
Kinderliteraturübersetzung: Analyse & Schema
Dokumentinformationen
Autor | Nadja Korthals |
instructor/editor | Ulrich Huse |
Schule | Hochschule der Medien Stuttgart |
subject/major | Mediapublishing |
Dokumenttyp | Master-Thesis |
city | Stuttgart |
Sprache | German |
Format | |
Größe | 3.43 MB |
Zusammenfassung
I.Definitionen von Kinderliteratur
Die Arbeit beginnt mit der Klärung des Begriffs Kinderliteratur. Ewers unterscheidet zwischen kindlicher Leseentscheidung (freiwillige Lektüre) und intentionaler Kinderliteratur (von Erwachsenen als geeignet erachtet). Weiterhin werden nicht-akzeptierte Kinderliteratur, nicht-intendierte Kinderlektüre und spezifische Kinderliteratur (gezielt für Kinder geschaffen) definiert. Die Rolle von sanktionierter (z.B. durch Literaturpreise ausgezeichnet) und nicht-sanktionierter Kinderliteratur (oft kommerziell orientiert) wird ebenfalls beleuchtet.
1. Kindliche Leseentscheidung vs. Intentionale Kinderliteratur
Der Text beginnt mit der Abgrenzung des Textkorpus der Kinderliteratur anhand des Kriteriums der kindlichen Leseentscheidung. Ewers unterscheidet zwischen Büchern, die Kinder freiwillig in ihrer Freizeit lesen (Kinderlektüre), und Büchern, die von Erwachsenen – Eltern, Lehrern, Buchhändlern oder Verlegern – als für junge Leser geeignet erachtet werden (intentionale Kinderliteratur). Ein wichtiger Punkt ist, dass nicht alle Bücher, die Erwachsene als geeignet einstufen, auch von Kindern gerne gelesen werden. Diese Diskrepanz führt zur Definition der nicht-akzeptierten Kinderliteratur als Teilmenge der intentional erstellten Kinderliteratur. Der Text erwähnt auch den Aspekt von nicht-intendierter Kinderlektüre, also Bücher, die nicht für Kinder gedacht waren, von Kindern aber dennoch gelesen werden. Das Gegenstück dazu ist die intendierte Kinderliteratur, die sich aus der Schnittmenge der als geeignet angesehenen und tatsächlich gelesenen Bücher zusammensetzt. Die Unterscheidung zwischen dem eigentlichen Leseerlebnis der Kinder und der von Erwachsenen geprägten Wahrnehmung von geeigneter Kinderliteratur stellt daher einen zentralen Aspekt dar und zeigt die Komplexität der Definition von Kinderliteratur auf. Diese Unterscheidung ist essenziell für das Verständnis der vielfältigen Aspekte, die bei der Kategorisierung von Texten als Kinderliteratur berücksichtigt werden müssen.
2. Sanktionierte und Nicht Sanktionierte Kinderliteratur
Die intentionale Kinderliteratur lässt sich weiter unterteilen nach der Art der Empfehlung durch erwachsene Autoritäten. Sanktionierte Kinderliteratur beruht auf Empfehlungen gesellschaftlich autorisierter Instanzen, oft verbunden mit der Vergabe von Literaturpreisen. Im Gegensatz dazu steht die nicht-sanktionierte Kinderliteratur, die ohne die Unterstützung der anerkannten Fachwelt Verbreitung findet und oft als kommerzielle Kinderliteratur bezeichnet wird. Diese Unterscheidung zeigt die unterschiedlichen Einflussfaktoren auf den Erfolg von Kinderbüchern. Während sanktionierte Kinderliteratur oft ein höheres Prestige genießen mag, orientiert sich die nicht-sanktionierte Kinderliteratur stärker an kommerziellen Aspekten. Die Klassifizierung eines Buches als sanktioniert oder nicht-sanktioniert hängt von der Anerkennung durch bestimmte Institutionen ab, was den Einfluss sozialer und kultureller Faktoren auf den Kinderliteraturmarkt verdeutlicht. Die Unterscheidung hilft auch, verschiedene Verbreitungs- und Rezeptionsweisen von Kinderliteratur zu verstehen.
3. Spezifische Kinderliteratur Eine proaktive Definition
Eine weitere Kategorie von Kinderliteratur ist die spezifische Kinderliteratur. Im Gegensatz zu den vorherigen Definitionen, bei denen die Eignung für Kinder erst nachträglich festgestellt wird, liegt bei der spezifischen Kinderliteratur die Festlegung der Zielgruppe bereits bei der Entstehung des Werks. Bücher, die von ihren Autoren gezielt für Kinder geschaffen werden, fallen unter diese Kategorie. Die spezifische Kinderliteratur unterscheidet sich daher grundlegend von den anderen Kategorien durch ihre proaktive Ausrichtung. Der Autor hat von Anfang an die Bedürfnisse und die kognitiven Fähigkeiten seiner jungen Leserschaft im Blick. Diese Definition hebt den Aspekt der intentionalen Kreation für Kinder hervor und betont den entscheidenden Unterschied zwischen Texten, die zufällig von Kindern gelesen werden, und Texten, die explizit für sie geschrieben wurden. Die spezifische Kinderliteratur repräsentiert einen fokussierten Ansatz in der Produktion von Kinderbüchern.
II.Kinderliterarische Übersetzung Herausforderungen und Forschungsstand
Ein zentraler Abschnitt behandelt die kinderliterarische Übersetzung und ihre Besonderheiten. Der Fokus liegt auf den Unterschieden zur Übersetzung von Erwachsenenliteratur, insbesondere auf der Berücksichtigung der kognitiven Fähigkeiten junger Leser und der Notwendigkeit von Textmanipulationen. Die Etablierung der Kinderliterarischen Übersetzungsforschung als wissenschaftliche Disziplin wird erwähnt, sowie die Herausforderungen in Bezug auf die kognitive Auffassungsgabe junger Leser und die unterschiedlichen Ansätze in der Übersetzungstheorie und -praxis (Lokalisierung vs. Bewahrung der Ausgangstextfremdheit).
1. Unterschiede zwischen der Übersetzung von Kinder und Erwachsenenliteratur
Der Abschnitt hebt die spezifischen Herausforderungen der kinderliterarischen Übersetzung im Vergleich zur Übersetzung von Erwachsenenliteratur hervor. Lathey (2006a: 11) benennt „stylistic, literary, developmental and ideological factors“ als Unterscheidungsmerkmale. Oittinen (2000: 6) betont die unterschiedliche „dialogic situation“, die sich aus den besonderen Bedürfnissen junger Leser ergibt. Stolt (1978: 69) und van Coillie (2006a: v) weisen auf die erhöhte Häufigkeit von Abweichungen vom Ausgangstext in Übersetzungen von Kinderliteratur hin. Van Coillie formuliert es prägnant: „Translation for children does not differ in kind from translating for adults, but simply in the extent to which it necessitates or allows forms of textual manipulation.“ Diese häufigeren Abweichungen vom Originaltext sind ein zentrales Thema und zeigen die notwendigen Anpassungen auf, die bei der Übersetzung für ein jüngeres Publikum getroffen werden müssen. Die verschiedenen Ansichten der genannten Autoren unterstreichen die Komplexität dieses Feldes und die Notwendigkeit einer eigenständigen Betrachtungsweise von Kinderbuchübersetzungen.
2. Etablierung der Kinderliterarischen Übersetzungsforschung
Ausgehend von der Erkenntnis, dass Kinderbuchübersetzungen einer eigenen Betrachtung bedürfen (Reiß, 1982: 7), wird die zunehmende Bedeutung und Etablierung der kinderliterarischen Übersetzungsforschung als eigenständige wissenschaftliche Disziplin seit Mitte der 1970er Jahre beschrieben. Die zunehmend erkannte Notwendigkeit einer spezifischen Forschung auf diesem Gebiet zeigt die wachsende Anerkennung der komplexen Herausforderungen im Bereich der Kinderbuchübersetzung. Die Entwicklung dieser Disziplin wird als Meilenstein gesehen, da sie zur systematischen Untersuchung und zum verbesserten Verständnis der spezifischen Aspekte der Kinderbuchübersetzung beiträgt. Die Arbeit kündigt an, im folgenden Kapitel die wichtigsten Entwicklungsschritte dieser Forschungsrichtung näher zu beleuchten und ihre historische Entwicklung nachzuzeichnen.
III.Der Einfluss des Übersetzers und kultureller Normen
Die Arbeit untersucht den Einfluss verschiedener Faktoren auf die Übersetzung von Kinderbüchern. Zentrale Aspekte sind das vom Übersetzer verwendete Kindheitsbild, die sprachlichen Normen der Zielkultur und die kulturelle Anpassung (Kontextadaptation). Beispiele für Einbürgerungen (z.B. Ortsveränderungen, Namensänderungen) werden diskutiert, ebenso wie die Berücksichtigung von religiösen, politischen und gesellschaftlichen Normen. Die Notwendigkeit, zwei Lesergruppen (Kinder und Erwachsene) anzusprechen, wird im Kontext von ambivalenten und univalenten Texten erörtert.
1. Das Kindheitsbild des Übersetzers und die kognitive Auffassungsgabe des jungen Lesers
Ein zentraler Aspekt ist der Einfluss des vom Übersetzer geprägten Kindheitsbildes auf die Übersetzung kinderliterarischer Texte. Die Annahme über die kognitiven Fähigkeiten der jungen Leser beeinflusst die Übersetzung entscheidend. Surmatz (2005: 42) merkt an, dass im Gegensatz zur Erwachsenenliteratur, wo Komplexität mit Anerkennung einhergeht, in der Kinderliteratur der „gedachte Horizont von Kindern andere Toleranzschwellen“ bewirkt. Klingberg (1986b: 40) betont die Notwendigkeit, „Rücksicht auf Kenntnisse, Lesefähigkeit, Interessen, Erlebnisart usw. der Leser“ zu nehmen. Reiß (1982: 8) argumentiert, dass Kinder aufgrund ihres Alters eine „eingeschränkte Weltkenntnis und Lebenserfahrung“ haben. Diese Überlegungen führen dazu, dass Übersetzer Ausgangstextteile vereinfachen oder anpassen, um die Verständlichkeit für die Zielgruppe zu gewährleisten. Dieser Prozess unterscheidet sich deutlich von der Übersetzung von Erwachsenenliteratur, wo ein höheres Maß an Komplexität erwartet und toleriert wird. Das Kindheitsbild des Übersetzers fungiert als zentraler Filter und beeinflusst die Entscheidungen im Übersetzungsprozess maßgeblich.
2. Lokalisierung vs. Bewahrung der Ausgangstextfremdheit Ein Konflikt in der Übersetzungspraxis
Die Diskussion um die Methode der Übersetzung von Kinderliteratur zeigt einen Konflikt zwischen Theorie und Praxis. Während viele Theoretiker die Bewahrung der ausgangstextlichen Fremdheit betonen, dominiert in der Praxis lange Zeit ein lokalisierender Ansatz. Klingberg (1986b: 41) plädiert dafür, Lokalisierungen als Ausnahme zu betrachten. Beispiele für Lokalisierungen umfassen die Verlegung des Schauplatzes (z.B. von England nach Italien in der Übersetzung von Beatrix Potters „Die Geschichte von Eichhörnchen Nusper“), die Anpassung von Namen und kulturellen Referenzen (z.B. die „Eindeutschung“ von Pinocchio). Im Gegensatz dazu steht eine konsequent exotisierende Übersetzung, die kulturspezifische Merkmale bewahrt (z.B. die amerikanische Version von „Emil und die Detektive“). Diese gegensätzlichen Ansätze verdeutlichen die Herausforderung, den Balanceakt zwischen der Vermittlung fremder Kulturen und der Schaffung einer leichteren Zugänglichkeit für junge Leser zu meistern. Der Konflikt zwischen Theorie und Praxis zeigt die Komplexität der Entscheidungsfindung im Übersetzungsprozess.
3. Intratextuelle und Extratextuelle Strategien zur Bewahrung der Fremdheit
Um die Fremdheit des Ausgangstextes zu bewahren, greifen Übersetzer auf verschiedene Strategien zurück. Intratextuelle Erklärungen, wie das Einfügen von Nebensätzen zur Erläuterung unbekannter Begriffe (z.B. die Erklärung von „Eton“ in der französischen Übersetzung von „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“), sind eine Möglichkeit. Extratextuelle Erklärungen, wie Fußnoten oder Vorworte, die kulturspezifische Bezüge erläutern (z.B. die Erklärung eines schwedischen Sprichworts in der französischen Übersetzung von „Pippi Langstrumpf“ oder die Erläuterung deutscher Namen in der britischen Übersetzung von „Emil und die Detektive“) sind eine weitere. Auch Glossare im Anhang können zum Einsatz kommen (z.B. in der spanischen Übersetzung von „Die Sonne im Gesicht“). Diese verschiedenen Methoden verdeutlichen, dass die Bewahrung der Fremdheit keinesfalls ein einfacher Prozess ist, sondern eine Vielzahl von strategischen Entscheidungen erfordert. Die Wahl der jeweiligen Strategie hängt von dem Kontext des Textes und den spezifischen kulturellen und sprachlichen Gegebenheiten der Zielgruppe ab.
IV.Analyse der Enid Blyton Übersetzungen
Ein Hauptteil der Arbeit analysiert die deutschen Übersetzungen der Enid Blyton-Bücher, insbesondere der St. Clare’s-Reihe (deutsch: Hanni und Nanni). Die Analyse untersucht, wie kulturelle Markierungen auf mikro- und makrotextueller Ebene angepasst wurden (z.B. Ortsangaben, Namen, Essen, Währung). Der geringe Status von Blytons Werken und die kommerzielle Ausrichtung des Verlags werden als Einflussfaktoren auf die Einbürgerungsstrategien der Übersetzer genannt. Die Auswirkungen auf verschiedene Ebenen – Handlung, Hintergrundsituation, Drittsprachen (Französisch) und literarische Referenzen – werden detailliert untersucht. Die Autorin vergleicht die Übersetzungen der Originalbände mit Neuübersetzungen und Fortsetzungen, um Kontinuitäten und Veränderungen im Laufe der Zeit zu beleuchten. Pamela Cox wird als Autorin von Fortsetzungen genannt. Wichtige Figuren: Hanni und Nanni, verschiedene Lehrerinnen. Wichtige Orte: Lindenhof (fiktiv), Hofkirchen (fiktiv), Pfalzburg (fiktiv).
1. Analyse der deutschen Übersetzungen der St. Clare s Reihe Hanni und Nanni
Der Hauptteil der Analyse konzentriert sich auf die deutschen Übersetzungen der Enid Blyton-Bücher, speziell der St. Clare’s-Serie, die im Deutschen als „Hanni und Nanni“ bekannt ist. Die Untersuchung fokussiert darauf, wie kulturelle Markierungen auf mikro- und makrotextueller Ebene angepasst wurden. Dabei werden Veränderungen in Bezug auf die Handlung, die Hintergrundsituation (z.B. Schulsystem, Rituale), und Realien (z.B. Essen, Währung, Maßeinheiten) betrachtet. Die Analyse zeigt eine umfassende Kontextadaptation an die deutsche Lebenswelt, die darauf abzielt, den jungen Lesern einen möglichst unkomplizierten und leicht verständlichen Text zu bieten. Der geringe Status von Blytons Werken im literarischen Kanon und die kommerzielle Ausrichtung des Verlags werden als Schlüsselfaktoren für die vorgenommenen Eingriffe identifiziert. Die Analyse bewertet die Übersetzungen als stark einbürgernd, wobei die Strategien der Substitution durch deutsche Äquivalente, Verallgemeinerung und Entfernung als dominierend erkannt werden. Die Übersetzerin, deren Name im Text als Christa Kupfer genannt wird, und die Verleger scheinen wenig Respekt vor dem Originalwerk gezeigt zu haben, indem sie es an die deutschen Normen und Erwartungen anpassten.
2. Vergleich der Original Blyton Bände mit Neuübersetzungen und Fortsetzungen
Um die zeitgenössische Übersetzungspraxis von Kinderbüchern zu überprüfen, wird die Übersetzung einer Fortsetzung der St. Clare’s-Reihe von Pamela Cox analysiert. Die Wahl dieses Textes liegt darin begründet, dass die Fortsetzungen von der Öffentlichkeit und der Forschung als vergleichbar mit den Originalen eingestuft werden. Der Vergleich zeigt Kontinuitäten und Diskontinuitäten in den Übersetzungsstrategien. Es werden Ähnlichkeiten in den Strategien zur Einbürgerung von Realien und kulturellen Markierungen feststellbar, wie die Anpassung der Währung an die deutsche und die Modifikation von Speisen. Auch die Verlegung des Handlungsortes in die Bundesrepublik wird als kontinuierliche Strategie beobachtet. Diese Analyse legt den Schluss nahe, dass auch in späteren Übersetzungen die Tendenz zur Kontextadaptation und zur Vereinfachung für den deutschen Leser beibehalten wurde. Die Analyse von Pamela Cox’ Übersetzungen liefert daher wichtige Informationen über die langfristigen Trends in der Übersetzung von Kinderliteratur.
3. Kulturelle und sprachliche Anpassungen Mikro und Makrotextuelle Ebene
Die Analyse der Übersetzungen untersucht die Anpassungen auf Mikro- und Makroebene. Auf makrotextueller Ebene wird beispielsweise die Namensänderung der Reihe von „St. Clare’s“ zu „Hanni und Nanni“ als Marketingstrategie zur Steigerung der Identifikation bei den Lesern interpretiert. Auf mikrotextueller Ebene werden Veränderungen bei Realien wie Nahrungsmitteln, Maßeinheiten und Währung analysiert, ebenso wie die Übersetzung oder das Weglassen von französischen Ausdrücken und literarischen Referenzen. Die Übersetzerin Christa Kupfer und der Illustrator Nikolaus Moras passen die Handlung und die Illustrationen konsequent an deutsche Verhältnisse an. Die Untersuchung zeigt eine weitgehende Kontextadaptation, die den deutschen Leser in einer ihm vertrauten Umgebung verortet. Dieser Prozess beinhaltet auch die Entfernung von Aspekten, die als kulturell zu fremd oder als nicht mehr zeitgemäß (z.B. das Morgengebet) angesehen werden. Die Analyse unterstreicht, wie stark kulturelle und sprachliche Normen die Übersetzung beeinflussen.
V.Die Hanni und Nanni Verfilmung Ein intermedialer Transfer
Der letzte Abschnitt untersucht die intermediale Übersetzung (Film) der Hanni und Nanni-Bücher. Ähnliche Einflussfaktoren wie bei der sprachlichen Übersetzung wirken auf den Filmprozess ein. Die Notwendigkeit, zwei Lesergruppen (Kinder und Eltern) anzusprechen, sowie die Anpassung an gesellschaftliche Normen werden hervorgehoben. Der Film wird als eigenständiges ästhetisches Werk betrachtet, jedoch wird auch der Vergleich zur literarischen Vorlage (insbesondere im Bezug auf Werktreue) diskutiert. Die UFA wird als Filmproduktionsfirma genannt; Nico Hofmann als Produzent.
1. Der intermediale Transfer Film als Übersetzung des Buches
Dieser Abschnitt untersucht die Verfilmung der „Hanni und Nanni“-Bücher als intermedialen Transfer, ähnlich einem interlingualen Übersetzungsprozess. Die Arbeit betont, dass der Zugang über die Einflussfaktoren auf den Produktionsprozess gewinnbringender ist als die alleinige Betrachtung der Werktreue. Es wird argumentiert, dass ein Kinderfilmproduzent ähnlichen Einflussfaktoren unterliegt wie ein Übersetzer von Kinderbüchern. Die Frage nach der zumutbaren Komplexität des Inhalts und der Form für die Zielgruppe spielt auch hier eine wichtige Rolle. Ähnlich wie bei der Übersetzung werden zur Verständniserleichterung Strategien der Einbürgerung und Genreanpassung verfolgt. Die Analyse verdeutlicht, dass die gleichen grundlegenden Prinzipien auf den intermedialen Transfer angewendet werden können wie auf die sprachliche Übersetzung.
2. Einflussfaktoren auf die Filmproduktion Parallelen zur Buchübersetzung
Die Untersuchung der „Hanni und Nanni“-Verfilmung zeigt Parallelen zu den vorher analysierten Übersetzungen. Ähnlich wie bei der Übersetzung müssen auch im Film gesellschaftliche Normen berücksichtigt werden, um Diskriminierungen zu vermeiden. Die Frage der Komplexität des Inhalts für die Zielgruppe ist entscheidend. Sowohl in der sprachlichen Übersetzung als auch in der Verfilmung wurden Strategien der Einbürgerung und Genreanpassung eingesetzt, um das Verständnis zu erleichtern. Der Film „Hanni und Nanni I“ wird als Beispiel analysiert. Es werden zusätzliche Einflussfaktoren auf die Filmproduktion hervorgehoben, die in der sprachlichen Übersetzung keine Rolle spielten. Dies beinhaltet den Einfluss des Lizenzgebers und die adressierung zweier Lesergruppen (Kinder und Eltern). Der Film muss nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern ansprechen, um einen kommerziellen Erfolg zu erreichen.
3. Werktreue vs. Einflussfaktoren Ein neuer Ansatz zur Analyse intermedialer Transfers
Der Abschnitt betont, dass die Bewertung von Medienadaptionen nicht allein auf dem Kriterium der „Werktreue“ basieren sollte. Stattdessen wird ein ganzheitlicherer Ansatz verfolgt, der verschiedene Einflussfaktoren berücksichtigt. Es wird argumentiert, dass der intermediale Transfer kinderliterarischer Stoffe als eine dem interlingualen Transfer nahestehende Übersetzungsart angesehen werden kann. Die Analyse des Films „Hanni und Nanni I“ verdeutlicht diesen Ansatz. Der Film „Hanni und Nanni I“ wird als Beispiel dafür genannt, wie ein Kinderfilm als intermediale Übersetzung verstanden werden kann, und wie die gleichen Einflussfaktoren wie bei der Übersetzung von Büchern wirken. Die Untersuchung fokussiert auf die Komplexität der Adaption und die notwendigen Anpassungen an das Kindheitsbild der Zielgruppe und die herrschenden gesellschaftlichen Normen. Die UFA und Nico Hofmann werden als beteiligte Akteure im Filmprozess erwähnt.
VI.Schlussfolgerung und Ausblick
Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und einem Ausblick auf zukünftige Forschung. Ein Baukastensystem zur Analyse von Übersetzungseinflüssen wird vorgeschlagen. Die Internationalisierung der Kinderbuchbranche und die Annäherung von Kulturformen werden als zukünftige Entwicklungen diskutiert, die die Notwendigkeit von Domestikierungen verringern könnten. Gleichzeitig werden die anhaltenden Bedeutung von Kindheitsbildern, Wertvorstellungen und sprachpädagogischen Normen betont.
1. Zusammenfassung der Ergebnisse Intermedialer Transfer als Übersetzungsart
Die Schlussfolgerung betont die Möglichkeit und den Nutzen, den intermedialen Transfer der Hanni und Nanni-Verfilmung mit den gleichen analytischen Werkzeugen zu betrachten wie die sprachlichen Übersetzungen. Der Vergleich zeigt, dass Kinderfilmproduzenten ähnlichen Einflussfaktoren unterliegen wie Übersetzer von Kinderbüchern. Die Frage nach der zumutbaren Komplexität für die Zielgruppe spielt in beiden Bereichen eine entscheidende Rolle. Sowohl bei der Übersetzung als auch bei der Verfilmung werden zur Vereinfachung Strategien der Einbürgerung und Genreanpassung verwendet. Die Einhaltung gesellschaftlicher Normen und die Vermeidung von Diskriminierungen sind für beide Medienprodukte essenziell. Im Fall der Verfilmung kommen zusätzlich der Einfluss des Lizenzgebers und die wichtige Adressierung zweier Lesergruppen (Kinder und Erwachsene) als Einflussfaktoren hinzu. Der intermediale Transfer wird daher als eine dem interlingualen Transfer nahestehende Übersetzungsart eingestuft.
2. Bewertung des Baukastensystems zur Übersetzungsuntersuchung
Die Arbeit schlägt ein „Baukastensystem“ als flexible Alternative zu starren Checklisten für die Analyse von Übersetzungsprozessen vor. Dieses System bietet eine Hilfestellung, um häufig auftretende Einflussfaktoren zu identifizieren und die Auswirkungen von Übersetzereingriffen zu analysieren. Es wird jedoch betont, dass es sich weder um eine vollständige Auflistung noch um eine fest vorgeschriebene Reihenfolge handelt. Die Flexibilität des Systems ermöglicht eine Anpassung an individuelle Übersetzungsbeispiele, garantiert aber nicht die Identifizierung aller relevanten Aspekte. Die Arbeit betont den Charakter des Systems als ‚Hilfestellung‘ und den Bedarf an weiterer Forschung zur Ergänzung des Kriterien-Pools. Ein zu großer Umfang würde die Anwenderfreundlichkeit beeinträchtigen. Die Grenzen des Systems hinsichtlich der Vollständigkeit werden explizit angesprochen.
3. Ausblick Zukünftige Entwicklungen in der Kinderliteraturübersetzung
Der Ausblick prognostiziert zwei gegensätzliche Entwicklungen bezüglich der Relevanz von Einflussfaktoren auf die Übersetzung von Kinderliteratur. Einerseits ist ein Rückgang des Einflusses von einzelnen Übersetzern und Lektoren sowie einbürgernder Übersetzungsstrategien zu erwarten, bedingt durch die zunehmende Internationalisierung der Kinderbuchbranche und die Konvergenz von Kulturformen (Umlauf, 2005: 158). Andererseits werden Einflussfaktoren wie unterschiedliche Kindheitsbilder, Wertvorstellungen und Vorstellungen von „gutem“ Inhalt und Sprache für junge Leser weiterhin relevant bleiben (Hunt, 2001: 8). Hunt argumentiert, dass grundlegende Vorstellungen davon, was ein Kinderbuch sein sollte, sich nur wenig verändern. Die Arbeit unterstreicht daher die anhaltende Bedeutung von kulturellen und gesellschaftlichen Faktoren auf den Übersetzungsprozess, auch in Zukunft.