Erprobung und Evaluierung von Kommunikationsformaten zur Stärkung privater Starkregenvorsorge - Das Projekt Regen//Sicher

Starkregenvorsorge: Kommunikationsformate

Dokumentinformationen

Autor

Manfred Born

Schule

ecolo GmbH & Co.KG Agentur für Ökologie und Kommunikation

Fach

Umweltwissenschaften/Kommunikationswissenschaften/Sozialwissenschaften

Unternehmen

ecolo GmbH & Co.KG Agentur für Ökologie und Kommunikation

Ort Bremen
Dokumenttyp Abschlussbericht
Sprache German
Format | PDF
Größe 5.40 MB

Zusammenfassung

I.Community Based Social Marketing CBSM zur Förderung nachhaltiger Lebensstile im Kontext der Klimaanpassung

Die Studie untersucht den Einsatz von Community-Based Social Marketing (CBSM) zur Verhaltensänderung im Bereich Klimaanpassung, speziell der Starkregenvorsorge. McKenzie-Mohrs 5-Schritte-Modell zur Verhaltensveränderung (Zielverhalten definieren, Hürden und Nutzen identifizieren, Strategien entwickeln, pilotieren, implementieren und evaluieren) wurde angewendet. Der Fokus liegt auf der Steigerung der Motivation zur Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen und der Prozessevaluation der eingesetzten Beteiligungsformate.

1. Der Ansatz des Community Based Social Marketing CBSM

Der Abschnitt beschreibt Community-Based Social Marketing (CBSM) als Ansatz zur Förderung nachhaltiger Lebensstile durch Verhaltensänderung. Es wird auf das fünfstufige Modell von McKenzie-Mohr (2011) verwiesen: 1. Auswahl des gewünschten Zielverhaltens; 2. Identifizierung von Hürden und Nutzen; 3. Entwicklung von Strategien auf Basis sozialpsychologischer Erkenntnisse; 4. Pilottest mit einer kleinen Gruppe; 5. Implementierung und Evaluation. Die Studie wendet dieses Vorgehen auf die Entwicklung von Aktivierungsformaten zur Klimaanpassung an. Das Zielverhalten wurde festgelegt, psychologische Hürden und Nutzen identifiziert. Maßnahmen wurden unter Berücksichtigung der Zielgruppen und des kommunenspezifischen Rahmens entwickelt, in einem Akteureworkshop reflektiert und angepasst, bevor sie umgesetzt und evaluiert wurden. Das Projektteam betrachtet die Evaluierbarkeit aller Interventionsmaßnahmen als gegeben.

2. Sichtung bestehender Beteiligungsformate und der Übergang zu einem zielgruppenspezifischen Ansatz

Zunächst wurden verschiedene Quellen mit Beteiligungsformaten zur Klimaanpassung gesichtet, um deren Eignung für das Projekt zu prüfen. Es stellte sich jedoch heraus, dass ein allgemeiner Ansatz, der auf die Anpassung bestehender Formate an das Projekt abzielt, nur begrenzt erfolgversprechend ist. Fast alle untersuchten Formate wiesen sowohl Eignungs- als auch Ausschlussgründe auf, abhängig von spezifischen Bedingungen. Da dieser Ansatz nicht erfolgreich war, wurde – ähnlich wie im Social Marketing – auf einen zielgruppenspezifischen Ansatz umgestellt, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu erhöhen und die Motivation der Zielgruppen gezielt anzusprechen. Diese Fokussierung auf spezifische Zielgruppen und deren Bedürfnisse bildet die Grundlage für die weitere Vorgehensweise.

3. Erhebung der Motivation zur Klimaanpassung und der Motivationssteigerung

Um die Motivation zur Klimaanpassung zu erfassen, wurden die Teilnehmer nach ihrem Motivationsgrad mittels einer sechsstufigen Likert-Skala befragt. Die Fragestellung wurde als Superlativ formuliert („Ich bin hochmotiviert…“), um eine eindeutige Interpretation der Ergebnisse zu ermöglichen. Die Erfassung der gegenwärtigen Motivation diente als Vergleichswert für spätere Befragungen, um den Erfolg von Maßnahmen zur Motivationssteigerung zu messen. Zusätzlich wurde erfragt, ob bereits Maßnahmen zur Klimaanpassung umgesetzt wurden und welche dies waren. Diese Daten dienten als Basismessung zur Beurteilung des Handlungsbedarfs und zur Identifizierung der Zielgruppen (bereits Aktive vs. Inaktive). Die erhobenen Daten liefern wichtige Informationen über den Ausgangszustand und ermöglichen die Bewertung der Wirksamkeit der Interventionen.

II.Analyse bestehender Beteiligungsformate und Entwicklung eines zielgruppenspezifischen Ansatzes

Eine systematische Sichtung vorhandener Beteiligungsformate zeigte, dass ein allgemeiner Ansatz wenig effektiv ist. Daher wurde – analog zum CBSM – ein zielgruppenspezifischer Ansatz gewählt, um die Motivation zur Klimaanpassung gezielt zu fördern. Die Erhebung der Motivation erfolgte mittels einer 6-stufigen Likert-Skala. Die Handlungsstufe der Teilnehmer (bereits umgesetzte Maßnahmen) wurde ebenfalls erfasst, um den Erfolg der Interventionen zu messen.

1. Sichtung bestehender Beteiligungsformate

Der erste Schritt der Analyse umfasste die systematische Sichtung verschiedener Quellen und Beteiligungsformate. Das Ziel war die Identifizierung geeigneter Formate für das 'Regen//Sicher'-Projekt. Die Untersuchung ergab jedoch schnell, dass ein direktes Übertragen bestehender Formate nur bedingt zum Erfolg führen würde. Bei nahezu allen Formaten wurden sowohl Eignungskriterien als auch Ausschlussgründe identifiziert, die von spezifischen Bedingungen abhingen. Die Formate wurden lediglich als Hilfsmittel zur Zielerreichung betrachtet. Dieser Ansatz erwies sich als wenig erfolgversprechend. Die detaillierte Analyse der Quellen und Formate zeigte die Notwendigkeit eines angepassten, zielgruppenspezifischen Ansatzes, um die individuellen Bedürfnisse und Kontextfaktoren der Zielgruppen zu berücksichtigen und somit die Effektivität der Maßnahmen zu steigern. Die Ergebnisse dieser ersten Analyse führten zu einer Neuausrichtung der Strategie.

2. Entwicklung eines zielgruppenspezifischen Ansatzes

Aufgrund der Ergebnisse der Sichtung bestehender Beteiligungsformate wurde ein zielgruppenspezifischer Ansatz gewählt, der sich an den Bedürfnissen und dem Kontext der jeweiligen Zielgruppen orientiert. Dieser Ansatz ähnelt dem Vorgehen im Social Marketing und fokussiert sich auf eine gezieltere Ansprache und Motivation der relevanten Bevölkerungsgruppen. Die Erhebung der aktuellen Motivation zur Klimaanpassung und Eigenvorsorge erfolgte durch die Befragung der Teilnehmer mittels einer sechsstufigen Likert-Skala. Die Fragestellung wurde als Superlativ formuliert, um eine eindeutige Interpretation des Motivationsgrades zu ermöglichen. Zusätzlich wurde erhoben, ob und welche Maßnahmen zur Klimaanpassung bereits umgesetzt wurden, um den Ausgangszustand zu bestimmen und den Bedarf an weiteren Maßnahmen zu identifizieren. Diese detaillierte Datenerhebung sollte die Wirksamkeit der späteren Interventionsmaßnahmen besser einschätzen und evaluieren lassen. Der Fokus liegt auf einer maßgeschneiderten Ansprache der Zielgruppen.

III.Evaluierung der Interventionsmaßnahmen Indikatoren der Wirkevaluation und Prozessevaluation

Die Wirkevaluation untersuchte den Einfluss der Beteiligungs-, Beratungs- und Informationsformate auf die Anpassungsmotivation und das Anpassungshandeln. Die Prozessevaluation analysierte die Qualität der Durchführung der Formate. Fragebögen erhoben Daten zur Anpassungsmotivation, psychologischen Einflussfaktoren (z.B. Selbstwirksamkeitsüberzeugung, kollektive Wirksamkeitsüberzeugung, Risikowissen, Anpassungswissen), und zur Veranstaltungsqualität.

IV.Ergebnisse der Stakeholderdialoge und Workshops Landwirtschaft und Kommunen

In Stakeholderdialogen mit der deutschen Landwirtschaft (n=18, Altersdurchschnitt ~50 Jahre, Männer leicht überrepräsentiert) zeigte sich ein signifikanter positiver Zusammenhang zwischen Anpassungswissen und Anpassungsmotivation. Ein Workshop in Worms (Stadtverwaltung, ebwo) fokussierte die Starkregenvorsorge. Die Repräsentativität der Teilnehmer war begrenzt, Männer, Ältere und Wohneigentümer waren überrepräsentiert. Die Veranstaltungsqualität wurde positiv bewertet, besonders der Austausch und die Vernetzung. Die Ergebnisse flossen in ein kommunales Konzept zur Starkregenvorsorge ein.

1. Ergebnisse des Stakeholderdialogs in der Landwirtschaft

Ein Stakeholderdialog mit 18 Teilnehmern aus der deutschen Landwirtschaft untersuchte den Einfluss von Wissen und Motivation auf die Klimaanpassung. 56% der Teilnehmer waren männlich, das Durchschnittsalter lag bei ca. 50 Jahren, wobei jüngere Teilnehmer unter 30 Jahren unterrepräsentiert waren. Die Analyse der Korrelationen zwischen psychologischen Einflussfaktoren und Anpassungsmotivation zeigte, dass – außer bei Selbstwirksamkeitsüberzeugung und der wahrgenommenen staatlichen Verantwortung – die erwarteten Zusammenhänge bestanden. Der stärkste positive Zusammenhang bestand zwischen Anpassungswissen und Anpassungsmotivation. Ein möglicher Reihenfolgeeffekt bei der Befragung wurde als Einflussfaktor diskutiert. Ein unerwarteter leicht negativer Zusammenhang zwischen Selbstwirksamkeitsüberzeugung und Anpassungsmotivation wurde auf eine missverständliche Frageformulierung zurückgeführt, die sich auf die Anpassung der gesamten deutschen Landwirtschaft bezog, anstatt auf die jeweilige Organisation. Die Ergebnisse betonen die Bedeutung von Anpassungswissen für die Motivationsbildung und weisen auf methodische Herausforderungen bei der Erhebung der Selbstwirksamkeitsüberzeugung hin.

2. Ergebnisse des Workshops zur Starkregenvorsorge in Worms

In Worms wurde ein Workshop zur Starkregenvorsorge durchgeführt. Die Teilnehmer rekrutierten sich aus verschiedenen Bereichen der Stadtverwaltung und des Entsorgungs- und Baubetriebs (ebwo). Die Repräsentativität der Teilnehmer für die Gesamtbevölkerung von Worms war eingeschränkt; Männer, ältere Personen mit höherem Bildungsstand und ohne Migrationshintergrund waren überrepräsentiert, was durch den technischen Fokus der Veranstaltung und die Ansprache von Wohneigentümern erklärt wird. Die Ergebnisse zeigten, dass die meisten Teilnehmer bereits Maßnahmen zur Klimaanpassung umsetzen. Die Bewertung der Veranstaltungsqualität war positiv, insbesondere der Austausch und die Vernetzung wurden hervorgehoben. Die Ergebnisse flossen in den Entwurf eines kommunalen Konzepts zur Starkregenvorsorge ein, welches die gemeinsame Verantwortung von Kommune und Bevölkerung für die Vorsorge betont. Der Prozess der Konzepterstellung trug zur Vernetzung innerhalb der Stadtverwaltung bei und die externe Unterstützung wurde als Erfolgsfaktor hervorgehoben.

V.Ergebnisse der Online Nachbefragung und Lessons Learned

Eine Online-Nachbefragung (geringe Teilnehmerzahl) evaluierte die langfristigen Effekte der Veranstaltungen und Beratungen zur Starkregenvorsorge in Worms. Die Ergebnisse zeigen eine Verbesserung der kollektiven Wirksamkeitsüberzeugung. Die Wahrnehmung der Eigenverantwortung und der staatlichen Verantwortung spielten eine Rolle. Externe Unterstützung erwies sich als Erfolgsfaktor für die Entwicklung des kommunalen Konzepts, welches in der Öffentlichkeit positiv aufgenommen wurde. Verbesserungspotenziale liegen in der Ausrichtung der Wissensvermittlung und der stärkeren Einbindung nicht-staatlicher Akteure.

1. Ergebnisse der Online Nachbefragung

Eine Online-Nachbefragung, durchgeführt etwa neun Monate nach einem Stadtteilworkshop in Leiselheim (Worms), evaluierte die langfristigen Auswirkungen der 'Regen//Sicher'-Veranstaltungen und ebwo-Beratungen zur Starkregenvorsorge. Aufgrund der sehr geringen Teilnehmerzahl an der Nachbefragung konnten nur begrenzte Aussagen über die langfristigen Effekte getroffen werden. Die Befragten wurden zu bereits umgesetzten Maßnahmen und der Planung weiterer Maßnahmen befragt, sowie zu ihrer Teilnahme an verschiedenen Veranstaltungen und Beratungen. Es wurde erfasst, ob die Teilnahme zu einer Umsetzung von Maßnahmen oder zu der Überzeugung führte, dass keine weiteren Maßnahmen notwendig seien. Die Ergebnisse zu den Effekten der Veranstaltungen auf die Starkregenvorsorge waren aufgrund der geringen Stichprobengröße wenig aussagekräftig. Die Auswertung der Antworten zeigte, dass die Veranstaltungen und Beratungen im Durchschnitt die Motivations- bzw. Überzeugungsbildung für oder gegen Vorsorgemaßnahmen eher unterstützt haben, im Einzelfall jedoch höchst unterschiedliche Effekte aufwiesen. Die geringe Teilnehmerzahl schränkt die Aussagekraft der Ergebnisse deutlich ein.

2. Lessons Learned Erkenntnisse und Empfehlungen

Die Erstellung des kommunalen Konzepts zur Starkregenvorsorge in Worms führte zu einer verbesserten Vernetzung der Akteure innerhalb der Stadtverwaltung. Verantwortlichkeiten wurden geklärt und Schnittmengen identifiziert. Die externe Unterstützung durch das Projektteam wurde als wichtiger Erfolgsfaktor angesehen, da sie die Einbringung neuer Ideen und Perspektiven ermöglichte. Das Konzept wird in der Öffentlichkeit positiv aufgenommen. Die Analyse der Ergebnisse zur Veranstaltungsqualität zeigt, dass alle Qualitätskriterien zumindest in gewissem Maße erfüllt wurden. Der Austausch und die Vernetzung der Teilnehmer wurden am höchsten bewertet. Verbesserungspotenzial besteht bei der Ausrichtung der Wissensinputs auf die individuellen Handlungsmöglichkeiten der Teilnehmer. Bei zukünftigen Veranstaltungen sollte die geteilte Verantwortung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren stärker betont werden, um eine negative Auswirkung der Wahrnehmung einer alleinigen staatlichen Verantwortung auf die Eigenvorsorgemotivation zu vermeiden. Eine stärkere Einbindung nicht-staatlicher Akteure in die Organisation der Veranstaltungen könnte ebenfalls positive Effekte haben.