The key role of Satellite Laser Ranging towards the integrated estimation of geometry, rotation and gravitational field of the Earth

SLR: Erdgeometrie, Rotation & Gravitation

Dokumentinformationen

Autor

Mathis Bloßfeld

instructor/editor Univ.-Prof. Dr. rer. nat. T. Kolbe
Schule

Technische Universität München

Fachrichtung Geodäsie
Ort München
Dokumenttyp Dissertation
Sprache German
Format | PDF
Größe 1.47 MB

Zusammenfassung

I.Schätzung von Epochenreferenzrahmen ERFs und deren Vergleich mit konventionellen Terrestrischen Referenzrahmen TRFs

Die Arbeit präsentiert ein neuartiges Verfahren zur Berechnung von Epochenreferenzrahmen (ERFs), die im Gegensatz zu konventionellen Terrestrischen Referenzrahmen (TRFs) eine hoch aufgelöste Schätzung der Stationspositionen und Erdorientierungsparameter (EOP) ermöglichen. SLR (Satellitenlaserentfernungsmessung) spielt dabei eine zentrale Rolle als Informationsquelle für die hochfrequenten ERF-Schätzungen. Während bei TRFs nicht modellierte, nicht-lineare Stationsbewegungen durch Korrelationen mit Polkoordinaten berücksichtigt werden, sind diese im ERF-Ansatz nur teilweise verzerrt. Die Datumsstabilität der ERFs ist jedoch aufgrund des variablen Stationsnetzes geringer als bei TRFs. Eine Erhöhung der Datumsstabilität durch Vergrößerung des Kombinationsintervalls führt zu einer geringeren Genauigkeit der Approximation kurzfristiger Stationsbewegungen. Der Vergleich von ERF- und TRF-Berechnungen zeigt systematische Unterschiede in den Polkoordinaten, mit Amplituden bis zu 77.3 µas (SLR-only) und 39.8 µas (kombinierte Lösung). Die Arbeit untersucht detailliert die Vor- und Nachteile beider Ansätze für die Geodäsie.

1. Einführung der Epochenreferenzrahmen ERFs

Die Arbeit stellt erstmalig die Berechnung von Epochenreferenzrahmen (ERFs) vor. Im Gegensatz zu traditionellen, linearen Modellen der Stationsbewegungen in Terrestrischen Referenzrahmen (TRFs), ermöglichen ERFs eine zeitlich hochaufgelöste Schätzung der Stationspositionen. Diese hochauflösenden Referenzrahmen basieren maßgeblich auf Daten der Satellitenlaserentfernungsmessung (SLR), welche die Ursprungsinformation liefert. Die ERFs bieten eine deutlich bessere Approximation von nicht modellierten, nicht-linearen Stationsbewegungen. Konventionelle TRFs hingegen berücksichtigen vernachlässigte Stationsbewegungen durch Parameterabhängigkeiten von Translationen und Rotationen, die aufgrund einer suboptimalen Verteilung von Bodenstationen in zeitgleich bestimmte Parameter wie die Polkoordinaten gezwungen werden. Dies führt zu einer gewissen Verzerrung der Polkoordinaten im TRF-Ansatz, die in ERFs deutlich geringer ist.

2. Vergleich der Datumsstabilität von ERFs und TRFs

Ein wesentlicher Unterschied zwischen ERFs und TRFs liegt in der Stabilität des geodätischen Datums. Aufgrund des oft spärlichen und variierenden Stationsnetzes weisen ERFs ein instabileres Datum auf als konventionelle TRFs. Um die Datumsstabilität der ERFs zu verbessern, kann das Kombinationsintervall vergrößert werden (z.B. von einer auf vier Wochen). Diese Maßnahme führt jedoch zu einer Verschlechterung der Approximationsgenauigkeit, da kurzfristige Stationsbewegungen dann schlechter erfasst werden. Dieser Kompromiss zwischen Datumsstabilität und Genauigkeit der Positionsbestimmung ist ein zentraler Aspekt des Vergleichs zwischen ERFs und TRFs.

3. Auswirkungen auf die Erdorientierungsparameter EOP

Die unterschiedlichen Methoden zur Schätzung der Stationsbewegungen in ERFs und TRFs wirken sich auch auf die Erdorientierungsparameter (EOP) aus. Durch die Korrelation von Ähnlichkeitstransformationsparametern werden Translationen in den TRFs in die terrestrischen Polkoordinaten (komplementäre Parameter zur Netzorientierung) gezwungen. Bei der ERF-Berechnung wird diese Zwangseinwirkung nicht auf die Polkoordinaten ausgeübt. Dies führt zu systematischen Unterschieden in den Polkoordinatenzeitreihen der beiden Ansätze, mit Amplituden von bis zu 77.3 µas in der SLR-only-Lösung und bis zu 39.8 µas in der kombinierten Lösung. Diese Unterschiede sind in der SLR-only-Lösung größer, weil kombinierte Lösungen ein dichteres und homogener verteiltes Stationsnetz aufweisen, wodurch die Korrelationen zwischen gemeinsamen Translationen und Rotationen geringer sind. Zusätzlich zu den gemeinsamen Bewegungen beeinflussen auch individuelle Stationsbewegungen andere gemeinsam angepasste Parameter.

II.Verbesserte Schätzung der Stokes Koeffizienten mittels Multi Satelliten SLR Lösung

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der verbesserten Schätzung von Stokes-Koeffizienten, insbesondere der zweiten Ordnung (C20, C21, S21). Durch die Kombination von Daten mehrerer SLR-Satelliten mit unterschiedlichen Bahneigenschaften wird eine Dekorrelation der Koeffizienten und Bahnparameter erreicht. Die Ergebnisse zeigen deutlich kleinere Standardabweichungen im Vergleich zu bestehenden Lösungen (z.B. CSR RL04/RL05). Die Genauigkeit der DGFI Multi-Satelliten-Lösung (bis zu 10 Satelliten) wird intern durch Vergleich der formalen Fehler und extern durch Vergleich mit geophysikalischen Modellen validiert. Die Arbeit von Bloßfeld et al. hebt die Vorteile der Multi-Satelliten-SLR-Lösung für die Bestimmung der Erdgestalt und des Erdschwerefeldes hervor und demonstriert die Verbesserung der Genauigkeit der Stokes-Koeffizienten.

1. Multi Satelliten SLR Lösung zur Schätzung von Stokes Koeffizienten

Die Arbeit beschreibt die Entwicklung und Anwendung einer Multi-Satelliten-SLR-Lösung zur Bestimmung der Stokes-Koeffizienten, insbesondere der zweiten Ordnung (C20, C21, S21). Die Verwendung von bis zu zehn Satelliten mit unterschiedlichen Bahneigenschaften (Höhe, Inklination, Querschnitts-zu-Massen-Verhältnis, Resonanzverhalten) ermöglicht eine effektive Dekorrelation dieser Koeffizienten und der Bahnparameter. Besonders die Korrelation von C20 und der Rektaszension des aufsteigenden Knotens (Ω) wird durch die Verwendung verschiedener Satellitenkonstellationen minimiert. Die Arbeit identifiziert dabei LAGEOS 1 und 2, Ajisai, Stella, Starlette und LARES als Satelliten mit signifikantem Beitrag zur Dekorrelation, während Etalon 1 und 2, BLITS und Larets weniger relevant sind. Die detaillierte Beschreibung des Lösungsaufbaus und des Berechnungsverfahrens soll Nutzern die Interpretation der öffentlich verfügbaren Zeitreihen ermöglichen.

2. Validierung der Stokes Koeffizienten Schätzung

Die Genauigkeit der geschätzten Stokes-Koeffizienten wird sowohl intern als auch extern validiert. Die interne Präzision wird durch den Vergleich der formalen Fehler, ausgedrückt als Fehler des Geoids zweiter Ordnung, bewertet. Die formalen Fehler der monatlichen DGFI-Multi-Satelliten-Lösungen sind etwa viermal kleiner als die der CSR Release 04 (RL04) oder RL05 Lösungen. Dies liegt an der unterschiedlichen Bahnmodellierung und der größeren Anzahl an Beobachtungen in der DGFI-Lösung. Die geringere Variation der Standardabweichungen der DGFI-Ergebnisse resultiert aus der stabileren Langzeit-Beobachtungsgeometrie durch die Einbeziehung mehrerer Satelliten. Die externe Genauigkeit wird durch den Vergleich der aus C21 und S21 abgeleiteten massenbezogenen äquatorialen Anregungsfunktionen (χmass1,2) mit externen geophysikalischen Modellkombinationen und reduzierten geodätischen Anregungsfunktionen geprüft. Dabei zeigen sich teilweise erhebliche Unterschiede in Amplituden und Phasen zwischen den verschiedenen Lösungen. Die DGFI-Lösung zeigt in der Analyse eine bessere Übereinstimmung mit geophysikalischen Modellen als die CSR-Zeitreihen.

III.Integrierte Schätzung von TRF EOP und Stokes Koeffizienten im Kontext von GGOS

Die Arbeit befasst sich mit der integrierten Schätzung von TRF, EOP und Stokes-Koeffizienten als wichtiges Ziel des Globalen Geodätischen Beobachtungssystems (GGOS). SLR wird dabei als Schlüsseltechnik identifiziert, da sie hochgenaue Beiträge zu allen drei „Säulen“ der Geodäsie (Geometrie, Rotation, Schwerefeld) liefert und die Untersuchung der Korrelationen zwischen diesen Parametern erlaubt. Die Arbeit untersucht die Korrelationen zwischen verschiedenen Parametern und zeigt, wie die Multi-Satelliten-SLR-Lösung dazu beitragen kann, die Genauigkeit und Stabilität der geschätzten Parameter zu verbessern. Die Ergebnisse dieser Fallstudie mit SLR können auf andere geodätische Raumverfahren übertragen werden, insbesondere bei der Kombination geodätischer und gravimetrischer Beobachtungen.

1. Integrierte Schätzung als Ziel von GGOS

Ein Hauptziel dieser Arbeit ist die integrierte Schätzung von Terrestrischen Referenzrahmen (TRFs), Erdorientierungsparametern (EOP) und Stokes-Koeffizienten. Dies steht im direkten Zusammenhang mit dem Globalen Geodätischen Beobachtungssystem (GGOS), das die Integration geometrischer und gravimetrischer Beobachtungsverfahren zur Bestimmung geodätisch-geophysikalischer Parameter anstrebt. Die bisherige Trennung dieser Parametergruppen in der Schätzung birgt Nachteile durch hohe Korrelationen. Die Arbeit untersucht daher die Wechselwirkungen zwischen diesen Parametern und sucht nach Strategien für eine verbesserte integrierte Schätzung. Satellite Laser Ranging (SLR) wird als besonders geeignete Technik hervorgehoben, da sie hochgenaue Beiträge zu allen drei Säulen der Geodäsie (Erdgestalt, Erdrotation, Erdschwerefeld) liefert und somit die Untersuchung der Parameterkorrelationen ermöglicht.

2. Rolle der SLR Daten in der integrierten Schätzung

Die Arbeit hebt die einzigartige Rolle von SLR in der integrierten Schätzung hervor. SLR ist die einzige geodätische Raumtechnik, die empfindlich auf alle drei Parametergruppen (TRF, EOP, Stokes-Koeffizienten) reagiert und eine sehr genaue integrierte Parameterschätzung ermöglicht. Die Arbeit evaluiert den Beitrag von SLR zu GGOS durch zwei Ansätze: (i) die Kombination von SLR mit anderen geodätischen Raumtechniken wie GNSS und VLBI (inter-technische Kombination) und (ii) die Kombination von Beobachtungen mehrerer SLR-verfolgter Satelliten (intra-technische Kombination). Die Untersuchung der Korrelationen zwischen den Parametern steht im Mittelpunkt, da das Verständnis dieser Wechselwirkungen essentiell für ihre integrierte Schätzung ist. Die Ergebnisse der SLR-basierten Fallstudie sollen auf andere geodätische Raumtechniken übertragbar sein, insbesondere bei der Kombination geodätischer und gravimetrischer Beobachtungen.

3. Korrelationen zwischen Parametern und deren Auswirkungen

Ein besonderes Augenmerk liegt auf den Korrelationen zwischen den fundamentalen geodätischen Parametern (TRF, EOP, Stokes-Koeffizienten) und deren Auswirkungen auf die integrierte Schätzung. Beispielsweise wird die hohe Korrelation zwischen Length Of Day (LOD) und dem Stokes-Koeffizienten C20 bei Verwendung nur eines Satelliten untersucht. Diese Korrelation entsteht durch die Abplattung der Erde, die die Bahnebene eines Satelliten zur Präzession in der Äquatorebene zwingt. Diese Bewegung ist von der Erdrotation untrennbar, was bei gleichzeitiger Schätzung von LOD und C20 zu unzuverlässigen Ergebnissen führt. Die Arbeit diskutiert weitere Korrelationen und zeigt, wie diese durch die Verwendung von Multi-Satelliten-SLR-Lösungen mit unterschiedlichen Bahnhöhen und -inklinationen verringert werden können. Die Verbesserung des geodätischen Datums durch die Multi-Satelliten-SLR-Lösung wird hervorgehoben, und die Möglichkeit, diese Lösung in die inter-technische Kombination mit GNSS und VLBI einzubeziehen, wird diskutiert.

IV.Softwareentwicklung und Datenverarbeitung

Die Arbeit beschreibt die Entwicklung und Anwendung der Software DOGS (DGFI Orbit and Geodetic parameter estimation Software), insbesondere der Komponenten DOGS-OC (Orbitberechnung) und DOGS-CS (Kombination und Lösung). Die Software wurde für die Verarbeitung der SLR-Daten und die Berechnung der ERFs und TRFs eingesetzt. Es werden die Kombination von Daten auf verschiedenen Ebenen des Gauß-Markov-Modells (Beobachtungsgleichung, Normalgleichung, Parameterebene) sowie die Verwendung des SINEX-Formats für den Datenaustausch beschrieben. Die Arbeit unterstreicht die Bedeutung der entwickelten Software und Methoden für die geodätische Forschung.

1. DOGS Software Beschreibung und Anwendung

Die Arbeit beschreibt die zentrale Rolle der Software DOGS (DGFI Orbit and Geodetic parameter estimation Software) bei der Datenverarbeitung und -analyse. DOGS besteht aus zwei Hauptbibliotheken: DOGS-OC (Orbit Computation) für die Analyse von SLR-Beobachtungen und DOGS-CS (Combination and Solution) für die Kombination und Lösung von Gleichungssystemen. DOGS-OC beinhaltet verbesserte Modelle für Gezeiten (z.B. detaillierte Ozean-Gezeitenmodellierung inklusive sekundärer Gezeitenwellen), die zu signifikanten Verbesserungen der Stokes-Koeffizienten C21 und S21 führen. DOGS-CS ermöglicht die modulare Erstellung von Berechnungsverfahren und wird für verschiedene Anwendungen eingesetzt, darunter die Berechnung globaler TRF-Lösungen (z.B. DTRF2008), die Berechnung von ERFs und die Berechnung von Multi-Satelliten-SLR-Lösungen. Die Softwareentwicklungen, insbesondere für DOGS-OC, werden im Rahmen der Arbeit detailliert beschrieben. Die Routine CS_INVERT in DOGS-CS spielt eine wichtige Rolle bei der Inversion von Normalgleichungen (NEQs) und der Lösung linearer Gleichungssysteme.

2. Datenkombination und verarbeitung

Die Arbeit beschreibt verschiedene Methoden der Datenkombination, die auf dem Gauß-Markov-Modell basieren. Die Kombination von Daten wird auf drei Ebenen des Modells verglichen: Beobachtungsgleichung, Normalgleichung (NEQ) und Parameterebene. Die Vor- und Nachteile jeder Ebene werden diskutiert. Am DGFI wird die Kombination geodätischer Raumverfahren auf NEQ-Ebene durchgeführt. Die Arbeit beschreibt auch die Kombination auf Parameterebene, wie sie z.B. vom IGN mit der Software CATREF verwendet wird. Hierbei werden Pseudo-Beobachtungen mehrfach angewendet, was zu Herausforderungen bei der Vermeidung von Überbestimmtheit und der Sicherstellung der Datumunabhängigkeit führt. Der Datenaustausch erfolgt über das SINEX-Format, wobei die Anforderungen an die Eingabedaten von verschiedenen Technikzentren (TCs) des IERS (International Earth Rotation and Reference Systems Service) detailliert beschrieben werden. Der Umgang mit Gezeiten, insbesondere die Berücksichtigung von permanenten und zeitabhängigen Gezeiteneffekten nach den IERS-Konventionen, wird ebenfalls erläutert.