Transformationsprozess zum treibhausgasneutralen und ressourcenschonenden Deutschland - GreenLate

GreenLate: Treibhausneutralität

Dokumentinformationen

Autor

Dr. Monika Dittrich

Schule

Ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung gGmbH, Heidelberg; Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik, Kassel; SSG, Wiesbaden

Fachrichtung Umweltwissenschaften, Energietechnik, Wirtschaftswissenschaften (vermutlich)
Unternehmen

Umweltbundesamt

Ort Dessau-Roßlau
Dokumenttyp Abschlussbericht
Sprache German
Format | PDF
Größe 4.87 MB

Zusammenfassung

I.Das GreenLate Szenario Ein Weg zu Treibhausgasneutralität mit verzögertem Handeln

Die Studie analysiert das Szenario GreenLate, einen möglichen Transformationspfad Deutschlands bis 2050 zur Treibhausgasneutralität. Im Gegensatz zu ambitionierteren Szenarien zeichnet GreenLate ein Bild verzögerten Handelns bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen und Technikinnovationen. Wesentliche Merkmale sind eine geringe Elektrifizierung, der fortgesetzte Einsatz konventioneller Technologien (z.B. Verbrennungsmotoren) und ein späterer Ausbau erneuerbarer Energien. Dies führt zu einem höheren Energiebedarf und einer erhöhten Abhängigkeit von PtG/L-Importen (Power-to-Gas/Liquid). Der Rohstoffverbrauch (RMC) sinkt zwar bis 2050, liegt aber deutlich über anderen Szenarien, insbesondere bei Metallerzen. Die Studie untersucht die Herausforderungen und Konsequenzen dieses verzögerten Übergangs für verschiedene Sektoren wie Industrie, Landwirtschaft und Verkehr.

1. GreenLate Ein Szenario des verzögerten Handelns

Das Szenario GreenLate beschreibt einen Transformationspfad Deutschlands zur Treibhausgasneutralität bis 2050, der sich durch ein deutlich verzögertes Handeln in Bezug auf Klimaschutzmaßnahmen und technologische Innovationen auszeichnet. Deutschland bleibt ein exportorientierter Industriestandort mit steigenden Produktionskapazitäten. Obwohl bis 2030 eine Treibhausgasminderung von 55% gegenüber 1990 erreicht wird, findet die entscheidende Steigerung der Klimaschutzmaßnahmen erst nach 2040 statt. GreenLate charakterisiert sich durch eine geringe Elektrifizierung und den langfristigen Einsatz konventioneller Technologien wie Verbrennungsmotoren und Gasverbrennungstechniken. Systemisch effiziente Technologien wie Elektromobilität und Power-to-Heat werden weniger integriert, was zu einem höheren Energiebedarf und einem erhöhten Ausbaubedarf an erneuerbaren Energien und PtG/L-Importen führt. Die Primärrohstoffnachfrage (RMC) sinkt zwar um 56,1% im Vergleich zu heute, liegt aber im Vergleich zu anderen Szenarien deutlich höher. Das Szenario bewegt sich am Rande des Zielkorridors der Bundesregierung, ist aber nicht kompatibel mit einer Verschärfung der europäischen Klimaziele im Rahmen des Green Deals, um ein deutlich unter 2°C-Ziel zu erreichen.

2. Herausforderungen durch verzögerte Maßnahmen und geringeres Ambitionsniveau

Die Umsetzung von Klimaschutz, Dekarbonisierung und Ressourcenschutz muss im GreenLate-Szenario deutlich verstärkt werden. Die notwendigen Maßnahmen und Investitionen zur Erreichung einer THG-Minderung von 95% gegenüber 1990 müssen größtenteils in einem kürzeren Zeitraum und später realisiert werden. Dies erfordert enorme strukturelle Änderungen und hohe Investitionsbereitschaft. Das Ambitionsniveau zur Steigerung der Energie- und Materialeffizienz ist im Vergleich zu anderen Szenarien geringer. Dieser Trend, erforderliche hohe Ambitionsniveaus beim Klima- und Ressourcenschutz erst später umzusetzen, ist auch international zu beobachten. Die vollständige Umstrukturierung hin zu modernen, effizienten und dekarbonisierten Prozesstechniken bis 2050 ist nicht abgeschlossen. Es wird auf bestehende Techniken zurückgegriffen, was zu einem erhöhten Bedarf an erneuerbaren, strombasierten Energieträgern führt. Nur Branchen mit kurzen Erneuerungszyklen können auf direkt strombasierte und systemisch effiziente Endenergieträger umstellen. CCS-Techniken werden nicht als nachhaltige Option angesehen.

3. Sektorale Auswirkungen Industrie Landwirtschaft und Verkehr

Im Industriesektor verzögert sich die Forschung und Entwicklung sowie die Einführung treibhausgasarmer oder -neutraler Techniken. Es wird vorwiegend auf bestehende Technologien zurückgegriffen, wobei nur Branchen mit kurzen Erneuerungszyklen auf strombasierte Energieträger umstellen können. Rohstoffeffizienz- und Recyclingpotenziale werden nur teilweise ausgeschöpft. In der Landwirtschaft verläuft die Umstellung auf eine emissionsarme, moderne und nachhaltige Landwirtschaft ebenfalls verzögert. Treibhausgasminderungsmaßnahmen werden langsam umgesetzt, und die Nachfrage nach nachhaltigen regionalen Produkten liegt deutlich unter dem Niveau anderer Szenarien. Ähnlich verhält es sich im Verkehrssektor: Die Akzeptanz von Verkehrsvermeidung und Modal Split sowie die Integration der Elektromobilität verzögern sich, obwohl Elektromobilität bis 2050 den Fahrzeugbestand dominieren wird. Der Schwerlastverkehr wird 2050 weiterhin von Verbrennungsmotoren dominiert sein. Dies führt zu einem hohen Bedarf an erneuerbaren Kraftstoffen.

II.Herausforderungen im Industriesektor Konventionelle Technologien und Rohstoffeffizienz

GreenLate zeigt, dass die Umstrukturierung der Industrie hin zu dekarbonisierten Prozesstechniken bis 2050 unvollständig bleibt. Der Fokus liegt auf bestehenden Technologien, was den Bedarf an erneuerbaren strombasierten Energieträgern erhöht. Nur Branchen mit kurzen Erneuerungszyklen können auf direkt strombasierte und systemisch effiziente Endenergieträger umstellen. Rohstoffeffizienzpotenziale werden nur teilweise ausgeschöpft. Prozessbedingte THG-Emissionen werden 2050 weiterhin durch die Zementindustrie (75,5%), Kalk- und Glasindustrie dominiert, obwohl in anderen Industriezweigen bereits Rückgänge zu verzeichnen sind. CCS-Technologien werden als keine dauerhafte Lösung betrachtet.

1. Unvollständige Dekarbonisierung der Industrie im GreenLate Szenario

Das GreenLate-Szenario zeigt eine unvollständige Umstrukturierung der Industrie hin zu modernen, effizienten und dekarbonisierten Prozesstechniken bis 2050. Anstatt frühzeitig in Forschung und Entwicklung treibhausgasarmer Technologien zu investieren, wird vornehmlich auf bestehende, konventionelle Techniken zurückgegriffen. Dies führt zu einem erhöhten Bedarf an erneuerbaren, strombasierten Energieträgern, um den industriellen Bedarf zu decken. Nur Industriezweige mit kurzen Erneuerungszyklen (unter 10 Jahren) können bis 2050 auf direkt strombasierte und damit systemisch effiziente Endenergieträger umstellen. Industriezweige ohne Alternativen für THG-Minderungen, wie beispielsweise die Stahlindustrie, stellen erst sehr spät auf treibhausgasneutrale Prozesstechniken um. Die energiebedingten THG-Emissionen werden zwar in allen Branchen durch die vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien vermieden, der Prozess der Dekarbonisierung verläuft jedoch im GreenLate-Szenario deutlich langsamer und weniger vollständig als in anderen Szenarien. Das gemeinsame Verständnis, dass CCS-Technologien keine nachhaltige Lösung darstellen, führt dazu, dass Investitionen gezielt in alternative Technologien eingesetzt werden.

2. Geringere Rohstoffeffizienz und Recyclingpotenziale

Im GreenLate-Szenario werden die Potenziale zur Rohstoffeffizienz und zum Recycling im Vergleich zu anderen Green-Szenarien am geringsten ausgeschöpft. Dies ist eine direkte Folge des verzögerten Handelns und der mangelnden Innovation. Die späte Umstellung auf umweltfreundlichere Technologien und Prozesse führt zu einem höheren Primärrohstoffverbrauch (RMC) über den gesamten Zeitraum bis 2050. Obwohl die Gesamt-RMC im Vergleich zu 2010 sinkt, liegt sie deutlich über den Werten anderer, ambitionierterer Szenarien. Die Zementindustrie, Kalk- und Glasindustrie dominieren auch in 2050 die prozessbedingten THG-Emissionen (insgesamt 21,4 Mio. t CO2Äq im Jahr 2050), obwohl in anderen Industriezweigen bereits Rückgänge zu verzeichnen sind. Die Metallindustrie (ohne Eisen), sowie die Gießerei-, Textil-, Nahrungsmittel- und Papierindustrie emittieren in 2050 keine THG-Emissionen mehr. Die THG-Emissionen anderer Quellen wie Fluorierte Treibhausgase, Lösemittel und Lachgas gehen bis 2050 deutlich zurück.

3. Folgen des verzögerten Handelns Höherer Bedarf an erneuerbaren Energieträgern und Rohstoffen

Das verzögerte Handeln im GreenLate-Szenario führt zu einem deutlich erhöhten Bedarf an erneuerbaren, strombasierten Energieträgern, insbesondere zur Versorgung der Industrie. Die weniger dynamische und innovative Wirtschaftsentwicklung im Vergleich zu anderen Szenarien (z.B. GreenEe1) spiegelt sich in einer langsameren Umsetzung von Ressourceneffizienzmaßnahmen wider. Die Materialeffizienz wächst im GreenLate-Szenario durchschnittlich um 0,9% pro Jahr, während sie in den GreenEe-Szenarien bei 1,1% liegt. Dieser scheinbar geringe Unterschied kumuliert sich jedoch bis 2050 zu einem erheblichen Unterschied. Die späte Transformation führt dazu, dass auch die Nachfrage nach Rohstoffen überproportional höher ausfällt als in anderen Szenarien. Dies betrifft besonders Metalle, die für Schlüsseltechnologien im Kontext der Energiewende benötigt werden, und wird erst in der zweiten Hälfte des betrachteten Zeitraums deutlich. Die höhere Nachfrage nach Rohstoffen bedeutet auch höhere Rohstoffkosten für die Instandhaltung und Erneuerung bestehender Gebäude und Infrastrukturen.

III.Landwirtschaft und Verkehr im GreenLate Szenario Verzögerte Transformation und hoher Energiebedarf

Die Transformation der Landwirtschaft verläuft ebenfalls verzögert. Treibhausgasminderungsmaßnahmen wie reduzierter Düngereinsatz werden erst später verstärkt umgesetzt. Die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten bleibt niedrig. Im Verkehrssektor dominieren bis 2050 im Schwerlastverkehr weiterhin Verbrennungsmotoren aufgrund verzögerter Elektromobilität und Infrastrukturausbau. Der Endenergieverbrauch im Verkehr liegt 2050 deutlich über anderen Szenarien, was den Bedarf an PtG/L-Importen erhöht.

1. Verzögerte Transformation in der Landwirtschaft

Die Umstellung der Landwirtschaft auf eine emissionsarme, moderne und nachhaltige Landwirtschaft verläuft im GreenLate-Szenario deutlich verzögert. Technische Maßnahmen zur Treibhausgasminderung, wie die Reduktion des Mineraldüngereinsatzes, Wirtschaftsdüngermanagement und die Renaturierung von Mooren, werden zu Beginn nur langsam und erst später verstärkt umgesetzt. Die Nachfrage nach nachhaltigen, regionalen landwirtschaftlichen Produkten bleibt über den gesamten Transformationspfad deutlich unter dem Niveau der anderen Szenarien. Der Trend zu gesünderen Ernährungsgewohnheiten in der Bevölkerung setzt erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts verstärkt ein und führt zu reduzierten Tierbeständen, die jedoch immer noch über denen der GreenEe-Szenarien liegen. Der bereits begonnene Waldumbau und die damit verbundenen Veränderungen im Forstbereich werden ebenfalls im GreenLate-Szenario langsamer umgesetzt als in den anderen Szenarien. Dies resultiert in einer langsameren Wiedervernässung von Mooren im Vergleich zu anderen Szenarien. Bis 2022 wird jährlich nur 1% wiedervernässt, danach steigen die Raten auf 5% pro Jahr. Im Jahr 2050 werden noch ca. 15% der organischen Böden als extensives Grünland bewirtschaftet, was zu anhaltenden THG-Emissionen von ca. 4 Mio. t CO2Äq führt.

2. Verzögerter Ausbau der Elektromobilität und hoher Energiebedarf im Verkehr

Im Verkehrssektor zeigt GreenLate eine verzögerte Integration von Elektromobilität und eine geringere Akzeptanz von Verkehrsvermeidung und Modal Split. Obwohl Elektromobilität bis 2050 den Fahrzeugbestand dominieren wird, verläuft die Umstellung, insbesondere im Schwerlastverkehr, deutlich langsamer als in anderen Szenarien. Der Ausbau der Infrastruktur für die Elektrifizierung und die Forschung & Entwicklung verzögern sich, sodass der Schwerlastverkehr im Jahr 2050 weiterhin von Verbrennungsmotoren dominiert wird. Der Endenergieverbrauch im Verkehrssektor liegt im Jahr 2050 bei insgesamt 431 TWh (297 TWh nationaler, 134 TWh internationaler Verkehr). Der höchste Verbrauch bleibt im motorisierten Individualverkehr, gefolgt von einem zunehmenden internationalen Flugverkehr. Der Endenergieverbrauch im Straßengüterverkehr sinkt moderat. Im Vergleich zu GreenEe1 benötigt der nationale Verkehr bereits 2030 20% mehr Endenergie, und dieser Unterschied vergrößert sich bis 2050. Die Kombination aus konventionellen Technologien, geringem Fortschritt bei effizienteren Antriebstechnologien und weniger Modal Shift führt zu einem hohen Bedarf an erneuerbaren Kraftstoffen. GreenLate erreicht erst nach 2035 das sektorale Ziel des Klimaschutzplanes für das Jahr 2030 im Verkehr.

IV.Rohstoffverbrauch und Materialeffizienz Höhere Primärrohstoffnachfrage RMC in GreenLate

GreenLate zeigt einen höheren Rohstoffverbrauch (RMC) im Vergleich zu anderen Szenarien. Der Rückgang des RMC bis 2050 ist zwar signifikant (-56,1% gegenüber 2010), liegt aber immer noch über dem Niveau von z.B. GreenEe1. Die stärksten Rückgänge betreffen fossile Brennstoffe, während die Nachfrage nach Metallerzen, insbesondere für Schlüsseltechnologien, später ansteigt und höhere Werte erreicht. Der Rohstoffkonsum pro Person liegt 2050 bei 8,4 Tonnen und ist höher als in anderen Szenarien. Die Materialeffizienz wächst langsamer als in anderen Szenarien (0,9% pro Jahr im Vergleich zu 1,1% in GreenEe-Szenarien). Es wird ein Potenzial an Recycling von (mindestens) 218 Millionen Tonnen Primärrohstoffen 2050 gesehen.

1. Gesamt Rohstoffverbrauch RMC und dessen Entwicklung

Die Transformation im GreenLate-Szenario führt zu einer Reduktion des Rohstoffverbrauchs (RMC) um 56,1% im Vergleich zu 2010. Der Gesamtverbrauch liegt 2050 bei 603,3 Millionen Tonnen Rohstoffäquivalenten. Der stärkste Rückgang betrifft fossile Brennstoffe (-97,8%), vor allem zwischen 2010 und 2030 (-67,3%) aufgrund der Energiewende. Der RMC für nicht-metallische Mineralien sinkt um 45%, für Biomasse um 38,5%. Der geringste Rückgang ist bei Metallerzen zu beobachten. Materialrecycling kann 2050 mindestens 218 Millionen Tonnen Primärrohstoffe einsparen (27% des Gesamtverbrauchs). Im Vergleich zu GreenEe1 ist der RMC in GreenLate 2050 um 11,6% höher, besonders ausgeprägt bei Metallerzen. Der Rohstoffkonsum pro Person liegt bei 8,4 Tonnen (11,6% höher als in GreenEe1), was einer Reduktion von 50,1% gegenüber 2010 entspricht. Lebensmittel machen den größten Anteil des privaten Konsums aus, während die Rohstoffaufwendungen für Mobilität, Wohnen und Freizeit deutlich sinken. Die Kosten für die Instandhaltung bestehender Gebäude und Infrastrukturen bleiben dennoch hoch.

2. Vergleich mit GreenEe1 und Sektorale Unterschiede im Rohstoffverbrauch

GreenLate zeigt im Vergleich zu GreenEe1 einen deutlich höheren Rohstoffverbrauch (RMC) im Jahr 2050 (+11,6%). Dieser Unterschied ist besonders stark im Bereich der Metallerze ausgeprägt. Der höhere RMC führt zu einem Rohstoffkonsum pro Person von 8,4 Tonnen im Jahr 2050, 11,6% mehr als in GreenEe1. Obwohl der absolute Rohstoffverbrauch im Vergleich zu 2010 deutlich sinkt, bleiben die Rohstoffkosten für die Instandhaltung und Erneuerung der bestehenden Gebäude- und Infrastrukturen vergleichsweise hoch. Die Sektorenanalyse zeigt, dass die Nachfrage nach Rohstoffen in den meisten Bereichen rückläufig ist. Ausnahmen bilden Rohstoffe, die für Schlüsseltechnologien der Transformation benötigt werden. Die Nachfrage nach diesen Rohstoffen steigt in GreenLate später an als in anderen Szenarien, was zu potentiellen Versorgungsengpässen führen kann. So ist die Nachfrage nach Siliziummetallen in 2030 noch gering, während in GreenEe1 bereits ein Engpass erwartet wird. Im Jahr 2050 wird in GreenLate eine überproportionale Nachfrage nach Metallen wie Kupfer, Zink, Blei, Zinn, PGM, Nickel, Magnesium und Lithium im Vergleich zum Anteil der deutschen Bevölkerung an der Weltbevölkerung prognostiziert.

3. Materialeffizienz und die Rolle des Recyclings

Die geringere Dynamik und Innovationsfähigkeit der Gesamtwirtschaft im GreenLate-Szenario führt zu einer langsameren Umsetzung von Ressourceneffizienzmaßnahmen. Die Materialeffizienz, also das Verhältnis von produzierten Produkten zur Menge der eingesetzten Materialien, wächst durchschnittlich um 0,9% pro Jahr – vergleichbar mit dem EU-28-Durchschnitt, jedoch geringer als die 1,1% in den GreenEe-Szenarien. Dieser Unterschied, zunächst gering erscheinend, summiert sich bis 2050 zu einem erheblichen Wert. Der geringere Anstieg der Materialeffizienz trägt zum höheren Rohstoffverbrauch bei. Das Potenzial des Recyclings wird im GreenLate-Szenario nur teilweise ausgeschöpft. Es besteht ein Recyclingpotenzial von mindestens 218 Millionen Tonnen Primärrohstoffen im Jahr 2050, was 27% des Gesamtverbrauchs entspricht. Die Analyse des privaten Konsums zeigt, dass der größte Anteil der Rohstoffe für Ernährung verwendet wird (45%), gefolgt von Freizeit und Tourismus (18,2%). Die Rohstoffaufwendungen für Ernährung und Freizeit sinken gegenüber 2010 deutlich.

V.Kumulierte THG Emissionen und die Unsicherheit des 2 C Ziels

Die kumulierten Treibhausgasemissionen bis 2050 sind in GreenLate um 2,145 Mrd. Tonnen (4,9 %) höher als in GreenEe1. Die späte und weniger innovative Transformation führt zu höheren Emissionen und gefährdet das Einhalten des (deutlich) unter 2°C Ziels. Das Emissionsbudget wird in den kommenden Jahren bis 2030 besonders strapaziert, was die Korrekturmöglichkeiten der Klimapolitik einschränkt.

1. Höhere kumulierte THG Emissionen in GreenLate bis 2050

Das GreenLate-Szenario resultiert in deutlich höheren kumulierten Treibhausgasemissionen (THG) zwischen 1990 und 2050 im Vergleich zum GreenEe1-Szenario. Die Differenz beträgt 2,145 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente (4,9%). Diese erhöhten Emissionen sind eine direkte Folge der späten und weniger innovativen Transformation. Die höheren Emissionen konzentrieren sich insbesondere auf die Jahre bis 2030. Der Anstieg der kumulierten Treibhausgasemissionen in den kommenden Jahren erhöht das Risiko eines schnelleren Temperaturanstiegs und seiner Folgen. Die Prozessbedingten THG-Emissionen aus der Industrie betragen im Jahr 2050 insgesamt 21,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Die Zementindustrie ist mit 75,5% der Hauptverursacher, gefolgt von der Kalk- und Glasindustrie. Die Metallindustrie (ohne Eisen), Gießereien, Textil-, Nahrungsmittel- und Papierindustrie emittieren 2050 keine THG-Emissionen mehr. Fluorierte Treibhausgase, Emissionen von Lösemitteln und Lachgas gehen bis 2050 deutlich zurück, tragen aber weiterhin zu den Gesamtemissionen bei.

2. Gefährdung des 2 C Ziels durch verzögerte Maßnahmen

Die hohen kumulierten Treibhausgasemissionen im GreenLate-Szenario gefährden die Einhaltung des globalen Temperaturanstiegsziels von deutlich unter 2°C. Die späte und weniger innovative Transformation führt zu einer Kumulation hoher Treibhausgasemissionen bis 2050, die im Vergleich zu GreenEe1 deutlich höher liegen. Der schnelle Anstieg der Emissionen in den kommenden Jahren (bis 2030) lässt einen schnelleren Temperaturanstieg erwarten. Die daraus resultierenden Konsequenzen schränken den Handlungsspielraum Deutschlands und anderer Staaten ein. Fehler oder unzureichende Maßnahmen in der Klimapolitik können im GreenLate-Szenario weniger leicht korrigiert werden als in anderen, ambitionierteren Szenarien. Das heißt, dass die Einhaltung des 2°C-Ziels im GreenLate-Szenario deutlich unsicherer ist als in Szenarien mit einer früheren und umfassenderen Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Der Ausstieg aus der Kohleverstromung führt dazu, dass neben Strom und Holz vor allem Gase und Kraftstoffe als Energieträger verbleiben. Der fossile Erdgasverbrauch stagniert bis 2040 und führt zusammen mit PtG/L-Importen zu einem zwischenzeitlich steigenden Brennstoffverbrauch.

Dokumentreferenz