Transformationsprozess zum treibhausgasneutralen und ressourcenschonenden Deutschland - Vergleich der Szenarien

Klimaschutz-Szenarien: Deutschland 2050

Dokumentinformationen

Autor

Dr. Monika Dittrich

Schule

ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung GmbH, Heidelberg; Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik, Kassel; SSG, Wiesbaden

Fachrichtung Umweltwissenschaften, Energietechnik, Wirtschaftswissenschaften (vermutlich)
Ort Dessau-Roßlau
Dokumenttyp Abschlussbericht
Sprache German
Format | PDF
Größe 5.52 MB

Zusammenfassung

I.Szenarienvergleich zur Treibhausgasneutralität und Ressourceneffizienz in Deutschland

Die Studie "RESCUE" (Ressourceneffiziente Wege zur Treibhausgasneutralität) des Umweltbundesamtes (UBA) analysiert sechs Transformationsszenarien (Green-Szenarien) für ein treibhausgasneutrales und ressourceneffizientes Deutschland bis 2050. Die Szenarien (GreenLate, GreenSupreme, GreenMe, GreenLife, GreenEe1, GreenEe2) unterscheiden sich in ihrem Ambitionsniveau hinsichtlich Ressourceneffizienz und Lebensstiländerungen. GreenSupreme repräsentiert den ambitioniertesten Weg mit einer Reduktion der THG-Emissionen um rund 70% bis 2030 und einer erheblichen Reduktion des Rohstoffverbrauchs. GreenLate hingegen zeigt einen weniger ambitionierten Pfad mit deutlich höheren Emissionen und Rohstoffbedarf. Die Unterschiede zwischen den Szenarien resultieren hauptsächlich aus dem Tempo der Energiewende (Kohleausstieg, Ausbau erneuerbarer Energien, Elektromobilität) und den Maßnahmen zur Steigerung der Ressourceneffizienz in Industrie und Haushalten. Die Analyse umfasst CO2Äq-Emissionen, den Rohmaterialinput (RMI) und den Rohstoffkonsum (RMC), wobei der Fokus auf Primärrohstoffen und Sekundärrohstoffen (Schrott) liegt. Besondere Aufmerksamkeit wird der Nachfrage nach Technologiemetallen wie Lithium, Silizium und Kobalt gewidmet, da diese für Schlüsseltechnologien der Energiewende essentiell sind.

1. Das RESCUE Projekt und die Green Szenarien

Das Umweltbundesamt (UBA) hat im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts RESCUE (Ressourceneffiziente Wege zur Treibhausgasneutralität) sechs Transformationsszenarien – die Green-Szenarien – entwickelt. Diese Szenarien beschreiben verschiedene Pfade hin zu einem ressourceneffizienten und treibhausgasneutralen Deutschland bis 2050. Die Szenarien unterscheiden sich in ihrem Ambitionsniveau bezüglich der Ressourceneffizienz und der angestrebten Lebensstiländerungen. Das Projekt wurde erfolgreich mit einem hohen Anteil an Eigenforschung des UBA und intensiver Einbindung externer Wissenschaftler durchgeführt (FKZ 3715411150). Der vorliegende Bericht synthetisiert und vergleicht die wichtigsten Ergebnisse der sechs Green-Szenarien hinsichtlich Treibhausgasemissionen und Rohstoffnutzung. Die größten Unterschiede bestehen zwischen dem am wenigsten ambitionierten Szenario GreenLate und dem ambitioniertesten Szenario GreenSupreme. Die Unterschiede zwischen GreenMe (hoher Fokus auf Ressourceneffizienz) und GreenLife (hoher Fokus auf Lebensstiländerungen) sind geringer, aber dennoch vorhanden. Die Szenarien sollen dazu beitragen, verschiedene Strategien zur Erreichung der Klimaziele zu bewerten und zu vergleichen.

2. Methodische Vorgehensweise und Datenbasis

Die Analyse basiert auf den sechs Green-Szenarien des RESCUE-Projekts und berücksichtigt verschiedene Faktoren. Die Szenarien wurden mit Hilfe von Modellen entwickelt, die die komplexen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Sektoren der Wirtschaft und dem Konsumverhalten abbilden. Die Ergebnisse beziehen sich auf die Entwicklung der Treibhausgasemissionen (in CO2-Äquivalenten) und des Rohstoffverbrauchs bis zum Jahr 2050. Die Datenbasis umfasst sowohl die territoriale Bilanzierung der Treibhausgasemissionen als auch eine konsumperspektive Betrachtung, die Importe und Exporte einbezieht. Es wurden unterschiedliche Indikatoren verwendet, um die Ressourceneffizienz zu messen, wie z.B. der Rohmaterialinput (RMI) und der Rohstoffkonsum (RMC). Die Modellierung berücksichtigt auch den Einfluss von technologischen Fortschritten, unterschiedlichen Transformationsgeschwindigkeiten im In- und Ausland sowie die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Die Berücksichtigung von Recyclingmöglichkeiten und deren Einfluss auf den Rohstoffbedarf wurde ebenfalls in die Szenarien integriert. Die Ergebnisse werden im Detail in Tabellen und Abbildungen dargestellt, die im Originalbericht zu finden sind.

3. Hauptergebnisse Vergleich der Szenarien

Der Bericht präsentiert einen detaillierten Vergleich der sechs Green-Szenarien. Ein Hauptaugenmerk liegt auf den Unterschieden in den Treibhausgasemissionen und dem Rohstoffverbrauch. GreenSupreme zeichnet sich durch eine besonders ambitionierte Transformation aus, die zu deutlich niedrigeren Emissionen und einem geringeren Rohstoffverbrauch führt als GreenLate, das ein weniger ambitioniertes Szenario darstellt. Die Analyse untersucht die Auswirkungen verschiedener Maßnahmen auf die Emissionen in verschiedenen Sektoren, wie z.B. Industrie, Landwirtschaft und Verkehr. Es wird gezeigt, dass der schnelle Ausstieg aus der Kohleverstromung, der Ausbau erneuerbarer Energien und die Elektromobilität in GreenSupreme zu einer erheblichen Reduktion der energiebedingten Treibhausgasemissionen im Vergleich zu GreenLate führen. Die Unterschiede bei den Rohstoffen liegen vor allem bei abiotischen Rohstoffen (Metalle, nicht-metallische Minerale, fossile Brennstoffe) und werden durch unterschiedliche Recyclingraten, Ressourceneffizienzverbesserungen und rohstoffsparende Technologien beeinflusst. Die Nachfrage nach Technologiemetallen wie Lithium wird in den Szenarien besonders hervorgehoben, da diese für die Energiewende unabdingbar sind.

II.Emissionen von Treibhausgasen THG im Szenarienvergleich

Die THG-Emissionen variieren stark zwischen den Szenarien. GreenSupreme erreicht bis 2030 eine Reduktion um 70% gegenüber 1990, während GreenLate lediglich einen Rückgang von 61,3% aufweist. Die größten Unterschiede resultieren aus energiebedingten Emissionen, inklusive des Transportsektors. Der schnelle Ausbau erneuerbarer Energien und der Kohleausstieg in GreenSupreme führen zu deutlich geringeren Emissionen im Vergleich zu GreenLate. Auch im Jahr 2050 bestehen noch Unterschiede, wobei die Differenz zwischen GreenLate und GreenSupreme bei 20,6 Mio. Tonnen CO2Äq liegt. Prozessbedingte THG-Emissionen aus der Industrie werden durch ressourceneffiziente Ansätze (z.B. Substitution von Zement durch Holzbaustoffe) reduziert, während Lebensstiländerungen (vor allem weniger Fleisch- und Milchkonsum) den größten Effekt auf die Emissionen aus der Landwirtschaft haben.

1. THG Emissionen im Jahr 2030 Szenarienvergleich

Im Jahr 2030 zeigen sich erhebliche Unterschiede in den Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) der einzelnen Szenarien. GreenLate weist mit 586 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten (CO2Äq) einen Rückgang von 61,3 % gegenüber 1990 auf. GreenSupreme hingegen erreicht mit nur 388 Millionen Tonnen CO2Äq eine Reduktion von etwa 70 %. Dieser Unterschied von 198 Millionen Tonnen CO2Äq verdeutlicht die erheblichen Auswirkungen des unterschiedlichen Ambitionsniveaus der Szenarien. Die Szenarien GreenMe und GreenLife zeigen ähnliche Emissionsreduktionen von rund 62 %, was den vergleichbaren Beitrag zusätzlicher Annahmen zu Lebensstiländerungen und Ressourceneffizienz verdeutlicht. Die Kombination beider Maßnahmen in GreenSupreme führt zu einem deutlich größeren Einsparpotenzial mit einer Reduktion der THG-Emissionen um 70% bis 2030. Die Berechnungen berücksichtigen nicht die potenziellen Senkenwirkungen von Wäldern und Forstprodukten; deren Einfluss auf die verbleibenden Emissionen bedarf weiterer Untersuchung.

2. Ursachen der Emissionsunterschiede und Sektorale Betrachtung

Die wesentlichen Unterschiede zwischen den Szenarien basieren auf den energiebedingten THG-Emissionen, einschließlich der Emissionen aus dem Verkehrssektor. Der schnelle Ausstieg aus der Kohleverstromung, der zügige Ausbau erneuerbarer Energien und die rasche Einführung von Elektromobilität in GreenSupreme führen zu 172 Millionen Tonnen CO2Äq weniger energiebedingten THG-Emissionen im Vergleich zu GreenLate. Im Jahr 2050 sind die Unterschiede zwischen den Szenarien geringer, betragen aber immer noch 20,6 Millionen Tonnen CO2Äq zwischen GreenLate und GreenSupreme. Die zusätzlichen Lebensstiländerungen in GreenLife wirken sich am stärksten auf die THG-Emissionen der Landwirtschaft aus, insbesondere durch die Reduktion des Verbrauchs von Fleisch und Milchprodukten. Prozessbedingte THG-Emissionen der Industrie lassen sich durch ressourceneffiziente Maßnahmen wie die Substitution emissionsintensiver Vorprodukte (z.B. Zement durch Holzbaustoffe) oder die Reduktion der Gesamtnachfrage (z.B. durch neue Betonarten) mindern.

3. Entwicklung der THG Emissionen über die Zeit und konsumperspektive Betrachtung

Die jährlichen THG-Emissionen unterscheiden sich in allen untersuchten Jahren (2030, 2040, 2050) deutlich zwischen den Szenarien. Die Unterschiede resultieren aus dem unterschiedlichen Tempo der Transformation in den verschiedenen Sektoren. Betrachtet man die Emissionen aus einer konsumperspektive, d.h. unter Berücksichtigung von Importen und Exporten, ergibt sich ein ähnliches Bild wie bei der territorialen Bilanzierung. Die Annahmen über die Transformationsgeschwindigkeit im Rest der Welt sind für die konsumbasierten Emissionen relevant. In Szenarien wie GreenEe, GreenLate und GreenLife verbleiben im Jahr 2050 beispielsweise energiebedingte THG-Emissionen, die im Ausland für die Produktion von im Inland konsumierten Gütern anfallen. In GreenMe und GreenSupreme werden diese Emissionen eliminiert, was zu niedrigeren THG-Emissionen im Jahr 2050 führt. Der Unterschied zwischen GreenLate und GreenSupreme ist beträchtlich und beläuft sich auf 173,1 – 203,5 – 29,2 Millionen Tonnen CO2Äq in den Jahren 2030, 2040 und 2050.

III.Rohstoffverbrauch und Ressourceneffizienz im Szenarienvergleich

Der Rohstoffverbrauch sinkt in allen Szenarien, jedoch am stärksten in GreenSupreme. Bis 2050 kann der Verbrauch an Primärrohstoffen in GreenSupreme um 70% reduziert werden, während GreenLate nur eine Reduktion um 56% erreicht. Die Unterschiede betreffen vor allem abiotische Rohstoffe (Metalle, nicht-metallische Minerale, fossile Brennstoffe). Recyclinganstrengungen, Ressourceneffizienzverbesserungen und rohstoffsparende Technologien erklären diese Unterschiede. Die Nachfrage nach Technologiemetallen (insbesondere Lithium) übersteigt in GreenSupreme trotz Einsparungen die aktuelle Produktionsmenge deutlich. Der Vergleich von GreenMe (hohe technische Ressourceneffizienz) und GreenLife (ambitionierte Lebensstiländerungen) zeigt klarere Unterschiede beim Rohstoffverbrauch als bei den THG-Emissionen.

1. Rohstoffnachfrage im Szenarienvergleich Gesamtübersicht

Die Studie analysiert die Rohstoffnachfrage in den sechs Green-Szenarien bis 2050. In allen Szenarien sinkt die Nachfrage nach den meisten untersuchten Rohstoffen. Die größten Rückgänge zeigen sich in GreenSupreme, dem ambitioniertesten Szenario, während GreenLate die geringsten Rückgänge aufweist. Dieser Unterschied ist besonders deutlich bei abiotischen Rohstoffen wie Metallen, nicht-metallischen Mineralien und fossilen Brennstoffen. Die Unterschiede resultieren aus unterschiedlichen Recycling-Anstrengungen, Ressourceneffizienzverbesserungen und rohstoffsparenden Technologien. Ausnahmen bilden Technologiemetalle wie Lithium und Silizium, die aufgrund der Energiewende eine steigende Nachfrage aufweisen. Die Nachfrage nach diesen Metallen übersteigt in GreenSupreme, trotz Einsparungen und neuer Technologien, die aktuelle Produktionsmenge um ein Vielfaches. Potenzielle Recyclingmengen sind in den Berechnungen noch nicht berücksichtigt und könnten die Nachfrage deutlich reduzieren. Die Studie hebt hervor, dass ein ambitionierter Transformationsweg wie in GreenSupreme im Vergleich zu GreenLate einen erheblich geringeren Rohstoffverbrauch bedeutet.

2. Detaillierte Betrachtung einzelner Rohstoffe und Materialgruppen

Die Nachfrage nach Primärrohstoffen wie Eisen, Kupfer und Aluminium sinkt in allen Szenarien, wobei GreenSupreme die stärksten und GreenLate die geringsten Rückgänge aufweist. Der geringere Schrotteinsatz und die geringeren Effizienzsteigerungen in GreenLate erklären dies. Die Nachfrage nach Sekundärrohstoffen (Schrott) steigt in GreenLate weniger stark als in den anderen Szenarien, da der Schrottanteil geringer ist. In GreenSupreme ist die Nachfrage nach Schrotten in etwa gleich hoch wie in GreenLate. Die Analyse zeigt einen deutlichen Unterschied zwischen GreenMe und GreenLife beim Rohstoffverbrauch, im Gegensatz zu den THG-Emissionen. Bis 2050 kann der Primärrohstoffverbrauch im ambitioniertesten Szenario GreenSupreme um 70% gesenkt werden, in GreenLate hingegen nur um 56%. Der Einsatz von Sand, Kies und Schotter ist in allen Szenarien rückläufig, jedoch am stärksten in GreenMe und GreenSupreme aufgrund höherer Recyclingraten und Effizienzsteigerungen. Die Nachfrage nach bestimmten Metallen sinkt bis 2050 in GreenSupreme auf Werte um oder unter 1% der aktuellen Produktionsmenge, was dem Anteil der deutschen Bevölkerung an der Weltbevölkerung entspricht. Die Nachfrage nach Lithium übersteigt dies jedoch deutlich.

3. Ressourceneffizienz und Gesamtrohstoffproduktivität

Die Studie betrachtet auch die Ressourceneffizienz und die Gesamtrohstoffproduktivität. Die Steigerung der Gesamtrohstoffproduktivität ist in GreenMe am höchsten. Obwohl der Rohmaterialinput (RMI) in GreenSupreme stärker sinkt als in GreenMe, ist der Anstieg der Rohstoffproduktivität geringer, da aufgrund der Annahme einer Wachstumsbefreiung das BIP nach 2030 nicht weiter wächst. In allen Szenarien wächst die Gesamtrohstoffproduktivität stärker als im Zeitraum 2000 bis 2010. Die Unterschiede im Rohstoffverbrauch zwischen GreenMe und GreenLife sind deutlicher als bei den THG-Emissionen. Im Bereich Ernährung ist der Rohstoffverbrauch in GreenSupreme überraschenderweise am höchsten, was durch die Berücksichtigung von Freizeit und Tourismus (Restaurantbesuche) erklärbar ist. In GreenSupreme wird aufgrund der Wachstumsbefreiung weniger Geld für Restaurantbesuche ausgegeben, und mehr zu Hause gegessen als in anderen Szenarien. Die Studie zeigt, dass in den meisten Bereichen die technischen Anstrengungen zur Materialeinsparung einen größeren Einfluss haben als die Lebensstiländerungen.

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