Evaluation des Umweltinformationsgesetzes (UIG) - Analyse der Anwendung der Regelungen des UIG und Erschließung von Optimierungspotentialen für einen ungehinderten und einfachen Zugang zu Umweltinformationen

UIG-Evaluation: Umweltinfo-Zugang optimieren

Dokumentinformationen

Autor

Karl Stracke

Schule

Unabhängiges Institut für Umweltfragen e.V., Berlin

Fachrichtung Umweltwissenschaften, Rechtswissenschaften
Unternehmen

Umweltbundesamt

Ort Dessau-Roßlau
Dokumenttyp Forschungsbericht
Sprache German
Format | PDF
Größe 3.27 MB

Zusammenfassung

I.Das Umweltinformationsgesetz UIG und die Aarhus Konvention

Diese Evaluierung des deutschen Umweltinformationsgesetzes (UIG) untersucht dessen Umsetzung im Kontext der Aarhus-Konvention. Die Konvention garantiert den Zugang zu Umweltinformationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten. Das UIG soll das allgemeine Umweltbewusstsein schärfen und die Öffentlichkeitsbeteiligung an umweltrelevanten Entscheidungen verbessern. Die Evaluation analysiert, inwieweit das UIG diese Ziele erreicht und welche Herausforderungen in der Praxis bestehen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Abgrenzung zum Informationsfreiheitsgesetz (IFG) und anderen Informationsfreiheitsansprüchen.

1. Die Aarhus Konvention und ihre Ziele im Kontext des UIG

Die Evaluierung des Umweltinformationsgesetzes (UIG) steht im direkten Zusammenhang mit der Aarhus-Konvention. Die Konvention betont die Notwendigkeit einer Kombination aus Zugang zu Umweltinformationen, Öffentlichkeitsbeteiligung in Entscheidungsverfahren und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten. Nur diese Kombination gewährleistet laut Erwägungsgründen der Konvention, dass Individuen in einer ihrer Gesundheit und ihrem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt leben können und ihrer Pflicht zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt für gegenwärtige und zukünftige Generationen nachkommen. Ein gesunderheitsförderlicher Zustand der Umwelt hängt demnach unmittelbar mit dem Zugang zu Umweltinformationen zusammen. Dieser Zugang soll die Umsetzung von Umweltentscheidungen verbessern, das öffentliche Bewusstsein schärfen und das Verhältnis zwischen Öffentlichkeit und Behörden positiv beeinflussen. Durch die Möglichkeit, Anliegen zum Ausdruck zu bringen und deren angemessene Berücksichtigung durch die Behörden, sollen Verantwortlichkeit und Transparenz in Entscheidungsverfahren gefördert und die öffentliche Unterstützung für Umweltentscheidungen gestärkt werden. Letztlich zielt dies auf eine Stärkung der Transparenz in der öffentlichen Verwaltung und somit der Demokratie ab, indem eine transparente Umweltverwaltung als Vorbild für die gesamte öffentliche Verwaltung dient. Die Evaluation des UIG muss daher auch den Beitrag des Gesetzes zur Erfüllung der Aarhus-Konvention überprüfen.

2. Herausforderungen bei der Evaluation des UIG

Die Evaluierung des UIG sah sich mit zwei wesentlichen Herausforderungen konfrontiert: der zeitlichen Dimension und dem potentiellen Umfang der Evaluation. Die Evaluation begann über elf Jahre nach der letzten Gesetzesnovellierung und mehr als 24 Jahre nach der Erstverabschiedung des Gesetzes. Dieser lange Zeitraum erschwerte die Rekonstruktion der Vollzugspraxis und die Beurteilung der langfristigen Wirkungen des Gesetzes. Der potentielle Evaluationsumfang war aufgrund des weiten Anwendungsbereichs des UIG enorm. Der Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen gilt für ‚jede Person‘, was sowohl natürliche als auch juristische Personen im öffentlichen und privaten Recht (unter bestimmten Bedingungen) umfasst. Die Vielzahl potentieller Nutzer und die umfassende Verpflichtung der Regierung und aller anderen Stellen der öffentlichen Verwaltung, sowie bestimmter privater Stellen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Umwelt erbringen und unter der Aufsicht des Bundes stehen, stellten eine immense Herausforderung für die Datenerhebung und -auswertung dar. Die Bestimmung der relevanten Akteure und die Erfassung aller potentiellen Auswirkungen des Gesetzes erforderten ein sorgfältig geplantes und umfassendes Vorgehen.

3. Auswahl der Nutzergruppen und informationspflichtiger Stellen

Für eine zielgerichtete Adressierung wurden die potentiellen Nutzer des UIG in verschiedene Gruppen unterteilt. Auf Basis vorheriger Evaluierungen zu Informationszugangsrechten wurden die ‚Allgemeine Öffentlichkeit‘, Umwelt- und Naturschutzvereinigungen und Bürgerinitiativen, die Medien, Wirtschaftsunternehmen und -verbände sowie die Rechtsanwaltschaft als relevante Nutzergruppen identifiziert. Die Bestimmung der privaten informationspflichtigen Stellen erwies sich als besonders herausfordernd. Die in § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG i.V.m. § 2 Abs. 2 UIG aufgeführten Voraussetzungen müssen im Einzelfall geprüft werden, eine allgemeine rechtswissenschaftliche Klärung der Informationspflichten Privater steht noch aus. Eine pauschale Beurteilung, ob Unternehmen mit einem bestimmten Aufgabenbereich generell informationspflichtig sind, ist nicht möglich. Die Informationspflicht für private Stellen beschränkt sich auf Fälle, in denen die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben im Zusammenhang mit der Umwelt steht und eine besondere Kontrolle durch den Bund oder eine unter der Aufsicht des Bundes stehende juristische Person des öffentlichen Rechts besteht. Die klare Identifizierung und Einbeziehung aller relevanten Akteure war für eine umfassende und aussagekräftige Evaluierung unabdingbar.

4. Inhaltlicher Anwendungsbereich und Zielerreichungsgrad

Die Evaluierung umfasste den weiten inhaltlichen Anwendungsbereich des UIG und die verschiedenen Formen der Antragstellung. Die Fragebögen erfassten verschiedene Arten von Informationsanträgen, einschließlich solcher, die sich nicht wörtlich auf das UIG bezogen, aber inhaltlich darunter fallen. Die informationspflichtigen Stellen wurden zu ihrer Verbreitungspraxis und die Nutzer zu ihrer Nutzungspraxis befragt. Potentielle Abgrenzungsschwierigkeiten zu anderen Informationsfreiheitsansprüchen, insbesondere auf Länderebene, wurden in den Fragebögen angesprochen. Die Operationalisierung des Zielerreichungsgrades beschränkte sich nicht nur auf die Evaluierung des Gesetzesvollzugs, sondern berücksichtigte auch mittelbare Gesetzeszwecke wie mittelbarer Umweltschutz und Demokratieförderung. Aufgrund der kaum vorhandenen Empirie zum Vollzug des UIG konzentrierte sich die empirische Erhebung auf den Gesetzesvollzug, wobei mittelbare Gesetzeszwecke in der Konzeption der Fragebögen, den Interviews und der Ergebnisinterpretation berücksichtigt wurden, um die gewonnenen Aussagen zur Vollzugspraxis mit Hypothesen zu deren Einfluss auf die intendierten mittelbaren Gesetzeszwecke zu verbinden.

5. Rechtswissenschaftliches Gutachten und Empirische Erhebung

Neben der empirischen Erhebung wurde ein Rechtsgutachten erstellt, um Erkenntnisse über die Anwendung der UIG-Vorschriften zu generieren und rechtswissenschaftlich umstrittene und offene Fragen zu klären. Der Schwerpunkt lag auf dem Bundes-UIG, wobei die Umweltinformationsgesetze der Länder mitberücksichtigt wurden, da auch die Länder die erste Säule der Aarhus-Konvention umsetzen müssen und die Landesgesetze oft wortgleich oder inhaltsgleich mit dem Bundes-UIG sind. Das Kernstück der empirischen Erhebung war eine Online-Umfrage bei informationspflichtigen Stellen und Nutzergruppen. Der Zeitraum der Umfrage (30 Monate zwischen 1.1.2015 und 30.6.2017) und die Rücklaufquoten (17% bei öffentlichen, 28% bei privaten Stellen) stellten Grenzen der Datenbasis dar. Die Qualität der Antworten war im Allgemeinen gut, aber teilweise beantwortete Fragen führten zu unterschiedlichen Stichproben. Telefonische Befragungen ergänzten die Online-Umfrage. Trotz ungenauer Formulierungen im Anwendungsbereich des UIG werden derzeit keine wesentlichen Rechtsfragen diskutiert. Die Rechtszersplitterung im Umweltinformationsrecht, bestehend aus verschiedenen Umweltinformationsgesetzen auf Bundes- und Landesebene sowie weiteren Informationsfreiheitsgesetzen, wird als problematisch angesehen, und die Möglichkeit einer Vereinheitlichung wird diskutiert.

II.Nutzergruppen des UIG

Die Evaluierung identifiziert verschiedene Nutzergruppen des UIG: die allgemeine Öffentlichkeit, Umwelt- und Naturschutzvereinigungen, die Medien, Wirtschaftsunternehmen und die Rechtsanwaltschaft. Die Untersuchung analysiert die Motive der verschiedenen Gruppen bei der Inanspruchnahme des Zugangs zu Umweltinformationen. Während Umweltverbände in erster Linie umweltschutzbezogene Interessen verfolgen, sind bei Wirtschaftsunternehmen ökonomische Interessen im Vordergrund. Privatpersonen zeigen ein breiter gefächertes Motivationspektrum.

1. Definition der Nutzergruppen des UIG

Das Umweltinformationsgesetz (UIG) gewährt gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 ‚jeder Person‘ einen Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen. Dies umfasst natürliche Personen sowie juristische Personen des Privatrechts und des öffentlichen Rechts in spezifischen Konstellationen. Um die Evaluation zu fokussieren, wurden die potentiellen Nutzer in verschiedene Gruppen unterteilt. Die Gruppeneinteilung basierte auf früheren Evaluierungen zu Informationszugangsrechten und der Leistungsbeschreibung. Neben der allgemeinen Öffentlichkeit wurden insbesondere Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen, die Medien, Wirtschaftsunternehmen und Rechtsbeistände von Antragstellern berücksichtigt. Die ausgewählten Nutzergruppen sind die ‚Allgemeine Öffentlichkeit‘, Umwelt- und Naturschutzvereinigungen und Bürgerinitiativen, die Medien, Wirtschaftsunternehmen bzw. -verbände und die Rechtsanwaltschaft. Diese Kategorisierung ermöglichte eine gezielte Ansprache und Analyse der unterschiedlichen Nutzergruppen und ihrer jeweiligen Bedürfnisse und Motivationen im Umgang mit dem UIG.

2. Motive der Nutzergruppen bei der Inanspruchnahme des UIG

Die Motivation für die Inanspruchnahme des UIG-Anspruchs variiert stark je nach Nutzergruppe. Bei Presseanfragen stehen in der Regel konkrete Rechercheanliegen für journalistische Berichte im Vordergrund; diese Anfragen sind oft umfangreich und zeitkritisch. Umweltverbände hingegen sind aufgrund ihres Satzungszwecks primär durch Umweltschutzbelange motiviert. Wirtschaftsunternehmen verfolgen in erster Linie ökonomische Interessen. Rechtsanwälte erfragen meist spezifische, allgemeingültige Umweltinformationen im Rahmen ihrer Mandatsführung. Bei Privatpersonen zeigt sich ein weites Spektrum an Motiven. Die Interviews mit Vertretern öffentlicher informationspflichtiger Stellen deuten auf eine Bandbreite von Motiven hin, von der Durchsetzung eigener Interessen bis hin zu altruistischen Motiven, also dem Wunsch, den Umweltschutz zu stärken. Es wird auch von einer steigenden Anzahl von Anfragen berichtet, die als ‚querulatorisch‘ eingestuft werden könnten, also Anfragen, die von einzelnen Personen wiederholt und zu vielen Umweltaspekten an verschiedene Stellen gerichtet werden und wohl kaum von den Fragenden selbst verarbeitet werden können. Die Analyse der Motive verdeutlicht die unterschiedlichen Nutzungsweisen und Interessen im Zusammenhang mit dem Zugang zu Umweltinformationen.

3. Vergleich der Nutzergruppen und Ergebnisse früherer Studien

Die identifizierten Nutzergruppen bestätigen zum Teil Ergebnisse früherer empirischer Untersuchungen, liefern aber auch neue Erkenntnisse. Eine ältere Studie von Schmillen (2003) ergab, dass das UIG vor allem von Unternehmen genutzt werde, die sich einen wirtschaftlichen Nutzen von den leicht zugänglichen Informationen versprechen. Diese These wird durch die aktuelle Evaluierung in dieser Deutlichkeit nicht bestätigt, obwohl Wirtschaftsunternehmen zu den aktivsten Nutzergruppen zählen und das UIG gut kennen. Die aktuelle Evaluation zeigt jedoch deutlich, dass die Anzahl der Anfragen von Privatpersonen die der Wirtschaftsunternehmen deutlich übersteigt, was das Ergebnis der Studie aus dem Jahr 2003 überholt erscheinen lässt. Die Motivation der Anfragen lässt sich grundsätzlich aus der jeweiligen Nutzerperspektive ableiten: Umweltschutzverbände handeln gemäß ihres Satzungszwecks, Wirtschaftsakteure aus eigenem Interesse und bei Pressevertretern ist das Informationsinteresse für die journalistische Arbeit offensichtlich. Bei Privatpersonen, der größten Nutzergruppe, ist die Motivation am breitesten gefächert und reicht von altruistischen Motiven bis hin zu konkreten Beeinträchtigungen oder Informationsersuchen im Rahmen von Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren. Die Analyse der Nutzergruppen und ihrer Motive liefert wichtige Erkenntnisse für die Weiterentwicklung des UIG.

III.Informationspflichtige Stellen und deren Herausforderungen

Die Evaluierung untersucht die informationspflichtigen Stellen, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor. Ein Fokus liegt auf der Bestimmung der Informationspflicht privater Stellen, die rechtlich komplex ist und oft im Zusammenhang mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben im Umweltbereich steht. Die Einhaltung der Monatsfrist bei der Beantwortung von Anträgen stellt eine zentrale Herausforderung dar, besonders bei Drittbeteiligungsverfahren. Die Abwägung zwischen öffentlichem Interesse und dem Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Die Evaluierung analysiert auch die Ressourcenallokation für die Beantwortung von Anträgen und deren Auswirkung auf die originären Aufgaben der Behörden.

1. Herausforderungen bei der Identifizierung informationspflichtiger Stellen

Die Evaluierung des Umweltinformationsgesetzes (UIG) stieß auf erhebliche Schwierigkeiten bei der Identifizierung der informationspflichtigen Stellen, insbesondere im privaten Sektor. Die gesetzlichen Vorgaben (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG i.V.m. § 2 Abs. 2 UIG) erfordern eine Einzelfallprüfung, die eine allgemeine rechtswissenschaftliche Klärung bisher verhindert hat. Eine pauschale Beurteilung, welche Unternehmen informationspflichtig sind, ist unmöglich. Die Informationspflicht für private Stellen ist auf Fälle beschränkt, in denen sie öffentliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Umwelt wahrnehmen und unter der Kontrolle des Bundes oder einer von ihm beaufsichtigten juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen. Die Unschärfe der Definition dieser privaten Stellen stellte eine große Herausforderung für die Evaluierung dar und unterstreicht die Notwendigkeit einer genaueren gesetzlichen Regelung. Die Evaluierung zeigt, dass die Abgrenzung zwischen öffentlichen und privaten informationspflichtigen Stellen und die Bestimmung des konkreten Umfangs der Informationspflicht im Einzelfall zu klären sind und ein erheblicher Aufwand für die betroffenen Stellen bedeuten können.

2. Die Einhaltung von Fristen und die Drittbeteiligung

Eine zentrale Herausforderung für die informationspflichtigen Stellen ist die Einhaltung der einmonatigen Frist für die Beantwortung von Anträgen gemäß dem UIG. Diese Frist wird als zu knapp empfunden, besonders bei der Einbeziehung Dritter (Drittbeteiligungsverfahren). Die Berücksichtigung der Interessen des Drittbeteiligten und die gleichzeitige Notwendigkeit, die Antwort zu finalisieren und abzustimmen, führen oft zu Verzögerungen. Weitere Schwierigkeiten entstehen, wenn der Drittbeteiligte nicht erreichbar ist oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geltend macht, was eine schwierige Abwägung des öffentlichen Interesses erfordert. Die Evaluierung zeigt, dass die Einhaltung der Frist im Einzelfall entschieden wird und oftmals zwei Wochen angesetzt werden, auch bei komplexeren Fällen. Obwohl die Anzahl der Drittbeteiligungsverfahren kein zentrales Problem darstellt, bestehen kritische Stimmen bezüglich der Fristwahrung und der Abwägungsentscheidung über das öffentliche Interesse bei nicht zustimmenden Drittbetroffenen. Die Wirtschaftsunternehmen bemängelten insbesondere die oft fehlenden Möglichkeiten für eine ausreichende Rückmeldung und die potenziellen wirtschaftlichen Nachteile durch die Weitergabe von Informationen.

3. Ressourcenbedarf und Anfragevolumen

Die Evaluierung untersuchte den Ressourcenbedarf der informationspflichtigen Stellen für die Bearbeitung von UIG-Anträgen. Die Bearbeitungszeit variiert stark je nach Antragsgegenstand, von unter einer Stunde bis zu mehreren Monaten im Extremfall. Es wurden Fälle beschrieben, in denen die Bearbeitung einer Anfrage bis zu 100 Stunden oder mehr beanspruchte. Das Anfragevolumen unterscheidet sich ebenfalls erheblich zwischen den Stellen. Während einige Stellen ein sehr hohes Anfrageaufkommen aufweisen, verzeichnen andere nur wenige Anfragen. Die unterschiedliche Anzahl von Anfragen hängt sowohl mit der direkten Beschäftigung der Behörde mit Umweltschutzfragen als auch mit der Bekanntheit des UIG, öffentlich diskutierten Umweltproblemen und Kampagnen von Umweltorganisationen zusammen. Die Evaluierung zeigt, dass bereits ab fünf Anfragen im Zeitraum von 30 Monaten bei manchen Stellen eine negative Beeinträchtigung der originären Verwaltungsaufgaben festgestellt wird, während andere Stellen auch deutlich höhere Anfragevolumina ohne Probleme bewältigen. Dies verdeutlicht unterschiedliche organisatorische Vorgehensweisen und subjektive Beurteilungen im Umgang mit Anfragen. Ein hohes Anfragevolumen stellt für manche informationspflichtige Stellen also eine erhebliche Herausforderung dar.

4. Gebühren und Rechtsfragen zu privaten informationspflichtigen Stellen

Die informationspflichtigen Stellen des Bundes erheben meist keine oder nur geringe Gebühren für die Bearbeitung von UIG-Anträgen; Gebührenbescheide, die die Höchstgrenze von 500€ ausschöpfen, sind selten. Die Nutzer bewerten die Gebührenhöhe größtenteils als angemessen. Die Rechtslage bezüglich der privaten informationspflichtigen Stellen ist unklar, da der Gesetzgeber den Kreis dieser Stellen weitgehend offengelassen hat. Das Fehlen von gerichtlichen Entscheidungen zu dieser Frage deutet auf ein geringes Konfliktpotenzial bei einem insgesamt überschaubaren Antragsvolumen hin. Unternehmen bearbeiten die Anträge meist kooperativ, um Grundsatzurteile zu vermeiden. Ungeklärte Rechtsfragen zur Überwachung der privaten informationspflichtigen Stellen sind in der Praxis nicht in Erscheinung getreten. Die Evaluierung zeigt, dass die unklare gesetzliche Regelung zu den privaten informationspflichtigen Stellen bisher nicht zu großen Problemen geführt hat, jedoch Handlungsbedarf für eine rechtliche Klärung besteht, um zukünftigen Herausforderungen besser begegnen zu können.

IV.Aktive Verbreitung von Umweltinformationen und deren Effektivität

Die Evaluierung untersucht die aktive Verbreitung von Umweltinformationen. Die Internetpräsenz von Behörden stellt das wichtigste Verbreitungsmedium dar, ergänzt durch Printmedien und Veranstaltungen. Es wird analysiert, ob die aktive Bereitstellung von Informationen die Anzahl der UIG-Anträge beeinflusst. Die Ergebnisse zeigen, dass viele Nutzer zunächst online verfügbare Informationen prüfen, bevor sie einen formalen Antrag stellen. Ein wichtiger Punkt ist die Schaffung von Übersichtlichkeit und die Verbesserung des Zugangs zu den Informationen, z.B. durch ein zentrales Internetportal.

1. Informationspflichtige Stellen Öffentlicher und Privater Sektor

Die Evaluierung des Umweltinformationsgesetzes (UIG) untersuchte die informationspflichtigen Stellen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor. Während die informationspflichtigen Stellen des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts klar definiert sind, bereitet die Bestimmung der privaten informationspflichtigen Stellen erhebliche Schwierigkeiten. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 UIG legt fest, dass private natürliche und juristische Personen informationspflichtig sind, wenn sie öffentliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Umwelt wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen und dabei der Kontrolle des Bundes oder einer unter der Aufsicht des Bundes stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegen. Diese Kriterien erfordern eine Einzelfallprüfung und lassen keine pauschale Beurteilung zu. Eine allgemeine Klärung der Informationspflichten Privater steht in der Rechtswissenschaft noch aus. Die Evaluierung zeigt die Herausforderungen bei der Identifizierung und Einbeziehung dieser privaten Stellen und betont die Notwendigkeit einer klareren gesetzlichen Definition und Abgrenzung, um den Vollzug des UIG zu verbessern und Rechtssicherheit zu schaffen.

2. Herausforderungen im Umgang mit Anträgen Fristen und Drittbeteiligung

Ein zentraler Aspekt der Evaluierung betrifft die Herausforderungen im Umgang mit Anträgen auf Zugang zu Umweltinformationen gemäß UIG. Die Einhaltung der einmonatigen Beantwortungsfrist stellt eine erhebliche Herausforderung dar, insbesondere bei der Einbeziehung Dritter (Drittbeteiligungsverfahren). Die Berücksichtigung der Interessen des Drittbeteiligten und die Notwendigkeit, die Antwort abzustimmen, führen oft zu einer Überschreitung der Frist, obwohl eine Verlängerung auf zwei Monate möglich ist. Besonders problematisch ist die Situation, wenn der Drittbeteiligte nicht erreichbar oder nicht kooperativ ist, oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geltend macht, was eine komplexe Abwägung des öffentlichen Interesses erfordert. Die Evaluierung zeigt, dass die Praxis der Einhaltung der Fristen von Einzelfallentscheidungen geprägt ist. Es besteht ein Bedarf an einer Verbesserung der Prozesse und der gesetzlichen Regelung, um die Fristwahrung zu verbessern und die Bearbeitungszeiten effizienter zu gestalten, insbesondere bei Drittbeteiligungen. Die Befragung von Wirtschaftsunternehmen ergab zudem Bedenken hinsichtlich der zu kurz bemessenen Zeiträume für Rückmeldungsmöglichkeiten in Drittbeteiligungsverfahren und potenziellen wirtschaftlichen Nachteilen durch die Weitergabe von Informationen.

3. Ressourcenallokation und Anfragevolumen

Die Evaluierung untersuchte den Ressourcenbedarf der informationspflichtigen Stellen im Zusammenhang mit der Bearbeitung von UIG-Anträgen. Die Bearbeitungszeit variiert stark, von unter einer Stunde bis zu mehreren Monaten in Einzelfällen. Das Anfragevolumen unterscheidet sich ebenfalls erheblich zwischen den Stellen, von sehr niedrigen bis zu sehr hohen Werten. Die großen Schwankungen im Anfragevolumen hängen mit der jeweiligen Zuständigkeit und der Beschäftigung mit Umweltfragen zusammen, aber auch mit der Bekanntheit des UIG, öffentlich diskutierten Themen und gezielten Kampagnen von Umweltorganisationen. Die Ergebnisse zeigen, dass ein hohes Anfragevolumen die Bearbeitung der originären Verwaltungsaufgaben negativ beeinflussen kann. Die Evaluierung zeigt, dass bereits eine geringe Anzahl an Anfragen bei manchen Stellen zu einer Beeinträchtigung der sonstigen Aufgaben führen kann, während andere Stellen auch hohe Anfragevolumina bewältigen. Dies deutet auf Unterschiede in der organisatorischen Effizienz und der subjektiven Einschätzung der Belastung hin. Die Evaluierung verdeutlicht den Bedarf an Ressourcenplanung und organisatorischen Anpassungen, um mit einem potenziell steigenden Anfragevolumen besser umgehen zu können.

V.Verbesserungsvorschläge und zukünftige Entwicklungen

Die Evaluierung formuliert Verbesserungsvorschläge zur Optimierung des UIG. Die Erhöhung der Bekanntheit des UIG ist ein zentraler Punkt. Es wird die Einrichtung eines Informationsfreiheitsbeauftragten für das UIG vorgeschlagen, um Streitfälle zu klären und Nutzer zu unterstützen. Eine Harmonisierung des UIG mit dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) und anderen Rechtsvorschriften wird ebenfalls empfohlen, um einen einheitlicheren Zugang zu Informationen zu schaffen. Die Verbesserung der Anwenderfreundlichkeit und die Klärung offener Rechtsfragen, insbesondere im Bereich der privaten Informationspflichtigen Stellen, sind weitere wichtige Punkte. Die Diskussion um ein umfassendes Informationsgesetzbuch wird angesprochen.

1. Steigerung der Nutzung und Bekanntheit des UIG

Die Evaluierung zeigt, dass das UIG in manchen Bereichen und bei bestimmten Akteursgruppen besser genutzt wird als früher, jedoch weiterhin ein Mangel an Bekanntheit besteht. Viele Stellen erhalten keine oder nur wenige Anfragen. Um die Nutzung des UIG zu erhöhen, ist es notwendig, das Gesetz und seine Ziele in der Öffentlichkeit bekannter zu machen. Dies erfordert die Zusammenarbeit aller beteiligten Stellen, wobei dem Bundesumweltministerium (BMU) als zuständigem Ressort eine besondere Rolle zukommt. Eine verbesserte Kommunikation und Informationskampagnen, die die Vorteile des UIG hervorheben, könnten die Bekanntheit und damit die Nutzung des Gesetzes signifikant steigern. Zivilgesellschaftliche Akteure spielen dabei eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Informationen und der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Thema Informationsfreiheit im Umweltschutz.

2. Verbesserung der Unterstützung und Klärung in Streitfällen

Die zunehmende Komplexität bei der Anwendung des UIG stellt sowohl informationspflichtige Stellen als auch die Öffentlichkeit vor Herausforderungen. Täglich müssen komplizierte Abwägungsentscheidungen getroffen werden. Antragsteller sind oft unsicher, an wen sie sich bei Fragen wenden können. Der vorhandene BMU-Leitfaden und das Rechtsgutachten bieten zwar Unterstützung, können aber ein persönliches Beratungsangebot nicht ersetzen. Die Evaluierung empfiehlt daher die Einrichtung eines Beauftragten für das UIG, der als zentrale Anlaufstelle für Fragen, Unterstützung und Klärung von Streitfällen fungieren soll. Dieser Beauftragte könnte sowohl informationspflichtige Stellen als auch Antragsteller unterstützen und so zur Verbesserung der Anwendung des UIG und zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten beitragen. Eine solche zentrale Anlaufstelle würde die Transparenz und die Anwenderfreundlichkeit des Gesetzes erhöhen.

3. Verbesserung der aktiven Verbreitung von Umweltinformationen und Harmonisierung von Informationsfreiheitsgesetzen

Die Evaluierung empfiehlt, die aktive Verbreitung von Umweltinformationen zu verbessern. Die vielen, oft spezialisierten Internetportale führen zu einer mangelnden Übersichtlichkeit. Es wird die Einrichtung eines zentralen Internetportals für Umweltinformationen des Bundes und der Länder vorgeschlagen. Dieses Portal sollte die Übersichtlichkeit erhöhen und einen einfacheren Zugang zu den relevanten Informationen ermöglichen. Auch die Verlinkung von Plattformen und die Bündelung von Informationen sind wichtig. Darüber hinaus wird die Harmonisierung der bestehenden Informationsfreiheitsgesetze (IFG, VFG, UIG) empfohlen, um den Eindruck eines Flickenteppichs zu vermeiden. Die Vielzahl an Gesetzen erschwert den Zugang zu Informationen für Nutzer. Ein einheitliches Transparenzgesetz würde die Bekanntheit, Anwenderfreundlichkeit und Durchsetzungskraft aller Informationszugangsgesetze verbessern. Eine vollständige Vereinheitlichung ist jedoch aufgrund unterschiedlicher unionsrechtlicher Voraussetzungen derzeit unrealistisch. Eine Harmonisierung der Rechtsmaterien, insbesondere zwischen IFG, VFG und UIG, könnte die Praxis deutlich verbessern und den Zugang zu Informationen erleichtern.