
Kulturelles Gedächtnis: Cité de la Musique
Dokumentinformationen
Autor | Petra Rahel Häuslbauer |
instructor | Prof. Dr. Wolfgang Krueger |
Schule | Hochschule der Medien Stuttgart |
Fachrichtung | Bibliotheks- und Medienmanagement |
Dokumenttyp | Diplomarbeit |
Ort | Stuttgart |
Sprache | German |
Format | |
Größe | 4.33 MB |
Zusammenfassung
I.Institutionen des kulturellen Gedächtnisses Bibliotheken Archive und Museen
Die Bedeutung von Bibliotheken, Archiven und Museen als Institutionen des kulturellen Gedächtnisses wird im Kontext der Theorien von Aleida und Jan Assmann sowie Maurice Halbwachs untersucht. Diese Einrichtungen bewahren und vermitteln nicht nur Information und Wissen, sondern bilden einen zentralen Kristallisationspunkt für kulturelle Begegnung und Identität. Sie stehen vor der Herausforderung, im Zeitalter der Globalisierung und neuer Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) ihre Rolle neu zu definieren und synergetische Kulturvermittlung durch enge Zusammenarbeit zu stärken. Ihr gemeinsames Ziel ist die Bewahrung des kulturellen Erbes und die Bereitstellung von Ressourcen für die Gesellschaft.
1. Bibliotheken Archive und Museen als Institutionen des kulturellen Gedächtnisses
Der Text etabliert Bibliotheken, Archive und Museen als zentrale Institutionen zur Bewahrung und Vermittlung des kulturellen Erbes. Sie werden als Orte des Sammelns, Aufbewahrens und Vermittelns von Information und Wissen beschrieben und somit als 'Gedächtnis unserer Kultur' identifiziert. Der Begriff 'Kulturelles Gedächtnis', geprägt von Aleida und Jan Assmann, steht im Mittelpunkt. Die wachsende wissenschaftliche Literatur zum Thema verdeutlicht die Bedeutung des kulturellen Gedächtnisses in interdisziplinären Forschungsansätzen. Verschiedene Meinungen und Forschungsansätze, wie die von Maurice Halbwachs und den Assmanns, kreuzen sich und bereichern die Diskussion. Der Text betont die enge Verzahnung von Information, Wissen und Kultur, wobei die genannten Institutionen Kristallisationspunkte dieser Vernetzung darstellen. Sie agieren nicht nur als Informationsmanager, sondern als Bildungspartner, Lernorte und kulturelle Begegnungsstätten, balancieren zwischen Informationsmanagement und Kulturauftrag. Die sich ständig verändernde Position dieser Institutionen in der Gesellschaft wird ebenfalls hervorgehoben, beeinflusst durch Globalisierung und den Wandel der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT).
2. Definition und Aufgaben von Bibliotheken Archiven und Museen
Die Hauptaufgabe von Archiven wird als Sicherstellung historischer Primärdokumente (Schrift-, Bild- und Tongut) definiert, als 'dokumentarischer Niederschlag der Tätigkeit staatlicher und nichtstaatlicher Dienststellen'. Rumschöttel (Generaldirektor der Staatlichen Archive Bayern) sieht Archive als Institutionen von Kultur, Wissenschaft und Forschung mit der Doppelfunktion des Sammelns und Bewahrens von Archivgut. Museen hingegen pflegen laut Gottfried Korff sowohl eine bewahrende als auch interpretierende Beziehung zur Vergangenheit. Der Text erwähnt auch Dokumentationseinrichtungen als Teil einer Einheit mit Bibliotheken, Archiven und Museen, die sich mit ähnlichen veränderten Aufgaben und Arbeitsbedingungen auseinandersetzen müssen. Die Definition von Bibliotheken, Archiven und Museen wird nicht nur über funktionsbezogene Kriterien, sondern auch über ihren gesellschaftlichen Zweck festgelegt, welcher zeit-, raum- und kulturabhängig ist. Sie werden als Integrale der Wissens- und Kulturzirkulation begriffen, als Orte, an denen Informationen abgerufen, Wissen verfügbar gemacht und kulturelle Begegnungen stattfinden. Die Verflechtung von Informationsmanagement und Kulturauftrag wird als zentrale Herausforderung dieser Institutionen hervorgehoben.
3. Der Einfluss von Globalisierung und neuen IKT
Die Globalisierung wird als prägendes Merkmal unserer Zeit beschrieben, beeinflusst durch technischen Fortschritt und die Entwicklung neuer IKT. Anthony Giddens' Sicht der Globalisierung als eine Reihe von Prozessen, die in verschiedene Lebensbereiche eingreifen, wird zitiert. Michel Foucaults Beschreibung der Welt als ein sich durchkreuzendes Netz wird ebenfalls erwähnt. Die Globalisierung beeinflusst die Positionierung kultureller Einrichtungen wie Bibliotheken, Archive und Museen. Der Begriff 'Glokalisierung' (Roland Robertson) beschreibt die Anpassung globaler Perspektiven an lokale Umstände. Die Bedeutung von Städten und ihren kulturellen Einrichtungen im Kontext der Globalisierung wird hervorgehoben; Städte werden als Orte des sozialen und kulturellen Austausches und der Integration dargestellt. Der Wunsch nach räumlicher Orientierung bleibt trotz der virtuellen Vernetzung bestehen, und Bibliotheken, Archive und Museen schaffen die dafür notwendigen Rahmenbedingungen, indem sie Kommunikations-, Begegnungs- und Lernplattformen bieten.
4. Gemeinsame Zielsetzungen und zukünftige Herausforderungen
Ein gemeinsames Ziel von Bibliotheken, Archiven und Museen ist die Bewahrung des kulturellen und intellektuellen Erbes, das als 'aufgezeichnete Erfahrungen, Erkenntnisse, Ideen und Äußerungen dieses Planeten' beschrieben wird. Sie machen die Vergangenheit über Medien zugänglich. Das Ziel ist die Schaffung eines hybriden Netzes dieser Institutionen, um heterogene Gegenstände zu verbinden und Neues zu schaffen. Dies unterstreicht die Bedeutung des Wissens in diesen Institutionen für Lernen, Gemeinschaftsgefühl, wirtschaftliche Entwicklung und Kreativität. Die Zusammenarbeit soll zu gemeinsamen Dialogwegen, kulturellen und bildungsrelevanten Plattformen und effektiver Nutzung von Synergieeffekten führen. Die Entwicklung neuer Informationssysteme ist entscheidend, um Zentrum für Kultur, Bildung und soziale Integration zu werden. Zukünftig bedarf es eines intensiven Diskurses, spartenübergreifender Zusammenarbeit und der Zusammenführung von Institutionen und Beständen im virtuellen und lokalen Raum. Die Verknüpfung von Wissen und Quellen der kulturellen Überlieferung wird als Chance für neue Assoziationen und Erkenntnisse gesehen, unterstützt durch moderne Informations- und Kommunikationstechnik. Die Weiterentwicklung erfordert lokale und virtuelle Strategien, wobei das Internet eine zusätzliche Dimension für Bibliotheken, Archive und Museen darstellt. Sie sollen als Knotenpunkte in globalen und digitalen Netzen agieren und das gemeinsame Herkunftsbewusstsein wiederherstellen. Die Interoperabilität von analogen und digitalen Ressourcen muss verbessert werden.
II.Die Cité de la Musique Ein Beispiel für gelungene Vernetzung
Die Cité de la Musique in Paris dient als Best-Practice-Beispiel für die Verknüpfung von Bibliotheken, Archiven, Museen und anderen kulturellen Einrichtungen. Das Konzept der Glokalisierung, die Verzahnung von globalen und lokalen Aspekten, ist hier besonders deutlich. Wichtige Einrichtungen der Cité sind das Musée de la Musique, die Médiathèque und das Conservatoire national supérieur de musique et de danse de Paris (CNSMDP). Die Cité integriert Bildung, Forschung und Kultur und demonstriert die Möglichkeiten der synergetischen Zusammenarbeit zum Nutzen der Besucher und der Wissensgesellschaft. Schlüsselpersonen waren u.a. François Mitterrand, Maurice Fleuret und Jack Lang (beteiligt an der Gründung), Brigitte Marger (Direktorin Cité de la Musique 1995-2002), Laurent Bayle (spätere Programmpolitik), sowie Renaud Donnedieu de Vabres (Kulturminister, betonte die soziale Bedeutung der Médiathèque).
1. Entstehungsgeschichte der Cité de la Musique und des Parc de la Villette
Die Cité de la Musique wird im Kontext des Parc de la Villette in Paris vorgestellt, ein Projekt im Rahmen der 'grands travaux' unter Präsident François Mitterrand. Die Initiatoren waren neben Mitterrand der Komponist und Journalist Maurice Fleuret und der Kulturpolitiker Jack Lang. Der Parc, einst Gelände eines Schlachthofs, umfasst die Cité des Sciences et de l'Industrie und die Cité de la Musique, zwei bewusst unterschiedliche, aber sich berührende Pole. Die politische Absicht war die Schaffung von Erlebnis-, Kultur- und Sozialisationswelten, sowohl technik- und wissensorientiert als auch musikkonzentriert. Bernard Tschumi, Architekt des Parks, beschreibt die Transformation als Ausdruck der Zeit und der Überlagerung verschiedener Elemente in der Vorstadt. Der Text betont den erfolgreichen Aufbau dieser beiden Zentren durch eine weitsichtige Kulturpolitik, welche divergierende, aber thematisch verknüpfte Bereiche ermöglichte. Die Transformation des ehemaligen Schlachthofgeländes in einen modernen Kulturpark wird als bemerkenswerte Metamorphose hervorgehoben, die die Cité de la Musique als wichtigen Bestandteil umfasst.
2. Der Begriff Cité de la Musique und seine Bedeutung
Der Begriff 'cité' im Namen 'Cité de la Musique' wird etymologisch hergeleitet vom lateinischen 'civitas' für Stadt und Bürgerschaft. Im Unterschied zu 'ville' betont 'cité' die politische Unabhängigkeit einer Gemeinschaft und gleichzeitig das Stadtzentrum. Die Cité de la Musique repräsentiert beides: die politische und gesellschaftliche Eigenständigkeit und gleichzeitig ihr zentraler Stellenwert innerhalb von La Villette. Die Theorie des 'Correalismus' von Friedrich Kiesler wird auf die Cité übertragen, die Verbundenheit aller an musischen und produktiven Prozessen beteiligten Einrichtungen wird betont. Die Cité besteht aus mehreren interagierenden Teilen, deren Angebote aufeinander bezogen und räumlich miteinander verschränkt sind, nach dem aristotelischen Stadtmodell. Renaud Donnedieu de Vabres, französischer Kulturminister, betonte die Notwendigkeit, die Stadt neu zu denken, mit offenen Bereichen, die sich in der Welt ausbreiten ('avec les îlots ouverts... qui essaiment dans le monde entier'). Die enge Verzahnung der kulturellen Einrichtungen und die aktive Bürgerbeteiligung werden als essentiell dargestellt.
3. Programmpolitik der Cité de la Musique und ihre Zielgruppen
Laurent Bayle's Programmpolitik der Cité de la Musique basiert auf thematischen Ausstellungen des Museums, die jährlich in zwei bis drei Themenblöcken präsentiert werden, mit ergänzenden Konzerten, Veranstaltungen, Führungen und Seminaren. Das Programm umfasst alle Musikgenres – von Klassik über Jazz und Pop bis zu Weltmusik und zeitgenössischer Musik. Es spricht bewusst auch ein junges, musikalisch weniger vorgebildetes Publikum an. Bayle betonte die Vielseitigkeit des Programms und die Absicht, verschiedene Zielgruppen anzusprechen. Die Cité positioniert sich als ein Ort der musikalischen Begegnung und des interkulturellen Austausches. Das Konzept integriert Musik in den Kontext von Bildung, Kultur, Forschung und Wissenschaft, was die strategische Ausrichtung und das breite Angebot verdeutlicht. Der ganzheitliche Ansatz umfasst die verschiedenen Aspekte musikalischen Erlebens und Wissensvermittlung und spricht eine breite Palette von Interessierten an.
4. Die Cité de la Musique als kulturpolitisches und soziales Konstrukt
Die Cité de la Musique wird als bewusste Verankerung innerhalb der französischen Kulturpolitik und Gesellschaft beschrieben, mit dem Ziel, neue Beziehungen zwischen Individuen und Musik zu schaffen. Brigitte Marger (Direktorin 1995-2002) beschreibt die Cité als offenes Modell von Kulturinstitutionen, die Synergien für Bildung, Kultur, Forschung und Wissenschaft nutzen. Die Abstimmung mit der französischen Kulturpolitik wird als entscheidend hervorgehoben. Die Kulturpolitik strebte den Zugang der Bevölkerung zur Kunst und die Teilhabe am kulturellen Leben an ('le public mêle au plaisir musical un sentiment sociétal, voire existeniel'). Die Cité sieht sich nicht als multikulturelle, sondern als transkulturelle Plattform, wo Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zusammenkommen, verbunden durch globale Medien, Tourismus und Freizeit. Der interkulturelle Austausch soll nach Baumann auf globaler und lokaler Ebene geführt werden, um zu einem verbesserten Erfahrungswissen zu gelangen. Die Cité de la Musique veranschaulicht einen Dialog der musikalischen Kulturen im Spannungsfeld von lokal und global bestimmten Organisationskulturen.
III.Ausprägungen des kulturellen Gedächtnisses und die Rolle der Medien
Der Begriff des kulturellen Gedächtnisses wird anhand der Theorien von Aleida und Jan Assmann differenziert: Speichergedächtnis (Archive, Museen) und Funktionsgedächtnis (aktive Vermittlung). Bibliotheken, Archive und Museen fungieren als Speichergedächtnisse, doch ihre zunehmende Rolle als Funktionsgedächtnisse durch aktive Kulturvermittlung und Bildung wird betont. Der Wandel der Medien (Oralität, Literalität, Druck, neue IKT) beeinflusst die Gestalt und Qualität kultureller Erinnerungsräume. Die Digitalisierung und die Integration neuer IKT sind entscheidend für die zukünftige Positionierung dieser Institutionen in der Wissensgesellschaft.
1. Der vielschichtige Begriff des Gedächtnisses und seine kulturwissenschaftliche Bedeutung
Der Text beginnt mit der Schwierigkeit, den Begriff 'Gedächtnis' präzise zu fassen, da viele verschiedene Begriffs- und Erklärungsmodelle aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen existieren. Der Fokus liegt auf dem kulturwissenschaftlichen Diskurs, um den Begriff 'Kulturelles Gedächtnis' zu beleuchten. Die Arbeit von Aleida und Jan Assmann, welche die Theorie des kulturellen Gedächtnisses entwarfen, und deren Bezug auf die Lehren des französischen Soziologen Maurice Halbwachs bilden die Grundlage. Es wird zwischen sozialem und kollektivem Gedächtnis (innerhalb erinnernder Menschen) und kulturellem Gedächtnis (über Medien und Institutionen) unterschieden. Das Gedächtnis, bestehend aus Erinnerung und Vergessen, wird als 'stets aktuelles Phänomen, eine in ewiger Gegenwart erlebte Bindung' beschrieben. Vergangenes Wissen muss in ein kulturelles Gedächtnis der Zukunft übersetzt werden, da die Vergangenheit nicht unmittelbar erfahrbar ist und einer imaginären Rekonstruktion und medialen Vermittlung bedarf. Die Komplexität des Gedächtnisses und die Notwendigkeit einer interdisziplinären Betrachtungsweise werden betont.
2. Theorie des kulturellen Gedächtnisses nach Aleida und Jan Assmann
Die Theorie des kulturellen Gedächtnisses wird als ein Geflecht aus verschiedenen, ineinandergreifenden Elementen beschrieben, bestehend aus den Komponenten 'Kultur' und 'Gedächtnis', die sich gegenseitig bedingen und begrenzen. Aleida Assmann bezeichnet das kulturelle Gedächtnis als 'Sonderfall von Gedächtnis', der sich auf einen bestimmten Aspekt der Kultur bezieht (Religion, Geschichte, Künste). Dieser Teil der Kultur ist sozial geprägt und für die Gesellschaft, was das Gedächtnis für das Individuum ist. Das kulturelle Gedächtnis hat eine strukturierende Funktion und nimmt eine materielle Form an ('Das kulturelle Gedächtnis haftet am Festen', Jan Assmann). Jan Assmann definiert kulturelles Gedächtnis als Sammelbegriff für Wissen, das Handeln und Erleben in einer Gesellschaft steuert und von Generation zu Generation weitergegeben wird. Dies beinhaltet wiederholen, rezitieren, lernen, interpretieren und kommunizieren von vergangenen Praktiken. Kulturelles Gedächtnis muss auf einen dynamischen und prozessorientierten Kulturbegriff bezogen werden, der nicht von einer einheitlichen Kultur ausgeht, sondern von einer Vielfalt von Bedeutungen und Praktiken. Kultur wird als historisch veränderlicher Zusammenhang von Kommunikation, Gedächtnis und Medien verstanden.
3. Speicher und Funktionsgedächtnis und der Wandel des kulturellen Gedächtnisses
Um die Dynamik und Mehrdimensionalität des kulturellen Gedächtnisses zu betonen, unterscheidet Aleida Assmann zwischen Speicher- und Funktionsgedächtnis. Diese stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander, mit fließenden Übergängen zwischen Erinnertem und Vergessenem, Bewusstem und Unbewusstem, Manifestem und Latentem. Die komplexe Struktur des kulturellen Gedächtnisses resultiert aus diesem Wechselspiel. Für den Wandel und die Erneuerung des kulturellen Gedächtnisses ist es entscheidend, dass die Grenze zwischen Funktions- und Speichergedächtnis nicht hermetisch ist, sondern in beide Richtungen überschritten werden kann. Elemente aus dem Funktionsgedächtnis können ins Archiv zurückfallen, während Elemente aus dem Speichergedächtnis wieder ins Bewusstsein gerückt werden. Die Existenz von Bibliotheken, Archiven und Museen wird durch gesellschaftliche, politische und kulturelle Interessen sowie den Wandel der technischen Medien beeinflusst. Sie wurden oft als passive Sammler und Bewahrer gesehen, doch diese Wahrnehmung hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert.
4. Bibliotheken Archive und Museen als Ausprägungen des kulturellen Gedächtnisses
Bibliotheken, Archive und Museen werden als 'memory organizations' bezeichnet, die einen dynamischen Zugang zum kulturellen Gedächtnis gewährleisten. Gedächtnis und Raum (Stadt) stehen in enger Beziehung zueinander. Die Physiognomie einer Stadt prägt ihre Subzentren und Einrichtungen, auch Bibliotheken, Archive und Museen, die mit spezifischen Erinnerungen konnotiert sind. Sie versuchen einen umfassenden und dynamischen Zugang zum kulturellen Gedächtnis zu gewährleisten. Sie agieren nicht nur als kulturelle Speichergedächtnisse, sondern zunehmend auch als kulturelle Funktionsgedächtnisse, aktive Vermittler von Wissen. Sie nutzen Medien des kulturellen Gedächtnisses in Lernzusammenhängen, wobei jedes Medium einen spezifischen Zugang ermöglicht. Kulturelles Gedächtnis manifestiert sich über medienvermittelte Weitergabe von Wissen. Bibliotheken, Archive und Museen vermitteln Information, Wissen und kulturelle Werte; der Faktor Bildung im Funktionsgedächtnis erhält große Bedeutung. Aleida Assmann betont die individuelle Teilhabe am kulturellen Gedächtnis als Bildung und die Herausforderungen für die Zukunft der Bildung (Identitätskrise, Globalisierung, Multikulturalität).
IV.Das Musée de la Musique Ein Ort des haptischen und kommunikativen Gedächtnisses
Das Musée de la Musique, Teil der Cité de la Musique, wird als Beispiel für eine innovative Kulturvermittlung beschrieben. Es kombiniert die Präsentation von Instrumenten (Sammlung und Bewahrung) mit interaktiven Elementen (Konzerte, Workshops). Die Museumspädagogik spielt eine wichtige Rolle, um das kulturelle Gedächtnis durch lebendiges Erleben und didaktische Angebote zu vermitteln. Das Museum nutzt diverse Medien (Tondokumente, Multimediaterminals) zur Kontextualisierung der Exponate und fördert so das Verständnis der Besucher. Der Fokus liegt auf dem kommunikativen Gedächtnis und der Erfahrung des haptischen Gedächtnisses.
1. Das Musée de la Musique Von Instrumentenmuseum zum Musikmuseum
Das Musée de la Musique wird als Musikmuseum und nicht nur als Instrumentenmuseum definiert. Seine Geschichte ist eng mit dem 1795 gegründeten Pariser Konservatorium verbunden, welches einen Instrumentenfundus anlegte. Die Entwicklung zum Musikmuseum wird Georges-Henri Rivière zugeschrieben, einem französischen Museologen, der die Museumsszene seit den 1970er Jahren maßgeblich beeinflusste. Das Museum präsentiert nicht nur Instrumente, sondern beleuchtet deren Funktion, historische Nutzung und die darauf gespielte Musik, wobei der historische Kontext gewahrt wird ('die Einzigartigkeit des Kunstwerks ist identisch mit seinem Eingebettetsein in den Zusammenhang der Tradition'). Es wird als Ort des 'haptischen Gedächtnisses' bezeichnet, einem Ort des Staunens und der Faszination des Authentischen, das durch die räumliche Nähe der historischen Objekte erzeugt wird. Regelmäßige Konzerte im hauseigenen Amphitheater halten den Kontakt zur lebendigen Musik aufrecht. Das Museum möchte Besucher aller Zielgruppen an Musik als soziales, kulturgeschichtliches, religiöses, erlebnisreiches und unterhaltsames Phänomen heranführen. Es vereint die Funktionen einer Sammlungsstätte, eines Wissensspeichers, einer Vermittlungszone, eines Forschungs- und Bildungsorts.
2. Ausstellungskonzept und Vermittlung im Musée de la Musique
Das Musée de la Musique präsentiert ca. 900 Exponate auf 2800 m². Die Dauerausstellung konzentriert sich auf Schwerpunkte der abendländischen Musikgeschichte vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart, thematisch geordnet um neun Ereignisse. Zusätzliche Informationen wie Beschriftungen, Notenauszüge, Gemälde, Modelle historischer Spielstätten und Tondokumente (über Kopfhörer) sowie Multimediaterminals kontextualisieren die Exponate. Das Tondokument fungiert als 'Ortsverweis', um den Originalschauplatz zu evozieren ('das Authentische... will entdeckt und wiedererzählt werden'). Das Verständnis der Objekte basiert auf kontextualisiertem Wissen, das für den Besucher leicht verständlich sein muss. Es werden vielfältige Vertiefungsmöglichkeiten an verschiedenen Orten im Museum geboten, um schrittweise Lernerfahrungen zu ermöglichen. Wechselnde Erfahrungsräume werden durch eine inszenierte Präsentation der Museumsobjekte geschaffen. Die Vielfalt der Medien und die Pluralität der Objekte verwandeln das Museum in einen Erlebnisraum. Die Themen der Ausstellung umfassen unter anderem 'fremde Kulturen', 'Wiederbelebung alter Musik' und 'Das Tongedächtnis'.
3. Museale Bildungsfunktion und Museumspädagogik
Das Musée de la Musique kommuniziert nicht nur durch die Präsentation von Objekten, sondern auch durch ein didaktisches Angebot. Der Besucher soll aktiv in das Geschehen einbezogen werden, um identitätssicherndes Wissen gemeinsam zu erarbeiten und die Reproduktion und Sicherung der Identität zu vermitteln ('nicht nur das identitätssichernde Wissen gemeinsam erarbeitet, sondern gleichzeitig auch die Reproduktion und Sicherung der Identität vermittelt und weitergegeben werden'). Die Museumspädagogik spielt eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von Wissen. Die Museumspädagogen erschließen die Sammlungen durch vielfältige Vermittlungsformen für verschiedene Gruppen und Altersstufen und schaffen individuelle Spielräume zur Wissenserlangung. Das Ziel ist die Transformation von Quantität in Qualität ('Nicht gelehrter sollen sie (die Besucher) die...'). Die Vermittlung von Wissen soll nicht nur auf intellektueller Ebene stattfinden, sondern durch aktive Teilhabe und ganzheitliches Erleben. Die verschiedenen Ausdrucksmittel sollen die Sinne der Besucher ansprechen und eine aktive Beteiligung ermöglichen. Der situative Kontext, geschaffen durch das Zusammenspiel der Ausdrucks- und Informationsmittel, ermöglicht ein vertieftes Verständnis ('nähern wir uns der Musik über das Objekt, aber auch über die Komposition, die Interpretation und die Bande, die sie alle vereinen').
V.Zukunftsperspektiven Re und Evolution der Gedächtnisinstitutionen
Die Zukunft von Bibliotheken, Archiven und Museen hängt von ihrer Fähigkeit ab, sich als globale Akteure in der digitalen Welt zu positionieren und synergetische Zusammenarbeit zu fördern. Dies erfordert sowohl eine revolutionäre Anpassung an die veränderten Rahmenbedingungen als auch eine evolutionäre Weiterentwicklung ihrer Strukturen und Angebote. Die Cité de la Musique demonstriert ein Modell für innovative Kulturvermittlung und lebenslanges Lernen, welches die institutionelle Dreifachfunktion (Museum, Mediathek, Konzertsaal) als Institutionen des kulturellen Gedächtnisses im 21. Jahrhundert prägt.
1. Das Musée de la Musique als Ort des kommunikativen und haptischen Gedächtnisses
Der Text beschreibt das Musée de la Musique als einen Ort, der das kulturelle Gedächtnis durch die Verbindung von Sammlung und lebendigem Erleben vermittelt. Es ist nicht nur ein Ort zur Präsentation von Instrumenten, sondern betont deren Funktion im historischen Kontext und die damit verbundene Musik. Die Präsentation der Exponate zielt darauf ab, die Einzigartigkeit der Kunstwerke in ihrem traditionellen Zusammenhang aufzuzeigen ('die Einzigartigkeit des Kunstwerks ist identisch mit seinem Eingebettetsein in den Zusammenhang der Tradition'). Durch die Möglichkeit, die Instrumente zu bespielen und erklingen zu lassen, wird ein 'haptisches Gedächtnis' geschaffen, welches durch die physische Präsenz der Objekte die Faszination des Authentischen verstärkt ('eine mediale Konträrfaszination, eine Faszination des Authentischen'). Regelmäßige Konzerte im hauseigenen Amphitheater unterstreichen den Bezug zur lebendigen Musik. Das Museum will Besucher aller Zielgruppen ansprechen und Musik als ein vielschichtiges Phänomen (sozial, kulturgeschichtlich, religiös, erlebnisreich, unterhaltsam) vermitteln. Die Besucher sollen nicht nur passive Betrachter sein, sondern aktiv in das Geschehen eingebunden werden.
2. Ausstellungskonzept und die Vermittlung von kontextualisiertem Wissen
Die Dauerausstellung des Museums präsentiert Schwerpunkte der abendländischen Musikgeschichte, thematisch geordnet um charakteristische Werke. Zusätzliche Informationen, wie Beschriftungen, Notenauszüge, Bilder und Tondokumente, sowie Multimediaterminals, schaffen einen umfassenden Kontext ('Das Tondokument wird hier zu einer Art punktueller Markierung, zu einem „Ortsverweis“'). Die Ausstellung zielt darauf ab, das 'Authentische' der Instrumente zu entdecken und zu erzählen ('das Authentische... will entdeckt und wiedererzählt werden'). Das Verständnis der Exponate beruht auf kontextualisiertem Wissen, das eindeutig für den Besucher entschlüsselbar sein muss. Das Museum bietet verschiedene Vertiefungsmöglichkeiten an unterschiedlichen Orten, um schrittweise Lernerfahrungen zu ermöglichen. Die Präsentation der Objekte folgt einer Dramaturgie, die wechselnde Erfahrungsräume schafft. Die Kombination verschiedener Medien und die Pluralität der Objekte sollen das Museum in einen Erfahrungsraum verwandeln.
3. Museale Bildungsfunktion und die aktive Einbindung des Besuchers
Das Musée de la Musique versteht sich nicht nur als Sammlungsstätte, sondern auch als Wissensspeicher und Vermittlungszone. Es integriert didaktische Angebote, um den Besucher aus der passiven Rolle des Betrachters zu lösen und ihn als aktiven Akteur einzubeziehen ('nicht nur das identitätssichernde Wissen gemeinsam erarbeitet, sondern gleichzeitig auch die Reproduktion und Sicherung der Identität vermittelt und weitergegeben werden'). Die Museumspädagogik spielt eine zentrale Rolle. Die Pädagogen bieten vielfältige und lebendige Vermittlungsformen für verschiedene Gruppen und Altersstufen, um individuelle und gruppenspezifische Lernprozesse zu ermöglichen. Das Ziel ist die Transformation von Quantität in Qualität ('Nicht gelehrter sollen sie (die Besucher) die...'). Durch die Kombination verschiedener Ausdrucksmittel und die Schaffung eines situativen Kontextes wird eine aktive Beteiligung des Besuchers angestrebt ('nähern wir uns der Musik über das Objekt, aber auch über die Komposition, die Interpretation und die Bande, die sie alle vereinen'). Das Museum sieht sich auch als Ort der Forschung und Dokumentation und will als musikalischer Gedächtnisspeicher der Menschheit fungieren.