter anderem die der TCFD (Task Force on Climate-related Financial Disclosures), um Best Practices im Risikomanagement aufzuzeigen. Die Einhaltung von TCFD-Empfehlungen ist für die Finanzstabilität wichtig und wird von verschiedenen Akteuren, darunter die BaFin und BlackRock, gefordert.
1. Nutzung bestehender Nachhaltigkeitsstrukturen
Die Überwachung und Steuerung sowohl physischer als auch transitierender Klimarisiken erfolgt über die gleichen Governance- und Managementstrukturen. Besteht ein Nachhaltigkeitsmanagement, dient dieses als Grundlage. Dies ist in den Unternehmensangaben deutlich erkennbar und logisch, da der Schritt vom systematischen Klimaschutz (klassische Aufgabe des Nachhaltigkeitsmanagements) zum systematischen Umgang mit klimabezogenen Risiken gering ist. Die Nutzung bestehender Strukturen ist zudem effizienter. Die Unternehmen scheinen diese Vorgehensweise zu bestätigen, da die Überwachung und Steuerung von Risiken über die etablierten Nachhaltigkeitsmanagement-Prozesse erfolgt. Eine separate Struktur zur Behandlung von Klimarisiken wird nicht als notwendig erachtet, sondern die Integration in bereits vorhandene Systeme ist gängige Praxis. Diese Vorgehensweise spart Ressourcen und vermeidet Redundanzen.
2. Leitfäden und Best Practices im Risikomanagement
Der Bericht leitet anhand internationaler Leitfäden eine Grundstruktur für die systematische Berücksichtigung klimabezogener Risiken in Unternehmen ab. Obwohl physische und transitierende Risiken unterschiedlich relevant eingeschätzt werden, werden sie über die gleichen Strukturen überwacht und gesteuert. Der Bericht erwähnt die Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD), die in vielen Nachhaltigkeitsberichten bereits umgesetzt werden. Die TCFD-Empfehlungen zielen auf eine umfassende Berichterstattung zu klimabezogenen Risiken ab, um die Finanzstabilität zu sichern. Neben den TCFD-Empfehlungen werden auch weitere Leitfäden und Prinzipien erwähnt, z.B. vom World Economic Forum (WEF), die sich an Vorstände und Aufsichtsräte richten und Prinzipien für eine effektive Klima-Governance definieren. Diese Leitfäden betonen die Bedeutung der angemessenen Sorgfaltspflicht (Due Diligence) und die Berücksichtigung von Risiken in strategischen Entscheidungen und der langfristigen Planung. Eine konsistente und langfristige Ausrichtung ist dabei unerlässlich.
III.Berichterstattung deutscher Unternehmen zu Klimarisiken
Eine Analyse von Nachhaltigkeitsberichten und CDP-Klimadaten von 20 DAX-30 Unternehmen und weiteren deutschen Firmen zeigt den aktuellen Stand der Berichterstattung zu klimabezogenen Risiken. Es wird deutlich, dass Unternehmen transitierende Risiken häufiger als physische Risiken in ihren Berichten aufführen. Die finanzielle Bewertung der Risiken durch die Unternehmen wird ebenfalls analysiert, wobei einige Extremwerte (z.B. BMW mit bis zu 8 Mrd. € potenziellen Schaden durch Extremwetter) die Gesamtbetrachtung beeinflussen. Die Studie stellt fest, dass die TCFD-Empfehlung zu Klima-Szenarioanalysen nur selten umgesetzt wird. Unternehmen wie BMW geben zwar an, Risiken zu erkennen (z.B. Produktionsstandorte in vulnerablen Regionen wie USA, Südafrika, Indien, Brasilien), aber detaillierte Risikobewertungen sind oft unzureichend.
1. Datenquellen und Umfang der Untersuchung
Die Untersuchung analysiert die Berichterstattung deutscher Unternehmen zu klimabezogenen Risiken anhand von Daten aus Nachhaltigkeitsberichten, nicht-finanziellen Erklärungen und der Berichterstattung an CDP Climate (2019). Die Stichprobe umfasst 123 deutsche Unternehmen, darunter 28 DAX-30 Unternehmen, 90 große und 10 mittelständische Unternehmen. Weltweit berichteten über 8300 Unternehmen an CDP Climate. Die Analyse konzentriert sich auf die Angaben zu wesentlichen Klimarisiken und deren potenziellen finanziellen Auswirkungen. Von den 20 analysierten DAX-30 Unternehmen veröffentlichten 20 ihre Daten öffentlich, 7 stellten ihre Daten nur Investoren zur Verfügung. Es ist wahrscheinlich, dass auch diese 7 Unternehmen ein ähnliches Berichtsniveau wie die untersuchten Unternehmen aufweisen. Ob die Ergebnisse auf alle deutschen Unternehmen übertragbar sind, ist jedoch unsicher, da die Untersuchung nur Unternehmen einschließt, die bereits Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen. Die Studie betrachtet sowohl physische als auch transitierende Risiken, da beide in neueren Leitfäden und politischen Prozessen berücksichtigt werden.
2. Berichterstattung zu physischen und transitierenden Risiken
Die CDP-Klimadaten zeigen, dass Unternehmen sich häufiger und stärker von transitierenden als von physischen Risiken betroffen sehen. Bei den Angaben zu wesentlichen Risiken werden doppelt so viele transitierende wie physische Risiken beschrieben. Die potenziellen finanziellen Auswirkungen und die Eintrittswahrscheinlichkeit transitierender Risiken werden insgesamt höher bewertet. Unternehmen sehen ihre Wettbewerbsfähigkeit eher durch anspruchsvolle Klimaschutzpolitik (insbesondere höhere Preise für Treibhausgasemissionen) bedroht als durch direkte Folgen des Klimawandels. Diese Einschätzung wirkt sich auf das Handeln der Unternehmen aus. Es wird festgestellt, dass keine der untersuchten Firmen Aussagen zur Resilienz ihrer Unternehmensstrategie in Bezug auf verschiedene Klimaszenarien, wie von der TCFD empfohlen, macht. Wenige Unternehmen informieren über die Verwendung klimabezogener Szenarien, was die Umsetzung dieser TCFD-Empfehlung als besonders schwierig darstellt.
3. Detaillierungsgrad und Vergleich mit anderen Berichtsformaten
Der Bericht vergleicht die Berichterstattung zu klimabezogenen Risiken im CDP Climate mit der in Nachhaltigkeitsberichten. Die Angaben zur Risikofristigkeit (kurz-, mittel-, langfristig) werden in Nachhaltigkeitsberichten nur selten gemacht, sodass die TCFD-Empfehlung diesbezüglich meist nur teilweise umgesetzt wird. Die Relevanz klimabezogener Risiken für das laufende Geschäft oder die Finanzplanung wird in Nachhaltigkeitsberichten selten ausführlich dargestellt, im Gegensatz zu den detaillierteren Angaben im CDP Climate. Die Anforderungen der TCFD decken sich weitgehend mit den GRI-Standards, wobei letztere eine lange Berichtspraxis aufweisen. Es wird als naheliegend angesehen, die bestehenden Managementstrukturen für Nachhaltigkeit auch für den Umgang mit klimabezogenen Risiken zu nutzen. Der Schritt von systematischem Klimaschutz zu einem systematischen Umgang mit klimabezogenen Risiken ist gering, und die Wiederverwendung der Strukturen erscheint effizient. Die Analyse von 20 DAX-Unternehmen zeigt, dass 11 ausschließlich Transitionsszenarien, 4 zusätzlich Klimawandelszenarien und 5 keine Szenarien verwenden. Die Darstellung der Prozesse zur Behandlung von Klimarisiken fehlt weitgehend in den untersuchten Berichten, wird aber als weniger wichtig erachtet, solange Risiken systematisch ermittelt und Maßnahmen berichtet werden.
IV.Politische und regulatorische Entwicklungen
Der Bericht beschreibt relevante politische Entwicklungen im Bereich Sustainable Finance, insbesondere die Empfehlungen des Sustainable Finance-Beirats der Bundesregierung und die Aktivitäten der BaFin. Die zunehmende Bedeutung von ESG-Kriterien (Environmental, Social, and Governance) in Entscheidungsprozessen wird hervorgehoben. Die EU fördert Sustainable Finance aktiv durch gesetzgeberische Maßnahmen und Initiativen wie den EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums. Die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in Aufsichtsvorschriften wird als wichtiger Schritt zur Risikominderung und zur Lenkung von Investitionen in nachhaltige Geschäftsmodelle gesehen. Eine lenkungswirksame CO2-Bepreisung wird als zentrale Maßnahme identifiziert.
V.Empfehlungen für Unternehmen
Der Bericht empfiehlt Unternehmen, sich systematisch mit ihren klimabezogenen Risiken auseinanderzusetzen und dabei sowohl physische als auch transitierende Risiken zu berücksichtigen. Eine umfassende Risikoanalyse, die auch Klima-Szenarien einbezieht, ist unerlässlich. Die Implementierung eines effektiven Risikomanagements und die transparente Berichterstattung, idealerweise gemäß TCFD-Empfehlungen, werden als entscheidend für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und die Sicherung der Finanzstabilität betrachtet. Eine TCFD-Berichtspflicht könnte dazu beitragen, dass Unternehmen sich stärker mit physischen Klimarisiken befassen.