11 Prinzipien zum gehirngerechten Lehren und Lernen

Gehirngerechtes Lehren: 11 Prinzipien

Dokumentinformationen

Autor

Andrea Hempel

Schule

Hochschule der Medien Stuttgart

subject/major Hochschuldidaktik, Lehren und Lernen
Dokumenttyp Broschüre
city Stuttgart
Sprache German
Format | PDF
Größe 3.16 MB

Zusammenfassung

I.Gehirngerechtes Lehren und Lernen in der Hochschullehre

Diese Broschüre, inspiriert von Werken von Brinker/Schumacher und Schachl, präsentiert elf Prinzipien für gehirngerechtes Lehren und Lernen im Hochschulkontext. Die Prinzipien, ursprünglich als Newsletter veröffentlicht, zielen auf effektive Wissensvermittlung und den Aufbau von Lernprozessen ab, die die Funktionsweise des Gehirns berücksichtigen. Die Hochschule der Medien Stuttgart (HdM) und ihr Didaktikzentrum spielen eine zentrale Rolle in der Entwicklung und Verbreitung dieser Lernmethoden.

1. Entstehung und Zielsetzung der Broschüre

Die vorliegende Broschüre entstand aus der langjährigen Erfahrung der Autoren als Lehrende und Lebenslanglernende. Sie bietet Anregungen und Ideen zur Umsetzung gehirngerechten Lehrens und Lernens in der Hochschullehre. Das Ziel ist der Transfer von Erkenntnissen der Lehr-Lernforschung in den Hochschulkontext. Die elf Prinzipien sollen den Übergang von der Forschung in die praktische Lehre erleichtern. Die Broschüre basiert auf den Erkenntnissen der Broschüre „Lehridee: Erfolgreiches Lehren für erfolgreiches Lernen“ von Brinker/Schumacher und den „Elf Geboten für gehirngerechtes Lehren und Lernen“ von Hans Schachl, welche an den Hochschulkontext angepasst wurden. Die Prinzipien erschienen zunächst als monatlicher Newsletter (Dezember 2013 bis Oktober 2014) und wurden aufgrund positiver Resonanz in dieser Broschüre zusammengefasst. Jedes Kapitel widmet sich einem Prinzip mit einheitlichem Aufbau. Das Didaktikzentrum der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM) in Stuttgart (Nobelstraße 10, 70569 Stuttgart) spielte eine entscheidende Rolle bei der Konzeption, Gestaltung und dem Satz der Broschüre (Carina Gaßner, Paul Gilius und Toni Michel). Tobias Seidl, Hochschuldidaktiker und systemischer Coach, Leiter des Didaktikzentrums der HdM, leistete ebenfalls einen wesentlichen Beitrag.

2. Die Bedeutung von Kooperation und klaren Erwartungen

Besonders in kooperativ gestalteten Lehrveranstaltungen sollte der Orientierungsbedarf der Studierenden intensiv bearbeitet werden. Ein 'psychologischer Arbeitsvertrag' zu Beginn der Veranstaltung, der gemeinsam vereinbarte Spielregeln und Erwartungen beinhaltet, ist hilfreich. Widersprüchliche Erwartungen sollten aufgegriffen und explizit gemacht werden, um Missverständnisse zu vermeiden. Es wird empfohlen, ein gemeinsames Verständnis von guter Lehre und gutem Lernen im Studiengang zu entwickeln, idealerweise mit Beteiligung der Studierenden. Daraus lassen sich Erwartungen und Pflichten für Studierende und Lehrende ableiten, die zu Beginn des Studiums, beispielsweise in Form eines Faltblatts, kommuniziert und regelmäßig thematisiert werden sollten. Ein Beispiel hierfür wird von der PH Zürich genannt. Der Text betont die Wichtigkeit, implizite Erwartungen explizit zu machen und eine gemeinsame Basis für erfolgreiches Lehren und Lernen zu schaffen. Dies fördert ein positives und produktives Lernklima, in dem sich die Studierenden wohlfühlen und optimal lernen können.

3. Der Didaktische Dreischritt und Integrierte Modulplanung

Der Text betont die Bedeutung eines effektiven Lernabschlusses, der oft aus Zeitmangel vernachlässigt wird. Eine vorgeschlagene Methode ist, dass Studierende am Ende einer Sitzung eine mögliche Prüfungsfrage formulieren, diese mit Kommilitonen besprechen und beantworten. Diese Fragen werden gesammelt und im Anschluss verwendet um den Lernstoff zu wiederholen oder in die Prüfungen zu integrieren. Dadurch resümieren die Studierenden das Gelernte, und Lehrende erhalten Einblicke in den Lernprozess. Eine weitere Empfehlung ist die integrierte Modulplanung, bei der ein roter Faden für ein ganzes Modul entwickelt wird. Das gleiche Produkt oder Thema kann aus verschiedenen Perspektiven in verschiedenen Modulteilen beleuchtet werden, oder die verschiedenen Phasen einer Produktentwicklung werden nachvollzogen. Der HdM-Modulplaner des Didaktikzentrums der HdM kann als Unterstützung für die Planung dienen (bestellbar unter [email protected]).

II.Prinzip 1 Fragen stellen und Aha Erlebnisse schaffen

Aktivieren Sie die Studierenden durch gezielte Fragen, um Neugier und Interesse zu wecken. Methoden wie Gruppenarbeit und One-Minute-Papers fördern das Tiefenlernen und sichern die Lerninhalte. Die Berücksichtigung individueller Interessen ist essentiell für erfolgreiches effektives Lernen.

1.1 Aktivierung durch Fragen und die Bedeutung von Interesse

Das erste Prinzip betont die Wichtigkeit, Studierende durch gezielte Fragen aktiv in den Lernprozess einzubeziehen. Dies weckt Neugier und Interesse und führt zu einer effektiveren Wissensaufnahme. Der Text schlägt vor, nach einer kurzen Einführung in ein Thema die Studierenden in Kleingruppen Fragen formulieren zu lassen. Diese Fragen werden anschließend im Plenum diskutiert und beantwortet, entweder durch den Lehrenden oder durch die Studierenden selbst. Auch beim Lesen von Texten ist es sinnvoll, die Studierenden zunächst eigene Fragen zum Text entwickeln zu lassen, z.B. „Was will ich beim Lesen herausfinden? Was interessiert mich an dem Thema?“. Dies steigert die Aufmerksamkeit, das Interesse und die Effektivität des Lesens (SQ3R-Lesetechnik). Die Beantwortung dieser Fragen kann zu Aha-Erlebnissen führen, die dokumentiert werden sollten, z.B. durch ein One-Minute-Paper. Der Text betont den Zusammenhang zwischen Interesse, Neugier und Lernleistung. Diese Faktoren stimulieren wichtige physiologische Prozesse im Gehirn (Roth, 2004). Im Gegensatz dazu erschwert eine innere Ablehnung von Inhalten das Lernen. Da Interesse und Neugier individuell unterschiedlich ausgeprägt sind, sollte die Lehre abwechslungsreich gestaltet und die heterogenen Interessen der Lernenden in die Planung einbezogen werden. Fragen wie „Warum studiere ich dieses Fach? Was interessiert mich besonders?“ helfen dabei, die individuellen Lernbedürfnisse zu erfassen und in die Lehrplanung zu integrieren. Falsche oder fehlende Vorstellungen vom Fach sollten frühzeitig thematisiert werden, um spätere Frustration zu vermeiden.

1.2 Kooperatives Lernen und der Psychologische Arbeitsvertrag

In stark kooperativ gestalteten Lehrveranstaltungen ist es besonders wichtig, den Orientierungsbedarf der Studierenden intensiv zu bearbeiten. Anknüpfend an die zuvor genannten Leitfragen, wird empfohlen, zu Beginn der Veranstaltung einen 'psychologischen Arbeitsvertrag' abzuschließen. Dieser beinhaltet gemeinsam vereinbarte 'Spielregeln' und dient dazu, implizite Erwartungen explizit zu machen. Widersprüchliche Erwartungen werden aufgegriffen und diskutiert, um eine gemeinsame Basis für den Lernprozess zu schaffen. Ein gemeinsames Verständnis von guter Lehre und gutem Lernen, idealerweise entwickelt im Studiengang unter Einbeziehung der Studierenden, ist ebenfalls wichtig. Daraus lassen sich dann Erwartungen und Pflichten für Studierende und Lehrende ableiten, die zu Beginn des Studiums, z.B. in einem Faltblatt, kommuniziert werden und immer wieder thematisiert werden. Ein Beispiel für ein solches Faltblatt wird von der PH Zürich erwähnt. Der Fokus liegt darauf, eine transparente und gemeinsame Basis für erfolgreiches Lehren und Lernen zu schaffen, um Missverständnisse und Frustrationen zu minimieren und ein positives Lernumfeld zu schaffen.

III.Prinzip 3 Den roten Faden im Blick behalten

Ein klarer, logischer Aufbau der Lehrveranstaltungen (Didaktik) ist entscheidend. Der 'rote Faden' muss sowohl über das gesamte Semester als auch innerhalb einzelner Einheiten sichtbar sein. Dies verbessert die Wissensvernetzung und das Verständnis der Studierenden.

3.1 Der Rote Faden als Strukturgeber im Lernprozess

Prinzip 3 betont die Bedeutung eines klaren 'roten Fadens' für effektives Lernen. Logisch aufeinanderfolgende Lernschritte vernetzen neuen Stoff mit bereits bekanntem Wissen und machen ihn so für die Lernenden 'sinnvoll' (Roth, 2004). Ein logischer Aufbau ist wichtig für Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Dieser sollte sowohl auf inhaltlicher als auch auf didaktischer Ebene berücksichtigt werden. Es ist entscheidend, den roten Faden nicht nur implizit als Lehrender vor Augen zu haben, sondern ihn explizit und wiederholt den Studierenden vor Augen zu führen. Dies erhöht die Chance, dass die Studierenden ihren eigenen roten Faden finden. Ein solcher roter Faden sollte sowohl über den gesamten Semesterverlauf als auch im Ablauf einzelner Veranstaltungen vorhanden sein. Die klare Strukturierung des Lernmaterials erleichtert den Studierenden die Orientierung und das Verständnis des Lehrstoffes. Durch die explizite Darstellung des roten Fadens wird ein Verständnis für den Zusammenhang der Lerninhalte geschaffen, was die Lernleistung verbessert und das nachhaltige Behalten des Wissens fördert. Die visuelle und sprachliche Darstellung dieses roten Fadens spielt dabei eine entscheidende Rolle.

3.2 Der Didaktische Dreischritt und die Integrierte Modulplanung

Der Abschnitt behandelt die Bedeutung eines lernförderlichen Abschlusses von Lerneinheiten, der oft aus Zeitmangel zu kurz kommt. Es wird vorgeschlagen, Studierende eine mögliche Prüfungsfrage zu der Sitzung formulieren zu lassen, diese mit Kommilitonen zu diskutieren und zu beantworten. Die gesammelten Fragen und Antworten dienen dann als Einstieg in die nächste Sitzung, ermöglichen eine Zusammenfassung des Gelernten und bieten dem Lehrenden einen Einblick in den Lernprozess. Für eine ganzheitliche Planung wird die Entwicklung eines roten Fadens für ein gesamtes Modul empfohlen. Dies ermöglicht es, ein Thema aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten oder verschiedene Phasen eines Prozesses in den einzelnen Modulteilen nachzuvollziehen. Der HdM-Modulplaner des Didaktikzentrums der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM) kann als Hilfsmittel bei der Planung dieser Modulstruktur dienen. Die Konsistenz und der logische Fluss des roten Fadens durch das gesamte Modul tragen maßgeblich zu einem verbesserten Lernverständnis und einer erfolgreichen Wissensvermittlung bei. Die Studierenden gewinnen ein klares Bild des gesamten Lernpfades, wodurch die Lernmotivation gesteigert und die Wissensverknüpfung optimiert wird.

IV.Prinzip 4 Inhalte vernetzen Überblick geben

Die Erstellung von kognitiven Landkarten (Mindmaps, Strukturlegetechniken) unterstützt das Verständnis komplexer Zusammenhänge. Dies fördert die Wissensvernetzung und ermöglicht den Studierenden, ihr Wissen zu strukturieren und zu vernetzen. Visuelle Darstellungen verbessern die Informationsaufnahme.

4.1 Kognitive Landkarten als Visualisierung von Wissensnetzen

Prinzip 4 befasst sich mit der Verwendung von kognitiven Landkarten zur Vernetzung von Inhalten und zur Schaffung eines Überblicks. Kognitive Landkarten werden als explizit gemachte Wissensnetze definiert. Sie können von Lehrenden präsentiert werden, um Lernwege und Themenschwerpunkte zu visualisieren und das Curriculum anschaulich darzustellen. Studierende können sie selbst erstellen, um ihren Wissenserwerb zu unterstützen oder Vorwissen zu strukturieren. Die selbst erstellten Karten geben Aufschluss darüber, wie sich Studierende im Fach orientieren und welche Zusammenhänge sie herstellen. Verschiedene Visualisierungsformen bieten sich je nach Ziel an. Der Text erläutert, dass das Gehirn im Lernprozess nach Anknüpfungspunkten sucht und neue Informationen in bereits vorhandene Strukturen integriert. Der Lernprozess ist nicht linear, sondern eher unsystematisch und sprunghaft. Vermittelte und selbst erarbeitete Strukturen unterstützen den individuellen Lernprozess (Roth, 2004). Ein Überblick über die Lerninhalte bereitet die Lernenden auf die Wahrnehmung von Einzelinformationen vor (vgl. Prinzip 3). Verstehen bedeutet, Inhalte miteinander in Bezug zu setzen. Das Herstellen von Bezügen ist ein wichtiger Aspekt von Lehren und Lernen.

4.2 Methoden zur Erstellung und Anwendung kognitiver Landkarten

Der Abschnitt beschreibt verschiedene Methoden zur Erstellung und Anwendung kognitiver Landkarten. 'Scrabbles' werden als Methode vorgestellt, um Neugier zu wecken und Vorwissen zu aktivieren. Dabei gibt der Lehrende einen Begriff vor (z.B. 'LANDKARTE') und die Studierenden assoziieren weitere Begriffe, die mit dem Thema zusammenhängen und die Buchstaben des vorgegebenen Wortes enthalten. Die 'Struktur-Legetechnik' eignet sich zum Strukturieren komplexer Sachverhalte und zum Entdecken von Zusammenhängen. Zentrale Begriffe, Bilder oder Grafiken werden auf Moderationskarten geschrieben, geklärt und dann an einer Pinnwand oder auf dem Boden strukturiert angeordnet. Bezüge und Abhängigkeiten werden durch Striche, Pfeile oder Schnüre verdeutlicht. Mindmaps werden als weitere Methode zur Strukturierung von Inhalten und zur Darstellung von Zusammenhängen vorgestellt. Im Gegensatz zur linearen Struktur eines Textes werden Informationen um das zentrale Thema herum angeordnet, von dem aus sich die Gedanken verzweigen. Der Abschnitt betont den Unterschied zwischen oberflächlichem ('Pauken') und tiefem ('semantischem') Lernen. Tiefes Lernen ermöglicht es, Inhalte bedeutsam zu erfassen und Zusammenhänge herzustellen. Es wird durch Anwendung von Wissen, kritisches Prüfen und die Generierung eigener Ideen gefördert und erfordert eine Reduktion der Lehrinhalte. Fallbasiertes oder problemorientiertes Lernen wird als geeignete Methode genannt.

4.3 Portfolio als Werkzeug zur Visualisierung von Wissen

Ein Portfolio wird als zielgerichtete und systematische Sammlung von Arbeiten vorgestellt, die den Lernfortschritt dokumentieren (z.B. Lernpläne, Reflexionen, Dokumentation von Lernstrategien). Es bietet die Möglichkeit, die kognitiven Landkarten der Studierenden explizit zu machen und dient sowohl dem Lernprozess der Studierenden als auch dem Lehrenden als Einblick in deren Denkstrukturen. Die optimale Integration des Portfolios in alle Lehrveranstaltungen eines Moduls wird empfohlen. Der Einsatz des Portfolios als Lerninstrument und Prüfungsformat ermöglicht es den Studierenden, ihr Wissen zu reflektieren und ihre kognitiven Landkarten zu visualisieren und zu dokumentieren. Für die Lehrenden bietet es die Möglichkeit, ein umfassendes Bild vom Lernprozess und dem Verständnis der Studierenden zu gewinnen. Die regelmäßige Reflexion und Dokumentation im Portfolio fördert die eigenständige Lernorganisation und die Entwicklung von Lernkompetenzen. Durch die explizite Darstellung des Wissens im Portfolio wird das Verständnis und die Anwendung des Gelernten nachhaltig verbessert.

V.Prinzip 6 Wichtiges wiederholen

Regelmäßige Wiederholung ist essentiell für die dauerhafte Speicherung von Informationen. Die Broschüre schlägt verschiedene Wiederholungsmethoden vor, z.B. Speed Dating, Begriffssuche, Lernstopp und Buzz Groups, um das Gelernte zu vertiefen und zu festigen. Die Ebbinghaussche Kurve verdeutlicht den Vergessensverlauf.

6.1 Die Bedeutung von Wiederholung für die Gedächtniskonsolidierung

Prinzip 6 betont die essentielle Rolle von Wiederholung für das Lernen und die dauerhafte Speicherung von Informationen. Die wiederholte Aktivierung von Nervenschaltkreisen verfestigt das Gelernte. Die Ebbinghaussche Kurve veranschaulicht den Intensitätsgrad des Vergessens über die Zeit; ohne Wiederholung findet keine dauerhafte Speicherung statt. Wiederholung sollte in verschiedenen Variationen angewendet werden. Der Text unterstreicht, dass das wiederholte Abrufen und die Anwendung des Wissens entscheidend für die langfristige Behaltensleistung sind. Durch verschiedene Wiederholungsstrategien wird das Wissen vertieft, gefestigt und kann leichter abgerufen werden. Der Text verdeutlicht den Unterschied zwischen kurzfristigem Behalten durch 'Pauken' und tiefem, semantischen Lernen, das durch Anwendung, kritisches Prüfen und Generierung eigener Ideen gefördert wird. Die Ebbinghaus-Kurve visualisiert den natürlichen Vergessensprozess und unterstreicht somit die Notwendigkeit regelmäßiger Wiederholungen, um einen nachhaltigen Lernerfolg zu gewährleisten.

6.2 Methoden zur Wiederholung zu Beginn und während der Lerneinheit

Der Text beschreibt verschiedene Methoden zur Wiederholung von Lerninhalten. Zu Beginn einer Einheit können wichtige Erkenntnisse der vorherigen Einheit wiederholt werden, z.B. mit 'Speed Dating' (eine erweiterte Form des Kugellagers, die vorhandenes Wissen schnell in strukturierte Ergebnisse umsetzt) oder durch 'Begriffssuche', bei der wichtige Begriffe auf Karten geschrieben und in Kleingruppen diskutiert werden. Während der Erarbeitungsphase können 'Lernstopps' eingesetzt werden, um nach einem Lehrvortrag Fragen zu stellen, zentrale Aspekte zusammenzufassen und zu visualisieren. Studierende können Fragen erarbeiten oder eine These zur Abstimmung gestellt werden. Eine weitere Methode ist die 'Buzz Group', bei der Studierende in Kleingruppen die wichtigsten Erkenntnisse einer Sinneinheit zusammenfassen. 'Lernjournal' wird als Instrument zur Analyse eigener Lernprozesse vorgestellt. Am Ende einer Einheit halten Studierende wichtige Erkenntnisse und offene Fragen fest. Das Lernjournal kann begleitend zur gesamten Lehrveranstaltung oder als Prüfungsvorbereitung eingesetzt werden. Die verschiedenen Methoden bieten vielfältige Möglichkeiten, das Gelernte zu wiederholen, zu vertiefen und zu vernetzen, um ein nachhaltiges Verständnis zu gewährleisten.

VI.Prinzip 7 Verschiedene Sinne ansprechen

Die Einbindung verschiedener Sinneskanäle (visuell, auditiv, kinästhetisch) optimiert die Behaltensleistung. Abwechslungsreiche Methoden wie Rollenspiele, Experimente und visuelle Hilfsmittel fördern das Lernen. Die Verwendung von sinnlicher Sprache erhöht die Wirkung.

7.1 Die Bedeutung multisensorischen Lernens

Prinzip 7 betont die Verbesserung der Behaltensleistung durch die Ansprache mehrerer Sinneskanäle im Lehr-Lernprozess. Je mehr Sinneskanäle (visuell, auditiv, kinästhetisch) adäquat eingesetzt und abgewechselt werden, desto besser ist die Behaltensleistung. Sinnesspezifisch zu lehren bedeutet, visuelle, auditive und kinästhetische (tastende) Arbeitsformen einzusetzen und abzuwechseln. Wahrnehmen und „Begreifen“ von Inhalten bedeutet auch, etwas selbst zu machen. Wenn Lernende selbst aktiv werden und Inhalte anderen erklären können, findet Lernen effizienter statt. Informationen werden besser vernetzt und dauerhaft gespeichert. Der Text unterstreicht die Notwendigkeit, verschiedene Lehrmethoden zu kombinieren, um verschiedene Lernstile und Vorlieben zu berücksichtigen. Eine abwechslungsreiche Gestaltung des Unterrichts erhöht die Aufmerksamkeit und das Interesse der Studierenden und trägt somit zu einem effektiveren und nachhaltigeren Lernerfolg bei.

7.2 Methoden zur Ansprache verschiedener Sinne

Der Text gibt konkrete Beispiele für die Ansprache verschiedener Sinne im Unterricht. Der kinästhetische Sinn (Tasten) kann durch Aktivitäten wie das Markieren von Texten, Experimente, das eigenständige Erfahren der Funktionsweise einer Maschine, Einzel- oder Gruppenarbeit mit verschiedenen Materialien (Moderationskarten etc.), Rollenspiele angesprochen werden. Unterschiedliche Medien wie Visualisierungen am Flipchart, Lehrvideos oder Rollenspiele/Simulationen sprechen verschiedene Sinne an. Auch die Verwendung sinnesspezifischer Sprache, z.B. „Betrachtet man diese Grafik aus dem Blickwinkel…“, aktiviert die Sinne. Der Text betont, dass die aktive Beteiligung der Studierenden und die Möglichkeit, das Gelernte anderen zu erklären, den Lernerfolg deutlich verbessern. Die Kombination verschiedener Methoden und Medien ermöglicht es, den individuellen Lernstilen der Studierenden gerecht zu werden und ein umfassenderes und nachhaltigeres Verständnis zu schaffen. Durch die aktive Einbindung verschiedener Sinne wird der Lernprozess interessanter und effektiver gestaltet.

VII.Prinzip 8 Emotionen beachten

Positive Emotionen verbessern das Lernen und die Erinnerung. Ein angenehmes Lernklima und der Umgang mit Konflikten sind daher wichtig. Methoden wie Partnerinterviews fördern das soziale Miteinander und reduzieren Hemmschwellen.

8.1 Der Einfluss von Emotionen auf den Lernprozess

Prinzip 8 betont die wichtige Rolle von Emotionen für den Lernerfolg. Positive Gefühle fördern die dauerhafte Speicherung und den Abruf von Informationen aus dem Gedächtnis (Gudjons & Traub, 2012). An stark emotionale Erlebnisse erinnert man sich gut, und Lerninhalte werden an Emotionen geknüpft. Der aktuelle emotionale Zustand beeinflusst das Lernen und Arbeiten (Krapp, 2005). Emotional-motivationale Begleitprozesse wirken sich indirekt auf das Lerngeschehen aus, beeinflussen die Intensität und Richtung der kognitiven Lernarbeit. Negative Emotionen behindern das Lernen; die Gehirnaktivität beim Einspeichern von Informationen ist in negativer Stimmung gemindert (Spitzer, 2008). In wissenschaftlichen und technischen Fächern kommen oft Schwellenängste hinzu, die die Beschäftigung mit Inhalten hemmen. Daher ist es wichtig, ein angenehmes Lernklima zu schaffen, um Unsicherheiten zu reduzieren und die Lernenden arbeitsfähig zu machen. Die Schaffung einer positiven Lernatmosphäre ist daher von entscheidender Bedeutung für den Lernerfolg.

8.2 Methoden zur Emotionsregulation im Unterricht und Umgang mit Konflikten

Der Text schlägt Methoden vor, um ein positives Lernklima zu schaffen und mit Emotionen im Unterricht umzugehen. Partnerinterviews eignen sich zum Kennenlernen in Gruppen bis zu 25 Personen, z.B. in der ersten Sitzung eines Semesters. Dabei befragen sich zwei Teilnehmer zu Vorkenntnissen, Meinungen oder persönlichen Dingen. Konkrete Fragen werden schriftlich vorgegeben. Nach der Hälfte der Zeit tauschen die Teilnehmer die Rollen. Anschließend werden die Ergebnisse im Plenum vorgestellt. Der Text erwähnt auch die Bedeutung der Offenlegung von Zielen (sachlich, zwischenmenschlich, persönlich, offiziell, inoffiziell, geheim, vordringlich, nachgeordnet, bewusst, vorbewusst). Einstiegs- und Kennenlernübungen ebnen den Weg zum Inhaltlichen und bringen Studierende in Kontakt miteinander. Lernen wird als soziales Miteinander betrachtet. Konflikte können durch gezielte Intervention des Lehrenden bearbeitet werden (Stahl, 2007). Der Umgang mit Konflikten ist ein wichtiges Lernziel, das die soziale Kompetenz fördert und für den späteren Berufsalltag unerlässlich ist. Die aktive Moderation und der respektvolle Umgang mit unterschiedlichen Emotionen sind wichtige Aufgaben des Lehrenden, um ein positives und produktives Lernklima zu schaffen.

VIII.Prinzip 9 Pausen einlegen

Regelmäßige Pausen sind notwendig für die Verarbeitung von Informationseinheiten. Die Broschüre empfiehlt aktive Pausen und Methodenwechsel, um die Aufmerksamkeit der Studierenden aufrechtzuerhalten und die Lernleistung zu verbessern. Beispiele für Pausenaktivitäten sind Spaziergänge und kurze, unterhaltsame Einlagen (Videos, Comics).

9.1 Die Notwendigkeit von Pausen für die Informationsverarbeitung

Prinzip 9 unterstreicht die Bedeutung von Pausen für effektives Lernen. Das Gehirn benötigt Zeit und Ruhe zur Konsolidierung (Verfestigung) von Informationen. Verwirrung entsteht, wenn zu ähnliche Stoffe zeitnah präsentiert werden, da sich der Stoff dann nicht in Ruhe setzen kann. Die Verfestigung von Inhalten ist ein wichtiger Gedächtnisprozess, der nach dem Lernen einsetzt und ohne zusätzliches Lernen stattfindet. Schlaf spielt dabei eine wichtige Rolle. Der Hippocampus verarbeitet und integriert Informationen in vorhandene Strukturen. Diese Informationen werden an den Kortex gesendet, erst dann sind sie nachhaltig gespeichert und abrufbar. Zwischenzeitliche Beschäftigung mit anderen Inhalten oder Aktivitäten kann diese Übertragung stören, sodass das Gelernte nicht „hängen bleibt“. Pausen nach ca. 20 Minuten sind sinnvoll, da nach einem Frontalvortrag die Aufmerksamkeit und Aufnahmefähigkeit stark nachlassen. Pausen regen den Verstehens- und Fragenprozess an und ermöglichen die Verarbeitung von Informationseinheiten (Miller, 1956; Gobet & Clarkson, 2004). Aktive Pausen, z.B. durch kurzes Verlassen des Raumes oder Methodenwechsel, werden empfohlen.

9.2 Methoden zur Gestaltung von Pausen im Unterricht

Der Text schlägt verschiedene Methoden zur Gestaltung von Pausen vor. 'Das laufende Quiz' ist eine Methode, bei der Studierende paarweise Fragen zu einem Thema diskutieren und beantworten, während sie einen 10-minütigen Spaziergang innerhalb oder außerhalb der Hochschule machen. Anschließend werden die Antworten im Plenum diskutiert. Ein weiterer Vorschlag ist der 'Lernstopp', bei dem nach einem abgeschlossenen Teilthema eine Aufgabenstellung oder Frage gestellt wird, die die Studierende zur Verarbeitung des Gelernten anregt. Die Ergebnisse werden anschließend besprochen. Mehrere Lernstopps innerhalb einer Einheit sind möglich. Kurze Pausen können auch mit Videos, Fotos, Comics oder anderen Medien gefüllt werden, um neue Aktivität in den Hörsaal zu bringen und einen Methodenwechsel einzuleiten. Beispielsweise wird Doug Zonger von der University of Washington erwähnt, der mit humorvollen PowerPoint-Präsentationen für Entspannung in seinen Vorlesungen sorgt. Die Auswahl der Methode sollte an den Kontext und die Bedürfnisse der Studierenden angepasst sein. Körperliche Bewegung, z.B. ein Spaziergang, wirkt sich positiv auf Konzentration und Aufmerksamkeit aus (Löffler, 2011).

IX.Prinzip 11 Feedback geben

Regelmäßiges Feedback (formativ und summativ) ist essentiell für den Lernfortschritt. Methoden wie One-Minute-Papers, Classroom Assessments mit Interactive Voting-Systems (IVS) und Peer-Instruction ermöglichen eine kontinuierliche Überprüfung des Lernverständnisses und motivieren die Studierenden.

11.1 Die Bedeutung von Feedback für den Lernprozess

Prinzip 11 betont die zentrale Bedeutung von Feedback für den Lernprozess. Rückmeldungen zum Lernstand und zu Lernwegen sind essentiell, sowohl als Selbstkontrolle als auch als Fremdrückmeldung. Zwei Feedbackformen werden unterschieden: formatives und summatives Feedback (Dubs, 2006). Formatives Feedback dient der begleitenden Bestimmung des Lernstandes und des Lernfortschritts während des Lernprozesses. Summatives Feedback dient der Lernergebniskontrolle am Ende einer Lerneinheit, z.B. durch Prüfungen. Feedback darüber, ob Studierende das Richtige gelernt und verstanden haben, motiviert zum Weiterlernen und verhindert Frustration. Da die Erkenntnis über den Lernfortschritt in Prüfungen meist zu spät kommt, ist es wichtig, Studierenden über den gesamten Zyklus einer Lehrveranstaltung hinweg Feedback zu geben. Frühzeitige Rückmeldungen ermöglichen es, Missverständnisse zu klären und den Lernprozess gezielt anzupassen. Dies trägt zu einer höheren Lernmotivation und einem besseren Lernergebnis bei.

11.2 Methoden zur Implementierung von Feedback

Der Text beschreibt verschiedene Methoden zur Implementierung von Feedback im Unterricht. 'One-Minute-Papers' (einzeln oder in Gruppen) ermöglichen es Studierenden, am Ende einer Einheit die wichtigste Erkenntnis schriftlich festzuhalten. Diese können im Plenum vorgestellt und durch Nachfragen überprüft werden (vgl. Prinzip 1). 'Classroom Assessments' mit 'Interactive Voting-Systems' (IVS) und 'Peer-Instruction' werden als aktivierende Methoden vorgestellt. Die Peer-Instruction-Methode (entwickelt von Eric Mazur, Harvard University) wird an deutschen Hochschulen (z.B. Ostfalia Hochschule) erfolgreich eingesetzt. Nach einem Impulsreferat beantworten Studierende Multiple-Choice-Fragen mittels IVS oder farbigen Karten. Anschließend überzeugen sie ihre Nachbarn von ihrer Wahl. Eine erneute Abstimmung und eine anschließende Diskussion erhöhen das Verständnis. Die verschiedenen Methoden bieten Möglichkeiten, regelmäßig Feedback einzuholen und den Lernprozess der Studierenden kontinuierlich zu begleiten und zu optimieren. Dies ermöglicht eine frühzeitige Identifikation von Lernschwierigkeiten und eine gezielte Unterstützung der Studierenden.