
Lärm: Belästigung in Deutschland
Dokumentinformationen
Autor | Dr. Dirk Schreckenberg |
instructor | Jördis Wothge |
Schule | ZEUS GmbH, Zentrum für angewandte Psychologie, Umwelt- und Sozialforschung, Hagen |
Fachrichtung | Umweltforschung, Sozialforschung, Psychologie, Bauphysik |
Unternehmen | ZEUS GmbH, Möhler + Partner Ingenieure AG |
Ort | Dessau-Roßlau |
Dokumenttyp | Abschlussbericht |
Sprache | German |
Format | |
Größe | 3.52 MB |
Zusammenfassung
I.Methode der Lärm Belästigungs Erhebung in Deutschland
Diese Forschungsarbeit untersucht die Lärmbelästigung in Deutschland. Im Gegensatz zu bisherigen Erhebungen des Umweltbundesamtes, die die Exposition nicht berücksichtigten, wurde hier eine repräsentative Lärmstudie durchgeführt, welche die Belästigung durch verschiedene Umweltlärmquellen (Straßenverkehr, Luftverkehr, Nachbarschaft etc.) erfasst. Dafür wurden bundesweit repräsentative Großräume im Norden, Osten, Süden und Westen ausgewählt, unterteilt in Innenstadt, städtisches Randgebiet und ländliche Gebiete. Die Stichprobengröße wurde nach Bevölkerungsdichte gewichtet (z.B. ca. 4:2:1 für innerstädtische, städtische Randgebiete und ländliche Bereiche in Nord, Ost, Mitte und Süddeutschland; in NRW 6:3:1). Die Daten wurden in zwei Wellen erhoben, wobei die zweite Welle (ca. 12.000 Personen) eine höhere Rücklaufquote durch die Kombination aus Online- und Papierfragebögen erzielte. Die ICBEN-Skalen zur Erfassung der Lärmbelästigung wurden verwendet. Die Studie untersuchte auch den Nachbarschaftslärm, eine bisher weniger erforschte Lärmquelle mit hoher Variabilität.
1. Hintergrund und Zielsetzung der Studie
Die Studie untersucht die Lärmbelästigungssituation in Deutschland, im Gegensatz zu vorherigen Erhebungen des Umweltbundesamtes, die ohne Berücksichtigung der Exposition durchgeführt wurden. Bisherige Forschungsarbeiten konzentrierten sich oft nur auf einzelne Lärmquellen. Diese Studie hingegen zielt auf eine repräsentative Erfassung der Belästigung durch verschiedene Umweltlärmquellen ab, um ein umfassenderes Bild der Lärmbelastung in Deutschland zu erhalten. Es wurde eine repräsentative Stichprobe erstellt, welche die Verteilung der Umgebungslärm-Belastung in Deutschland abbildet und die Belästigung durch verschiedene Umweltlärmquellen erfasst. Die Auswahl der Untersuchungsgebiete erfolgte bundesweit und repräsentativ in Großräumen des Nordens, Ostens, Südens und Westens Deutschlands, weiter unterteilt in Innenstadt, städtisches Randgebiet und ländliche Gebiete. Diese differenzierte Betrachtung der Verdichtungsräume ist ein entscheidender Unterschied zu früheren Studien und soll die Ergebnisse präzisieren.
2. Methoden der Datengewinnung Stichprobenziehung und Datenerhebung
Für die Stichprobenziehung wurden bundesweit repräsentative Großräume ausgewählt, um eine räumliche Verteilung im gesamten Bundesgebiet sicherzustellen. Innerhalb dieser Großräume erfolgte eine weitere Unterteilung in Verdichtungsräume (Innenstadt, städtisches Randgebiet, ländliches Gebiet), um die unterschiedlichen Lärmbelastungssituationen zu erfassen. Die Stichprobengrößen wurden anhand statistischer Daten zur Bevölkerungsverteilung gewichtet, um eine repräsentative Darstellung der Bevölkerungsstruktur zu gewährleisten. Es wurde ein Verhältnis von 4:2:1 für innerstädtische Verdichtungsräume, städtische Randgebiete und ländlich geprägte Bereiche für die Regionen Nord, Ost, Mitte und Süd Deutschlands angestrebt. Für die westlichen Gebiete (NRW) wurde aufgrund der geringeren ländlichen Prägung ein Verhältnis von 6:3:1 angenommen. Diese Verhältnisse basieren auf Daten des Statistischen Bundesamtes, der statistischen Ämter der Bundesländer und dem Zensus-Atlas 2011. Die Daten wurden in zwei Wellen erhoben. In der ersten Welle erfolgte die Befragung ausschließlich online, was zu einer relativ geringen Rücklaufquote von 749 Teilnehmern führte. Die zweite Welle umfasste knapp 12.000 Personen und kombinierte Online- und Papierfragebögen, um die Rücklaufquote zu erhöhen. Die Adressen stammten aus Gebäudedatensätzen der Metropolregionen und wurden durch Adressdienstleistungsunternehmen (Post Direkt GmbH und AZ Direct GmbH) mit den Namen der dort lebenden Erwachsenen angereichert.
3. Messinstrumente und Skalierung der Lärmbelästigung
Die Erhebung der Lärmbelästigung erfolgte unter Verwendung der von der International Commission on Biological Effects of Noise (ICBEN) empfohlenen Skalen. Diese umfassen eine 5-stufige Verbalskala und eine 11-stufige numerische Skala zur Erfassung der Stärke der empfundenen Belästigung. Die fünf Antwortkategorien der Verbalskala wurden so gewählt, dass sie in verschiedenen Sprachen eine annähernd gleichabständige Intensitätsskala ergeben. Die ICBEN-Empfehlungen wurden in der ISO/TS 15666 übernommen. Für die Studie wurde die Verwendung beider Skalen empfohlen, wobei oft nur eine der beiden Skalen verwendet wird. Der Fragebogen enthielt Fragen zur Stärke der Lärmbelästigung, wobei die Formulierung der Fragen und der Kontext im Fragebogen die Antworten beeinflussen können. Die Studie berücksichtigte auch potenzielle Verzerrungen in der Lärmbelästigungsbeurteilung durch nicht-akustische Faktoren, da diese neben akustischen Faktoren bekanntlich einen Einfluss haben. Es wurde versucht, diese Verzerrungen durch die Verwendung mehrerer Items im Fragebogen zu minimieren.
4. Regionale Verteilung und Bevölkerungsdichte
Die Auswahl der Gebiete für die Studie berücksichtigte die Notwendigkeit, sowohl eine räumliche Verteilung im gesamten Bundesgebiet als auch die Herkunft aus unterschiedlich verdichteten Regionen zu gewährleisten. Stellvertretend für das gesamte Bundesgebiet wurden Gebiete in Nord-, Süd-, Ost- und Westdeutschland ausgewählt. Die Differenzierung der Wohnstandorte nach Bevölkerungskonzentration erfolgte durch die Rekrutierung von Personen aus Innenstädten, städtischen Randgebieten und ländlich geprägten Gebieten. Die Stichprobengrößen aus den jeweiligen Verdichtungsräumen wurden anhand statistischer Daten zur Bevölkerungsverteilung ermittelt und gewichtet. Die Bevölkerungsdichte variiert bundesweit stark und wurde für die Gewichtung der Stichproben berücksichtigt. Für Nord, Ost, Mitte und Süddeutschland wurde ein Verhältnis von 4:2:1 für innerstädtische Verdichtungsräume, städtische Randgebiete und ländlich geprägte Bereiche angestrebt. In NRW, wo weniger ländliche Gebiete vorhanden sind, wurde ein Verhältnis von 6:3:1 angenommen. Die Daten zur Bevölkerungsdichte stammten aus dem Statistischen Bundesamt, den statistischen Ämtern der Bundesländer und dem Zensus-Atlas 2011. Dieser Atlas ermöglichte eine kleinräumige Berechnung der Einwohnerzahl pro Quadratkilometer.
II.Ergebnisse der Lärm Belästigungs Studie
Die Ergebnisse zeigen, dass Umweltlärm ein bedeutsames Problem ist. Die ermittelte Lärmbelästigung unterschied sich je nach Verdichtungsraum: In Innenstädten wurden innerhäusige Lärmquellen (z.B. Nachbarn) als störend empfunden, während in Randgebieten der Luftverkehrslärm im Vordergrund stand und im ländlichen Raum Baulärm und Haustierlärm. Straßenverkehrslärm war in Innenstadt und Randgebieten ein Problem. Qualitative Fokusgruppen (insgesamt 16 Teilnehmer, verteilt auf Innenstadt, Randlage und ländliches Gebiet) lieferten detailliertere Einblicke in die Wahrnehmung und den Umgang mit Nachbarschaftslärm. Dabei wurden Faktoren wie die Lautstärke, der Zeitpunkt des Lärms und das Verhältnis zu den Nachbarn als Einflussfaktoren identifiziert. Möglichkeiten zum Umgang mit Lärm reichten von direkter Kommunikation bis hin zu intrapersonellen Strategien (Verhaltensänderung, Wahrnehmungsanpassung).
1. Gesamtübersicht der Lärmbelästigung
Die Studie zeigt, dass Umweltlärm ein weitverbreitetes Problem in Deutschland darstellt. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Lärmbelästigung je nach Wohnumgebung und Art der Lärmquelle stark variiert. Es wurden Unterschiede in der Wahrnehmung und den als störend empfundenen Lärmquellen zwischen Innenstadt, städtischen Randgebieten und ländlichen Regionen festgestellt. Die Studie bestätigt, dass Umweltlärm ein bedeutsames lokales Umweltproblem ist, welches die Lebensqualität der Bevölkerung erheblich beeinträchtigen kann. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen zur Lärmminderung und Lärmbekämpfung in Deutschland. Die Studie liefert eine umfassende Grundlage für weitere Analysen und gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Lärmsituation.
2. Lärmbelästigung nach Verdichtungsräumen
Die Untersuchung der Lärmbelästigung in verschiedenen Verdichtungsräumen (Innenstadt, Stadtrand, ländliche Gebiete) ergab signifikante Unterschiede in den als störend empfundenen Lärmquellen. In Innenstadtbereichen wurden vor allem innerhäusige Lärmquellen wie Lärm von Nachbarn, Veranstaltungen oder vorbeigehenden Personen genannt. Im Gegensatz dazu fühlten sich die Bewohner in den Randgebieten stärker durch Luftverkehrslärm beeinträchtigt. In ländlichen Gebieten wurden Baulärm und Haustierlärm als Hauptquellen der Lärmbelästigung genannt. Straßenverkehrslärm hingegen wurde sowohl in den Innenstädten als auch in den Randgebieten als störende Lärmquelle identifiziert. Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der Lärmbelastung je nach Wohnumgebung und den damit verbundenen Lärmquellen.
3. Qualitative Ergebnisse der Fokusgruppen zum Nachbarschaftslärm
Die Fokusgruppen liefern detaillierte Einblicke in die subjektive Wahrnehmung und den Umgang mit Nachbarschaftslärm. Insgesamt nahmen 16 Personen an drei Fokusgruppen teil (Innenstadt, Randlage, ländliches Gebiet). Die Teilnehmer nannten spontan verschiedene Lärmquellen, die sie als störend empfanden. Dabei spielten neben der Lautstärke auch der Zeitpunkt des Lärms (Nacht, Mittagszeit) und die individuellen Umstände (Stress, Stimmung) eine Rolle. Das Verhältnis zu den Nachbarn beeinflusst das Erleben der Lärmbelästigung. Es wurden fünf Hauptkategorien für den Umgang mit Nachbarschaftslärm identifiziert: Kommunikation, Absprachen, Verhaltensanpassung, externe Beschwerden und intrapersonelle Strategien (z.B. Einstellung, Wahrnehmung). Die Ergebnisse unterstreichen die Komplexität des Themas und die Bedeutung der sozialen Interaktion im Kontext von Nachbarschaftslärm.
III.Datenquellen und Stichprobenziehung
Gebäudedaten wurden von Landesumweltbehörden bezogen (u.a. Metropolregionen). Adressen wurden per Zufall ausgewählt und durch Adressdienstleister (Post Direkt GmbH, AZ Direct GmbH) mit Personennamen angereichert. In Welle 1 wurden Ende Oktober 2018 ca. 6000 Anschreiben verschickt, in Welle 2 im Mai 2019 weitere 12.000. Die Stichprobenziehung war geschichtet nach Region und Verdichtungsraum. Die Rücklaufquote in Welle 1 war mit 749 Teilnehmern relativ gering, u.a. aufgrund von Zustellproblemen und der ausschließlichen Online-Befragung. Die zweite Welle verbesserte die Quote durch die zusätzliche Bereitstellung von Papierfragebögen.
1. Datenquellen und Adressgewinnung
Die Gebäudedaten, einschließlich der Adressen und Geo-Koordinaten, wurden von den zuständigen Landesumweltbehörden bezogen. Diese Daten waren notwendig, um die Geräuschbelastung adressgenau zu berechnen. Möhler + Partner stellte die Gebäudeadressen bereit. Um die Adressen mit den Namen der dort lebenden Erwachsenen anzureichern, beauftragte ZEUS das Unternehmen AZ Direct GmbH. Diese Daten wurden dann ZEUS für die Verwendung im Forschungsprojekt zur Verfügung gestellt. Die Flüchters Dialogmarketing GmbH in Wuppertal war mit dem Druck der Anschreiben beauftragt, wobei die Personendaten nach dem Versand gelöscht wurden. Die Datenerhebung erfolgte in zwei Wellen. In der zweiten Welle wurden 24.000 Gebäudeadressen im Rahmen einer geschichteten Zufallsstichprobe (geschichtet nach Region und Verdichtungsgruppe) ausgewählt. AZ Direct GmbH suchte die Namen der erwachsenen Bewohner heraus und stellte eine Zufallsauswahl von knapp 12.000 Personen zur Verfügung. Der Verteilungsschlüssel berücksichtigte die unterschiedliche Bevölkerungsdichte in den verschiedenen Regionen und Verdichtungsräumen. Für die zweite Welle wurden die Adressen der ersten Welle aussortiert, um Mehrfachbefragungen zu vermeiden.
2. Stichprobenverfahren und Gewichtung
Die Stichprobenziehung erfolgte nach einem Zufallsprinzip, wobei ein Verteilungsschlüssel nach Bevölkerungsdichte berücksichtigt wurde. Das Ziel war es, einen repräsentativen Bevölkerungsquerschnitt zu erreichen und dabei die unterschiedliche Bevölkerungsdichte in verschiedenen Regionen Deutschlands zu berücksichtigen. Es wurden Gebiete in Nord-, Süd-, Ost- und Westdeutschland ausgewählt, um eine möglichst große geografische Abdeckung zu gewährleisten. Die Unterteilung in Innenstädte, städtische Randgebiete und ländliche Gebiete diente dazu, die Lärmbelastung in unterschiedlichen Verdichtungsräumen zu erfassen. Für Nord, Ost, Mittel- und Süddeutschland wurde ein Verhältnis von 4:2:1 für innerstädtische Gebiete, städtische Randgebiete und ländliche Gebiete verwendet. In Nordrhein-Westfalen wurde aufgrund der geringeren ländlichen Flächen ein Verhältnis von 6:3:1 angenommen. Die Daten zur Bevölkerungsdichte basieren auf Informationen des Statistischen Bundesamtes, der Landesstatistikämter und dem Zensus-Atlas 2011. Ein Vergleich der Daten für Hamburg und Berlin zeigte eine gute Übereinstimmung mit den angenommenen Verhältnissen. Ziel war es, nach dem Rücklauf ca. 2000 auswertbare Fragebögen zu erhalten.
3. Durchführung der Befragungen Wellen 1 und 2
Die erste Befragungswelle erfolgte Ende Oktober 2018 rein online über LimeSurvey. Die Briefe enthielten ein Anschreiben von ZEUS, einen Link und Zugangscode zur Online-Befragung, eine Datenschutzerklärung und ein Referenzschreiben des Umweltbundesamtes. Die Befragung dauerte etwa 20 Minuten. Die Rücklaufquote der ersten Welle war mit 749 Teilnehmern relativ niedrig. Ursachen hierfür waren eine hohe Anzahl nicht zustellbarer Anschreiben (2207) und der ausschließliche Online-Charakter der Befragung, der bestimmte Personengruppen ausschloss. Für die zweite Welle, die im Mai 2019 startete, wurden die Adressen aus Welle 1 entfernt. Es wurden 24.000 Gebäudeadressen zufällig ausgewählt und durch AZ Direct GmbH mit Namen von Erwachsenen angereichert. Eine Zufallsauswahl von knapp 12.000 Personen wurde kontaktiert. Um die Rücklaufquote zu erhöhen, erhielten die Teilnehmer sowohl einen Online-Zugang als auch einen gedruckten Fragebogen. Die Briefe wurden in zwei Phasen verschickt: Zunächst 6.000 Personen, nach zwei Wochen eine Erinnerung an diese und der Versand an weitere 5.992 Personen.
IV.Nachbarschaftslärm Detaillierte Betrachtung
Der Fokus lag auf der Erforschung von Nachbarschaftslärm, da dieser trotz seiner Häufigkeit (zweit häufigste Lärmquelle nach Straßenverkehrslärm) international wenig untersucht ist. Die Studie untersuchte die Wirkungen von Nachbarschaftslärm auf die psychische Gesundheit und Lebensqualität, ebenso wie Einflussfaktoren wie die Wohnlage (ländlich vs. städtisch). Die Auswertung berücksichtigte auch die subjektive Wahrnehmung der Geräuschdämmung. Die Ergebnisse zeigten einen Zusammenhang zwischen dem Verhältnis zu den Nachbarn und dem Beeinträchtigungserleben durch Lärm. Die Studie enthielt Items, die die verschiedenen Aspekte des Nachbarschaftslärms (Lautstärke, Zeitpunkt, etc.) erfassten. Die Literaturrecherche ergab 16 verwertbare Artikel zu diesem Thema.
1. Definition und Herausforderungen bei Nachbarschaftslärm
Nachbarschaftslärm stellt im Vergleich zu anderen Lärmarten eine besondere Herausforderung dar, da er qualitativ und quantitativ stark variiert und bisher wissenschaftlich nur unzureichend erforscht wurde. Im Gegensatz zu Verkehrslärm existieren keine generalisierten Expositions-Wirkungsfunktionen. Die Studie hebt hervor, dass der Begriff „Nachbarschaftslärm“ bislang nicht fachlich eindeutig abgegrenzt ist und eine detaillierte Untersuchung eine Ermittlung der Lärmdosis erfordern würde, was im Rahmen des Projektes nicht möglich war. Die Studie zitiert Klaeboe (2007), der berichtet, dass Nachbarschaftslärm in ruhigen Gebieten stärker belästigt als in lauten. Langdon (1981) betont den Zusammenhang zwischen innerhäusigem Nachbarschaftslärm und der subjektiven Einschätzung der Geräuschdämmung der Wohnungswände. Levy-Leboyer und Naturel (1991) identifizieren „nicht-normale“, vermeidbare und laute Nachbarschaftsgeräusche, besonders nachts, als besonders störend. Eine Studie des MORI Social Research Institute (2003) in Großbritannien zeigt, dass Nachbarschaftslärm häufiger in Mietwohnungen urbaner und sozial benachteiligter Gebiete auftritt und dass die Hälfte der Nachbarn sich der lärmverursachenden Wirkung ihres Verhaltens nicht bewusst ist.
2. Daten und Methoden zur Erfassung von Nachbarschaftslärm
Die Studie verweist auf die unterschiedlichen Frageformulierungen und Antwortskalen in der Literatur zur Erfassung von Lärmbelästigung. Es wurden sowohl Studien zitiert, die die standardisierten ICBEN-Empfehlungen verwendeten (Maschke & Niemann, 2007; Niemann et al., 2006; Hammersen, Niemann & Hoebel, 2016), als auch solche, die abweichende Skalen nutzten (Nitschke et al., 2014; Pekkonen & Haverinen-Shaughnessy, 2015). Die Literaturrecherche ergab insgesamt 1488 Treffer, davon 16 verwertbare Artikel zu Wirkungen, Items und Einflussfaktoren von Nachbarschaftslärm. Die Studie betonte die Notwendigkeit, den komplexen Aspekt des Nachbarschaftslärms umfassender zu erfassen. Es wurden Items integriert, die verschiedene Aspekte des Nachbarschaftslärms erfassen, wie Lautstärke, Zeitpunkt des Auftretens und die Person, die den Lärm verursacht. Die Studie untersuchte auch, wie die eigene Tätigkeit (z.B. Fernsehen) die Wahrnehmung von Nachbarschaftslärm beeinflusst. Zusätzliche Fragen erfassten die Situationen, in denen Nachbarschaftslärm am meisten stört, sowie Merkmale der störenden Geräusche auf einer 5er-Skala.
3. Wirkungen und Einflussfaktoren von Nachbarschaftslärm
Die vorhandene Literatur zeigt Zusammenhänge zwischen Nachbarschaftslärm und psychischer Gesundheit (Guite, Clark & Ackrill, 2006), selbstberichtetem Gesundheitsstatus (Héritier et al., 2014), psychischer Gesundheit (Hammersen et al., 2016) und Lebensqualität (Nitschke et al., 2014). Auch physiologische Wirkungen wie Hypertonie, Depression, Migräne und Bronchitis bei Kindern wurden in Studien (Niemann et al., 2006) beschrieben. Park und Lee (2017a, b) berichten über die Auswirkungen von Trittschall auf elektrodermale Hautleitfähigkeit und Atemfrequenz. Die Studie erwähnt, dass Faktoren wie soziodemografische Variablen und Wohnverhältnisse die Belästigung durch Nachbarschaftslärm beeinflussen. Pekkonen und Haverinen-Shaughnessy (2015) sowie Rasmussen & Ekholm (2015) stellten einen Zusammenhang zwischen Wohnlage und Nachbarschaftslärm fest; ländliche Gebiete berichten weniger Störungen. Starke Lärmbelästigung tritt hingegen häufiger in Großstädten auf (Laußmann et al., 2013). Die Studie untersuchte den Einfluss des Nachbarschaftsverhältnisses auf das Erleben von Lärmbelästigung.
4. Fokusgruppen und Ergebnisse im Detail
Drei Fokusgruppen wurden durchgeführt: eine in der Dortmunder Innenstadt, eine im Dortmunder Randgebiet und eine in ländlicher Umgebung bei Augsburg. Die Auswahl der Gebiete erfolgte unter Berücksichtigung der Umgebungslärmbelastung, um Gebiete mit konzentrierter Belastung durch einzelne Lärmquellen zu vermeiden. Insgesamt nahmen 16 Personen teil (8 Innenstadt, 5 Randgebiet, 3 ländlich). Die Telefonakquise gestaltete sich insbesondere im ländlichen Raum schwierig. Die Ergebnisse zeigten, dass neben den bereits genannten Lärmquellen auch der Mangel an Parkplätzen (Innenstadt, ländlich) bzw. Unzufriedenheit mit dem ÖPNV (Randgebiet) als negative Aspekte der Wohnumgebung genannt wurden. Im ländlichen Raum wurde eine Veränderung der sozialen Kontakte innerhalb der Nachbarschaft beobachtet. Lärm in der Nacht oder Mittagszeit, sowie die Lautstärke der Geräusche, wurden als störend empfunden. Auch sehr leise Geräusche können in ruhiger Umgebung als belästigend empfunden werden. Die persönliche Situation (Stress, Stimmung, Lebenssituation) beeinflusst die Wahrnehmung der Belästigung. Die Fokusgruppen diskutierten verschiedene Strategien zum Umgang mit Nachbarschaftslärm: Kommunikation, Absprachen, Verhaltensanpassung, Beschwerden und intrapersonelle Bewältigungsmechanismen.