
Treibstoffschnellablass: Rechtliche Bewertung
Dokumentinformationen
Autor | Elmar M. Giemulla |
Schule | Umweltbundesamt |
Fachrichtung | Umweltrecht, Luftverkehrsrecht |
Unternehmen | reconsite GmbH, Joswig Ingenieure GmbH |
Ort | Dessau-Roßlau |
Dokumenttyp | Abschlussbericht |
Sprache | German |
Format | |
Größe | 1.85 MB |
Zusammenfassung
I.Rechtliche Grundlagen des Treibstoffschnellablasses Fuel Dumping
Das Rechtsgutachten untersucht die rechtlichen Rahmenbedingungen des Treibstoffschnellablasses (Fuel Dumping) im internationalen und deutschen Luftverkehrsrecht. Im Fokus steht die Frage der Zulässigkeit und der notwendigen Verfahren unter Berücksichtigung der Sicherheitslandung und der ICAO-Vorschriften (z.B. Doc 4444). Es wird die alleinige Entscheidungsbefugnis des Luftfahrzeugkommandanten (nautische Gewalt) betont, jedoch auch die Notwendigkeit, die Flugsicherung und die Vermeidung von Gefahren für Personen und Sachen am Boden zu berücksichtigen. Wichtige Rechtsgrundlagen sind das Chicagoer Abkommen, EU-VO 965/2012, und § 13 LuftVO (Luftverkehrsordnung). Die Umweltauswirkungen des Treibstoffschnellablasses werden ebenfalls thematisiert.
1. Entscheidungsbefugnis des Luftfahrzeugkommandanten und die Notwendigkeit einer Sicherheitslandung
Der Luftfahrzeugkommandant besitzt gemäß den Standards der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) und den EU-Vorschriften aufgrund seiner nautischen Entscheidungsgewalt die alleinige Befugnis, die Notwendigkeit einer Sicherheitslandung und damit einen eventuell erforderlichen Treibstoffschnellablass zu bestimmen. Dies ist eine fundamentale rechtliche Grundlage, die im Gutachten hervorgehoben wird. § 25 FSDurchführungsV in Verbindung mit BA-FVD 665.2 räumt zumindest die Möglichkeit einer Beeinträchtigung durch Treibstoffablass ein; andernfalls wäre die Ausschlussklausel für dicht besiedelte Gebiete nicht plausibel. Die Notwendigkeit einer Sicherheitslandung kann aus verschiedenen Gründen resultieren, z.B. medizinischen Notfällen an Bord oder technischen Problemen am Luftfahrzeug, die eine möglichst schnelle Landung erfordern. Diese Entscheidungsbefugnis des Kommandanten ist zentral für die gesamte Rechtslage zum Treibstoffschnellablass und bildet die Basis für alle weiteren Überlegungen.
2. Internationale und supranationale Rechtslage ICAO und EU Recht
Das Chicagoer Abkommen und die daraus hervorgegangene ICAO bilden die Grundlage des internationalen Luftverkehrsrechts. Die ICAO als internationale Organisation (im Gegensatz zu supranationalen Organisationen wie der EU) verfügt jedoch nicht über eigene Hoheitsbefugnisse und kann keine unmittelbar in den Mitgliedsstaaten verbindlichen Rechtsvorschriften erlassen. Artikel 1 des Chicagoer Abkommens bekräftigt die volle und ausschließliche Lufthoheit jedes Staates über seinem Hoheitsgebiet. Die Ziele der ICAO manifestieren sich größtenteils in den technischen Anhängen zum Abkommen und ergänzenden Veröffentlichungen. Obwohl die ICAO kein unmittelbar anwendbares Recht schafft, verpflichten sich die Mitgliedsstaaten nach Artikel 37 zur innerstaatlichen Umsetzung der Standards. Die EU hat im Bereich des Luftverkehrs eigene Gesetzgebungskompetenzen und erlässt sekundäres Unionsrecht, beispielsweise Verordnung (EU) Nr. 965/2012, welche technische Vorschriften und Verwaltungsverfahren für den Flugbetrieb festlegt. Diese Verordnung und weitere EU-Rechtsakte sind für die Umsetzung von ICAO-Standards in der EU von Bedeutung.
3. Deutsches nationales Recht Luftverkehrsordnung LuftVO und weitere Bestimmungen
Im deutschen Recht verbietet § 13 Abs. 1 S. 1 LuftVO das Abwerfen oder Ablassen von Gegenständen aus Luftfahrzeugen, ausgenommen das Ablassen von Treibstoffen, sofern keine Gefahr für Personen oder Sachen besteht (§ 13 Abs. 1 S. 2 LuftVO). Die Bundesanstalt für Flugsicherung (BA-FVD) gibt mit ihren internen Weisungen, wie z.B. Ziffer 665.2, im Wesentlichen die Empfehlungen des ICAO-Dokuments 4444 wieder, obwohl diese Weisungen keinen verbindlichen Charakter als Rechtsvorschrift haben. Die Verpflichtung der ICAO-Mitgliedstaaten zur innerstaatlichen Umsetzung der Standards nach Artikel 37 des Chicagoer Abkommens ist jedoch relevant. Die Luftverkehrsordnung richtet sich als Verkehrsvorschrift unmittelbar an die Piloten. Es wird aber betont, dass der Pilot im kontrollierten Luftraum die Ablass-Stelle, Höhe und sonstige Bedingungen nicht selbst bestimmt, sondern diese von der Flugsicherung zugewiesen bekommt. Die Flugsicherung darf dem Piloten keine Anweisungen erteilen, die gesetzlich verboten sind. Das Gutachten analysiert somit die Interaktion zwischen den Vorschriften der LuftVO und den Anweisungen der Flugsicherung im Kontext des Treibstoffschnellablasses.
II.Verfahren und Verantwortlichkeiten beim Treibstoffschnellablass
Das Gutachten beschreibt die Abläufe eines Treibstoffschnellablasses im Detail. Die Flugsicherung (z.B. DFS in Deutschland) weist dem Luftfahrzeugkommandanten ein Gebiet und eine Höhe für den Ablass zu, um den Luftverkehr zu koordinieren und Gefahren zu minimieren. Die Menge des abzulassenden Kerosins wird allein vom Kommandanten bestimmt, um das Flugzeuggewicht auf das maximale Landegewicht (MDLW) zu reduzieren und eine sichere Sicherheitslandung zu gewährleisten. Die Einhaltung technischer Vorgaben und die Minimierung von Risiken für Personen und Sachen am Boden sind zentrale Aspekte. Die Vorschriften der ICAO und der EU (z.B. EU-VO 965/2012) spielen eine wichtige Rolle bei der Definition der zulässigen Verfahren.
1. Rolle der Flugsicherung bei der Durchführung des Treibstoffschnellablasses
Die Flugsicherung spielt eine entscheidende Rolle bei der Durchführung eines Treibstoffschnellablasses. Sie weist der Besatzung des betroffenen Luftfahrzeugs, genauer dem Luftfahrzeugkommandanten, ein spezifisches Gebiet und eine Flughöhe für den Treibstoffablass zu. Ziel ist es, den regulären Luftverkehr so wenig wie nötig zu beeinträchtigen. Die Entscheidung der Flugsicherung berücksichtigt dabei verschiedene Parameter, wie Wetterbedingungen, die Länge der Landebahnen eines möglichen Ausweichflughafens und die Art des Anflugs. Im Dokument wird die Deutsche Flugsicherung (DFS) als Beispiel genannt, die sicherstellt, dass der reguläre Luftverkehr nicht übermäßig behindert wird. Die Flugsicherung agiert somit als Koordinator, der die Sicherheit des Luftraums und die Durchführung des Treibstoffschnellablasses zu gewährleisten versucht. Obwohl der Kommandant die alleinige Entscheidungsbefugnis über die Menge des abzulassenden Treibstoffs hat, ist die Zusammenarbeit mit der Flugsicherung unerlässlich für einen sicheren Ablauf.
2. Entscheidung über die Treibstoffmenge und das Verfahren
Die Entscheidung über die Menge des abzulassenden Treibstoffs liegt allein beim Kommandanten des Luftfahrzeugs. Ziel ist es, das Gewicht des Flugzeugs auf das maximale Landegewicht (MDLW) oder darunter zu reduzieren, um das Risiko von Schäden beim Landen zu minimieren. Die abzulassende Treibstoffmenge richtet sich nach dem Überschreiten des MDLW beim Erreichen des geplanten Landeplatzes. Ein Notfall unmittelbar nach dem Start mit vollen Treibstofftanks erfordert in der Regel eine größere Treibstoffmenge, die mehrere Dutzend Tonnen betragen kann. Das Dokument betont, dass in Notfällen mit extremem Zeitdruck, wie z.B. einem Feuer an Bord, auf einen Treibstoffablass verzichtet werden kann, um die Überlebenschancen der Passagiere zu erhöhen. In solchen Fällen akzeptiert der Kommandant bewusst das erhöhte Risiko von Schäden am Luftfahrzeug bei der Landung. Der Kommandant wählt also das aus seiner Sicht sicherste Vorgehen unter den gegebenen Umständen. Die EU-VO 965/2012, Anhang IV, CAT.POL.A.215 und 220, schreibt vor, dass nur so viel Treibstoff nach einem sicheren Verfahren abgelassen wird, dass der Flugplatz mit den vorgeschriebenen Kraftstoffreserven erreicht werden kann.
3. Koordinierung und Abläufe im Notfall
Bei einem Notfall, der eine außerplanmäßige Landung erfordert, wird ein strukturiertes Vorgehen eingeleitet. Der Kommandant sucht in Absprache mit der Besatzung nach der sichersten Lösung unter Berücksichtigung verschiedener Möglichkeiten. Das Handbuch für den Flugverkehrsdienst des Vereinigten Königreichs (CAP 32) gibt Hinweise auf übliche Verfahren, wie die Benachrichtigung der Flugverkehrskontrolle im kontrollierten Luftraum und die Empfehlung, den Treibstoffablass in einer Höhe von über 10.000 Fuß über dem Meeresspiegel durchzuführen. Auch das griechische Luftfahrthandbuch enthält ähnliche Informationen. Die zu wählende Route sollte, wenn möglich, frei von Städten und Gemeinden sein, vorzugsweise über Wasser verlaufen und abseits von Gebieten liegen, in denen Gewitter gemeldet wurden oder erwartet werden. Die Vorschriften legen zwar das „Wo“ nicht detailliert fest, die ICAO-Empfehlungen und die Praxis zeigen aber einen klaren Trend zur Vermeidung von dicht besiedelten Gebieten. Die entscheidende Rolle der Flugsicherung liegt in der Koordination und Zuweisung von geeigneten Flugrouten und Höhen, um die Sicherheit im Luftraum zu gewährleisten und mögliche Risiken am Boden zu minimieren.
III.Gefahren und Rechtsgüterabwägung beim Treibstoffschnellablass
Das Gutachten analysiert die potenziellen Gefahren des Treibstoffschnellablasses für Personen und Sachen am Boden. Es wird argumentiert, dass eine Gefährdung des Rechtsguts 'Leben' unwahrscheinlich ist, jedoch Beeinträchtigungen der Rechtsgüter 'Gesundheit' und 'Eigentum' möglich sind, besonders bei häufiger Wiederholung. Die Abwägung zwischen dem notwendigen Eingreifen zur Sicherung der Sicherheitslandung und dem Schutz anderer Rechtsgüter steht im Mittelpunkt. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz muss beachtet werden. Die Minimierung von Auswirkungen, insbesondere in dicht besiedelten Gebieten, wird als wichtiger Aspekt hervorgehoben. Die ICAO-Empfehlungen (z.B. Vermeidung von Städten) und die nationale Rechtslage (z.B. §13 LuftVO) werden in der Abwägung berücksichtigt.
1. Bewertung der Gefahren durch Treibstoffschnellablass
Das Gutachten untersucht die potenziellen Gefahren eines Treibstoffschnellablasses für Personen und Sachen am Boden. Eine Gefährdung des Rechtsguts "Leben" wird als unwahrscheinlich eingestuft. Die Gefährdung der Rechtsgüter "Gesundheit" und "Eigentum" wird als zumindest unwahrscheinlich bewertet, insbesondere bei einzelnen Vorgängen. Die Einschätzung der Gefahr konzentriert sich auf die Frage der "hinreichenden Möglichkeit eines Schadenseintritts", die nicht objektiv im Nachhinein, sondern nur in der konkreten Situation vom Luftfahrzeugkommandanten beurteilt werden kann. Eine Summationswirkung, also die kumulierte Auswirkung mehrerer Treibstoffschnellablässe über demselben Gebiet, wird ebenfalls thematisiert. Es wird aber argumentiert, dass selbst bei einer Summationswirkung, solange der bisherige Level nicht überschritten wird, die Gefährdung der Rechtsgüter "Gesundheit" und "Eigentum" unwahrscheinlich bleibt. Die Rechtslage, insbesondere § 13 LuftVO, betont die Vermeidung von Gefahren, lässt aber den Treibstoffablass unter bestimmten Bedingungen zu. Die Frage, ob die Auswirkungen eines Treibstoffschnellablasses tatsächlich eine Gefahr im rechtlichen Sinne darstellen, hängt stark vom Einzelfall und der konkreten Bewertung der Situation ab.
2. Abwägung des Treibstoffschnellablasses mit anderen Rechtsgütern
Die Abwägung von Rechtsgütern steht im Zentrum der Betrachtung. Es muss zwischen dem vorrangigen Schutz des Luftfahrzeugs und seiner Insassen (durch die sichere Landung) und den potenziellen Beeinträchtigungen anderer Rechtsgüter abgewogen werden. Die Notwendigkeit einer Sicherheitslandung wird als übergeordnetes Interesse gesehen, das im Zweifel das Interesse Dritter überwiegt. Das öffentliche Recht zielt auf Prävention ab; es muss also lediglich die Möglichkeit einer Beeinträchtigung oder Verletzung anderer Rechtsgüter bestehen (hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts). Die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts wird umso geringer angesetzt, je größer der zu verhindernde Schaden ist. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist dabei maßgeblich. Das Gutachten hinterfragt, ob die Folgen eines Treibstoffschnellablasses überhaupt zu einer Beeinträchtigung der Rechte anderer führen können. Selbst bei einer unterstellten Beeinträchtigung (z.B. durch regelmäßige Wiederholungseffekte) müssten diese mit den Folgen eines Nichteingreifens (und damit der Gefährdung von Leben und Gesundheit an Bord) abgewogen werden. Die Beurteilung der Gefahr und die anschließende Abwägung müssen nach dem Gutachten vor Ort durch den Luftfahrzeugkommandanten erfolgen, wobei dieser seine Entscheidung wohlüberlegt treffen wird.
3. Anscheinsgefahr und Verhältnismäßigkeit
Das Gutachten führt den Begriff der „Anscheinsgefahr“ ein. Dies beschreibt eine Situation, in der zwar keine objektiv feststellbare Gefahr besteht, der Handelnde aber vertretbar davon ausgeht, dass bei ungehindertem Ablauf des Geschehens mit Wahrscheinlichkeit ein geschütztes Rechtsgut geschädigt wird. Diese subjektive Gefahrenbeurteilung kann ein rechtmäßiges Eingreifen rechtfertigen. Im Kontext des Treibstoffschnellablasses bedeutet dies, dass der Kommandant, auch wenn er nicht mit absoluter Sicherheit einen Schaden voraussagen kann, ein Eingreifen rechtfertigen kann, wenn er eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt sieht. Aufgrund der Komplexität der Situation und der Unmöglichkeit einer objektiven Vorab-Beurteilung der Gefahr, kommt als entscheidendes Kriterium nur noch das allgemeine Abwägungsgebot (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) zur Anwendung. Dabei sind die potenziellen Schäden durch den Treibstoffablass denen gegenüberzustellen, die durch ein Unterlassen des Ablasses entstehen würden. Die Schutzbedürftigkeit darf dabei nicht von der Anzahl der Betroffenen abhängen. Eine Konzentration auf die Vermeidung von Belästigungen, insbesondere in dicht besiedelten Gebieten, ist gerechtfertigt, stellt aber keinen Selbstzweck dar.
IV.Internationale und Nationale Rechtslage zum Treibstoffschnellablass
Das Gutachten vergleicht die internationale (ICAO, Chicagoer Abkommen) und die europäische (EU-Luftverkehrsrecht) sowie die deutsche (LuftVO, Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG)) Rechtslage zum Treibstoffschnellablass. Es untersucht die Umsetzung internationaler Standards in nationales Recht und die Unterschiede in den Vorschriften und Empfehlungen. Das Fehlen spezifischer Regelungen zur Problematik des Treibstoffschnellablasses in einigen Rechtsordnungen wird analysiert und die Rolle des Rechtsgedankens bei der Interpretation der bestehenden Regelungen wird betont. Die Notwendigkeit einer internationalen Standardisierung wird hinterfragt, da die Auswirkungen von Fuel Dumping in der Regel nur lokal sind.
1. Internationale Rechtslage Das Chicagoer Abkommen und die ICAO
Das Chicagoer Abkommen bildet die Grundlage des internationalen Luftverkehrsrechts. Die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO), die durch das Abkommen geschaffen wurde, entwickelt internationale Standards und Empfehlungen, die jedoch keine unmittelbar verbindlichen Rechtsvorschriften für die Mitgliedsstaaten darstellen. Artikel 1 des Abkommens bestätigt die volle und ausschließliche Lufthoheit jedes Staates über seinem Hoheitsgebiet. Die ICAO-Standards und -Empfehlungen, die sich zum großen Teil in den technischen Anhängen zum Abkommen finden, sollen von den Mitgliedsstaaten innerstaatlich umgesetzt werden (Artikel 37). Das Dokument 4444 der ICAO („Procedures for Air Navigation Services – PANS“) ergänzt die Richtlinien und Empfehlungen zu Flugverkehrsdienstleistungen, detaillierter als in den Anhängen des Chicagoer Abkommens. Adressaten sind primär die Flugverkehrsdienststellen, nicht die Piloten direkt. Die ICAO hat im September/Oktober 1998 ein „Universal Safety Oversight Audit Programme“ eingeführt, um die Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung der ICAO-Safety-Standards zu unterstützen. Umweltschutzaspekte sind in diesem Programm explizit nicht berücksichtigt. Es wird darauf hingewiesen, dass die ICAO im Bereich CO2-Emissionen (CORSIA) keine spezifischen Richtlinien zum Treibstoffschnellablass hat.
2. Europäische Rechtslage EU Verordnungen und deren Relevanz
Die Europäische Union hat im Bereich des Luftverkehrs weitreichende Gesetzgebungskompetenzen nach Art. 90 ff. AEUV und nutzt diese durch Erlass von sekundärem Unionsrecht. Verordnung (EU) Nr. 965/2012 legt technische Vorschriften und Verwaltungsverfahren für den Flugbetrieb fest. Diese Verordnung, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2018/1042, befasst sich unter anderem mit technischen Anforderungen, psychologischen Beurteilungen der Flugbesatzung und systematischen Tests auf psychoaktive Substanzen. Im Kontext des Treibstoffschnellablasses ist insbesondere Anhang IV, CAT.POL.A.215 und 220 relevant, der vorschreibt, dass nur soviel Kraftstoff nach einem sicheren Verfahren abgelassen wird, dass der Flugplatz mit den vorgeschriebenen Kraftstoffreserven erreicht werden kann. Die Verordnung beinhaltet aber keine expliziten Regelungen zum Treibstoffschnellablass im Sinne einer eigenständigen Regelung. EU-VO 2018/1139, Anhang V (Grundlegende Anforderungen an den Flugbetrieb), 7.3 betont die Handlungsfreiheit des Kommandanten in Notfällen, selbst wenn örtliche Vorschriften verletzt werden; eine unverzügliche Mitteilung an die Behörden ist dann jedoch Pflicht.
3. Deutsche Rechtslage Luftverkehrsordnung LuftVO und ergänzende Regelungen
§ 13 Abs. 1 S. 1 LuftVO verbietet das Abwerfen von Gegenständen aus Luftfahrzeugen, mit der Ausnahme des Ablassens von Treibstoffen, wenn keine Gefahr für Personen oder Sachen besteht (§ 13 Abs. 1 S. 2 LuftVO). Diese Vorschrift ist eine Verkehrsvorschrift, die sich an die Piloten richtet. Die BA-FVD (Bundesanstalt für Flugsicherung) gibt mit internen Weisungen (z.B. Ziffer 665.2) die Empfehlungen des ICAO-Doc 4444 wider. Diese Weisungen sind keine verbindlichen Rechtsvorschriften, unterstützen aber die Umsetzung der ICAO-Standards, da die Mitgliedsstaaten nach Artikel 37 des Chicagoer Abkommens verpflichtet sind, diese innerstaatlich umzusetzen. Das Gutachten analysiert die Interaktion zwischen den Anweisungen der Flugsicherung und den gesetzlichen Vorgaben der LuftVO. Es wird darauf hingewiesen, dass die Flugsicherung dem Piloten keine Anweisungen erteilen darf, die gesetzlich verboten sind, da Piloten und Flugsicherung Partner eines einheitlichen Systems sind. Die konkrete Interpretation des § 13 Abs. 1 Satz 2 LuftVO erfolgt unter Berücksichtigung der ICAO-Empfehlungen, die einen Treibstoffschnellablass möglichst abseits von Städten empfehlen – eine Praxis, die bereits durch die BA-FVD umgesetzt wird. Das Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) und die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) werden im Kontext des Gutachtens erwähnt, finden jedoch keine direkte Anwendung auf den Treibstoffschnellablass.