Die Bibliothek von Pergamon,  eine Konkurrentin Alexandrias?

Pergamon-Bibliothek: Rivalin Alexandrias?

Dokumentinformationen

Autor

Maike Krone

instructor/editor Prof. Dr. P. Vodosek
school/university Fachhochschule Stuttgart – Hochschule der Medien
subject/major Bibliotheks- und Medienmanagement
Dokumenttyp Diplomarbeit
city where the document was published Stuttgart
Sprache German
Format | PDF
Größe 1.78 MB

Zusammenfassung

I.Die Bibliothek von Pergamon Ein Vergleich mit Alexandria

Diese Arbeit untersucht die Bibliothek von Pergamon, ihre Bedeutung in der Hellenistischen Periode und ihren Vergleich mit der berühmten Bibliothek von Alexandria. Pergamon beherbergte die älteste griechische wissenschaftliche Bibliothek, die im Gegensatz zu Alexandria der Öffentlichkeit zugänglich war und damit einen neuen Bibliothekstyp begründete. Die Bibliothek von Pergamon war die zweitgrößte der Antike und diente als Vorbild für spätere römische Bibliotheken. Die Rivalität zwischen Pergamon und Alexandria führte zu einem intensiven Wettstreit um die Erwerbung wertvoller Bücher und Handschriften, was die Entwicklung des antiken Buchhandels und die Entstehung von Fälschungen beeinflusste. Wichtige Persönlichkeiten in diesem Kontext sind die Könige der Attaliden-Dynastie, insbesondere Eumenes II., sowie bedeutende Gelehrte wie Krates von Mallos, der die stoische Philosophie mit der Interpretation der homerischen Epen verband. Die Ausgrabungen in Pergamon, beginnend Ende des 19. Jahrhunderts, liefern wertvolle Informationen über die Architektur und den Umfang der Bibliothek.

1. Pergamon Älteste griechische wissenschaftliche Bibliothek und neuer Bibliothekstyp

Die Arbeit hebt die Bibliothek von Pergamon als die älteste griechische wissenschaftliche Bibliothek hervor. Ein entscheidender Unterschied zur Bibliothek von Alexandria bestand in ihrem öffentlichen Zugang. Dies etablierte in Pergamon einen neuen Bibliothekstyp. Im hellenistischen Zeitalter war sie die zweitgrößte Bibliothek Griechenlands und diente als Vorbild für spätere römische Bibliotheksgründungen. Der Text betont die Bedeutung der Bibliothek für die Bibliotheksgeschichte und die Möglichkeit, durch das Wissen über Pergamon Rückschlüsse auf frühere und spätere Bibliotheken zu ziehen. Die Erforschung der Institution wird als ein „Puzzlespiel“ beschrieben, dessen Lösung durch die Kombination antiker Quellen und Ausgrabungsfunde gelang. Die Ausgrabungen, die Ende des 19. Jahrhunderts unter deutscher Leitung begannen, ermöglichten die Rekonstruktion der Stadt und ihrer Architektur. Inschriften und gefundene Artefakte ergänzen literarische Quellen und liefern wichtige Details zum Bibliotheksbetrieb.

2. Die Rivalität mit Alexandria und der Einfluss auf den antiken Buchhandel

Ein zentraler Aspekt der Arbeit ist der Vergleich der Bibliothek von Pergamon mit der Bibliothek von Alexandria. Die Rivalität zwischen beiden Institutionen führte zu einem intensiven Wettkampf um die Erwerbung wertvoller Bücher und Handschriften. Diese Konkurrenz hatte einen erheblichen Einfluss auf den antiken Buchhandel. Der Text erwähnt die steigenden Preise und die zunehmende Anzahl von Fälschungen. Als Beispiel wird die Fälschung der Reden des Demosthenes genannt, die sowohl in Pergamon als auch in Alexandria in den Bestand aufgenommen wurde. Die untersuchten Quellen belegen den immensen Eifer der pergamenischen Könige, ihre Bibliothek zu erweitern, was teilweise zu fragwürdigen Methoden führte. Die Untersuchung der Quellenlage wird als komplexes Unterfangen dargestellt, wobei die Kombination aus literarischen Quellen und archäologischen Funden unerlässlich war, um ein umfassendes Bild der Bibliothek zu erhalten. Auch die Rolle von Schreibern und die Qualität der Buchkopien wird im Kontext dieser Rivalität diskutiert.

3. Archäologische Funde und ihre Bedeutung für die Rekonstruktion der Bibliothek

Die Ausgrabungen in Pergamon liefern wichtige Informationen zur Größe und Architektur der Bibliothek. Der Text beschreibt die Bedeutung von Inschriften, die in der Nähe der vermuteten Bibliothek gefunden wurden, und erwähnt den Fund von Inschriften antiker Dichter, was die Vermutung der Lokalisierung der Bibliothek unterstützt. Die Analyse der Materialien, der Bauweise und der erhaltenen Inschriften hilft, die Lücken zwischen literarischen Quellen und archäologischen Befunden zu schließen. Das wachsende archäologische Wissen über Pergamon ermöglichte eine immer detailliertere Rekonstruktion der Stadt und ihrer Gebäude. Sogar fragmentarische und schwer lesbare Inschriften liefern wertvolle Hinweise und unterstreichen den Stellenwert des Fundortes. Die Beschreibung der archäologischen Befunde betont die wichtige Rolle der Ausgrabungen für das Verständnis der Bibliothek. Auch Vergleiche mit anderen antiken Bauwerken, wie dem Zeus-Heiligtum von Kyrene, werden angestellt, um parallele architektonische Elemente und deren Bedeutung zu interpretieren.

4. Historischer Kontext Die Attaliden Rom und der Hellenismus

Der Text beschreibt den historischen Kontext der Gründung und Entwicklung der Bibliothek. Die Rolle der Attaliden-Dynastie und ihr Verhältnis zu Rom wird beleuchtet, insbesondere die Bündnisse mit Rom und die daraus resultierenden politischen Entwicklungen. Die Herrschaft der Attaliden und ihre Förderung der Kultur ermöglichten die Entwicklung Pergamons zu einem wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum. Die strategische Allianz mit Rom, obwohl letztlich verhängnisvoll für die Unabhängigkeit Pergamons, ermöglichte die Expansion des pergamenischen Reiches und die Entfaltung seiner kulturellen Einrichtungen. Die Eroberung Pergamons durch Rom und der spätere Zerfall des römischen Reiches werden kurz erwähnt, und ihre Bedeutung für Kleinasien im Kontext des historischen Überblicks skizziert. Die Epoche des Hellenismus und sein Einfluss auf die Stadtplanung und den kulturellen Aufschwung von Pergamon wird thematisiert. Die Bedeutung von Personen wie Attalos I. und Eumenes II. für den Aufbau der Bibliothek wird im historischen Kontext erläutert.

II.Die Rolle der Stoiker und die Interpretation der Homerischen Epen

Die stoische Philosophie, insbesondere durch Krates von Mallos, spielte eine wichtige Rolle in der Bibliothek von Pergamon. Im Gegensatz zur textkritischen Herangehensweise der Alexandriner interpretierten die Stoiker die homerischen Epen allegorisch, wobei sie den verborgenen Sinn hinter den Mythen betonten. Diese neue Methode der Textauslegung verbreitete sich durch die gebildete Oberschicht und beeinflusste maßgeblich die Wahrnehmung antiker Literatur. Die Stoa, mit ihrem Fokus auf Gemeinschaft und Naturgemässheit, fand in Pergamon viele Anhänger. Die Arbeit von Krates betraf nicht nur Literatur, sondern auch Geographie und Astronomie und beeinflusste sogar die Herstellung von Pergament.

1. Stoizismus in Pergamon und die neue Interpretation der Homerischen Epen

Die zunehmende Bedeutung der Stoiker in Pergamon und ihre neue Interpretation der homerischen Epen bilden einen zentralen Punkt der Analyse. Im Gegensatz zur streng textorientierten Herangehensweise der Alexandriner, die beispielsweise durch Zenodot repräsentiert wird (der über 120 Verse in der Ilias als Fälschungen einstufte), verwendeten die Stoiker, angeführt durch Krates von Mallos, den Allegorismus. Dieser Ansatz ermöglichte eine neue Deutung der homerischen Gedichte, die nicht mehr nur wörtlich, sondern auch im Hinblick auf ihre symbolische und philosophische Bedeutung interpretiert wurden. Krates, als bedeutender Vertreter des Stoizismus und Grammatiker, vertrat die Auffassung, dass die stoische Philosophie nicht durch die antiken Dichtungen erklärt wird, sondern umgekehrt. Die Stoa, die auf Zenon von Kition zurückgeht, betonte die Bedeutung von Gemeinschaft und Individualität, und diese Denkweise fand ihren Ausdruck in der neuen Interpretation der Epen. Die Alexandriner, die Begründer der klassischen Philologie, kritisierten diese allegorische Methode als unwissenschaftlich, da sie den Fokus vom Wortlaut auf einen vermeintlich verborgenen Sinn verlagerte. Die Begeisterung der Stoiker für diese Herangehensweise trug zu ihrer Verbreitung bei.

2. Krates von Mallos Schlüsselfigur der Stoischen Interpretation und seine weiteren Beiträge

Krates von Mallos wird als die zentrale Figur in der stoischen Interpretation der homerischen Epen hervorgehoben. Er unterschied sich deutlich von den Philologen Alexandrias, die den Fokus auf den Text legten. Krates hingegen, der sich selbst als „kritikos“ bezeichnete (im Gegensatz zu den „grammatikoi“), interpretierte Homer aus der Perspektive eines stoischen Philosophen. Seine allegorische Auslegung der Epen trug wesentlich zur Verbreitung dieser Methode bei. Sein Ansatz, den Verstand als Grundprinzip aller Dinge anzusehen, auch in der Dichtung, war einflussreich. Seine Beschäftigung mit Homer umfasste aber nicht nur die literarische Interpretation, sondern auch geographische und astronomische Aspekte. Krates wird als Erbauer des ersten Globus genannt, und seine Auffassung, dass bereits bei Homer wissenschaftliche Ansätze erkennbar seien, zeigt die Interdisziplinarität seines Denkens. Ein längerer Aufenthalt in Rom (ca. 168 v. Chr.), in dem er seine stoischen Theorien vorstellte, trug zur Verbreitung des Stoizismus in Rom bei, wo diese Philosophie im Vergleich zu anderen Schulen besonders populär wurde. Sein Schüler Panaitos ging als erster griechischer Philosoph nach Rom, gefolgt von weiteren Gelehrten aus Pergamon. Krates' Bedeutung für die Bibliothek von Pergamon liegt nicht nur in seinen Interpretationen, sondern auch in seinem Ansehen als Rhetoriker und Grammatiker.

3. Der Gegensatz zwischen der Alexandrinischen und der Pergamenischen Interpretation

Der Text betont den Kontrast zwischen der alexandrinischen und der pergamenischen Interpretation antiker Texte. Die Alexandriner, die Vertreter der klassischen Philologie, betonen die wörtliche Bedeutung und die Textkritik, während die Stoiker in Pergamon einen allegorischen Ansatz verfolgten, um den verborgenen Sinn der Texte zu erfassen. Die alexandrinische Methode, die durch Zenodot und Aristophanes von Byzanz exemplarisch dargestellt wird, basiert auf einer akribischen Analyse des Wortlauts und der Vermeidung von Spekulationen. Diese textkritische Herangehensweise steht im Gegensatz zu der stoischen Interpretation in Pergamon, die die Bedeutung der Texte in einem umfassenderen philosophischen Kontext interpretiert. Krates’ Methode, die homerischen Gedichte im Licht der stoischen Philosophie zu verstehen, war für die Alexandriner ungewöhnlich und widersprach ihren Prinzipien. Die Differenz in den Interpretationsmethoden spiegelt unterschiedliche philosophische und methodologische Ansätze wider. Die Ausbreitung des stoischen Denkens in der gebildeten Oberschicht von Pergamon und die Akzeptanz der allegorischen Interpretation zeigen jedoch die wachsende Bedeutung dieser Denkrichtung.

III.Bestandsaufbau Katalogisierung und Nutzung der Bibliothek von Pergamon

Der Bestandsaufbau der Bibliothek von Pergamon war durch das Vermögen der Attaliden großzügig finanziert. Es gab einen intensiven Wettstreit mit Alexandria um seltene und wertvolle Bücher, was zu hohen Preisen und Fälschungen führte. Obwohl detaillierte Informationen zur Katalogisierung fehlen, kann man davon ausgehen, dass ein System ähnlich dem in Alexandria existierte, welches vermutlich auf Holztafeln (Pinakes) basierte. Die Nutzung der Bibliothek war wohl ähnlich wie in anderen hellenistischen und römischen Bibliotheken geregelt, mit Beschränkungen zum Herausnehmen von Büchern. Die Schreibstube spielte eine wichtige Rolle bei der Vervielfältigung und Reparatur von Schriften. Die begrenzte Lebensdauer von Papyrusrollen erforderte ständige Kopien und führte zu Ungenauigkeiten bei der Reproduktion. Die Bibliothek von Pergamon beeinflusste den Bestand der späteren Bibliothek von Konstantinopel.

1. Bestandsaufbau der Bibliothek von Pergamon Umfang und Akquisition

Der Bestandsaufbau der Pergamenischen Bibliothek profitierte vom großen Vermögen der Attaliden-Dynastie, was einen hohen Erwerbungsetat ermöglichte. Die Bibliothek bemühte sich um die vollständige und unverfälschte Sammlung griechischer Literatur, wobei Boten auch außerhalb Griechenlands nach Büchern und Übersetzungen suchten. Es gab einen intensiven Wettstreit mit der Bibliothek von Alexandria um die Erwerbung der wertvollsten Bücher, ein „Fernduell“ um die kostbarsten Exemplare. Die Sammlungsstrategie zielte zunächst auf alle bekannten Werke berühmter Autoren ab, gefolgt von der Suche nach seltenen Schriften. Die Herkunft eines Buches spielte eine untergeordnete Rolle; selbst die Glaubwürdigkeit wurde zugunsten des Erwerbs eines Buches vor der Konkurrenz aus Alexandria hintangestellt. Diese aggressive Sammeltätigkeit führte zu steigenden Preisen und einem Anstieg der Fälschungen. Ein bekanntes Beispiel ist die Fälschung der Reden des Demosthenes, die dennoch in den Bestand aufgenommen und sogar von Alexandria übernommen wurde. Das hohe Ansehen der Bibliothek von Pergamon, besonders in Bezug auf die vollständige Sammlung der Demosthenes-Reden (inklusive der gefälschten Philippika), unterstreicht die Bedeutung dieser Erwerbungspolitik.

2. Katalogisierung und Aufstellung der Bücher Systeme und Materialien

Details zur Katalogisierung der Bibliothek von Pergamon sind spärlich überliefert. Es wird vermutet, dass ein System ähnlich dem in Alexandria existierte, wobei Neuerwerbungen zunächst in Nebenräumen aufbewahrt wurden, bevor sie katalogisiert und in den Hauptbestand integriert wurden. Die Bezeichnung „pinakes“ (Tafeln) deutet auf einen Katalog aus vermutlich geweißten Holztafeln hin, die an den Bücherregalen angebracht waren. Ein einziges erhaltenes Katalogfragment aus Marmor wurde auf Rhodos gefunden. Dieser Fund unterstreicht die Seltenheit von Marmor als Material für antike Kataloge. Die Aufbewahrung der Bücher auf Rollen stellte spezielle Herausforderungen dar, da die Rollen anfällig für Feuchtigkeit, Beschädigungen und Verschmutzung waren. In Alexandria wurde mit der Umwandlung gemischter Rollen in einfache Rollen begonnen, um das Auffinden der Bücher zu erleichtern. Diese Praxis dürfte auch in Pergamon angewendet worden sein, um den Umgang mit den umfangreichen Beständen zu vereinfachen. Die Problematik beschädigter oder unleserlicher Papyrusrollen wird angesprochen, welche Abschriften und Rekonstruktionen notwendig machten, was wiederum fehlerhafte Übertragungen nach sich ziehen konnte. Die Lebensdauer einer Papyrusrolle wird auf ca. 200 Jahre geschätzt.

3. Nutzung der Bibliothek Zugangsbestimmungen und Bibliotheksbetrieb

Konkrete Bestimmungen zur Nutzung der Bibliothek von Pergamon sind nicht überliefert. Es wird jedoch angenommen, dass die Regeln denen in anderen hellenistischen und römischen Bibliotheken ähnelten. Als Beispiel dient die Pantainos-Bibliothek in Athen, von der eine Inschrift mit den Regeln „Kein Buch wird herausgetragen, weil wir es geschworen haben. Öffnungszeit von der ersten bis zur sechsten Stunde“ bekannt ist. Diese Regeln deuten auf eine kontrollierte Nutzung hin, die auch in Pergamon wahrscheinlich bestand. Die Zugangsbestimmungen beschränkten sich vermutlich auf Bürger und Reisende. Neben dem eigentlichen Bibliotheksbetrieb existierte eine Schreibstube, in der Bücher kopiert, repariert und ergänzt wurden. Hier entstanden auch eigene Schriften. Die Qualität der Kopien variierte stark, wobei die Schreiber aufgrund des hohen Bedarfs an Kopien teilweise nachlässiger arbeiteten, was vor der Rivalität zwischen Alexandria und Pergamon in diesem Ausmaß nicht der Fall war. Die Schreibstube hatte eine wichtige Rolle im Bibliotheksbetrieb, da sie nicht nur für die Vervielfältigung, sondern auch für die Erhaltung und Ergänzung der Bestände sorgte. Auch Spekulationen über die mögliche Verwendung der Bestände für die Gründung der Bibliothek von Konstantinopel oder deren Überführung nach Rom werden angesprochen, es gibt aber Indizien gegen eine solche Schenkung.

IV.Vergleich Bibliothek von Pergamon und Museion von Alexandria

Ein Vergleich der Bibliothek von Pergamon mit dem Museion von Alexandria zeigt sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede. Beide Institutionen spielten eine entscheidende Rolle für die wissenschaftliche und literarische Entwicklung der Antike. Während das Museion eher ein elitäres Zentrum für Gelehrte war, war die Bibliothek von Pergamon der Öffentlichkeit zugänglich. Beide Bibliotheken betrieben eine intensive Sammlungstätigkeit, konkurrierten um seltene Bücher und beeinflussten die Entwicklung der Philologie und Textkritik. Die unterschiedlichen Ansätze in der Interpretation antiker Texte – textkritisch in Alexandria, allegorisch in Pergamon – spiegeln die unterschiedlichen philosophischen Strömungen wider.

1. Gründung und Charakteristika Museion von Alexandria vs. Bibliothek von Pergamon

Der Vergleich beginnt mit der Darstellung des Museions in Alexandria, gegründet von Ptolemaios I. um 300 v. Chr. Es war eine wissenschaftliche Forschungsstätte, deren Mitglieder im Dienst der Musen standen und von einem Priester geleitet wurden. Naturwissenschaftler und Dichter gehörten dazu, Philosophen jedoch nicht. Im Gegensatz dazu war die Bibliothek von Pergamon der Öffentlichkeit zugänglich, was einen neuen Bibliothekstyp begründete. Während das Museion in Alexandria im königlichen Palast untergebracht war und seinen Gelehrten umfassende Unterstützung bot, stand die Pergamenische Bibliothek im Kontext der politischen und kulturellen Entwicklung Pergamons und des Wettbewerbs mit Alexandria. Ptolemaios I. sah in der Ausbildung Alexanders des Großen durch Aristoteles ein Vorbild für die Ausbildung seiner eigenen Söhne. Die Gründung des Museions in Alexandria war ein Prestigeprojekt, das auf die Tradition des Lykeions in Athen zurückgriff, wohingegen die Bibliothek von Pergamon in den Kontext des Hellenismus, der Attaliden und deren Beziehungen zu Rom eingebettet ist. Die Unterschiede in der Organisation und dem Zugang zeigen grundlegende Unterschiede in den Zielen und der Funktion beider Institutionen.

2. Wettstreit um die beste Bibliothek Ptolemaios und Eumenes

Der Text beschreibt den intensiven Wettstreit zwischen den Ptolemaeern in Alexandria und den Attaliden in Pergamon um den Besitz der besten Bibliothek. Dieser Wettstreit wird insbesondere zwischen Eumenes II. von Pergamon und Ptolemaios Epiphanes (205-181 v. Chr.) deutlich. Das Bestreben beider Herrscher war es, die griechische Literatur vollständig und unverfälscht in ihren Bibliotheken zu besitzen, was zu einem intensiven Wettbewerb bei der Akquisition seltener Bücher und Übersetzungen führte. Die Rivalität erstreckte sich auf alle Aspekte des Erwerbs, von der Anschaffung bis zur Preisgestaltung und führte auch zu einem Anstieg von Fälschungen. Der Text verdeutlicht, dass der Wettbewerb nicht nur um Quantität, sondern auch um Qualität und die Vollständigkeit der Sammlungen stattfand. Der Vergleich unterstreicht die enorme Bedeutung, die beiden Bibliotheken für die Verbreitung und den Erhalt des kulturellen Erbes der Antike zukam. Der Wettstreit um die Bücher hatte nachhaltige Auswirkungen auf die Entwicklung des antiken Buchhandels. Die erwähnten Verdrängung der Wissenschaftler aus Alexandria unter Ptolemaios Euergetes II. und die darauffolgende Ausbreitung der Philologie nach Rom wird als Folge dieses Konflikts erwähnt.

3. Methoden der Textinterpretation Textkritik vs. Allegorie

Ein wichtiger Aspekt des Vergleichs liegt in der unterschiedlichen Herangehensweise an die Interpretation von Texten. Die Bibliothek von Alexandria, repräsentiert durch Gelehrte wie Zenodot und Aristophanes von Byzanz, zeichnete sich durch eine streng textkritische Methode aus, die wortgenaue Vergleiche und die Ablehnung von Allegorien oder spekulativen Interpretationen betonte. Diese akribische Arbeitsweise wird anhand der textkritischen Bearbeitung der Ilias durch Zenodot exemplifiziert. Im Gegensatz dazu steht die allegorische Interpretationsmethode der Stoiker in Pergamon, angeführt von Krates von Mallos. Der Text betont, dass die Pergamenische Schule die klassische Literatur, vor allem Homers Werke, im Sinne der stoischen Philosophie interpretierte, wobei der allegorische Sinn über dem wörtlichen Verständnis stand. Dies widersprach der alexandrinischen Auffassung, die in der genauen Textanalyse und in der Wahrung der Originalität des Textes bestand. Der Unterschied in den Herangehensweisen zeigt einen grundlegenden Unterschied in der wissenschaftlichen Philosophie und Methodik beider Einrichtungen.