
GreenEe: Treibhausneutralität 2050
Dokumentinformationen
Autor | Dr. Monika Dittrich |
instructor/editor | Katja Purr |
school/university | ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung GmbH, Heidelberg; IEE – Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik, Kassel; SSG, Wiesbaden |
subject/major | Umweltwissenschaften, Energieforschung, Nachhaltigkeitsforschung |
Dokumenttyp | Abschlussbericht |
city_where_the_document_was_published | Dessau-Roßlau |
Sprache | German |
Format | |
Größe | 7.74 MB |
Zusammenfassung
I.Die GreenEe Szenarien Wege zu einer ressourceneffizienten und treibhausgasneutralen Energieversorgung Deutschlands
Die Studie präsentiert zwei Szenarien (GreenEe1 und GreenEe2) für die Transformation des deutschen Energiesystems hin zu Treibhausgasneutralität bis 2050. GreenEe1 geht von einem anhaltenden Exportüberschuss aus, während GreenEe2 eine ausgeglichene Handelsbilanz unterstellt, was Auswirkungen auf die industrielle Produktion hat. Beide Szenarien basieren auf einem weitgehenden Ausbau erneuerbarer Energien, Sektorkopplung durch Elektrifizierung und einer deutlichen Steigerung der Energieeffizienz. Der Endenergiebedarf soll drastisch reduziert werden (GreenEe1: 1609 TWh, GreenEe2: 1540 TWh im Vergleich zu 2737 TWh in 2015). Der Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor soll 2030 bereits bei 75% und 2050 bei 100% liegen. Die Reduktion der Treibhausgasemissionen soll mindestens 95% gegenüber 1990 betragen (Definition des RESCUE-Projekts).
1. Beschreibung der GreenEe Szenarien und deren Ziele
Die Studie untersucht zwei Szenarien, GreenEe1 und GreenEe2, zur Erreichung einer ressourceneffizienten und treibhausgasneutralen Energieversorgung in Deutschland bis 2050. Beide Szenarien fokussieren auf die Erschließung von Energieeffizienzpotenzialen in allen Anwendungsbereichen und beinhalten eine fundamentale Transformation des Energiesystems. GreenEe1 geht von anhaltenden positiven Handelsbilanzen und steigenden Exporten aus, während GreenEe2 eine ausgeglichene Handelsbilanz annimmt, was zu einer Reduktion der industriellen Produktion und des Güterverkehrs führt. Ein zentrales Element beider Szenarien ist der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und eine umfassende Sektorkopplung durch Elektrifizierung. GreenEe1 prognostiziert eine Reduktion des Endenergiebedarfs von 2737 TWh (2015) auf 1609 TWh im Jahr 2050, mit einem Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor von 75% im Jahr 2030 und 100% im Jahr 2050. Der Anteil erneuerbarer Energien in Brennstoffen liegt 2040 bei 40% aufgrund der langsamen Marktdurchdringung von PtX-Technologien. GreenEe2 zeigt einen noch niedrigeren Endenergiebedarf von 1540 TWh in 2050, mit einer vergleichbaren Dekarbonisierung der Stromerzeugung, jedoch einer etwas höheren Dekarbonisierung der Brennstoffe (42%) im Jahr 2040. Die Treibhausgasneutralität wird im Projekt RESCUE als Reduktion der Treibhausgasemissionen um mindestens 95% gegenüber 1990 bis 2050 definiert. Dies erfordert signifikante Emissionsminderungen in allen Sektoren und eine grundlegende Veränderung der Energieversorgung.
2. Transformation des Energiesektors und Rolle erneuerbarer Energien
Im Jahr 2050 soll die Energieversorgung vollständig auf erneuerbare Energien basieren. Windkraft (on- und offshore) und Photovoltaik sind die dominierenden Technologien. Die Sektorkopplung ermöglicht die direkte oder indirekte Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien in allen Anwendungsbereichen, wobei die Energieeffizienz stetig verbessert wird. Der Ausbau erneuerbarer Energien und der Netzausbau erfolgen schnell, um eine rasche Dekarbonisierung des Stromsektors zu erreichen und die Integration von Sektorkopplungstechniken zu ermöglichen. Die Digitalisierung trägt zur intelligenten Vernetzung und Flexibilisierung von Energieverbrauchern und -erzeugern bei, um die benötigten Reservekapazitäten zu minimieren und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Trotz der Energiewende werden weiterhin Brennstoffe importiert, jedoch nur noch erneuerbare Energieträger im Jahr 2050. Die nationale Nettostromerzeugung steigt bis 2050 kontinuierlich auf 791,7 TWh und wird ausschließlich mit erneuerbaren Energien erzeugt. Im Jahr 2040 reicht die erneuerbare Stromversorgung noch nicht für die nationale PtG-Produktion aus, Elektromobilität, Wärmepumpen, Elektrodenkessel und Elektrolyseure werden jedoch mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt. Erst im Jahr 2050 wird neben PtG-Anlagen (Elektrolyseure + Methanisierung) ein geringer Bedarf an Batteriespeicherkapazitäten erwartet.
3. Wirtschaftliche Rahmenbedingungen und Internationaler Handel
Die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands, beeinflusst durch Bevölkerungsentwicklung und BIP, hat einen erheblichen Einfluss auf den Energie- und Materialbedarf. Die Studie zielt darauf ab, den bisherigen Zusammenhang zwischen BIP-Wachstum und dem Verbrauch fossiler Brennstoffe und Baumaterialien zu brechen. Es wird ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum mit einem durchschnittlichen jährlichen BIP-Wachstum von 0,8% zwischen 2010 und 2030 sowie 0,7% zwischen 2030 und 2050 angenommen, trotz eines Rückgangs der Bevölkerung. Dies führt zu einer etwa 50%igen Steigerung des durchschnittlichen Einkommens pro Kopf bis 2050. Die deutsche Wirtschaft ist eng mit anderen europäischen und globalen Volkswirtschaften verflochten. GreenEe1 basiert auf der Annahme eines anhaltenden Exportüberschusses, während GreenEe2 eine ausgeglichene Handelsbilanz unterstellt, was sich auf die nationale Produktionskapazität auswirkt. Der Rohstoffkonsum (RMC) ist ein wichtiger Aspekt. Die Erzgehalte importierter Metalle werden konstant gehalten, da sie nicht durch deutsche Politik beeinflusst werden können. Die Handelsbilanz für Strom wird als ausgeglichen angenommen, während für Brennstoffe, Kraftstoffe und regenerative Energieträger größtenteils Importe erwartet werden.
II.Energiesektor und Sektorkopplung im Detail
Die Stromerzeugung soll 2050 vollständig auf erneuerbaren Energien (Windkraft, Photovoltaik) basieren. Sektorkopplung ermöglicht die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Quellen in allen Sektoren. PtG-Anlagen (Power-to-Gas) spielen eine Rolle, wobei der Bedarf an regenerativ erzeugtem Methan zugunsten eines höheren Stromverbrauchs reduziert wird. Die Integration in den europäischen Strommarkt und der Ausbau flexibler Stromverbraucher und -erzeuger minimieren den Bedarf an Batteriespeichern. Die Elektromobilität wird stark ausgebaut, wobei ab 2040 verstärkt Lithium-Schwefel-Akkus zum Einsatz kommen sollen.
1. Stromerzeugung und Ausbau erneuerbarer Energien
Bis 2050 soll die Stromerzeugung vollständig auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Windenergie (on- und offshore) sowie Photovoltaik bilden dabei die Hauptpfeiler. Der Ausbau dieser Technologien erfolgt kontinuierlich. Der im Jahr 2050 prognostizierte nationale Nettostromerzeugung beträgt 791,7 TWh. Die integrierte Nutzung von erneuerbarem Strom zur Substitution fossiler Kraftwerke und für die Sektorkopplung ist ein zentraler Aspekt. Im Jahr 2040 wird die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien jedoch noch nicht ausreichen, um die nationale Power-to-Gas (PtG)-Produktion vollständig zu decken. Trotzdem sollen Elektromobilität, Wärmepumpen, Elektrodenkessel und Elektrolyseure für den Wasserstoffbedarf industrieller Prozesse bereits dann mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden. Die Integration in den europäischen Strommarkt und die Flexibilität neuer Stromverbraucher und Wärmekraftwerke ermöglichen eine weitgehende Integration des schwankenden Einspeisungsvolumens aus erneuerbaren Energien. Nur im Jahr 2050 wird neben PtG-Anlagen (Elektrolyseure + Methanisierung) ein sehr geringer Bedarf an Batteriespeicherkapazitäten erwartet. Die installierte Leistung im Jahr 2050 wird auf 128,4 GW Onshore-Windkraft, 32 GW Offshore-Windkraft und 173,4 GW Photovoltaik geschätzt.
2. Sektorkopplung und Energieeffizienz
Die Sektorkopplung ist ein zentrales Element der GreenEe-Szenarien. Sie ermöglicht die direkte oder indirekte Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien in allen Anwendungsbereichen. Wo immer technisch möglich, wird erneuerbarer Strom direkt eingesetzt. Durch die konsequente Weiterentwicklung von Energieeffizienzpotenzialen soll der Energiebedarf reduziert werden. Die Digitalisierung spielt eine wichtige Rolle bei der intelligenten Vernetzung und Flexibilisierung von Energieverbrauchern und -erzeugern. Dies trägt dazu bei, den Bedarf an Reservekapazitäten zu minimieren und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Der Bedarf an regenerativ erzeugtem Methan wird reduziert, um eine höhere systemische Effizienz zu erreichen und den Stromverbrauch zu erhöhen; der erhöhte Stromverbrauch beinhaltet auch den Strombedarf für Wasserstoffelektrolyse-Anlagen. Trotz der Reduktion des Methanbedarfs wird auch weiterhin mit Importen von Brenn- und Kraftstoffen gerechnet, wobei im Jahr 2050 nur noch erneuerbare Energieträger importiert werden sollen.
III.Wirtschaftliche Entwicklung und internationaler Handel
Die Studie geht von einem kontinuierlichen, wenn auch moderaten, Wirtschaftswachstum in Deutschland aus (0,8% p.a. von 2010-2030, 0,7% p.a. von 2030-2050), trotz sinkender Bevölkerungszahlen. GreenEe1 nimmt einen anhaltenden Exportüberschuss an, während GreenEe2 eine ausgeglichene Handelsbilanz simuliert. Der Rohstoffkonsum wird durch Ressourceneffizienz und die Energiesystemtransformation beeinflusst. Die Erzgehalte importierter Metalle bleiben konstant. Der internationale Handel, insbesondere im Bereich Energie und Rohstoffe, spielt eine entscheidende Rolle. Der nationale Stromverbrauch wird als ausgeglichen angenommen, ohne Nettostromimporte.
1. Wirtschaftliches Wachstum und Ressourcenverbrauch
Die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands, eng verknüpft mit der Bevölkerungsentwicklung und dem Bruttoinlandsprodukt (BIP), hat einen starken Einfluss auf den Energie- und Materialbedarf. Viele Studien belegen einen hohen Zusammenhang zwischen BIP pro Kopf und dem Verbrauch fossiler Brennstoffe sowie Baumaterialien. Die GreenEe-Szenarien versuchen, diesen empirisch beobachteten Zusammenhang zu durchbrechen. Es wird ein moderates Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 0,8% pro Jahr zwischen 2010 und 2030 und 0,7% pro Jahr zwischen 2030 und 2050 angenommen, obwohl die Bevölkerung gleichzeitig sinkt. Dieses Wachstum führt zu einer etwa 50-prozentigen Steigerung des durchschnittlichen Einkommens pro Person bis 2050. Die Modellierung geht von einer dezentralen und ausgeglichenen Raum- und Siedlungsstruktur aus, ohne räumliche Konzentration von Industrien. Neue Großanlagen, wie Power-to-Gas-Anlagen, sollen ortsnah zu den Abnehmern angesiedelt werden, um den Bedarf an neuen Infrastrukturen zu minimieren. Die Annahmen zur zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung basieren auf den Annahmen der THGND-Studie (UBA 2014) mit dem Ziel, den Industriestandort Deutschland zu erhalten.
2. Internationaler Handel und Rohstoffkonsum
Die deutsche Wirtschaft ist stark in den europäischen und internationalen Handel eingebunden. Die Export- und Importquoten haben sich seit der Wiedervereinigung deutlich erhöht, wobei die Importquote seit 2011 leicht rückläufig ist. 2019 betrug die Exportquote 46,9% und die Importquote 40,9% (Destatis 2020). Für die nationale Stromversorgung wird eine ausgeglichene Handelsbilanz angenommen, ohne Nettostromimporte. Im Bereich der Brennstoffe, Kraftstoffe und Rohstoffe wird von einem hohen Anteil an Importen ausgegangen. Der stark reduzierte Energiebedarf an Gas und Methan soll national oder europäisch gedeckt werden, während Kraftstoffe und nicht-energetische regenerative Energieträger für die chemische Industrie aus außereuropäischen Importen stammen sollen. Ein zentraler Punkt der GreenEe-Szenarien ist der Rohstoffkonsum (RMC) in Deutschland. Um den Einfluss der Politik zu begrenzen, werden die Erzgehalte importierter Metalle konstant gehalten und die Werte von 2010 (für die EUROSTAT-RMC-Werte von ifeu) übernommen (Schoer et al. 2017a).
IV.Sektorspezifische Entwicklungen Auszug
Die Studie analysiert diverse Sektoren, unter anderem Verkehr (mit einer Reduktion des Endenergiebedarfs um 66% in GreenEe1 bis 2050), Gebäude (mit einem starken Ausbau von Wärmepumpen und einem Anteil von 20% Fernwärme in 2050), und Industrie (mit einem vollständigen Verzicht auf Primärstahlherstellung in 2050 in GreenEe1 und Umstellung auf Elektrostahlroute). Im Tiefbau wird der Materialaufwand für den Neubau zwar reduziert, der für die Instandhaltung aber erhöht. Die Landnutzung, insbesondere Forstwirtschaft und Biomasse, wird mit Blick auf Ressourceneffizienz und Klimaschutz berücksichtigt. Der Einsatz von Biomasse für Energie und als Rohstoff für fortgeschrittene Biokraftstoffe wird untersucht (RED II-Quote).
1. Verkehrssektor
Im Verkehrssektor wird in GreenEe1 bis 2050 eine Reduktion des Endenergiebedarfs im nationalen Verkehr gegenüber 2010 um 66% angestrebt. Der Kraftstoffbedarf sinkt um 85% auf 94 TWh, während der Strombedarf sich auf 118 TWh nahezu verzehnfacht. Der Energieverbrauch im Personenverkehr verringert sich um 72%, im Güterverkehr um 55%. GreenEe2 zeigt im Vergleich zu GreenEe1 nur geringe Unterschiede im Endenergieverbrauch. Der Kraftstoffbedarf sinkt bis 2050 auf 91 TWh, der Strombedarf auf 116 TWh. Der Gesamtenergiebedarf ist in GreenEe2 um etwa 2% niedriger als in GreenEe1, hauptsächlich aufgrund um 5% niedrigerer Endenergieverbräuche im Güterverkehr (infolge geringerer Verkehrsleistungen). Im internationalen Flug- und Seeverkehr, der ausschließlich mit Kraftstoffen betrieben wird, sinkt der Endenergiebedarf zwischen 2010 und 2050 um etwa 19%, hauptsächlich aufgrund von Effizienzsteigerungen im Seeverkehr bei weitgehend konstanter Verkehrsleistung.
2. Gebäudesektor
Im Gebäudesektor steigt der Anteil der Fernwärme bis 2050 auf 20%. Der restliche Wärmebedarf wird durch Wärmepumpen gedeckt. Die Wärmepumpen decken im Jahr 2050 80% des Gebäudewärmebedarfs für Haushalte und Gewerbe. Es wird zwischen Sole- und Luft-Wasser-Wärmepumpen unterschieden. Das theoretische technische Potenzial für Erdwärmesonden im Wohngebäudebereich beträgt 2050 durchschnittlich 70%, aufgrund von Umsetzungshemmnissen wird jedoch ein Potenzial von durchschnittlich 50% des Gebäudewärmebedarfs für Haushalte und Gewerbe angenommen. Die Jahresarbeitszahlen der Wärmepumpen werden in der Modellierung nach den Effizienzstandards der Gebäude differenziert.
3. Industriesektor Stahlproduktion
Im Industriesektor, speziell in der Stahlherstellung, wird in GreenEe1 bis 2050 eine konstante jährliche Produktionsmenge von rund 45 Millionen Tonnen Stahl angenommen. In GreenEe2 sinkt die Stahlproduktion auf 43,9/40,0/36,4 Millionen Tonnen in den Jahren 2030/2040/2050. Bis 2050 soll die Primärstahlherstellung (Oxygenstahlroute) vollständig eingestellt und durch die Elektrostahlroute ersetzt werden, wobei 30 Millionen Tonnen Schrott und 20 Millionen Tonnen Eisenschwamm (DRI) verwendet werden. Der DRI-Einsatz ermöglicht die Herstellung von Legierungsstählen. Der Stahleinsatz im Fahrzeugbau wird aufgrund von Leichtbau tendenziell abnehmen. Im Jahr 2016 waren 6 integrierte Hüttenwerke mit einer Produktionsmenge von rund 30 Millionen Tonnen Stahl in Betrieb. Bis 2050 ist eine Umstellung auf Elektrostahlwerke (von 15 auf 30 Millionen Tonnen Kapazität) und der Aufbau von DRI-Anlagen (von 0 auf 20 Millionen Tonnen) geplant. Der Schrotteinsatz steigt von 20 auf 30 Millionen Tonnen, was gegebenenfalls Altschrottimporte erfordert. Durch den Rückbau der Primärstahlwerke entfallen etwa 6 Millionen Tonnen Hüttensande für die Zementindustrie.
4. Tiefbau und Materialaufwendungen
Der Tiefbau, insbesondere der Straßen- und Wegebau, hat hohe jährliche Materialaufwendungen. Das Straßennetz verändert sich nur langsam, erfordert aber regelmäßige Instandhaltung. Das deutsche Straßennetz umfasst 995.000 Kilometer mit einem Materialbestand von 4,8 Milliarden Tonnen (Knappe et al., 2015). In nahezu allen Infrastrukturbereichen ist der Materialaufwand für den Neubau rückläufig, der für die Instandhaltung jedoch steigend. Für die Ingenieursbauwerke werden die Informationen von Steger et al. (2011) für den Neubau und Bergmann et al. (2015) für die Instandhaltung herangezogen. Szenario 3 (Knappe et al., 2015) dient als Grundlage für die Ableitung der Materialaufwendungen im Jahr 2050, in dem ein hoher Einsatz von Sekundärrohstoffen angenommen wird. Die Aufwendungen für die Instandhaltung von Ingenieursbauwerken sind insgesamt um 22,56% rückläufig. Der Anteil der Recyclingmaterialien (Kies, Schotter, Eisen, Stahl) liegt bei 2,237 Millionen Tonnen.
V.Flexibilität und Technologien im Energiesystem
Die Studie betont die Bedeutung von Flexibilität im Energiesystem. Technologien wie Wärmepumpen, Elektrolyse, und intelligente Steuerung von Stromverbrauchern und -erzeugern werden zur Integration fluktuierender erneuerbarer Energien eingesetzt. Die Flexibilität von industriellen Lasten (z.B. Stahlherstellung) und die Nutzung von Speicherkapazitäten in Gebäuden werden untersucht. Die Studie vergleicht verschiedene Technologien, z.B. hybride Systeme aus Elektrolyse und Reformer mit rein elektrischen Systemen mit Wasserstoffspeicher für die Wasserstoffbereitstellung.
1. Flexibilität im Energiesystem
Die Studie betont die Bedeutung von Flexibilität im Energiesystem zur Integration fluktuierender erneuerbarer Energien. Die Flexibilität wird durch verschiedene Maßnahmen erreicht: durch die Aggregation von Fahrzeugen und deren Steuerung (76% der Fahrzeuge unterstützen gesteuertes Laden, 24% werden direkt nach Netzanschluss vollgeladen), durch die Nutzung von Speicherkapazitäten in Gebäuden (bis zu 6 Stunden Speicherkapazität bezogen auf die thermische Wärmepumpenleistung), und durch den flexiblen Einsatz dezentraler Elektrolyseure für die Wasserstoffbereitstellung in der Stahl- und Chemieindustrie. Im Bereich der industriellen Lasten wird die Effizienz eines Systems mit überdimensionierter Elektrolyse und Wasserstoffspeicher gegenüber einem Hybridsystem aus Elektrolyse und Reformer ohne Wasserstoffspeicher bewertet, wobei das erstere langfristig als effizienter eingestuft wird. Die flexible Auslegung des monovalenten Systems wird mit einer Auslastung von 6.000 VLH (moderate Flexibilität) und 4.000 VLS (höhere Flexibilität) untersucht, wobei ein System mit 6.000 VLS und 24-Stunden-Wasserstoffspeicher als sinnvollste Annahme definiert wird (UBA, Fraunhofer IEE).
2. Technologien zur Sektorkopplung und Wärmeversorgung
Die Studie beschreibt verschiedene Technologien zur Sektorkopplung und Wärmeversorgung. Wärmepumpen spielen eine zentrale Rolle bei der dezentralen Wärmebereitstellung, mit einem Anteil von 80% des Gebäudewärmebedarfs im Jahr 2050. Es wird zwischen Sole- und Luft-Wasser-Wärmepumpen unterschieden. Das Potenzial für Erdwärmesonden wird auf 50% des Gebäudewärmebedarfs geschätzt (70% theoretisch möglich). Die KWK-Erzeugung in Kombination mit Elektrodenkesseln (oder Solarthermie) könnte theoretisch das gesamte Fernwärmepotenzial decken, jedoch werden die Potenzialgrenzen effizienterer Technologien (Müll-HKW, Wärmepumpen, Tiefengeothermie, Solarthermie) als ausreichend angesehen, um das maximale Potenzial von 20% Wärmenetzen am Wärmemarkt zu decken. Konventionelle KWK-Systeme werden daher als nicht notwendig erachtet. Die Prozesswärmebedarfe bis zu einer Temperatur von 500°C könnten mittels KWK-Techniken gedeckt werden, wobei maximal 2/3 des Potenzials (Prognos et al., 2014) erschlossen werden können. Im Bereich unter 100°C ist die KWK zusätzlich im Rückkopplungsprozess mit dem Gesamtenergieversorgungssystem enthalten.
3. Weitere Technologien und Betrachtungen
Die Studie betrachtet auch die Meerwasserentsalzung für die Elektrolyse, die jedoch nur an Küstenstandorten relevant ist und einen geringen Einfluss auf die Energiebilanz hat. Es wird angenommen, dass ab 2030 die effizientere Umkehr-Osmose anstelle der MSFD-Technik eingesetzt wird, mit einer angenommenen Anlagenlebensdauer von 20 Jahren. Die Studie berücksichtigt auch die Entwicklung der Energiedichte von Akkus im Verkehrssektor. Von einer Energiedichte von 80 Wh/kg im Jahr 2010 wird auf 155 Wh/kg im Jahr 2030 und die Ablösung von Lithium-Ionen-Akkus durch Lithium-Schwefel-Akkus ab 2040 ausgegangen. Die Annahme von Lithium-Schwefel-Akkus ab 2040 und deren ausschließliche Verwendung in neuen Fahrzeugen ab 2050 basiert auf der guten Datenverfügbarkeit und der Erwartung einer früheren Marktreife dieser Technologie im Vergleich zu anderen Post-Lithium-Ionen-Technologien. Der Trend zu steigenden Fahrzeugreichweiten und größeren Akkus wird berücksichtigt. Die Annahmen zu flexiblen Lademöglichkeiten beruhen auf statistischen Fahr- und Netzanschlussprofilen und berücksichtigen die Unterscheidung zwischen Fahrzeugen mit und ohne gesteuertem Laden.